62. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. November 1980 i.S. Aeschlimann gegen Michel und Eidg. Pachtzinskommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
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Regeste
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Art. 103 lit. a OG, Art. 12 Pachtzinsgesetz (SR 942.10).
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Sachverhalt
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Am 15. März 1964 nahm Alfred Aeschlimann den Hof Eichholz in der Gemeinde Köniz/BE von den Vorgängern der heutigen Eigentümer in Pacht. Dieses Pachtverhältnis wurde nach dem Eigentümerwechsel weitergeführt und am 15. März 1979 infolge Kündigung durch die Verpächter beendet. Der ursprüngliche Pachtzins wurde von der kantonalen Pachtzinsstelle am 27. Februar 1964 genehmigt. Im Laufe der Pacht erhöhten die Parteien diesen Zins mehrmals wegen zusätzlicher Investitionen, infolge Änderung des Pachtzinssatzes und zur Abgeltung nicht erbrachter Naturalleistungen; um die vorgeschriebene behördliche Genehmigung ersuchten sie nicht.
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Am 25. Januar 1979 setzte die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Bern den zulässigen jährlichen Pachtzins seit dem Pachtjahre 1973 fest. Eine Beschwerde des Pächters an die Eidg. Pachtzinskommission hatte keinen Erfolg. Das Bundesgericht tritt auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Pächters nicht ein, soweit dieser die Pachtzinsfestsetzung seit der ersten Erhöhung für das Pachtjahr 1964-1965 verlangt, aus folgenden
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Erwägungen:
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Der Beschwerdeführer verlangt die Festlegung des zulässigen Pachtzinses für die gesamte Pachtdauer seit der ersten, nicht genehmigten Erhöhung im Jahre 1964. Daran hat er ein Interesse, soweit er eine allfällige Differenz zu seinen Gunsten zurückerhalten kann.
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b) Soweit ein nicht genehmigter Pachtzins das gesetzlich zulässige Maximum übersteigt, ist er nichtig (BGE 98 Ia 191 E. c). Der Pächter bezahlt in diesem Umfange eine Nichtschuld und kann den zuviel bezahlten Betrag grundsätzlich nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 ff. OR) vom Verpächter zurückfordern, sofern die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes anwendbar sind und nicht durch das Pachtzinsgesetz ausgeschlossen werden. Das Bundesgericht hatte bisher mit freier Kognition nicht zu entscheiden, ob die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes Anwendung finden (vgl. BGE 98 Ia 191 E. c, d, BGE 93 II 107). Das Pachtzinsgesetz enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, ob der Pächter einen über das gesetzliche Maximum hinausgehenden Pachtzins zurückfordern kann, den er aufgrund einer nicht genehmigten Vereinbarung mit dem Verpächter bezahlt hat. Das Pachtzinsgesetz bedroht hingegen in den Artikeln 10 ff. Widerhandlungen gegen die Vorschriften über die Bewilligungspflicht mit Strafe. Nach Art. 12 des Gesetzes kann der Richter unter anderem den Beschuldigten, ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit, zur Bezahlung eines dem unrechtmässigen Vorteil entsprechenden Betrages an den für die Pachtzinskontrolle zuständigen Kanton verpflichten. Er kann auch verfügen, dass dieser Vermögensvorteil ganz oder teilweise dem Pächter herauszugeben ist. Bei der Bestimmung des herauszugebenden Vermögensvorteils sind die finanziellen Verhältnisse des zur Herausgabe Verpflichteten zu berücksichtigen.
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Gemäss Botschaft des Bundesrates hat der Gesetzgeber mit Art. 12 Pachtzinsgesetz den bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch ausschliessen wollen. Er wollte es dem Strafrichter überlassen abzuklären, unter welchen Umständen die unerlaubte Zahlung zustandegekommen sei und ob Billigkeitsgründe für eine ganze oder teilweise Herausgabe des Vermögensvorteils an den Pächter vorlägen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die gewöhnlichen Regeln des Obligationenrechtes über die ungerechtfertigte Bereicherung meistens nicht genügten, um die von der Pachtzinskontrolle angestrebte Zielsetzung zu erreichen, da der Pächter als wirtschaftlich schwächere Vertragspartei einerseits in der Regel das Risiko nicht auf sich nehme, den Verpächter auf dem Zivilweg ins Recht zu fassen, und anderseits seine Chancen, einen ihm billigerweise zustehenden Anspruch angesichts der Voraussetzungen des Bereicherungsanspruches (Art. 63, 66, 67 OR) durchzusetzen, gering seien (BBl 1960 II 507 f.) Es mag zwar fraglich erscheinen, ob der Schutz des Pächters entsprechend der Zwecksetzung des Pachtzinsgesetzes mit einem Ausschluss der zivilrechtlichen Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung verstärkt werden kann (vgl. JEANPRĂŠTRE, Le contrôle des fermages agricoles et le droit civil in Mélanges Roger Secrétan, Montreux 1964, S. 145 f., vgl. auch RAVAIOLI, Die landwirtschaftliche Pachtzinskontrolle, Diss. Zürich 1979, S. 78 f.). Der klare Wille des Gesetzgebers, die Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung durch Art. 12 Pachtzinsgesetz auszuschliessen, kommt indessen darin zum Ausdruck, dass auch das Verhalten des Pächters mit Strafe bedroht wird, wenn dieser den Bestimmungen des Gesetzes zuwiderhandelt (Art. 10 Pachtzinsgesetz). Daraus ergibt sich, dass das Pachtzinsgesetz den Pächter als schwächere Vertragspartei nicht unter allen Umständen schützen will, sondern nur insoweit, als dies im Einzelfall gerechtfertigt erscheint. Das Gesetz überlässt es deshalb dem Strafrichter, aufgrund der Umstände im Einzelfall zu bestimmen, ob und in welchem Umfang bereits bezahlte unzulässige Pachtzinse dem Pächter zufallen sollen (Art. 12 Abs. 1, 3 Pachtzinsgesetz). Die zivilrechtliche Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung wird durch Art. 12 Pachtzinsgesetz ausgeschlossen.
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c) Der Beschwerdeführer kann dennoch ein schutzwürdiges Interesse haben an der Feststellung, dass vereinbarte Pachtzinse gegen Bundesrecht verstiessen, soweit er nämlich gegebenenfalls aufgrund von Art. 12 Abs. 1 Pachtzinsgesetz beim Strafrichter ein Begehren um Herausgabe unrechtmässiger Vermögensvorteile stellen könnte. Nach Art. 12 Abs. 4 Pachtzinsgesetz kann jedoch die Bezahlung eines dem unrechtmässigen Vermögensvorteil entsprechenden Betrages an den Kanton bzw. die Herausgabe an den Pächter nicht mehr verfügt werden, wenn die Strafverfolgungsverjährung gemäss Art. 10 Abs. 2 Pachtzinsgesetz eingetreten ist. Nach dieser Bestimmung verjährt die Strafverfolgung in fünf Jahren. Soweit demnach Widerhandlungen mehr als fünf Jahre zurückliegen, hat der Pächter mangels Eröffnung eines Strafverfahrens zum vorneherein keine Möglichkeit, über das zulässige Mass hinaus bezahlte Pachtzinsen zurückzuerhalten.
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d) Im vorliegenden Fall ist (noch) kein Strafverfahren eröffnet worden. Der Beschwerdeführer hat somit keine Möglichkeit mehr, unrechtmässige Leistungen zurückzuerhalten, soweit diese mehr als fünf Jahre zurückliegen. Er hat deshalb kein Interesse daran, dass der Pachtzins im vorliegenden Verfahren auch für die Periode festgesetzt wird, die länger als fünf Jahre zurückliegt. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist deshalb bloss insoweit einzutreten, als sie die Höhe des Pachtzinses während der letzten fünf Jahre zum Gegenstand hat.
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