Der Verteidiger ist befugt, sich durch eine Angestellte Aufzeichnungen über Vorgänge der Hauptverhandlung machen zu lassen.
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Es bedeutet einen Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung, wenn der Vorsitzende die Angestellte ohne hinreichenden Grund aus dem Sitzungssaal entfernt.
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GVG §§ 169, 176, 177
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5. Strafsenat
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Urteil
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vom 15. Januar 1963 g.W.
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- 5 StR 528/62 -
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Landgericht Hamburg
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Gründe:
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Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung (§ 169 GVG) ist, wie die Revision mit Recht rügt, dadurch verletzt worden, daß der Vorsitzende der Strafkammer am 7. Tage der Hauptverhandlung eine Angestellte des Verteidigers, die auf dessen Weisung Aufzeichnungen in Kurzschrift über die Vorgänge der Hauptverhandlung machte, aus dem Verhandlungssaal gewiesen hat.
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Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung besagt, daß die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht in der möglichen Gegenwart eines unbeteiligten Personenkreises vor sich gehen muß. Gegen ihn wird nicht nur verstoßen, wenn diese Möglichkeit schlechthin ausgeschlossen wird. Er kann auch dadurch verletzt werden, daß einzelnen Personen der Zutritt zur Verhandlung verwehrt wird oder sie aus dem Verhandlungsraum entfernt werden (BGHSt 3, 386). Das ist hier geschehen.
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§ 177 GVG bestimmt zwar, daß Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige oder bei der Verhandlung nicht beteiligte Personen auf Beschluß des Gerichts aus dem Sitzungssaal entfernt werden können, wenn sie den zur Aufrechterhaltung der Ordnung erlassenen Befehlen nicht gehorchen. So war es hier aber nicht. Die dienstliche Äußerung des Vorsitzenden der Strafkammer ergibt, daß weder ein Gerichtsbeschluß ergangen ist, noch die Angestellte des Verteidigers einem zur Aufrechterhaltung der Ordnung erlassenen Befehl nicht gehorcht hat.
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Nun darf allerdings der Vorsitzende unterbesonderen Umständen auch ohne Gerichtsbeschluß kraft eigener Sitzungspolizeigewalt (§ 176 GVG) einzelne Personen aus dem Verhandlungsraum weisen. Das setzt aber voraus, daß es sich um eine Maßnahme handelt, die nach § 176 GVG zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung erfolgt und sich im Rahmen des dem Vorsitzenden zustehenden Ermessens hält. Besteht dagegen für seine Maßnahme kein gesetzlicher Grund oder überschreitet der Vorsitzende sonst die Grenzen seines Ermessens, dann werden die Vorschriften über die Öffentlichkeit verletzt (BGHSt 17, 201). Das war hier der Fall.
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Es kann schon zweifelhaft sein, ob die Entfernung der Angestellten des Verteidigers aus dem Verhandlungssaal überhaupt eine Maßnahme war, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung getroffen wurde. Der Vorsitzende hat nach seiner dienstlichen Äußerung die Angestellte des Verteidigers nur deshalb aus dem Sitzungssaal gewiesen, weil sie auf Weisung des Verteidigers auch Aufzeichnungen über Äußerungen des Vorsitzenden machte und dieser befürchtete, der Verteidiger werde die Aufzeichnungen zur Rechtfertigung von Revisionsrügen in einem Zeitpunkt verwenden, in dem die Mitglieder des Gerichts kaum noch würden feststellen können, ob die Aufzeichnungen wahr seien. jedenfalls hat der Vorsitzende bei dieser Maßnahme die Grenzen seines Ermessens überschritten.
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Der Verteidiger ist grundsätzlich befugt, sich Aufzeichnungen in Kurzschrift über Vorgänge der Hauptverhandlung zu fertigen. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob er die Aufzeichnungen selbst herstellt oder sie durch eine andere Person herstellen läßt. Zu den Vorgängen, über die er sich Aufzeichnungen machen darf, gehören nicht nur Erklärungen des Angeklagten sowie Aussagen von Zeugen und Sachverständigen, sondern alle Vorgänge der Hauptverhandlung, also auch Äußerungen des Vorsitzenden. Der bloße Umstand, daß im vorliegenden Fall die Angestellte des Verteidigers auf dessen Weisung Aufzeichnungen in Kurzschrift über Äußerungen des Vorsitzenden machte, berechtigte den Vorsitzenden daher nicht, die Angestellte aus dem Verhandlungssaal zu weisen.
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An dieser rechtlichen Beurteilung ändert die oben mitgeteilte Befürchtung des Vorsitzenden nichts. Der sich aus ihr ergebenden Gefahr konnte der Vorsitzende dadurch wirksam begegnen, daß er diejenigen seiner Äußerungen, bei denen er jene Befürchtung hatte, sofort in die Sitzungsniederschrift aufnehmen ließ.
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Die Entfernung der Angestellten des Verteidigers aus dem Verhandlungssaal war daher verfahrensrechtlich nicht zulässig. Sie verletzte den Grundsatz der Öffentlichkeit.
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Dem steht auch nicht entgegen, daß die Angestellte des Verteidigers als dessen Schreibgehilfin zugegen war. Das machte sie nicht zur Beteiligten. Sie gehörte vielmehr trotz dieser Tätigkeit zum Kreise der unbeteiligten Personen, deren Entfernung aus dem Verhandlungssaal, wenn sie verfahrensrechtlich unzulässig ist, den Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt.
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Das Urteil muß hiernach aufgehoben werden, weil der Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit ein unbedingter Revisionsgrund ist (§ 338 Nr. 6 StPO).
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