1. Die Verurteilung auf wahldeutiger Grundlage wegen Diebstahls oder Hehlerei ist nicht deshalb unzulässig, weil der Angeklagte für den Fall des Diebstahls weiterer Gesetzesverletzungen in Tateinheit damit schuldig ist, denen auf der Seite der Hehlerei nichts Vergleichbares gegenübersteht. Diese Gesetzesverletzungen sind lediglich aus der Beurteilung auszuscheiden.
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2. Wenn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Angeklagte für den Fall des Diebstahls zwar die gesamte Beute, für den Fall der Hehlerei aber nur einen Teil derselben an sich gebracht hat, so ist für den Schuldumfang allein dieser Teil maßgebend.
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StPO § 267 Abs. 1.
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2. Strafsenat
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Urteil
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vom 7. Dezember 1960 g.Sch.
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- 2 StR 508/60 -
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I. Landgericht Köln
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Aus den Gründen:
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Nach dem Urteil des Landgerichts hat der Angeklagte entweder in der Nacht vom 13. zum 14. Dezember 1958 allein oder im Zusammenwirken mit einem anderen aus der Einschreibbox des Postamtes K. die dort lagernden Einschreibebriefe mit den Einlieferungsnummern 923 a und 605 c entwendet, oder er hat kurze Zeit nachdem Diebstahl von dem Dieb oder dessen Hehler die Wertpapiere aus der Sendung mit der Einlieferungsnummer 923 a in Kenntnis ihrer strafbaren Herkunft erworben.
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a) Die Strafkammer erwägt, daß sich der Angeklagte, wenn ihm Diebstahl der Wertpapiere zur Last fällt, in Tateinheit damit zugleich des Verwahrungsbruchs, der Untreue, der Verletzung des Postgeheimnisses und der Urkundenunterdrückung schuldig gemacht hat, während diese Tatbestände im Falle eines hehlerischen Erwerbs nicht verwirklicht sind. Die Strafkammer schließt sie deshalb von der rechtlichen Würdigung aus; denn insoweit sei eine psychologische, und rechtsethische Vergleichbarkeit nicht gegeben, während für den verbleibenden Tatbestand des Diebstahls diese Vergleichbarkeit von der Rechtsprechung allgemein bejaht werde.
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Dieser Auffassung ist beizupflichten; sie steht dem Grundsatz der psychologischen und rechtsethischen Vergleichbarkeit nicht entgegen, zieht vielmehr für einen Sonderfall die notwendigen Folgerungen aus diesem Grundsatz. Es ist kein Anlaß ersichtlich, die Zulässigkeit einer Verurteilung auf wahldeutiger Grundlage deshalb zu verneinen, weil es bei rechtlicher Gesamtbeurteilung der beiden in Betracht kommenden Geschehensabläufe an der Vergleichbarkeit fehlt, obwohl sie für einen bestimmten Teilbereich zweifelsfrei gegeben ist. Sonst wäre der Angeklagte in unverständlicher Weise gegenüber einem Täter begünstigt, bei dem die Verwirklichung zusätzlicher Tatbestände aus Rechtsgründen ausscheidet. Der Angeklagte kann in keiner Beziehung dadurch beschwert sein, daß bestimmte Tatbestände aus der Beurteilung ausgeschieden werden. Der Zwang zu einer solchen beschränkten Würdigung ist auch sonst der Rechtsordnung nicht fremd; es sei insoweit auf die Rechtsgebiete der Amnestie, der Verjährung, der Auslieferung und des Strafantrags verwiesen (vgl. RGSt 46, 363).
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b) Auch sonst läßt der Schuldspruch keinen Rechtsfehler erkennen. Dagegen kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben.
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Bei der Darstellung des Sachverhalts sagt das Urteil: "Am 16. Dezember 1958 hatte der Angeklagte die Wertpapiere aus den fehlenden Sendungen in seinem Besitz". Indessen ist den sonstigen Ausführungen der Strafkammer in ihrem Zusammenhang zu entnehmen, daß der Angeklagte am 16. Dezember 1958 nur die Wertpapiere aus dem Einschreibebrief mit der Einlieferungsnummer 923 a im Besitz hatte; denn nur diese hat er veräußert und nur auf Grund der Veräußerung konnte der vorübergehende Besitz festgestellt werden. Der Verbleib der Sendung mit der Einlieferungsnummer 605 c, die ein Wertpapier im Nominalwert von 650 DM enthielt, wird im Urteil nicht weiter erörtert; weder für den Brief selbst noch für dessen Inhalt ist aufgeklärt, wo sie verblieben sind. Mag auch die Strafkammer davon ausgegangen sein, daß dieser Einschreibebrief Nr. 605 c zusammen mit dem anderen Nr. 923 a gleichzeitig von demselben Dieb auf dem Postamt entwendet worden ist, so kann doch der Verurteilung auf wahldeutiger Grundlage nur derselbe Gegenstand, hier also die Sammlung der Wertpapiere aus dem Brief mit der Einlieferungsnummer 923 a, zugrunde gelegt werden; der Schuldspruch ist notwendig in dieser Weise umgrenzt, weil der Angeklagte nur diese Wertpapiere veräußert hat, darüber hinaus also ein hehlerischer Erwerb ausscheidet.
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In diesem Sinne wird der Schuldumfang hiermit klargestellt; das nötigt zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch, damit dieser auf zutreffender Grundlage ergehen kann.
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