BGE 119 Ib 33
 
4. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. März 1993 i.S. X. gegen Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
Regeste
Art. 12f und Art. 17 Abs. 2 und 3 des Asylgesetzes sowie Art. 13 lit. f, 52 lit. a und 53 Abs. 2 lit. b der Begrenzungsverordnung (SR 823.21); Ausnahme von der zahlenmässigen Begrenzung bei einem Ausländer, der vor mehr als vier Jahren ein Asylgesuch eingereicht hat.
2. Materiell sind die Bundesbehörden an das Gesuch eines Kantons, einem Asylbewerber in Anwendung von Art. 17 Abs. 2 des Asylgesetzes eine humanitäre Bewilligung zu erteilen, nicht gebunden. Auch der Umstand, dass das Asylgesuch vor mehr als vier Jahren eingereicht worden ist, vermittelt nicht einen Anspruch auf eine solche Bewilligung (E. 2 und 3a).
3. Begriff des schwerwiegenden persönlichen Härtefalles (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3b-d und 4).
 
Sachverhalt
Der 1961 geborene türkische Staatsangehörige X. reiste am 17. August 1987 in die Schweiz ein und stellte hier umgehend ein Asylgesuch. Dabei machte er geltend, er werde in der Türkei aus politischen Gründen von den Behörden diskriminiert und bedroht. Er ist ledig und hat in seiner Heimat Eltern und Geschwister. Das Asylgesuch ist zurzeit noch in zweiter Instanz hängig.
Nachdem sich X. mehr als vier Jahre in der Schweiz aufgehalten hatte, zeigte die Fremdenpolizei des Kantons Schwyz dem Bundesamt für Ausländerfragen in Anwendung von Art. 17 Abs. 2 des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979 (in der Fassung des Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1990 über das Asylverfahren, SR 142.31) ihre Bereitschaft an, ihm eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen zu erteilen, und ersuchte um einen Entscheid über die Ausnahme von der zahlenmässigen Begrenzung der Ausländer gemäss Art. 13 lit. f der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823.21).
Mit Verfügung vom 23. Januar 1992 stellte das Bundesamt für Ausländerfragen fest, X. bleibe den Höchstzahlen für Ausländer unterstellt.
Dagegen erhob X. am 24. Februar 1992 Verwaltungsbeschwerde beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, welches die Beschwerde am 26. August 1992 abwies.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 25. September 1992 an das Bundesgericht stellt X. folgende Anträge:
"1. Es sei der Entscheid des EJPD vom 26. August 1992 aufzuheben und festzustellen, dass der Beschwerdeführer in Anwendung von Art. 13 lit. f BVO von den Höchstzahlen der Begrenzungsverordnung ausgenommen ist.
2. Es sei das Bundesamt für Ausländerfragen anzuweisen, dem kantonalen Antrag, wonach dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 17 Abs. 2 des Asylgesetzes erteilt wird, zuzustimmen.
3. Eventuell sei dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung zu Lasten des kantonalen Ausländerkontingentes zu erteilen.
4. Es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen."
In seiner Vernehmlassung vom 15. Oktober 1992 schliesst das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne.
Mit Verfügung vom 13. November 1992 hat der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung festgestellt, dass während der Hängigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde das Asylbeschwerdeverfahren sistiert bleibt und X. nicht aus der Schweiz weggewiesen werden kann.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
 
Erwägungen:
Die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beschränkt sich in solchen Fällen auf die Erhebung der Rüge, die Unterstellungsfrage sei falsch entschieden worden. Bejahen die Bundesbehörden im Unterstellungsentscheid das Vorliegen eines Härtefalles, so ist damit nur in Form einer Feststellungsverfügung entschieden, dass sich der betreffende Kanton, sofern er eine Anwesenheitsbewilligung erteilt, diese nicht an seine Höchstzahlen anrechnen lassen muss. In der Frage, ob er überhaupt eine Bewilligung gewähren will, bleibt er aber - im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland - frei (vgl. Art. 17 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 12f Abs. 1 Asylgesetz sowie Art. 4 ANAG). Das gleiche gilt auch für die Bundesbehörden im Zustimmungsverfahren zur kantonalen Anwesenheitsbewilligung (vgl. dazu auch E. 2c).
b) Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen beziehungsweise zu beurteilen, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 110 V 51 E. 3b mit Hinweisen; unveröffentlichte E. 1b zu BGE 116 Ib 65).
Gegenstand des angefochtenen Entscheides und damit auch des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens ist ausschliesslich die Frage, ob der Beschwerdeführer aufgrund eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles von den Begrenzungsvorschriften auszunehmen ist. Die weitergehenden Anträge des Beschwerdeführers erweisen sich daher als unzulässig, und es kann darauf nicht eingetreten werden.
Namentlich befassten sich die Vorinstanzen nicht mit der definitiven Zustimmung zu einer Anwesenheitsbewilligung. Genausowenig war bisher über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung in Anrechnung an die kantonalen Höchstzahlen zu befinden. Dafür müsste der Kanton zuerst den Grundsatzentscheid über eine solche Bewilligung treffen. Er hat aber den Bundesbehörden vorerst nur die Frage der humanitären Bewilligung und damit der Freistellung des Beschwerdeführers von den Höchstzahlen der Begrenzungsverordnung unterbreitet.
Soweit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgeschlossen ist, kann nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens auch nicht gerügt werden, ein diesbezügliches Begehren sei nicht behandelt worden (vgl. BGE 111 Ib 75). Dies trifft im vorliegenden Fall für das Vorbringen des Beschwerdeführers zu, die Vorinstanz habe eine formelle Rechtsverweigerung durch Nichtbehandlung eines Rechtsbegehrens, des damals erhobenen Eventualantrags, begangen. Abgesehen davon hat das Departement ausdrücklich dargelegt, dass es auf diejenigen Anträge des Beschwerdeführers nicht eintrete, die weiter gingen als die Frage der Ausnahme von den Höchstzahlen der Begrenzungsverordnung, was zu Recht auch den Eventualantrag erfasste.
c) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht kann geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht - unter Einschluss der Rüge, die Vorinstanz habe ihr Ermessen überschritten oder missbraucht - (Art. 104 lit. a OG) und der rechtserhebliche Sachverhalt sei unrichtig oder unvollständig festgestellt worden (Art. 104 lit. b OG). Über diese Fragen befindet das Bundesgericht mit freier Kognition. Nicht überprüfen kann es die Frage der Angemessenheit des angefochtenen Entscheides (Art. 104 lit. c OG).
Danach kann der Kanton einem ihm zugewiesenen Gesuchsteller eine fremdenpolizeiliche Aufenthaltsbewilligung erteilen, sofern das Gesuch vor mehr als vier Jahren eingereicht worden ist. Will der Kanton von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, hat er dies dem Bundesamt für Ausländerfragen unverzüglich anzuzeigen. Im Zustimmungsverfahren hat der Gesuchsteller Parteistellung (Art. 17 Abs. 2 letzter Satz Asylgesetz). Die Regelung gilt sinngemäss auch im Asylbeschwerdeverfahren (Art. 17 Abs. 3 Asylgesetz).
b) Mit Art. 12f des Asylgesetzes soll vermieden werden, dass für denselben Ausländer gleichzeitig parallele Verfahren im Asyl- und Ausländerrecht laufen, wodurch ein definitiver Entscheid über seine Anwesenheit in der Schweiz blockiert oder übermässig verzögert würde (BBl 1990 II 643; Amtl.Bull. 1990 N. 839 Votum Koller). Art. 17 Abs. 2 des Asylgesetzes sieht dabei eine Ausnahme vor für denjenigen Asylbewerber, dessen Asylgesuch vor mehr als vier Jahren eingereicht worden ist; in Anbetracht seines längeren Aufenthalts in der Schweiz soll nicht ausgeschlossen bleiben, dass er eine ordentliche fremdenpolizeiliche Anwesenheitsbewilligung erhält (ALBERTO ACHERMANN/CHRISTINA HAUSAMMANN, Handbuch des Asylrechts, 2. Aufl., Bern/Stuttgart 1991, S. 194). Dabei liegt es im Ermessen des Kantons, ob er ein solches Verfahren einleiten will. Dem entspricht, dass dem Ausländer erst vor dem Bundesamt für Ausländerfragen Parteistellung zukommt; immerhin kann er bei den kantonalen Behörden die Einleitung des Verfahrens anregen, ohne dass er dabei allerdings über einen Anspruch auf Behandlung verfügt (vgl. BBl 1990 II 645; WALTER KÄLIN, Grundriss des Asylverfahrens, Basel/Frankfurt a.M. 1990, S. 197).
Das Gesetz bestimmt die Art der zu erteilenden Aufenthaltsbewilligung nicht. Häufig wird zwar nur eine humanitäre Aufenthaltsbewilligung in Anwendung von Art. 13 lit. f BVO (für Erwerbstätige) oder Art. 36 BVO (für Nichterwerbstätige) in Frage kommen, doch ist je nach den Umständen des Einzelfalles auch eine solche unter Anrechnung auf die kantonalen Höchstzahlen nicht ausgeschlossen (vgl. ACHERMANN/HAUSAMMANN, a.a.O., S. 348; KÄLIN, a.a.O., S. 197).
c) Der im Gesetz ausdrücklich vermerkte Vorbehalt des Zustimmungsverfahrens zeigt, dass der Kanton die Bewilligung nicht erteilen kann, ohne die notwendigen Einwilligungen der Bundesbehörden einzuholen. Die Regelung von Art. 17 Abs. 2 des Asylgesetzes bezweckt einzig, die Vorschrift über den Ausschluss der Parallelität von Asyl- und Ausländerrechtsverfahren zu mildern. Auch aus den Materialien ergibt sich nichts anderes. Die Formulierung des französischsprachigen nationalrätlichen Berichterstatters war diesbezüglich allenfalls nicht eindeutig ("... le projet donne aux Cantons la faculté de faire bénéficier d'une autorisation de séjour les requérants d'asile..."; Amtl.Bull. 1990 N. 839 Votum Ducret). Der damalige Bundespräsident Koller hat aber in derselben nationalrätlichen Debatte ausdrücklich von einem Gesuch des Kantons beim Bundesamt für Ausländerfragen gesprochen (Amtl.Bull. 1990 N. 839); von einem autonomen Entscheid war nicht die Rede. Somit hebt die Regelung von Art. 17 Abs. 2 des Asylgesetzes die ordentliche fremdenpolizeiliche Zuständigkeitsordnung nicht auf.
Ferner besagt die Vorschrift nicht, dass einem Asylbewerber, der sein Asylgesuch vor mehr als vier Jahren eingereicht hat und der nun für eine Anwesenheitsbewilligung in Frage kommt, nur schon aus diesem Grund auch eine solche zusteht. Zwar stellt der bisherige Aufenthalt in der Schweiz allenfalls ein Kriterium für den Bewilligungsentscheid - insbesondere für die Gewährung einer humanitären Bewilligung (vgl. E. 4c) - dar. Es ergibt sich aber aus dem Gesetz nicht, dass bereits aufgrund der vierjährigen Anwesenheit ein Anspruch auf die Bewilligung bestehen soll.
In seiner Botschaft ging der Bundesrat davon aus, "dass Asylgesuchsteller ohne völkerrechtlichen Schutz grundsätzlich nicht anders zu behandeln sind als andere Ausländer ohne Anwesenheitsberechtigung in der Schweiz. Treten deshalb nicht völkerrechtliche oder andere besondere humanitäre Hinderungsgründe in den Vordergrund, so hat der abgelehnte Asylbewerber die Schweiz zu verlassen" (BBl 1990 II 643). Dass im Fall von Art. 17 Abs. 2 des Asylgesetzes hievon abzuweichen sei beziehungsweise dass es sich dabei bereits um einen besonderen humanitären Hinderungsgrund handle, geht aus der bundesrätlichen Botschaft nicht hervor. Auch im Parlament war nur die Rede davon, dass für gewisse Härtefälle - und nicht für alle Asylbewerber, deren Gesuch vor mehr als vier Jahren eingereicht worden war - eine Ausnahmemöglichkeit geschaffen werden sollte (Amtl.Bull. 1990 N. 839 Votum Mühlemann) beziehungsweise dass bei erfüllter zeitlicher Bedingung ein Gesuch um Erteilung einer humanitären Bewilligung eingereicht werden könne (Amtl.Bull. 1990 N. 839 Votum Koller). Nirgends ist festgehalten, diesfalls müsse eine Bewilligung gewährt werden.
Wohl sind Asylbewerber dadurch schlechtergestellt als andere Ausländer, dass sie im Unterschied zu diesen nicht jederzeit und unabhängig von einer vorherigen Aufenthaltsdauer in der Schweiz ein Gesuch um eine ordentliche Anwesenheitsbewilligung, einschliesslich der humanitären Bewilligung, stellen können. Dies findet seinen Grund allerdings in ihrem besonderen Status als Asylbewerber, der ihnen - als Besserstellung gegenüber andern Ausländern - vorübergehend die Anwesenheit in der Schweiz ohne ordentliche Bewilligung erlaubt. Der Gesetzgeber hat denn die Unterscheidung auch bewusst getroffen. Soweit darin im übrigen eine Benachteiligung zu sehen wäre, ergäbe sie sich jedenfalls unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung und wäre sie für das Bundesgericht massgeblich (Art. 114bis Abs. 3 BV).
3. a) Gemäss Art. 52 lit. a und Art. 53 Abs. 2 lit. b BVO sind für den Entscheid über eine Ausnahme von der zahlenmässigen Begrenzung der Ausländer nach Art. 13 lit. f BVO die Bundesbehörden zuständig. Diese und nicht die kantonale Fremdenpolizei haben darüber zu befinden, ob die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme vorliegen (Peter Kottusch, Das Ermessen der kantonalen Fremdenpolizei und seine Schranken, in ZBl 91/1990, S. 155). Dem Kanton, der sich zu einer humanitären Aufenthaltsregelung bereit erklärt, steht es zwar frei, seine Ansicht zu diesem Punkt zu äussern, er vermag die Bundesbehörden jedoch nicht zu binden; deren Entscheid bleibt vorbehalten (vgl. ACHERMANN./HAUSAMMANN, a.a.O., S. 351; IVO GUT, Le séjour des requérants d'asile pendant la procédure, l'admission provisoire et l'autorisation de séjour à titre humanitaire, in: Walter Kälin [Hrsg.], Droit des réfugiés, Freiburg 1991, S. 76).
Ergeben sich aus der Zuständigkeitsordnung keine Besonderheiten, kann für den Entscheid über eine Ausnahme von der zahlenmässigen Begrenzung der Ausländer somit auf die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den humanitären Bewilligungen abgestellt werden.
b) Nach Art. 13 lit. f BVO sind Ausländer von den Höchstzahlen ausgenommen, wenn ein schwerwiegender persönlicher Härtefall oder staatspolitische Gründe vorliegen.
Bei der Figur des schwerwiegenden persönlichen Härtefalles handelt es sich um einen Rechtsbegriff, dessen Anwendung das Bundesgericht frei überprüft. Den Behörden kommt insofern, wie das Bundesgericht in BGE 117 Ib 321 E. 4a festgehalten hat, kein Ermessen zu. Diese Praxis wurde allerdings als missverständlich kritisiert; die Härtefallregel enthalte einen unbestimmten Rechtsbegriff, weshalb den Vorinstanzen ein gewisser Beurteilungsspielraum verbleibe (PETER KOTTUSCH, Bemerkungen zu BGE 117 Ib 317, in AJP 1992, S. 654). Sinngemäss bedeutet dies, dass sich das Bundesgericht beim Urteil über einen Härtefall Zurückhaltung aufzuerlegen hätte.
Da jeder Rechtsbegriff grundsätzlich auslegungsbedürftig ist, hat Unbestimmtheit für sich allein indessen nicht zwingend einen Beurteilungsspielraum zur Folge; dazu muss die begriffliche Offenheit des Gesetzes vielmehr auf einem Bedarf an Handlungsspielraum beruhen (vgl. RENÉ A. RHINOW, Vom Ermessen im Verwaltungsrecht: eine Einladung zum Nach- und Umdenken, in: recht 1983, S. 92 f.). Im vorliegenden Zusammenhang sind keine besonderen, namentlich technischen oder örtlichen, Gegebenheiten (vgl. dazu BGE 117 Ib 237; 115 Ib 315/6 E. 4a; 113 Ib 100 E. c; 112 Ib 53 E. 5) zu berücksichtigen, in welchen sich das Departement besser auskennen würde oder in denen es eines grösseren Handlungsspielraumes bedürfte als das Bundesgericht (unveröffentlichtes Urteil vom 15. Juli 1991 in Sachen B. E. 3a). Soweit es darum geht, die begrifflichen Grenzen des Härtefalles festzulegen, rechtfertigt sich eine Zurückhaltung daher nicht. In Frage kommt dies nur allenfalls bei der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse, soweit Umstände massgeblich sind, hinsichtlich derer die Verwaltungsbehörden über einen besseren Gesamtüberblick und damit über eine grössere Vergleichsbasis verfügen als das Bundesgericht, dem ja nur einzelne Fälle zum Entscheid vorgelegt werden.
Hingegen räumt Art. 13 lit. f BVO - und in diesem Sinne ist BGE 117 Ib 321 E. 4a zu präzisieren - den Bundesbehörden insoweit einen grossen Beurteilungsspielraum ein, als über die Ausnahme von den Höchstzahlen aus staatspolitischen Gründen ("considérations de politique générale" in der französisch-, "motivi di politica generale" in der italienischsprachigen Fassung) zu befinden ist. Nicht nur ist dieses Tatbestandsmerkmal sehr offen formuliert, sondern es bedingt von seiner Zweckrichtung her auch einen allgemeinpolitischen Handlungsspielraum für die Bundesbehörden. Mit Blick auf den Ausnahmekatalog von Art. 100 OG, namentlich Art. 100 lit. a OG, fragt sich sogar, ob deren Entscheide unter diesem Gesichtspunkt vom Bundesgericht überhaupt überprüft werden können. Auf jeden Fall hat es sich dabei aber grosse Zurückhaltung aufzuerlegen.
c) Die Begrenzungsmassnahmen bezwecken in erster Linie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Bestand der schweizerischen und dem der ausländischen Wohnbevölkerung und sind auf eine Verbesserung der Arbeitsmarktstruktur und eine möglichst ausgeglichene Beschäftigung ausgerichtet (vgl. Art. 1 lit. a und c BVO). Die Ausnahme von der zahlenmässigen Beschränkung nach Art. 13 lit. f BVO hat zum Ziel, die Anwesenheit in der Schweiz solchen Ausländern erleichtert zu ermöglichen, die an sich den Höchstzahlen zu unterstellen wären, bei denen sich dies jedoch infolge der besonderen Umstände ihres Falles als übermässige Härte auswirken würde oder dies staatspolitisch unerwünscht wäre (vgl. BGE 117 Ib 321 E. 4b). Da es sich bei Art. 13 lit. f BVO um eine Ausnahmenorm handelt, muss bei der Anwendung der Bestimmung gewährleistet bleiben, dass eine Befreiung von den Höchstzahlen nicht zum Normalfall wird, sondern eben eine Ausnahme bleibt.
d) In zwei Kreisschreiben vom 21. Dezember 1990 hat der Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements die Voraussetzungen festgelegt, die von den Asylbewerbern zu erfüllen sind, damit ihnen eine Bewilligung aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Diese Weisungen haben allerdings keine Gesetzeskraft und stellen kein Bundesrecht im Sinne von Art. 104 lit. a OG dar. Sie entfalten daher keine Rechtswirkung und binden weder die privaten Betroffenen noch die Verwaltungsbehörden selbst und erst recht nicht das Bundesgericht (ROBERT PATRY, Le problème des directives de l'Administration fédérale des contributions, in: ASA 59, 28). Immerhin können solche Weisungen dazu dienen, dass eine einheitliche und rechtsgleiche Praxis befolgt wird. Vom materiellen Gehalt her sind sie aber an den Rahmen gebunden, den ihnen das Gesetzes- oder Verordnungsrecht vorgibt (unveröffentlichtes Urteil vom 15. Juli 1991 in Sachen B. E. 4a). Namentlich schliessen die Kreisschreiben nicht aus, dass eine humanitäre Bewilligung auch einmal aufgrund anderer, darin nicht vorgesehener Umstände gewährt wird (unveröffentlichtes Urteil vom 7. Februar 1991 in Sachen S. E. 2d).
Die Weisungen vom 21. Dezember 1990 waren die Folge der Revision des Asylgesetzes durch den Bundesbeschluss vom 22. Juni 1990 über das Asylverfahren und lösten das Kreisschreiben vom 30. Dezember 1989 ab, mit welchem langjährigen Asylbewerbern in einer einmaligen Aktion relativ grosszügig humanitäre Bewilligungen erteilt worden waren. Die neuen Weisungen sind diesbezüglich restriktiver (vgl. dazu ACHERMANN/HAUSAMMANN, a.a.O., S. 347 ff.; ROLAND BERSIER, Droit d'asile et statut du réfugié en Suisse, Lausanne 1991, S. 161 ff.) und riefen entsprechende Kritik hervor (vgl. zum Beispiel ACHERMANN/HAUSAMMANN, a.a.O., S. 352; MARIO GATTIKER, Änderungen im Schweizerischen Asylrecht, in: plädoyer 4/1991, S. 38 f.; WALTER STÖCKLI, Unlösbare Härtefälle, in: Asyl 1991/1, S. 5 f.).
Zwar stellt sich die Frage der Gleichbehandlung des Beschwerdeführers im Vergleich zu denjenigen Asylbewerbern, die von der älteren Praxis profitierten. Hingegen rechtfertigt sich die Praxisänderung einerseits insoweit, als die früheren Weisungen schematische Kriterien enthielten und damit dem Ausnahmecharakter der humanitären Bewilligung nur wenig und dem Einzelfallcharakter der Härtefallregelung im besonderen kaum Rechnung trugen (unveröffentlichtes Urteil vom 15. Juli 1991 in Sachen B. E. 4c). Andererseits stand die ältere Praxis auch unter dem staatspolitischen Gesichtspunkt, dass es damals innenpolitisch dringlich war, die seit Jahren hängigen Asylfälle zu erledigen beziehungsweise abzubauen. Mit dem Inkrafttreten des Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1990 über das Asylverfahren, der die beschleunigte Erledigung der Asylgesuche und den Pendenzenabbau mit neuen gesetzlichen Mitteln bezweckte (vgl. BBl 1990 II 577 ff.), verringerte sich die Notwendigkeit, dies über den Umweg der humanitären Bewilligungen zu erreichen.
b) Auch in materieller Hinsicht ist das Härtefallverfahren klar vom Asylverfahren zu trennen; sonst ergäben sich nicht nur Doppelspurigkeiten, sondern das Härtefallverfahren könnte auch zu einer Art Wiedererwägung des Asylentscheids führen oder missbraucht werden. Die Härtefallregel der Begrenzungsverordnung dient daher nicht dazu, Aufenthalt in der Schweiz zwecks Schutz vor kriegerischen Ereignissen und staatlichen Übergriffen oder ähnlichen Eingriffen in die persönliche Freiheit zu gewähren. Dafür steht einerseits das Asylverfahren zur Verfügung, andererseits können solche Umstände für die Vollziehbarkeit einer verfügten Wegweisung (vgl. Art. 14a Abs. 4 ANAG sowie BBl 1990 II 668 f.) massgeblich sein. Für die Frage des Härtefalles sind somit ausschliesslich humanitäre Gesichtspunkte wesentlich, die nicht auf staatlicher Verfolgung beruhen (unveröffentlichte Urteile vom 3. Juli 1992 in Sachen P. E. 2b und vom 29. Oktober 1990 in Sachen R. E. 3b).
Unter diesem Gesichtspunkt können allenfalls besondere Erschwernisse im Heimatland bei der Würdigung der persönlichen, familiären und ökonomischen Verhältnisse des Ausländers mitberücksichtigt werden. Individuelle Benachteiligungen oder solche von nationalen oder ethnischen Minderheiten kommen dafür allerdings nur insoweit in Frage, als sie nicht auf staatlicher Verfolgung beruhen (unveröffentlichtes Urteil vom 3. Juli 1992 in Sachen P. E. 2b).
c) Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung setzt ein massgeblicher Härtefall voraus, dass sich der betreffende Ausländer in einer persönlichen Notlage befindet. Das bedeutet, dass seine Lebens- und Daseinsbedingungen gemessen am durchschnittlichen Schicksal von Ausländern in gesteigertem Masse in Frage gestellt sein müssen beziehungsweise die Verweigerung von der Ausnahme der zahlenmässigen Begrenzung für den Betroffenen schwere Nachteile zur Folge hätte. Bei der Beurteilung des Härtefalles sind alle Gesichtspunkte und Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen (BGE 117 Ib 322). Beim Vergleich mit dem Schicksal anderer Ausländer ist zu beachten, dass allfällige vom Gesetz vorgegebene Besonderheiten in der rechtlichen Stellung einer Ausländerkategorie zwar allenfalls mitberücksichtigt werden können, aber nicht bereits für sich eine massgebliche Härte begründen (vgl. E. 2c).
Ein Härtefall setzt nicht zwingend voraus, dass sich der Ausländer je hier aufgehalten hat, sofern sich eine Anwesenheit in der Schweiz als unabdingbar zur Vermeidung einer bedrohlichen Notlage entpuppt. Andererseits genügt die bisherige oder eine frühere Anwesenheit für sich allein nicht zur Annahme eines Härtefalles. Wenn der Ausländer allerdings eine besonders enge Beziehung zur Schweiz hat, zum Beispiel weil er während längerer Zeit mit Anwesenheitsrecht hier lebte und gut integriert ist, kann dies die Anforderungen an die Dringlichkeit der Notlage verringern, sofern gerade auch darin eine Härte zu sehen ist, dass er seine Beziehung zur Schweiz nicht oder nicht mehr hier leben kann (BGE 117 Ib 322). Dies ist auch daran zu messen, wieweit es dem Ausländer zumutbar ist, sich in einem andern Land, namentlich in seiner Heimat, aufzuhalten beziehungsweise sich dorthin zu begeben.
d) Der Beschwerdeführer ist in der Türkei geboren und wuchs dort auf. Im Alter von 26 Jahren reiste er in die Schweiz ein, wo er seit nunmehr rund fünfeinhalb Jahren als Asylbewerber lebt. Zwar hat er hier nie zu Klagen Anlass gegeben, sich einen Freundeskreis aufgebaut und sich über Beständigkeit am Arbeitsplatz ausgewiesen. Dies genügt aber nicht, um die Anforderungen an die Dringlichkeit der Notlage erheblich zu verringern. Hat der Beschwerdeführer den weitaus grösseren Teil seines Lebens einschliesslich seiner Jugend in der Türkei verbracht, liegt allein in der fünfeinhalbjährigen Anwesenheit in der Schweiz und der damit verbundenen Integration noch nicht eine massgebliche Härte, wenn er nicht hier bleiben könnte.
Seine Angehörigen leben immer noch in der Türkei; über familiäre Beziehungen in der Schweiz verfügt er nicht. Selbstredend wäre eine Rückkehr in die Türkei für ihn mit gewissen Nachteilen - vor allem wohl wirtschaftlicher, aber auch persönlicher Art - verbunden. Diese wiegen aber nicht derart schwer, dass er sich in einer eigentlichen Notlage befände. Auch sonst ist nicht ersichtlich, worin für den Beschwerdeführer eine besondere Härte oder schwere Nachteile liegen sollten und dass sich sein Verbleiben in der Schweiz als erforderlich erwiese. Insoweit sich die Frage einer humanitären Bewilligung bei ihm - im Unterschied zu Angehörigen anderer Ausländerkategorien - erst nach über vierjähriger Anwesenheit gestellt hat, ist dies unmittelbare Folge des Gesetzes und seines Status als Asylbewerber.
Im übrigen finden sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sehr wohl vergleichbare Fälle bei Nichtasylbewerbern. So hat das Bundesgericht zum Beispiel bei zwei Botschaftsangestellten einen Härtefall trotz mehrjähriger Anwesenheit in der Schweiz verneint, obwohl im einen Fall staatliche Verfolgung im Heimatland geltend gemacht worden war und im andern Fall auch die Familie hier gelebt hatte und integriert war (unveröffentlichte Urteile vom 29. Oktober 1990 in Sachen R. sowie vom 26. November 1991 in Sachen S.). Ebensowenig handelte es sich bei einem Ausländer um einen Härtefall, der aus Studiengründen mit seiner Familie in die Schweiz gekommen und hier gut integriert war und dessen Aufenthalt nach abgeschlossener Ausbildung trotz entsprechendem Gesuch mehrere Jahre nicht geregelt worden war (unveröffentlichtes Urteil vom 26. Januar 1993 in Sachen R.).
e) Der Beschwerdeführer erfüllt somit die Voraussetzungen für einen schwerwiegenden persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 13 lit. f BVO nicht.