BGHSt 36, 37 - Anwendung von Jugendstrafrecht auf Heranwachsende |
1. Für die Gleichstellung eines Heranwachsenden mit einem Jugendlichen (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG) ist maßgebend, ob in dem Täter noch in größerem Umfang Entwicklungskräfte wirksam sind; ob er das Bild eines noch nicht Achtzehnjährigen bietet, ist nicht entscheidend. |
2. Bei einem Heranwachsenden steht die Anwendung von Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht nicht im Verhältnis von Regel und Ausnahme. Die grundsätzliche Anwendung von Jugendrecht, wenn nicht ausnahmsweise der Täter eindeutig einem Erwachsenen gleichsteht, findet im Gesetz keine Stütze. |
3. Auch bei Verurteilung zu Jugendstrafe von zehn Jahren kann von der Einbeziehung einer früheren Verurteilung nach § 31 Abs. 3 Satz 1 JGG abgesehen werden, wenn hierfür unter dem Gesichtspunkt des Erziehungszwecks Gründe von ganz besonderem Gewicht vorliegen. |
JGG § 105 Abs. 1 Nr. 1; § 105 Abs. 3, § 31 Abs. 3 Satz 1 |
1. Strafsenat |
Urteil |
vom 6. Dezember 1988 g.H.u.S. |
- 1 StR 620/88 - |
Landgericht Karlsruhe |
Aus den Gründen: |
Die Jugendkammer hat die Angeklagten je wegen Mordes zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet, da sie keinen Rechtsfehler zugunsten oder zulasten der Angeklagten aufgedeckt hat. Die Verfahrensrügen sind offensichtlich unbegründet, der Erörterung bedarf die Sachrüge.
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1. Die Jugendkammer hat auf die beiden Angeklagten, von denen einer knapp 20 Jahre alt war und der andere dieses Alter gerade erreicht hatte, ohne Rechtsfehler das Jugendstrafrecht angewendet (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG).
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a) Ob der Täter bei seiner Tat Im Sinne des § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG noch einem jugendlichen gleichstand, ist im wesentlichen Tatfrage, wobei dem Jugendrichter ein erheblicher Beurteilungsspielraum eingeräumt ist (vgl. BGH NStZ 1986, 549, 550; BGHR JGG § 105 Abs. 1 Nr. 2 Jugendverfehlung 2). Entgegen der Meinung der Revision hat das Landgericht bei seiner Entscheidung den dabei anzulegenden Maßstab nicht verkannt. Zwar ist der in § 105 JGG verwendete Begriff des jugendlichen in § 1 Abs. 2 JGG als der eines Menschen unter 18 Jahren definiert. Das bedeutet aber nicht, daß ein Heranwachsender nur dann nach Jugendstrafrecht zu behandeln ist, wenn er in allen Belangen das Bild eines höchstens Siebzehnjährigen bietet.
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Der Gesetzgeber mag 1953 der Auffassung gewesen sein, der Entwicklungsstand des normalen über 18 Jahre alten Menschen lasse sich zuverlässig von dem des unter 18jahre alten "Jugendlichen" abgrenzen. Damit übereinstimmend trat damals wie heute unbeschränkte Deliktsfähigkeit (§ 828 Abs. 2 BGB) mit 18 Jahren ein. Auch war der Gesetzgeber wohl der Auffassung, nur ausnahmsweise würden bei der Gruppe der Heranwachsenden Reifeverzögerungen zur Anwendung von Jugendstrafrecht führen (vgl. Brunner, JGG 8. Aufl. Einführung 11 Rdn. 28; Eisenberg, JGG 3. Aufl. § 105 Rdn. 3). Diese Erwartung hat sich nicht bestätigt. Es hat sich gezeigt, daß das Jugendalter als Entwicklungsabschnitt nicht durch Altersgrenzen bestimmt ist (Specht in Venzlaff, Psychiatrische Begutachtung 1986 S. 390). Ein bestimmter, sicher abgrenzbarer Typ des Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren, mit dem der Heranwachsende verglichen werden könnte, ist nicht feststellbar. Die Grenzen sind fließend. Auch bei Überschreitung der Altersstufe von 17 zu 18jahren ist eine zuverlässig festzustellende Änderung im Denken und Empfinden, eine Zäsur, nicht erkennbar (vgl. Brunner a.a.O. Rdn. 4; Eisenberg a.a.O. Rdn. 7; Potrykus, JGG 4. Aufl. Bern. 2; Dallinger/Lackner, JGG 2. Aufl. Rdn. 3; Ostendorf, JGG Rdn. 6, alle zu § 105 JGG; Schaffstein NJW 1955, 1577; Langelüddeke/Bresser, Gerichtliche Psychiatrie 4. Aufl. S. 350). Demgegenüber bestimmt § 1 Abs. 2 JGG den Jugendlichen (und Heranwachsenden) nach formalen Kriterien, die den materiellen Gehalt dessen, was einen Jugendlichen im Sinne des § 105 JGG ausmacht, nicht kennzeichnen können. Maßgebend ist vielmehr, ob sich der einzelne Heranwachsende noch in einer für Jugendliche typischen Entwicklungsphase befindet (BGHSt 22, 41 [42]). Mit dieser Auffassung sind die Grenzen zulässiger Auslegung nicht überschritten. Anhaltspunkte dafür gibt § 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG: Der Täter wird nach Jugendrecht behandelt, wenn eine Jugendverfehlung vorliegt, also bei Taten, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild oder nach den Beweggründen des Täters Merkmale jugendlicher Unreife aufweisen (BGHR a.a.O.). Es wird mithin auf jugendtypische Verhaltensweisen abgestellt, nicht darauf, ob das Verhalten dem eines höchstens Siebzehnjährigen entspricht vom "Jugendlichen" im Sinne des § 1 Abs. 2 JGG mit seinen festen Altersgrenzen ist hier nicht die Rede. Zudem deutet die Existenz des § 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG zwar einerseits darauf hin, daß der Gesetzgeber von festen Altersgrenzen ausging; anderenfalls wäre die Bestimmung nahezu überflüssig. Andererseits kommt darin aber das Bestreben zum Ausdruck, im Interesse des Heranwachsenden alles das dem Jugendstrafrecht zu unterstellen, was durch jugendliches Verhalten und Erscheinungsbild gekennzeichnet ist. Dem entspricht es, auch bei der Beurteilung des Reifegrades nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG nicht ein bestimmtes Alter als unverrückbaren Maßstab zu nehmen, sondern auf eine Entwicklungsphase des noch jungen Menschen abzustellen. Dementsprechend ist unter einem Jugendlichen im Sinne des § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG der noch ungefestigte, in der Entwicklung stehende, auch noch prägbare Mensch zu verstehen, "bei dem Entwicklungskräfte noch in größerem Umfang wirksam sind" (BGHSt 12, 116 [118]; 22, 41 [42]; Brunner a.a.O. Rdn. 4; Eisenberg a.a.O. Rdn. 8). Ist das nicht der Fall und stehen Reiferückstände nicht im Vordergrund, hat der Täter vielmehr die einen jungen Erwachsenen kennzeichnende Ausformung erfahren, dann ist er nicht mehr einem Jugendlichen gleichzustellen. Die Entscheidung ist jeweils aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles zu treffen.
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Dabei steht die Anwendung von Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht nicht im Verhältnis von Regel und Ausnahme - § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG stellt keine Vermutung für die grundsätzliche Anwendung des einen oder des anderen Rechts auf, wie das Landgericht unter Berufung auf die Rechtsprechung (BGHSt 12, 116 [118]) zutreffend ausführt. Die Forderung, grundsätzlich Jugendrecht anzuwenden, wenn nicht ausnahmsweise der Täter eindeutig einem Erwachsenen gleichzustellen ist, findet im Gesetz keine Stütze. Nur wenn der Tatrichter nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten Zweifel nicht beheben kann, muß er die Sanktionen dem Jugendrecht entnehmen (BGHSt 12, 116; BGH bei Holtz MDR 1982, 104; BGH StV 1983, 377).
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Nach diesen Grundsätzen ist die Jugendkammer verfahren und hat ihre Entscheidung aufgrund umfassender Darstellung und Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeiten getroffen. Danach war sich das Landgericht beim Angeklagten H. sicher, daß er noch keineswegs ausgereift war, sondern deutlich mitten in einer persönlichen Entwicklung stand. Beim Angeklagten S. konnte es trotz umfassender Erörterung und Würdigung seines Lebenslaufs und seiner Verhaltensweisen sowie des Umstandes, daß die Entwicklung der Tat Züge des Verhaltens einer noch unausgereiften Persönlichkeit trug, letzte Gewißheit über den Grad der Reife nicht gewinnen. Dabei hat das Landgericht die bei diesem Angeklagten naheliegende Möglichkeit berücksichtigt, aber als nicht sicher verworfen, daß bei ihm nicht mehr Fragen von Entwicklung und Reife, sondern Charaktermängel im Vordergrund standen. Bei beiden Angeklagten waren die aus den eingehend dargestellten Umständen gezogenen Schlüsse auf ihren Reifegrad jedenfalls möglich und sind vom Revisionsgericht deshalb hinzunehmen. Die verbleibenden Zweifel beim Angeklagten S. mußten zur Anwendung von Jugendstrafrecht führen.
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b) - d) ...
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2. Das Landgericht hat beim Angeklagten H. aus erzieherischen Gründen davon abgesehen, in die Verurteilung zu zehn Jahren Jugendstrafe wegen gemeinschaftlichen Mordes ein früheres Urteil (ein Jahr vier Monate Jugendstrafe wegen zahlreicher Diebstähle u.a., wovon ein Jahr noch nicht verbüßt ist) einzubeziehen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Begeht ein Jugendlicher, der rechtskräftig zu Jugendstrafe verurteilt worden ist, vor vollständiger Verbüßung oder sonstiger Erledigung eine neue Straftat, so tritt die spätere Verurteilung grundsätzlich nicht neben die frühere. Vielmehr schreibt § 31 Abs. 2 Satz 1 JGG vor, daß unter Einbeziehung des bereits rechtskräftigen Erkenntnisses einheitlich auf Jugendstrafe zu erkennen ist.
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Das Gericht kann jedoch von der Einbeziehung der früheren Verurteilung absehen, wenn dies "aus erzieherischen Gründen zweckmäßig" ist (§ 31 Abs. 3 Satz 1 JGG).
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b) Die Verfahrensweise des Landgerichts führt im vorliegenden Fall dazu, daß die Jugendstrafen in ihrer Kumulation die Höchststrafe des § 105 Abs. 3 JGG überschreiten. Es ist umstritten, ob in einem solchen Fall § 31 Abs. 3 Satz 1 JGG überhaupt anwendbar bleibt. Nach der einen Auffassung (Frisch NJW 1959, 1669, 1670; Nothacker, Erziehungsvorrang und Gesetzesauslegung S. 253 Anm. 850; Böhm, Einführung in das Jugendstrafrecht 2. Aufl. § 22, 2 b, bb und StV 1986, 70 ff.) gibt § 105 Abs. 3 JGG insgesamt die Höchstgrenze an. Andere teilen diese Meinung für den Regelfall mit der Erwägung, es sei "fast niemals erzieherisch zweckmäßig", die vom Gesetzgeber festgelegten Höchstgrenzen zu überschreiten (Brunner a.a.O. § 31 Rdn. 23, 23 a; vgl. auch Eisenberg a.a.O. 5 31 Rdn. 33), halten das in Ausnahmefällen aus "wichtigen Erziehungsgründen" aber für zulässig (Dallinger/Lackner a.a.O. § 31 Rdn. 42; Schaffstein/Beulke, Jugendstrafrecht 9. Aufl. § 12 III). Potrykus (NJW 1959, 1064) hält es in bestimmten Fällen aus "Rechtsgründen" für geboten, daß mehrere Jugendstrafen in ihrer Kumulation das gesetzliche Höchstmaß überschreiten. Das Kammergericht (JR 1981, 306 ff.) billigt das mit der Erwägung, die vorherige Verurteilung zur Höchststrafe könne kein Freibrief sein zur späteren Begehung weiterer Taten (so auch Schaffstein/Beulke a.a.O.; Böhm a.a.O. S. 72).
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Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Zulässigkeit dieser Verfahrensweise bisher offengelassen (BGHSt 22, 21 [24]; BGH, Beschl. vom 21. Oktober 1980 - 5 StR 586/80 - bei Holtz MDR 1981, 101; BGH NStZ 1985, 410).
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c) Der Senat ist der Auffassung, daß in Ausnahmefällen neben der gesetzlichen Höchststrafe eine Jugendstrafe gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 JGG bestehen bleiben kann. Beim Widerstreit zweier gesetzlicher Prinzipien des Jugendgerichtsgesetzes - hier Begrenzung der Jugendstrafe (§ 105 Abs. 3 JGG), dort Absehen von der üblichen Einheitsstrafe aus erzieherischen Gründen (§ 31 Abs. 3 Satz 1 JGG) - kann nicht von vornherein generell gesagt werden, die eine Maxime habe grundsätzlich Vorrang vor der anderen. Im Vordergrund steht der Erziehungsgedanke als Basis aller Regelungen des Jugendstrafrechts. Diesem Gedanken trägt § 31 Abs. 3 JGG für den Einzelfall Rechnung - maßgebend ist der konkrete Täter (vgl. BGHSt 22, 21 [23]). Andererseits ist zu bedenken, daß sich aus den Vorschriften in § 18 Abs. 1 Satz 2, § 31 Abs. 1 Satz 3, § 105 Abs. 3 JGG zu ergeben scheint, der Gesetzgeber habe auch bei schwersten Straftaten die Möglichkeit der erzieherischen Einwirkung im Strafvollzug auf zehn Jahre begrenzt (vgl. Eisenberg a.a.O.). Nähere Betrachtung zeigt aber einen grundlegenden Unterschied zu der hier zu beurteilenden Verfahrenslage auf. Während in jenen Vorschriften bestimmt wird, welche Höchstgrenzen der Richter bei der Entscheidung über das Reaktionsmittel auf die in einem bestimmten Verfahren zu beurteilenden Straftaten zu beachten hat, regelt § 31 JGG in seinen Absätzen 2 und 3 den Fall, daß im Augenblick der Entscheidung bereits ein rechtskräftiges, noch nicht erledigtes Erkenntnis wegen früherer Straftaten gegen den Täter vorliegt. Auch insoweit soll es nach § 31 Abs. 2 Satz 1 JGG ("in gleicher Weise") bei der Regel des Absatzes 1 verbleiben, wonach unter Beachtung der Höchstgrenzen einheitlich über alle Straftaten zu entscheiden ist. Erzieherische Gründe können aber nach Abs. 3 ein Ausklammern des früheren Urteils rechtfertigen. Dabei ist bemerkenswert, daß die in Abs. 1 Satz 3 trotz der Regelungen in § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 105 Abs. 3 JGG für erforderlich gehaltene ausdrückliche Bindung an die Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe in der einen besonderen Fall betreffenden Vorschrift des § 31 Abs. 3 JGG nicht wiederkehrt. Aus alledem schließt der Senat, daß die Höchstgrenzen hier nicht gelten sollen. Dieser Schluß erscheint auch sinnvoll schon im Hinblick darauf, daß zwischen der früheren Strafe und der Höchstgrenze im Einzelfall ein zu geringer oder gar kein Spielraum liegen könnte, so daß bei absoluter Geltung der Höchstgrenze eine angemessene Reaktion auf die neue Tat nicht mehr möglich wäre. Ein solcher Fall liegt zwar hier nicht vor. Das Gesetz bietet aber keinen Anhält dafür, die nach der Systematik der Vorschriften als zulässig erkannte Überschreitung des Höchstmaßes durch Kumulierung zweier Strafen auf die Fälle zu beschränken, in denen die frühere Strafe den Rahmen bereits (weitgehend) ausgeschöpft hat. Die möglichen Unterschiede in der Fallgestaltung haben vielmehr bei der Prüfung der Frage Berücksichtigung zu finden, ob erzieherische Gründe das Absehen von der Einbeziehung der früheren Taten rechtfertigen.
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Um § 31 Abs. 3JGG im Einzelfall anwenden zu können, müssen Gründe vorliegen, die unter dem Gesichtspunkt der Erziehung von ganz besonderem Gewicht sind (so schon BGH NStZ 1985, 410 für den Fall der Zulässigkeit des Durchbrechens der Vorschrift des § 105 Abs. 3 JGG) und zur Verfolgung dieses Zweckes über die üblichen Strafzumessungsgesichtspunkte hinaus das Nebeneinander zweier Jugendstrafen notwendig erscheinen lassen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, so steht die Entscheidung im pflichtgemäßen, durch rationale Erwägungen gebundenen Ermessen des Tatrichters (BGH a.a.O.; Dallinger/ Lackner a.a.O. § 31 Rdn. 43).
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d) Das Landgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, es sei im vorliegenden Fall nicht nur zweckmäßig, sondern aus erzieherischen Gründen geboten, vom Grundsatz des § 31 Abs. 2 JGG abzuweichen. Unter Beachtung der oben dargelegten Anforderungen hat es die bisher erst kurzfristige Verbüßung und den Umstand, daß die neue Tat während einer Bewährungszeit begangen wurde, noch nicht als die verlangten besonderen Erziehungsgründe angesehen. Hinzu kommt, daß es dem Angeklagten durch Einstellung des Verfahrens wegen weiterer schwer krimineller Gewalttaten und Beiseitelassen der früheren Verurteilung das Gewicht des Mordes, "der in seiner Furchtbarkeit kaum seinesgleichen findet", vor Augen stellen wollte. Die Einbeziehung minder schwerer Straftaten werde dem Angeklagten die Bedeutung der Mordtat nicht ausreichend bewußt machen, zumal er trotz Geständnisses bereits in der Hauptverhandlung zur Verharmlosung geneigt habe. Dieser Tendenz konnte nach Überzeugung der Jugendkammer nur begegnet werden, wenn der Angeklagte sieht, daß er allein wegen der Mordtat die Höchststrafe erhält. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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