BGE 115 Ib 263 |
37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. Juli 1989 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen X., Kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer St. Gallen und Steuerrekurskommission des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
Regeste |
Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt; Kapitalgewinn durch Einbringen von Geschäftsliegenschaften in eine Immobiliengesellschaft bei Umwandlung der Einzelfirma. |
2. Steuerneutrale Übertragung stiller Reserven auf Liegenschaften bei Aufspaltung einer Einzelfirma in eine Betriebs- und eine Immobiliengesellschaft? (E. 3). |
Sachverhalt |
X. führte bis Ende Juni 1982 ein Spenglerei- und Sanitärgeschäft (Einzelfirma). In der Folge gründete er zwei Aktiengesellschaften, die X. Spenglerei und Sanitär AG sowie die X. Immobilien AG. Auf den 1. Juli 1982 brachte er das Spenglereigeschäft in die X. Spenglerei und Sanitär AG ein, während er die Liegenschaften auf die X. Immobilien AG übertrug. Die Übertragung erfolgte durch entsprechende Sacheinlage zu den Buchwerten.
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Mit Rücksicht auf die Umwandlung der Einzelfirma in zwei Aktiengesellschaften und den damit verbundenen Berufswechsel (Wechsel von einer selbständigen zu einer unselbständigen Erwerbstätigkeit) wurde X. auf den 1. Juli 1982 zwischenveranlagt. Gleichzeitig wurde eine Jahressteuer gemäss Art. 43 BdBSt (damals WStB) für einen Kapitalgewinn im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt von Fr. ... erhoben. Die Veranlagungsbehörde (Kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer St. Gallen) anerkannte die Gründung der X. Spenglerei und Sanitär AG als steuerneutrale Umwandlung der früheren Einzelunternehmung. Sie fand jedoch, dass mit der Gründung der X. Immobilien AG mit Liegenschaften der früheren Einzelfirma als Sacheinlage der Steuerpflichtige Vermögensstücke ihrem geschäftlichen Zweck entzogen und damit die auf den Liegenschaften eingetretenen Mehrwerte realisiert habe (Privatentnahme).
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Eine Einsprache gegen diese Veranlagung wurde teilweise gutgeheissen und der Kapitalgewinn auf Fr. ... herabgesetzt.
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Die vom Pflichtigen gegen diese Veranlagung erhobene Beschwerde hiess die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen gut und hob die Jahressteuer auf. Sie hielt die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Übertragung der stillen Reserven auf den Liegenschaften der bisherigen Einzelfirma auf die neugegründete X. Immobilien AG als erfüllt.
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Die Eidgenössische Steuerverwaltung führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit der sie beantragt, der Entscheid der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen sei aufzuheben und der steuerbare Liquidationsgewinn gemäss Einspracheentscheid festzusetzen.
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Der Steuerpflichtige und die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen beantragen, die Beschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung abzuweisen, während die Kantonale Steuerverwaltung St. Gallen in ihrer Vernehmlassung auf Gutheissung der Beschwerde schliesst.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache zur Veranlagung eines Liquidationsgewinnes an die Veranlagungsbehörde zurück.
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Aus den Erwägungen: |
2. a) Nach Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt gelten in einer zur Buchführung verpflichteten Unternehmung Kapitalgewinne dann als erzielt, wenn Teile des Geschäftsvermögens veräussert oder verwertet werden. Keine solche Veräusserung ist indessen unter Umständen anzunehmen, wenn eine Unternehmung bloss die Rechtsform wechselt. So kann es sich namentlich verhalten, wenn der Inhaber einer Einzelfirma sein Geschäft auf eine oder mehrere neue Aktiengesellschaften überträgt, sofern die übernommenen Betriebe unverändert weitergeführt werden und die Beteiligungen nicht zur Weiterveräusserung bestimmt sind. Werden die Aktiven und Passiven gesamthaft zu den bisherigen Buchwerten übernommen, so stellt die Übertragung im wirtschaftlichen Sinn keine Liquidation oder Veräusserung dar. Aber auch steuerrechtlich fehlt es an einer Realisierung der übertragenen stillen Reserven. In der Rechtsprechung und Steuerpraxis wird deshalb in solchen Fällen - unter näher genannten Voraussetzungen - auf die Besteuerung der stillen Reserven verzichtet; bei Einzelfirmen und Personengesellschaften wird dabei an Art. 21 Abs. 1 lit. d, bei juristischen Personen an Art. 12 Abs. 2 BdBSt angeknüpft (BGE 102 Ib 53; ASA 52, 559/60; 38, 500 ff. E. 1; KÄNZIG, Die eidgenössische Wehrsteuer, 2. Aufl. 1982, N. 177 ff. zu Art. 21; MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl. 1985, N. 99 f. zu Art. 21; vgl. auch BGE 98 Ib 413 E. 5 und ASA 40, 116, betreffend Art. 12 Abs. 2 BdBSt).
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b) Über die Erfordernisse, unter denen bei Unternehmungsumwandlungen, -teilungen usw. auf eine steuerliche Abrechnung auf den eingetretenen Mehrwerten verzichtet werden kann, herrscht in der Steuerpraxis und Literatur allerdings nicht vollständige Übereinstimmung. Bemängelt wird in der Literatur namentlich, dass die Teilung oder Aufspaltung einer Handels-, Dienstleistungs- oder Fabrikationsunternehmung in eine Betriebsgesellschaft und eine parallele Immobiliengesellschaft (Schwestergesellschaft) nicht als steuerneutrale Unternehmungsteilung, d.h. als Teilung in "wirkliche Betriebe" (vgl. MASSHARDT, a.a.O., N. 31 zu Art. 53), anerkannt wird: Was Gegenstand einer rechtlich selbständigen Unternehmung (Kapitalgesellschaft) sein kann - Betriebe, Beteiligungen, Immobilien -, müsse auch als selbständiger Unternehmungsteil steuerneutral abgespalten werden können (so namentlich CAGIANUT/HÖHN, Unternehmungssteuerrecht, § 19 N. 57 S. 645/6; W. JAKOB, Die steuerliche Behandlung der Unternehmungsteilung, Diss. St. Gallen 1983, S. 156 ff., besonders 161; H. WEIDMANN, Steuerfragen bei Unternehmungsumwandlungen und -teilungen, StR 41/1986, S. 14/5). - Das Bundesgericht hat im Entscheid vom 3. Juli 1970 die Frage offengelassen, ob die Aufspaltung einer Fabrikationsunternehmung in eine Betriebsgesellschaft und eine Immobiliengesellschaft als erfolgsneutrale Unternehmungsteilung behandelt werden kann (ASA 40, 117 E. 2). In einem weiteren Entscheid vom 8. Juni 1983 erachtete es die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Übertragung der stillen Reserven bei der Aufspaltung einer Einzelfirma in eine Betriebsgesellschaft und eine Immobiliengesellschaft - verbunden mit einer Änderung der Beteiligungsverhältnisse - nicht als gegeben, nahm dabei jedoch zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Teilung in eine Betriebsgesellschaft und eine Immobiliengesellschaft steuerneutral erfolgen könne, nicht allgemein Stellung (ASA 52, 559 ff. E. 4, 5). Unter welchen Bedingungen auf die Besteuerung der stillen Reserven bei einer Unternehmungsteilung verzichtet werden kann und dies namentlich bei der Abspaltung einer Immobiliengesellschaft in Betracht fällt, wurde auch in dem - der Vorinstanz und dem Anwalt des Beschwerdegegners bekannten - Urteil vom 3. März 1989 in Sachen Eidgenössische Steuerverwaltung gegen I. AG nicht allgemein beantwortet.
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c) Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass auch eine Immobiliengesellschaft, die über den Rahmen blosser Vermögensverwaltung hinaus eine grosse Zahl von Liegenschaften durch eigene Dienstleistungen (Vermietung, Verwaltung) betreut oder mit ihnen Handel treibt, die typischen Eigenschaften eines Betriebes im steuerrechtlichen Sinn aufweisen kann (so auch M. REICH, Die Realisation stiller Reserven im Bilanzsteuerrecht, Zürich 1983, S. 193, und A. ROUILLER, Unternehmungsteilungen, ASA 56 S. 308 f.). Ebenso ist unter Umständen einer Einzelunternehmung, die viele Immobilien verwaltet und mit ihnen eventuell Handel treibt, die Qualifikation als Betrieb nicht zum vornherein abzusprechen. Das Bundesgericht versteht den Begriff des Betriebes nicht im rein technischen Sinn, d.h. als Herstellung und Verkauf von Waren. Vielmehr kommen als Gegenstand eines geschäftlichen Betriebes auch Dienstleistungen in Betracht, etwa die Vermietung, wie das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung zu Art. 22 Abs. 1 lit. b BdBSt (Frage der Abzugsfähigkeit von Abschreibungen und Rückstellungen bei geschäftlichen Betrieben) wiederholt festgestellt hat (BGE 110 Ib 24 E. 4; 91 I 288/9; ASA 52, 369 ff. E. 6, 7).
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Von einem Betrieb kann allerdings nur gesprochen werden, wenn die Verwaltung sich nicht in dem erschöpft, was mit der blossen Anlage von Kapital einer Unternehmung in Immobilien ohnehin verbunden ist. Die stillen Reserven auf Vermögensstücken sind durch den Zweck, dem diese in der Unternehmung dienen, mit ihrem Geschäftsbetrieb verbunden. Ein Besteuerungsaufschub ist sachlich nur begründet, wenn die stillen Reserven bei der Umwandlung durch Teilung der Unternehmung jenem Geschäftsbetrieb erhalten bleiben, der seine rechtliche Form ändert (BGE 102 Ib 53 E. 3a/aa; REICH, a.a.O., S. 189 ff.). Steuerfrei übertragen werden können die Vermögensstücke mit einem (Teil-) Betrieb mit eigenständiger Zwecksetzung. Werden dagegen Kapitalanlage und Betrieb getrennt, so verlieren die stillen Reserven ihre bisherige betriebliche Verknüpfung. Deshalb ist es u.a. nicht möglich, stille Reserven auf Liegenschaften, die bisher der Unternehmung nur als Kapitalanlage dienten, steuerneutral auf eine Immobiliengesellschaft zu übertragen, selbst wenn sie dort einem neuen Betrieb dienen sollten.
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3. a) Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdegegner seine als Einzelfirma verfasste Unternehmung in zwei neugegründete Aktiengesellschaften eingebracht. Während die Steuerbehörden die steuerneutrale Übertragung stiller Reserven der bisherigen Einzelfirma auf die neugegründete X. Spenglerei und Sanitär AG ohne weiteres zuliessen, ist umstritten, ob dies auch in bezug auf die stillen Reserven der Liegenschaften, welche der Beschwerdegegner in die X. Immobilien AG einbrachte, zu gelten habe. Bei diesen Liegenschaften handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus, ein unüberbautes Grundstück, einen Miteigentumsanteil an einem solchen Grundstück, ein Grundstück mit Wohnhaus und Magazin sowie ein Grundstück mit einer Werkstatt. Die beiden zuletzt genannten Grundstücke dienten dem Spenglerei- und Sanitärgeschäft als Betriebsliegenschaften (Magazin, Werkstatt). Die übrigen Liegenschaften bildeten Kapitalanlage, allenfalls Betriebsreserve, und dienten damit ebenfalls dem Betrieb der Spenglerei. Mit der Teilung der Personenunternehmung sind indessen diese Liegenschaften aus ihrer bisherigen betrieblichen Verknüpfung herausgelöst worden. Die Aufteilung der Einzelunternehmung in eine Immobiliengesellschaft kann deshalb nicht als steuerneutraler Vorgang anerkannt werden.
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b) Die Rekurskommission will dem Beschwerdegegner allerdings auch zubilligen, er habe im Rahmen der früheren Personenunternehmung neben dem Spenglerei- und Sanitärgeschäft einen regen Liegenschaftenhandel betrieben, der als selbständiger Betriebsteil habe abgespalten und in der neuen Immobiliengesellschaft verselbständigt werden können.
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Dieser Betrachtungsweise kann nicht beigepflichtet werden. Der Beschwerdegegner mag zwar vor der Gründung der Immobiliengesellschaft mit Liegenschaften Handel getrieben haben, wie namentlich seine Beteiligungen an mehreren Baugesellschaften zeigen. Trotzdem ist wohl nicht von einem eigentlichen Betriebszweig Liegenschaftenhandel der Einzelfirma zu sprechen. Die Frage kann aber offenbleiben: Jedenfalls ging an die X. Immobilien AG ein Bestand an Liegenschaften der Einzelfirma über, der sich für die Führung einer selbständigen Unternehmung des Liegenschaftenhandels nur zum kleinen Teil eignet. Das ist erst recht der Fall, nachdem die X. Immobilien AG das unüberbaute Grundstück (Verkehrswert Fr. ...) verkauft hatte und ihr als Liegenschaften für eine eigentliche Handelstätigkeit nur das Mehrfamilienhaus und der Miteigentumsanteil an der unüberbauten Liegenschaft verblieben sind. Diese Liegenschaften bilden daher Vermögensanlage, aber keine wirtschaftliche Unternehmung.
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c) Es trifft allerdings zu, dass das Bundesgericht den Begriff des Liegenschaftenhandels in anderem Zusammenhang wesentlich weiter gefasst hat, nämlich wenn es um die Frage ging, ob ein Veräusserungsgewinn Einkommen aus einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt bildet (oder als Kapitalgewinn mangels Buchführungspflicht steuerfrei bleibt, Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt). Es hat dabei in langjähriger Rechtsprechung (namentlich zum Liegenschaftenhandel) eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit schon dann bejaht, wenn der Veräusserungsgewinn nicht im Rahmen einer hauptberuflichen oder mit dem Hauptberuf zusammenhängenden nebenberuflichen, sondern bei einer bloss gelegentlichen Tätigkeit erzielt wurde (zuletzt in BGE 112 Ib 81). Dabei ist jedoch zu beachten, dass Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt grundsätzlich an die auf Erwerb gerichtete Tätigkeit anknüpft und für die Steuerbarkeit solcher Veräusserungsgewinne die Führung eines geschäftlichen Betriebes nicht erforderlich ist (ASA 52, 368 E. 5; R. PATRY, La notion d'entreprise commerciale en droit administratif et fiscal suisse, in: Mélanges Henri Zwahlen, Lausanne 1977, S. 662; kritisch dazu J.-A. REYMOND, Distinction entre gain en capital et revenu d'activité, in: Das schweizerische Steuerrecht. Eine Standortbestimmung. Festschrift zum 70. Geburtstag von Ferdinand Zuppinger, Bern 1989, S. 239 ff., besonders 242 ff.). Aus der auf Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt bezüglichen Rechtsprechung lässt sich für den vorliegenden Fall deshalb nichts ableiten.
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