BGE 103 Ib 43 |
10. Urteil vom 4. Februar 1977 i.S. Eidgenössische Weinhandelskommission gegen Gebr. Schnell, Kollektivgesellschaft, und Regierungsrat des Kantons Graubünden |
Regeste |
Fähigkeitsnachweis als Voraussetzung für die Erteilung einer Weinhandelsbewilligung. |
Sachverhalt |
Die Brüder Christian Schnell, Treuhänder, geb. 1920, und Hans Schnell, Bahnbeamter, geb. 1921, beide in Maienfeld, gründeten nach dem Tode ihres Vaters, der bereits Weinbauer gewesen war und einen kleinen Weinhandel betrieben hatte, im Jahre 1974 eine Kollektivgesellschaft, um nebenberuflich auf ererbten Rebgrundstücken in Maienfeld Wein zu produzieren und mit Wein zu handeln. Am 11. Juni 1974 stellte die Gesellschaft beim Sanitätsdepartement des Kantons Graubünden als der dafür zuständigen Amtsstelle das Gesuch, es sei Christian und Hans Schnell die Weinhandelsbewilligung zu erteilen und legte dem Gesuch verschiedene Zeugnisse bei.
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Das Sanitätsdepartement leitete das Gesuch mit Unterlagen an die Eidgenössische Weinhandelskommission zur Begutachtung und Antragstellung weiter. Die Kommission beantragte, das Gesuch sei abzuweisen. Nach ständiger Praxis anerkenne sie nur dann das Vorhandensein der erforderlichen Fachkenntnisse, wenn ein Gesuchsteller einen Ausweis einer Weinfachschule besitze, der den Kandidaten am Schluss des 4wöchigen Weinfachkurses und nach bestandener Abschlussprüfung ausgehändigt werde oder wenn er, ohne einen solchen Kurs besucht zu haben, mit Erfolg wenigstens an der Abschlussprüfung teilgenommen habe. Das Sanitätsdepartement wies daraufhin das Gesuch am 26. Februar 1975 ab. Die Regierung des Kantons Graubünden hiess am 30. August 1976 eine Beschwerde der Kollektivgesellschaft gut, hob den angefochtenen Entscheid auf und wies die Sache zur Neubehandlung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. Sie hielt dafür, es dürfe als Fähigkeitsausweis kein Zeugnis einer Weinfachschule verlangt werden, vielmehr stehe es dem Bewerber frei, den Nachweis seiner Fähigkeiten auch auf andere Weise zu erbringen. Das Sanitätsdepartement habe deshalb die von den beiden Brüdern Schnell eingereichten Ausweise zu prüfen. Die Regierung behandelte im weitern die einzelnen Beanstandungen der Fähigkeiten der beiden Brüder und hielt sie nicht für schlüssig.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Weinhandelskommission, der Regierungsentscheid sei aufzuheben und derjenige der Vorinstanz, die die Erteilung der Weinhandelsbewilligung abgelehnt hatte, zu bestätigen. Sie hält daran fest, dass grundsätzlich jeder Bewerber sich über den erfolgreichen Abschluss eines Monatskurses einer Weinfachschule auszuweisen habe.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
1. Das angefochtene Erkenntnis der Regierung ist eine letztinstanzliche kantonale Verfügung im Sinne von Art. 98 lit. g OG. Gemäss Art. 13 des Gesetzes vom 9. April 1967 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Graubünden sind Entscheide der Regierung nur dann beim kantonalen Verwaltungsgericht anfechtbar, wenn ein Weiterzug an das Verwaltungsgericht auf Grund besonderer Vorschriften vorgesehen ist. Hinsichtlich der Entscheide der Regierung im Verfahren über die Erteilung von Weinhandelsbewilligungen ist eine solche Beschwerde an das Verwaltungsgericht nicht vorgesehen. Sie können deshalb grundsätzlich auf dem Wege der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden. Ein Ausschlussgrund im Sinne von Art. 99, 100 und 102 OG besteht nicht.
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b) Der angefochtene Entscheid hat in erster Linie verfahrensmässige Bedeutung. Er befindet nicht abschliessend darüber, ob der Kollektivgesellschaft Gebrüder Schnell die Weinhandelsbewilligung zu erteilen ist oder nicht. Das Sanitätsdepartement wird noch einmal einen Entscheid zu fällen haben, der wiederum bei der Regierung und schliesslich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden kann. Dennoch ist der angefochtene Entscheid kein blosser Zwischenentscheid. Er ist ein Endentscheid insofern als er das Departement anweist, bei der Verfügung die von den Brüdern Schnell vorgelegten Zeugnisse über ihre Befähigung zum Weinhandel zu überprüfen, eine Prüfung, die das Departement nicht vorgenommen hatte, weil es in Übereinstimmung mit der Weinhandelskommission dafür hielt, genügender Ausweis sei nur ein Abschlusszeugnis eines Weinhandelskurses. Ein kantonaler Rückweisungsentscheid, der die Sache an eine untere Instanz verweist, damit sie im Sinne der Erwägungen entscheide und bestimmte Weisungen enthält, ist nach der Rechtsprechung kein blosser Zwischenentscheid, sondern ein Endentscheid (BGE 100 Ib 467 f. E. 1 mit Verweisungen). Die Regierung hält aber die Vorinstanz an, nicht einfach darauf abzustellen, ob die beiden Brüder ein Abgangszeugnis einer Weinfachschule vorweisen können oder nicht, sondern verlangt von ihr auch, dass sie die von den Brüdern Schnell eingereichten Ausweise prüfe.
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c) Die Legitimation der Weinhandelskommission ist nach Art. 6 Abs. 2 des BRB vom 12. Mai 1959 über den Handel mit Wein (SR 817.421; nachfolgend Weinhandelsverordnung) in Verbindung mit Art. 103 lit. c OG gegeben.
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Es ist deshalb auf die Beschwerde einzutreten.
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a) Nach Art. 4 Abs. 3 lit. b der Weinhandelsverordnung ist die Bewilligung nur zu erteilen, wenn der Gesuchsteller, bzw. bei Gesellschaften die für den Weinhandel verantwortlichen Personen, über ausreichende technische und kaufmännische Kenntnisse im Weinhandel verfügen. Sie müssen genügend sein, um eine einwandfreie Anwendung der Lebensmittelgesetzgebung und eine gute Führung der im Beschluss vorgesehenen Buchhaltung zu gewährleisten.
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Die kaufmännischen Fähigkeiten für die Führung eines Weinhandelsgeschäftes und für die Führung der in der Weinhandelsverordnung vorgesehenen Bücher werden den beiden Brüdern nicht abgesprochen. Christian Schnell ist eidg. diplomierter Buchhalter. Er ist als Revisor tätig, hat aber die Revisorenprüfung nicht abgelegt. Hans Schnell hat das Handelsdiplom der Bündnerischen Kantonsschule erworben und arbeitet seit Jahren im Stations- und Verwaltungsdienst der Rhätischen Bahnen. Man darf auch bei ihm genügende buchhalterische Kenntnisse voraussetzen, um die Buchhaltung eines - vermutlich kleinen - Weinhandelsbetriebes zu besorgen.
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b) Darüber hinaus verlangt aber die Weinhandelsverordnung auch den Nachweis genügender technischer Kenntnisse; sie sollen ausreichen, um vor allem die Vorschriften der Lebensmittelgesetzgebung richtig anwenden zu können. Die Lebensmittelverordnung vom 26. Mai 1936 (SR 817.02) enthält in den Art. 334-368 eingehende Bestimmungen über die Behandlung und Benennung der Weine.
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Wie die Kenntnisse im einzelnen beschaffen sein müssen, sagt die Weinhandelsverordnung nicht. Auch das vom Eidg. Departement des Innern erlassene Reglement vom 1. Juli 1961 über den Handel mit Wein (SR 817.421.1; nachfolgend Reglement) spricht sich über den Grad der Kenntnisse, deren Vorhandensein nachgewiesen werden muss, nicht näher aus. Es begnügt sich in diesem Punkt damit, die Bestimmungen der Verordnung - etwas besser gegliedert - zu wiederholen. Zum Nachweis der erforderlichen Fähigkeiten verlangt das Reglement einen Bericht des Gesuchstellers unter Beilage seiner Zeugnisse oder Arbeitsbestätigungen.
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Was den Umfang der nachzuweisenden Kenntnisse anbelangt, gibt die Weinhandelsverordnung immerhin indirekt Auskunft. Gelingt dem Gesuchsteller der Nachweis der erforderlichen Kenntnisse nicht, ist ihm Gelegenheit zu geben, diese durch den Besuch von Monatskursen an einer Weinfachschule zu erwerben. Daraus folgt, dass der Gesuchsteller, der keinen solchen Kurs mit Erfolg besucht hat, sich über diejenigen Kenntnisse muss ausweisen können, die ein erfolgreicher Absolvent eines Monatskurses erworben hat.
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c) Zu der Art und Weise, wie die Gesuchsteller diese Kenntnisse erwerben können, nehmen weder die Weinhandelsverordnung noch das Reglement genauer Stellung. Auf jeden Fall schreiben sie nicht vor, dass der Gesuchsteller den Monatskurs einer Weinfachschule besucht haben muss, oder dass er wenigstens die am Schlusse solcher Kurse vorgesehene Prüfung bestanden hat. Sie überlassen es, abgesehen von dem Fall, in dem ein Gesuchsteller sich nicht über das Vorhandensein genügender technischer Kenntnisse ausweisen kann, dem Gesuchsteller, auf welche Weise er sich die nötigen Kenntnisse erwerben will. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Weinhandelsverordnung. Das Reglement andererseits erwähnt in Art. 3 Ziff. 3 ausdrücklich, dass der Nachweis z.B. auch durch Zeugnisse über die bisherige Tätigkeit erbracht werden kann. Es kann daher auch der Erwerb der Kenntnisse auf dem Wege des Selbststudiums, der praktischen Berufserfahrung oder durch Besuch anderweitiger Kurse, die den Monatskursen einer Weinfachschule gleichwertig sind, anerkannt werden.
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Die Regierung hat somit Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie es ablehnte, als genügenden Ausweis nur das Abschlusszeugnis einer Weinfachschule anzuerkennen, sondern verlangte, dass auch die andern, von den beiden Brüdern Schnell beigebrachten Ausweise geprüft werden müssen. Eine Verpflichtung, dass in jedem Fall der Besuch eines Monatskurses einer Weinfachschule oder wenigstens das Bestehen einer Abschlussprüfung eines solchen Kurses für die Erteilung der Weinhandelsbewilligung nachgewiesen werden muss, könnte nur durch eine Abänderung der Weinhandelsverordnung eingeführt werden.
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d) Die Weinhandelskommission beruft sich zur Stützung ihrer Auffassung auf ihre langjährige Praxis. Gegenüber dem Wortlaut und dem offenbaren Sinn der Weinhandelsverordnung kann dieser Praxis aber keine entscheidende Bedeutung zukommen; sie hat sich offensichtlich auch nicht zu einem Gewohnheitsrecht verdichtet.
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Von grösserer Bedeutung wäre allenfalls eine langjährige Praxis des Bundesrates. Da er selber die Weinhandelsverordnung erlassen hat, darf man von der Überlegung ausgehen, dass er selber am besten weiss, wie die Vorschriften der Verordnung zu verstehen und anzuwenden sind. Die beiden, von der Beschwerdeführerin angerufenen bundesrätlichen Entscheidungen lassen sich aber nicht in dem von ihr behaupteten Sinn deuten. Im Entscheid vom 8. Dezember 1958 anerkannte der Bundesrat gegenteils ausdrücklich, dass weinfachtechnische Kenntnisse nicht nur in einem Weinfachkurs erworben werden könnten, sondern auch anderwärts; freilich fügte er bei, der Besuch von Fachkursen könnte trotz guter Vorbildung von einem seriösen Fachmann kaum umgangen werden. In einem weitern Entscheid vom 20. März 1961 verweigerte er einem Gesuchsteller die Erteilung einer Weinhandelsbewilligung, weil er zwar einen Fachkurs besucht, aber die Abschlussprüfung nicht bestanden hatte; es bestand damals für den Bundesrat kein Anlass, sich darüber auszusprechen, auf welchem Wege die genügenden Kenntnisse erworben werden könnten.
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Ist Bundesrecht durch den Entscheid der Regierung nicht verletzt worden, muss die Beschwerde abgewiesen werden. Das hat zur Folge, dass das Sanitätsdepartement die Ausweise der Gesuchsteller daraufhin zu prüfen hat, ob die durch sie ausgewiesenen Kenntnisse genügen, um die Weinhandelsbewilligung erteilen zu können, wobei, wie dargetan, auf das Fachwissen abzustellen ist, das an einem Monatskurs erworben werden kann. Gelangt das Departement dabei zur Ansicht, die vorgelegten Ausweise genügten nicht, oder vermag es sich anhand von diesen keine sichere Meinung über die Kenntnisse der Gesuchsteller zu bilden, dann kann es indessen verlangen, dass die Gesuchsteller die Abschlussprüfung des Monatskurses einer Weinfachschule bestehen. Im übrigen wird es auch der Behauptung der Gesuchsteller, sie würden rechtsungleich behandelt, wenn man ihnen die Bewilligung vorenthielte, Beachtung zu schenken haben.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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