5. Auszug aus dem Urteil vom 28. Februar 1975 i.S. Dettling & Maissen gegen Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
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Regeste
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Art. 7 Abs. 1 lit. a BB über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland; Art. 14 Abs. 1 VV.
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Sachverhalt
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Dettling und Maissen erstellten auf der Parzelle Nr. 142 in Sedrun (Gemeinde Tavetsch) das Wohn- und Geschäftshaus "En Canorta". Am 18. Januar und 7. März 1974 ersuchten sie das Grundbuchinspektorat Graubünden um die Bewilligung für den Verkauf von 4 Eigentumswohnungen dieses Hauses an Personen im Ausland. Obschon von der Gemeinde eine Zustimmung vorlag, lehnte das Grundbuchinspektorat die Gesuche mit der Begründung ab, dass die Gemeinde Tavetsch keine rechtskräftige Ortsplanung (Bauzonen) kenne und das generelle Kanalisationsprojekt erst in Planung stehe.
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Einen hiegegen erhobenen Rekurs wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden am 2. Juli 1974 ab. Dettling und Maissen führen Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die nachgesuchte Bewilligung zu erteilen. Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement sowie das Verwaltungsgericht von Graubünden beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist die Sache zur neuen Beurteilung an das Grundbuchinspektorat Graubünden zurück.
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Aus den Erwägungen:
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Der Sinn der bundesrechtlichen Regelung versteht sich nicht von selbst. Der Bundesbeschluss schreibt vor, dass von Ausländern nur Grundstücke erworben werden dürfen, die in einer Bauzone im Sinne des Bundesrechts liegen. Die Verordnung des Bundesrates verweist nun in erster Linie auf die rechtsverbindliche Ortsplanung, die jedoch kein Begriff des Bundesrechtes sondern ein solcher des kantonalen Orts- und Planungsrechtes ist. Man kann sich fragen, ob diese Bauzonen im Sinne des Bundesrechtes ausgestaltet worden sind, nachdem in der Botschaft zum Raumplanungsgesetz ausgeführt worden ist, dass in der Ortsplanung viel zu viel Land dem Baugebiet zugeteilt worden sei (BBl 1972 I 1460; BGE 98 Ia 377).
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Die Vorarbeiten zu der Änderung des BB über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 21. März 1973 ergeben, dass nach dem Vorschlag des Bundesrates nur beabsichtigt war, den Erwerb von Grundstücken durch Ausländer in den Schutzgebieten, die als Freihaltegebiete verstanden wurden, auszuschliessen (BBl 1972 II 1259). Davon wären ausschliesslich nicht zur Überbauung bestimmte Gebiete betroffen worden, wie aus der Botschaft unmissverständlich hervorgeht.
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Im Verlaufe der parlamentarischen Beratungen ist gegen den anfänglichen Widerstand des Ständerates der Erwerb von denjenigen Grundstücken ausgeschlossen worden, die ausserhalb einer Bauzone im Sinne des Bundesrechtes liegen. Die Änderung ist darauf zurückzuführen, dass der Delegierte für Raumplanung dafür hielt, dass die Beschränkung des Verweigerungsgrundes auf die eigentlichen Schutzgebiete zu eng sei. Für solche Grundstücke bestehe erfahrungsgemäss keine grosse Nachfrage. Er schlug daher vor, den Ausschluss des Erwerbes auf Grundstücke ausserhalb einer Bauzone im Sinne des Bundesrechtes über die Raumplanung zu erstrecken. Hinzugefügt wurde, dass nach dem Entwurf zum Bundesgesetz über die Raumplanung (Art. 32) vorgesehen sei, dass innerhalb des Siedlungsgebietes als Bauzone nur Land ausgeschieden werden dürfe, das bereits weitgehend überbaut sei oder längstens innert 10 bis 15 Jahren für die Überbauung benötigt und innert dieser Frist erschlossen werde (Protokoll der nationalrätlichen Kommission vom 16./17. November 1972 S. 66; vgl. BBl 1972 I 1518, 1543).
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Danach sollten die Bauzonen das bereits bestehende weitgehend überbaute Siedlungsgebiet und das in einer Zeitspanne von 10 bis 15 Jahren zur Erschliessung und Überbauung bestimmte Gebiet umfassen (vgl. BBl 1972 I 1510, 1518, 1538, 1543).
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Der Verweis auf das Raumplanungsrecht des Bundes wurde in der Folge fallen gelassen und nicht in die definitive Fassung aufgenommen, weil im Zeitpunkt der Beratungen (November 1972) das Raumplanungsgesetz erst im Vorschlag des Bundesrates vorlag. Man erachtete es daher als unlogisch, auf ein noch nicht geltendes Gesetz zu verweisen. Dem fügte Bundesrat Furgler bei, dass zwischen Raumplanungsgesetz und Gewässerschutzgesetzgebung in dieser Hinsicht Übereinstimmung werde bestehen müssen (S. 67 des vorerwähnten Protokolls der Kommission des Nationalrates). Verstanden wurde der Begriff der Bauzone zu Beginn der Verhandlungen somit im Sinne der Vorstellungen der im Entwurf bekannten Raumplanungsgesetzgebung (Amtl.Bull. N 1972 S. 2244). Später wurde zusätzlich auf die Gewässerschutzgesetzgebung verwiesen (Protokoll der nationalrätlichen Kommission vom 8. März 1973 S. 16).
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Überhaupt befasst sich die Gewässerschutzgesetzgebung in Art. 19 GSchG, auf welchen die Vollziehungsverordnung des Bundesrates verweist, allein mit den Gebieten, in welchen Kanalisationen erst vorgesehen, aber noch nicht gebaut sind (BGE 100 Ib 210 f.) Wo jedoch Kanalisationen, nicht aber Bauzonen noch ein generelles Kanalisationsprojekt bestehen, muss auf Art. 28 der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung vom 19. Juni 1972 (AGSchV) gegriffen werden. Diese Bestimmung, die sich mit dem Siedlungsgebiet befasst, bringt die notwendige Ergänzung zu Art. 19 GSchG. Danach dürfen in Gemeinden, die weder über Bauzonen noch über ein generelles Kanalisationsprojekt verfügen, Baubewilligungen gemäss Art. 19 GSchG innerhalb des engeren Baugebietes, welches das erschlossene und vor der Erschliessung stehende Land umfasst, erteilt werden. Das geschlossene und kanalisierte Siedlungsgebiet gilt mithin auf alle Fälle auch nach dem Gewässerschutzrecht - nicht nur nach der vorgesehenen Raumplanungsgesetzgebung - als selbstverständlicher Bestandteil der Bauzonen.
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Es kommt dazu, dass als Bauzonen nach Gewässerschutzrecht bereits Gebiete gelten können, für die vorläufig erst ein generelles Kanalisationsprojekt besteht, vorausgesetzt, dass der Anschluss der Abwässer an die Kanalisation gesichert ist. Es wäre unbegreiflich, warum zu den Bauzonen nicht die geschlossenen Siedlungsgebiete zählen sollten, bei denen nicht nur Kanalisationsprojekte, sondern fertige Kanalisationen bestehen. Geschlossene und kanalisierte Siedlungsgebiete müssen a fortiori als Bauzonen gelten. Es wäre nach der Logik und nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung nicht einzusehen, warum Ausländer Grundstücke in noch nicht überbauten und noch nicht erschlossenen, aber zur Überbauung bestimmten Gebieten kaufen dürften, nicht aber Häuser in erschlossenen Gebieten. Für eine solche Auslegung findet sich im Zweck der gesetzlichen Regelung keine mit vernünftigen Gründen zu stützende Erklärung.
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Diese Überlegungen führen zum Ergebnis, dass als Bauzonen im Sinne des Bundesrechtes erst recht die geschlossenen Siedlungsgebiete gelten müssen, die durch Kanalisationen erschlossen sind und an welche die bestehenden Bauten angeschlossen sind.
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Ist dem aber so, kann der Erwerb der vier Eigentumswohnungen nicht unter Berufung auf Art. 7 Abs. 1 lit. a BB und Art. 14 Abs. 1 VV verweigert werden.
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