BGE 107 Ib 213 |
39. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. Oktober 1981 in Sachen Wehrsteuerverwaltung des Kantons Bern gegen Firma X. und Rekurskommission des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
Regeste |
Pflicht des Steuerpflichtigen, der Veranlagungsbehörde Aufstellungen nach Art. 89 Abs. 2 WStB zur Verfügung zu stellen. |
Verweigert der Steuerpflichtige die Vorlage der verlangten Aufstellung über Schulden und Schuldzinsen, ist nicht eine Ermessensveranlagung vorzunehmen, sondern sind die verbuchten Schulden und Schuldzinsen aufzurechnen (Bestätigung der Rechtsprechung). Das pflichtgemässe Ermessen der Steuerbehörden darf nicht an Stelle der Beweispflicht des Steuerpflichtigen treten (E. 5). |
Sachverhalt |
Die kantonale Steuerverwaltung Bern verlangte von der Firma X. mehrmals die Einreichung einer detaillierten Aufstellung über die entsprechenden Gläubiger, Schuldbeträge und ausgerichteten Bruttozinsen. Dieser Aufforderung kam die Steuerpflichtige nicht nach, weshalb sie, unter Aufrechnung der Depositen (und anderer Posten) als Eigenkapital und der Bruttozinsen als Reinertrag definitiv veranlagt wurde.
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Gegen diese Veranlagung führte die Firma X. nach erfolgloser Einsprache Beschwerde bei der kantonalen Rekurskommission Bern, welche in Gutheissung der Beschwerde auf sämtliche genannten Aufrechnungen verzichtete. Sie ging davon aus, dass die fraglichen Schulden- und Schuldzinsposten auf jeden Fall bestünden, die eingeforderten Unterlagen somit für die Veranlagung der Firma X. selber nicht von Belang seien. Selbst wenn man aber den Bestand der Forderungen anzweifeln wollte, hätte keine so umfangreiche Aufrechnung gemacht werden dürfen; vielmehr wäre eine Ermessenstaxation vorzunehmen gewesen.
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Gegen diesen Entscheid führt die Wehrsteuerverwaltung des Kantons Bern Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die das Bundesgericht u.a. aus den nachstehenden Gründen teilweise gutheisst.
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Aus den Erwägungen: |
2. Wehrsteuerpflichtige, die buchführungspflichtig sind, haben mit ihrer Wehrsteuererklärung die Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen einzureichen (Art. 87 Abs. 1 WStB). Ist die Veranlagung gestützt auf die Wehrsteuererklärung mit den Beilagen des Wehrsteuerpflichtigen nicht ohne weiteres möglich, so hat die Veranlagungsbehörde die erforderlichen Erhebungen nach den Art. 89 bis 92 WStB vorzunehmen (Art. 88 Abs. 2 WStB). Sie ist namentlich befugt, eine Untersuchung und Begutachtung der Geschäftsbücher vorzunehmen (Art. 91 Abs. 1 WStB). Ausserdem kann sie aber auch vom buchführungspflichtigen Wehrsteuerpflichtigen nach Art. 89 Abs. 2 WStB die Einreichung von Bescheinigungen und Aufstellungen verlangen, die von ihm zu beschaffen oder zu erstellen sind, und die für die Veranlagung von Bedeutung sein können. Insbesondere hat der Steuerpflichtige, unter Vorbehalt eines gesetzlich geschützten Berufsgeheimnisses, "der Veranlagungsbehörde auf deren Verlangen die Namen der Personen zu nennen, mit denen er Rechtsgeschäfte getätigt oder denen er geldwerte Leistungen erbracht hat; er hat über seine vertraglichen Beziehungen zu diesen Personen und die gegenseitigen Leistungen und Ansprüche Auskunft zu geben" (2. Satz von Art. 89 Abs. 2 WStB in der Fassung des am 1. Januar 1978 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über Massnahmen gegen die Steuerhinterziehung vom 9. Juni 1977; vgl. AS 1977 II S. 2103). Nach der bis 31. Dezember 1977 geltenden frühern Fassung von Art. 89 Abs. 2 Satz 2 WStB hatte der Pflichtige auf Verlangen der Veranlagungsbehörde insbesondere "ein Schuldenverzeichnis mit Angabe der Gläubiger einzureichen und die Verzinsung der Schulden nachzuweisen". Mit der Neufassung von Art. 89 Abs. 2 Satz 2 WStB sollte an der Pflicht des Steuerpflichtigen zur Vorlegung dieser Beweismittel keineswegs gerüttelt werden, sondern diese nach der Erfahrung in manchen Fällen für eine gründliche Abklärung nicht ausreichende Pflicht ergänzt werden (Botschaft vom 8. Januar 1975, BBl. 1975 I. 1 S. 334 ff., insbesondere S. 359 Ziff. 444.1). Die Pflicht, der Veranlagungsbehörde auf deren Verlangen die Namen der Gläubiger und die jedem von ihnen ausgerichteten Schuldzinsen in einer Aufstellung zu detaillieren, besteht seither erst recht. Sie gilt auch für Wehrsteuerpflichtige, die in bankähnlichen Verhältnissen von einer grossen Zahl von Einlegern Gelder entgegennehmen und sich diesen gegenüber vertraglich zur Geheimhaltung verpflichteten, ohne dem Bankgeheimnis nach Art. 47 Bankgesetz oder einem unter Art. 321 Ziff. 1 Abs. 1 StGB fallenden Berufsgeheimnis zu unterstehen (BGE 92 I 396 /7).
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Voraussetzung dafür ist nach Art. 89 Abs. 2 WStB nur, dass die verlangten Aufstellungen oder anderweitigen Auskünfte und Bescheinigungen für die Veranlagung von Bedeutung sein können. Bei Schulden, welche das bilanzierte und wehrsteuerpflichtige Kapital, und bei Schuldzinsen, welche den wehrsteuerpflichtigen Reinertrag mindern, lässt sich nicht im Ernst bestreiten, dass sie für die Veranlagung von Bedeutung sein können. Das Verzeichnis der Gläubiger und der an solche ausgerichteten Schuldzinsen war denn auch schon in der früheren Fassung von Art. 89 Abs. 2 WStB besonders erwähnt als Aufstellung, welche der Wehrsteuerpflichtige auf Verlangen der Veranlagungsbehörde einzureichen hat. Auch aus einer ordnungsgemäss geführten Buchhaltung ist nicht ohne weiteres ersichtlich, ob verbuchte Schulden und Schuldzinsen steuerrechtlich anzuerkennen sind (M. EULAU, Die Nachprüfung der Schulden im Wehrsteuerrecht, ASA 12 S. 2 ff., insbesondere S. 3 ff.; A. FORNEY, Note de jurisprudence concernant la défalcation des dettes en matière d'impôt fédéral pour la défense nationale, RDAF 18 S. 105 ff. insbesondere S. 119 ff.). Die Buchprüfung beim Steuerpflichtigen gibt darüber nicht in jedem Falle genügend Aufschluss. Und auch die Bescheinigung einer gesetzlichen Kontrollstelle der wehrsteuerpflichtigen Gesellschaft kann die Prüfung durch die Veranlagungsbehörde selbst nicht ersetzen (BGE 92 I 397 E. 1 c). Gewiss wird eine Aufstellung der Gläubiger von buchführungspflichtigen Wehrsteuerpflichtigen von den Veranlagungsbehörden in der Regel nur verlangt, wenn sie bestimmte Zweifel daran haben, dass die eingereichten Abschlüsse das wehrsteuerpflichtige Kapital und den wehrsteuerpflichtigen Reinertrag richtig ausweisen, und die Praxis des Bundesgerichts beschlägt ausschliesslich derartige Fälle, in denen die Pflicht zur Erstattung der verlangten Gläubigeraufstellung bejaht wurde (vgl. die bei FORNEY, a.a.O., S. 105-118 besprochenen Entscheidungen, ferner BGE 92 I 393 sowie die in ASA 46 S. 509 ff. und 48 S. 483 ff. publizierten Urteile; in dem in ASA 47 S. 490 ff. wiedergegebenen Urteil stand dagegen die namentliche Nennung sämtlicher Lieferanten unter dem Gesichtspunkt von Art. 89 Abs. 2 WStB in der früheren Fassung zur Diskussion). Es ist der Veranlagungsbehörde aber nach Art. 89 Abs. 2 WStB auch ohne derartige konkrete Zweifel grundsätzlich zuzubilligen, dass sie vom buchführungspflichtigen Wehrsteuerpflichtigen eine Aufstellung seiner Gläubiger mit Namen, Adressen und Angabe ihrer Forderung sowie der an sie ausgerichteten Zinsen verlangen darf, sofern sie diese Angaben nicht schon bei der Buchprüfung ohne weiteres erheben kann. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass sie ihre Veranlagungsaufgabe richtig erfüllen kann, auch wenn sie nur stichprobeweise einzelne Buchhaltungsabschlüsse desselben Wehrsteuerpflichtigen auf diese Weise zu überprüfen in der Lage ist. Der Wehrsteuerpflichtige ist zur Angabe seiner Gläubiger nach Art. 89 Abs. 2 WStB zwingend gehalten, und es ist vom Wehrsteuergesetzgeber gewollt, dass die Veranlagungsbehörde diese besondere Auskunft von ihm nicht bloss dann verlangen kann, wenn dies in erster Linie für seine eigene Veranlagung notwendig ist (FORNEY, a.a.O., S. 121; E. KÄNZIG, Die eidgenössische Wehrsteuer, Ergänzungsband, Art. 89 N. 6 S. 207/8). Die Auskunftspflicht erstreckt sich bloss nicht auf Auskünfte über Geschäftsbeziehungen, die nicht für die Veranlagung des Wehrsteuerpflichtigen, sondern ausschliesslich seiner Geschäftspartner von Bedeutung sein können (vgl. Urteil vom 9. Januar 1978 in ASA 47 S. 493 E. 4).
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Das Wehrsteuerrecht weicht insofern ab von der Praxis des Zürcher Verwaltungsgerichts zum kantonalen Steuergesetz, welche die Gläubigerbezeichnung vom buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen nur verlangt, wenn hinreichend gesicherte Anhaltspunkte vorliegen, dass seine Deklaration unrichtig oder unvollständig ist (M. ZWEIFEL, Die Verfahrenspflichten des Steuerpflichtigen im Steuereinschätzungsverfahren, ASA 49 S. 513 ff., insbesondere S. 534 mit Hinweisen und S. 536/7; KÄNZIG, a.a.O., Ergänzungsband S. 208; vgl. dagegen E. SCHÄRRER, Verfahrensrecht zur Steuereinschätzung, Zürich 1981, S. 56/7, der die Pflicht zur Angabe der Gläubigernamen und bezahlten Zinsen auf Verlangen der Veranlagungsbehörde nicht bloss für die Wehrsteuer uneingeschränkt bejaht). Auch wenn die Erweiterung der Auskunftspflicht des Wehrsteuerpflichtigen im Bundesgesetz vom 9. Juni 1977 über Massnahmen gegen die Steuerhinterziehung auf seine sämtlichen Geschäftspartner und getätigten Geschäfte nur im Blick auf Zweifelsfälle eingeführt wurde, in denen der Steuerpflichtige keine oder mangelhafte Bücher führt und keine Urkunden oder Belege vorzuweisen hat (Botschaft, a.a.O.), sollten dabei jedenfalls die Voraussetzungen nicht erschwert werden, unter denen die Veranlagungsbehörde vom Steuerpflichtigen eine Gläubigeraufstellung verlangen kann. Das hätte den angestrebten Zweck einer besseren Abklärung der wirklichen Verhältnisse beim Wehrsteuerpflichtigen und seinen Gläubigern geradezu vereitelt (vgl. das Urteil vom 29. September 1978 in ASA 48 S. 486 E. 3a).
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Es kann sich nur im Einzelfall fragen, ob die Veranlagungsbehörde, die grundsätzlich vom Wehrsteuerpflichtigen die Nennung seiner Gläubiger mit Namen, Wohnort, Forderungsbetrag und bezahlten Zinsen verlangen kann, auf ein entsprechendes Gläubigerverzeichnis verzichten und sich mit einem behelfsmässigen anderweitigen Beweis für das Bestehen und den Umfang der in der Buchhaltung ausgewiesenen Schulden und Schuldzinszahlungen begnügen muss, falls dem Wehrsteuerpflichtigen die Nennung der Gläubiger nicht möglich ist oder ihre Ermittlung mit unzumutbaren Umtrieben verbunden wäre, z.B. bei öffentlich begebenen Inhaber-Anleihen (KÄNZIG, a.a.O., Art. 89 N. 6 S. 486 und Ergänzungsband S. 208; Urteil vom 1. Juli 1977 in ASA 46 S. 515 E. 3c).
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5. Reicht der Wehrsteuerpflichtige verlangte Aufstellungen oder andere Auskünfte und Beweismittel trotz Mahnung nicht ein, so wird in der Regel eine Ermessensveranlagung vorgenommen (Art. 92 Abs. 1 WStB; KÄNZIG, a.a.O., Art. 89 N. 13 S. 489; MASSHARDT, Wehrsteuerkommentar 1980, Art. 89 N. 7 S. 375). Dagegen ist nicht eine Ermessensveranlagung, sondern nach ständiger Praxis eine Aufrechnung der verbuchten Schulden und Schuldzinsen vorzunehmen, wenn der Wehrsteuerpflichtige die verlangte Angabe der Gläubiger mit dem Namen verweigert oder nicht machen kann (BGE 92 I 398 /9; BGE 68 I 198; BGE 87 I 392 /3; ASA 46 S. 512; KÄNZIG, a.a.O., Ergänzungsband, Art. 89 N. 13 S. 208/9; MASSHARDT, a.a.O., Art. 89 N. 13 S. 376/7). Wollte man davon abgehen, so hätte dies eine entscheidende Verschiebung der Beweislast zur Folge: Verweigert die Firma X. die Vorlage der Beweise nach Art. 89 Abs. 2 WStB, so hätte sie nach ihrer Ansicht gemäss Art. 92 WStB Anspruch darauf, dass auf die Buchhaltung abgestellt wird, sofern deren Unrichtigkeit von der Steuerbehörde nicht nachgewiesen wird. Dies ist nicht der Sinn von Art. 92 WStB. Soweit das Gesetz dem Steuerpflichtigen auferlegt, Behauptungen auf bestimmte Weise seinerseits zu belegen, dürfen diese auch nicht auf dem Umweg über die Ermessenseinschätzung als erwiesen hingenommen werden. Vielmehr hat die Einschätzungsbehörde davon auszugehen, dass behauptete Tatsachen, die der Steuerpflichtige nachzuweisen unterlässt, obschon das Gesetz ihm die Beweispflicht auferlegt, nicht zu berücksichtigen sind. Das pflichtgemässe Ermessen der Steuerbehörden darf nicht an Stelle der Beweispflicht der Steuerpflichtigen treten (BGE 92 I 398 /9 E. 2b).
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Es kann auch nicht gesagt werden, die Steuerveranlagungsbehörde hätte von der Aufrechnung absehen müssen, weil sie keine konkreten Zweifel an der ordnungsgemässen Buchführung nennen konnte, sondern den nicht geleisteten Gläubigerausweis nur verlangte, um die ihr zustehende und obliegende Kontrolle (einmal) auszuüben. Die von der Firma X., welche den Einwand der Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung aufnahm, in diesem Zusammenhang wiederholte Behauptung, die Veranlagungsbehörde wisse, dass die Depositenforderungen im verbuchten Betrag bestünden und die verbuchten Zinse an Depositengläubiger ausgerichtet worden seien, ist unrichtig. Die Veranlagungsbehörde konnte sich davon auf dem von ihr gewählten Weg nicht vergewissern, weil die Firma X. ihr das Gläubigerverzeichnis vorenthielt.
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