BGE 107 Ib 205 |
37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. Dezember 1981 i.S. Swissair Schweizerische Luftverkehr AG, gegen Eidg. Zollrekurskommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
Regeste |
Zollgesetz; Zollmelde- und Zollzahlungspflicht. |
Sachverhalt |
Mit PAN AM Flug 141 traf am 1. Oktober 1977 in Zürich-Kloten ein Paket Bijouteriewaren (brutto 4,2 kg) ein. Die Sendung war an die Spediteurin Jacky Maeder AG in Zürich-Flughafen adressiert. Das Paket wurde nach der Landung des Flugzeugs von der SWISSAIR als Abfertigungsagentin der PAN AM übernommen und beim Zollamt Zürich-Flughafen mittels "CARIDO-System" unter Zollkontrolle gestellt. Diese Art der Zollkontrolle stützt sich auf eine Vereinbarung zwischen der Oberzolldirektion und der SWISSAIR vom 6. Mai 1977. Das Paket wurde in der Importhalle des Flughafens gelagert. Am 7. Oktober 1977 meldete Jacky Maeder AG die Sendung dem Zollamt Zürich-Flughafen zur Freipassabfertigung an. Als das Paket zur Revision gestellt werden sollte, war es in der Einfuhrhalle nicht mehr aufzufinden. Es blieb seither verschwunden.
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Mit provisorischer Zollquittung vom 24. Oktober 1977 belastete das Zollamt Zürich-Flughafen die SWISSAIR mit den die fragliche Sendung betreffenden Einfuhrabgaben. Die SWISSAIR leistete die geforderten Abgaben, forderte aber am 20. Dezember 1977 die Zollverwaltung auf, ihr den provisorisch belasteten Betrag gutzuschreiben, weil die PAN AM die Ware über die Grenze gebracht habe und damit zollzahlungspflichtig sei. Auf Weisung der Oberzolldirektion lehnte die Direktion des II. Zollkreises das Begehren der SWISSAIR mit Verfügung vom 20. März 1978 gestützt auf Art. 13 und 29 Abs. 2 Zollgesetz (ZG; SR 631.0) ab.
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Gegen diese Verfügung beschwerte sich die SWISSAIR auf dem Wege des Sprungrekurses (Art. 47 Abs. 2 VwVG) bei der Eidg. Zollrekurskommission. Mit Entscheid vom 16. Dezember 1978 wies die Eidg. Zollrekurskommission die Beschwerde ab. Gegen dieses Urteil richtet sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der SWISSAIR. Sie verlangt, die Zollbehörden seien zu verpflichten, ihr den geleisteten Betrag zurückzuerstatten. Die Eidg. Oberzolldirektion beantragt die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: |
2. a) Gemäss Art. 13 Abs. 1 ZG obliegt die Zollzahlungspflicht dem Zollmeldepflichtigen, den übrigen in Art. 9 genannten Personen, sowie demjenigen, für dessen Rechnung die Waren eingeführt oder ausgeführt worden sind. Diese Personen haften solidarisch für die geschuldete Abgabe. Der Rückgriff unter ihnen richtet sich nach den Bestimmungen des Zivilrechts. Wie das Bundesgericht wiederholt festgestellt hat, zog der Gesetzgeber den Kreis der Zollzahlungspflichtigen weit, um die Einbringlichkeit der Abgabeforderung zu erleichtern (BGE 107 Ib 200 E. b; 89 I 545). Die Zollbehörde kann auf einen beliebigen Zollzahlungspflichtigen greifen. Es ist dessen Sache, seine auf Zivilrecht gründende Rückgriffsforderung geltend zu machen.
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Der Zollmelde- und damit der Zollzahlungspflicht unterliegt, wer eine Ware über die Grenze bringt sowie dessen Auftraggeber (Art. 9 Abs. 1 ZG). Die schweizerische Zollgrenze fällt grundsätzlich mit der politischen Landesgrenze zusammen (Art. 2 Abs. 1 ZG). Nichts anderes gilt im Luftverkehr (Art. 3 Abs. 1 Luftzollordnung, SR 631.254.1), auch wenn die Ware nach der Landung in ein Zollfreilager verbracht wird, das als Zollausland betrachtet wird (Art. 2 Abs. 3 ZG). Mit dem Überqueren der Landesgrenze sind der Führer des Luftfahrzeuges oder der Reisende oder deren Beauftragter daher zollmeldepflichtig (Art. 29 Abs. 2 ZG). Damit ist der Transport über die Grenze jedoch nicht vollendet. Der Grenzübertritt im Sinne von Art. 9 Abs. 1 ZG umfasst auch das zollrechtliche Abfertigungsverfahren, welches erst mit der Ausstellung der Zollquittung seinen Abschluss findet (Art. 62 ZG). Grenzübergang und Zollabfertigung stehen in einem engen funktionalen Zusammenhang, obwohl beide Vorgänge örtlich und zeitlich auseinanderfallen können. Zollfreilager und Zollamt stehen derart in Verbindung mit der Zollgrenze, dass als Warenführer im Sinne von Art. 9 Abs. 1 ZG folglich auch gilt, wer nach dem Grenzübergang aber vor Beendigung des Zollabfertigungsverfahrens in Beziehung zur Ware tritt; dies betrifft insbesondere Personen, welche die Ware dem Zollamt zuführen und unter Zollkontrolle stellen (Art. 30 Abs. 1 ZG). Es ist nicht zu verkennen, dass diese an der Warenbewegung und der Erfüllung der Zollmeldepflichten in einem mindestens gleichen Masse beteiligt sind wie derjenige, der die Ware über die Zollgrenze führt. Nichts anderes folgt aus Art. 29 Abs. 2 ZG. Wer die Ware nach Grenzübertritt vom Luftfrachtführer oder vom Reisenden übernimmt und den Zollbehörden zuführt, handelt regelmässig als deren Beauftragter. Insofern stellt der "Beauftragte" nur eine Konkretisierung des Begriffs des Warenführers dar und erweitert den Kreis der Zollmeldepflichtigen nicht über den Rahmen von Art. 9 Abs. 1 ZG hinaus. Bei dieser Sachlage kommt dem in Art. 29 Abs. 2 ZG erwähnten Vorbehalt von Art. 13 ZG keine selbständige Bedeutung zu. Er bringt zum Ausdruck, dass mit der Meldepflicht die Zollzahlungspflicht verbunden ist, wie sich dies bereits aus Art. 9 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 ZG ergibt.
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b) Im vorliegenden Fall war der Grenzübertritt nicht abgeschlossen, als die Maschine der PAN AM in Zürich landete, die Ware ausgeladen, unter Zollkontrolle gestellt und in der Importhalle eingelagert wurde. Nach dem Gesagten gilt als Warenführer im Sinne von Art. 9 Abs. 1 ZG jedermann, der nach dem Überfliegen der Zollgrenze und bis zur Annahme der Zolldeklaration die Verfügungsmacht über die Ware besass. Dies trifft unter anderem auf die Beschwerdeführerin, bzw. deren Angestellten zu, indem sie als Abfertigungsagentin die Ware übernahm, unter Zollkontrolle stellte und in der Frachthalle einlagerte. In ihrer Eigenschaft als Warenführerin ist sie zollmeldepflichtig und sie hat für die Verzollung der Ware einzustehen. Die Höhe des geschuldeten Zolles ist nicht bestritten. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde.
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