BVerfGE 52, 369 - Hausarbeitstag
Mit Art. 3 Abs. 2 GG ist es unvereinbar, wenn alleinstehenden Frauen mit eigenem Hausstand, nicht aber Männern in gleicher Lage ein Anspruch auf Hausarbeitstag gewährt wird.
 
Beschluß
des Ersten Senats vom 13. November 1979
- 1 BvR 631/78 -
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn M... a) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts köln vom 17. Februar 1978 - 12 Ca 7967/77 -, b) mittelbar gegen § 1 des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen über Freizeitgewährung für Frauen mit eigenem Hausstand vom 27. Juli 1948 (GVBl. 1949 S.6).
Entscheidungsformel:
1. § 1 des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen über Freizeitgewährung für Frauen mit eigenem Hausstand vom 27. Juli 1948 (Gesetz- und Verordnungsbl. 1949 S.6) ist mit Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit der Hausarbeitstag weiblichen, aber nicht männlichen alleinstehenden Arbeitnehmern mit eigenem Hausstand gewährt wird.
2. Das Urteil des Arbeitsgerichts köln vom 17. Februar 1978 - 12 Ca 7967/77 - verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Artikel 3 Abs.2 des Grundgesetzes und wird aufgehoben. Die Sache wird an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.
3. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
 
Gründe
 
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verfassungsmäßigkeit des § 1 des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen über Freizeitgewährung für Frauen mit eigenem Hausstand vom 27. Juli 1948 (HATG NRW), soweit es einen Hausarbeitstag weiblichen, aber nicht männlichen alleinstehenden Arbeitnehmern mit eigenem Hausstand gewährt.
I.
1. Die Gewährung des Hausarbeitstages geht zurück auf § 2 Abs. 1 Buchst. b der Anordnung des Reichsarbeitsministers über Arbeitszeitverkürzung für Frauen, Schwerbeschädigte und minderleistungsfähige Personen (Freizeitanordnung) vom 22. Oktober 1943 (Reichsarbeitsblatt I S. 508). Bedingt durch die Kriegsverhältnisse mußten in immer stärkerem Maße Frauen als Arbeitskräfte herangezogen werden. Der Doppelbelastung mit Berufsarbeit und Hausarbeit wurde durch die Gewährung eines unbezahlten Hausarbeitstages Rechnung getragen.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Hausarbeitstagsrecht durch Gesetze der Länder Bremen (Gesetz über den Hausarbeitstag vom 29. Juni 1948 - GBl. S. 95), Hamburg (Gesetz über den Hausarbeitstag vom 17. Februar 1949 - GVBl. S. 15), Niedersachsen (Gesetz betr. hauswirtschaftliche Freizeit für Frauen - Hausarbeitstag - vom 9. Mai 1949 - GVBl. S. 104) und Nordrhein-Westfalen erweitert. Diese Gesetze stimmen darin überein, daß sie weiblichen Arbeitnehmern mit eigenem Hausstand den Anspruch auf einen freien und - insoweit abweichend von der Freizeitordnung - bezahlten Hausarbeitstag gewähren. In den Ländern ohne eigene Hausarbeitstagsgesetze gilt die Freizeitordnung weiter. In den Ländern mit Hausarbeitstagsgesetzen gilt sie insoweit, als nicht ihre Bestimmungen weitergehenden Gesetzen widersprechen.
2. Die Vorschrift des § 1 HATG NRW lauten:
    In Betrieben und Verwaltungen aller Art haben Frauen mit eigenem Hausstand, die im Durchschnitt wöchentlich mindestens 40 Stunden arbeiten, Anspruch auf einen arbeitsfreien Wochentag (Hausarbeitstag) in jedem Monat.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können nicht nur verheiratete, sondern auch alleinstehende Arbeitnehmerinnen, die einen eigenen Hausstand führen, einen Hausarbeitstag beanspruchen. Ein eigener Hausstand im Sinne des § 1 HATG NRW liegt bei einer alleinstehenden Frau vor, wenn sie mindestens einen Raum ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat und darin ohne ausreichende Hilfe die anfallenden, mit einem Haushalt üblicherweise verbundenen Arbeiten im wesentlichen selbst verrichtet. Das Bundesarbeitsgericht hält die Vorschrift in dieser Auslegung mit Art. 3 Abs. 2 GG für vereinbar. Sie knüpfe an die typische Arbeitsteilung der Geschlechter an und sei als Arbeitsschutzrecht für erwerbstätige Frauen anzusehen (BAG - Gr. Sen. - Beschluß vom 16. März 1962, BAG 13, 1 = AP Nr. 19 zu § 1 HausarbTagsG NRW; seither ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BAG-Urteil vom 26. Oktober 1978, BB 1979, S. 477 = [demnächst] AP Nr. 27 zu § 1 HausarbTagsG NRW).
II.
1. Der Beschwerdeführer ist Krankenpfleger im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen. Er ist ledig und wohnt allein in einer Wohnung von ca 80 qm. Er arbeitet 40 Stunden an sechs Tagen in der Woche. Sein Arbeitgeber lehnte seinen Antrag vom 1. Oktober 1977 ab, ihm von Oktober 1977 an einen Hausarbeitstag zu gewähren. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren beantragte er zuletzt, das Land Nordrhein-Westfalen zu verurteilen, ihm für einen arbeitsfreien Hausarbeitstag im Monat Oktober 1977 eine Abgeltung von 120 DM brutto zu zahlen.
2. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es führt aus: Der von dem Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch finde weder in dem Hausarbeitstagsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen noch in Art. 3 Abs. 2 GG eine Rechtsgrundlage. Im Hausarbeitstagsgesetz seien als Anspruchsberechtigte nur Frauen genannt. Wenn das Gesetz wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG unwirksam wäre, weil es Frauen unzulässig begünstige, habe das nicht die von dem Beschwerdeführer erhoffte Rechtsfolge, daß Männer die gleichen Rechte erhielten. Es sei Sinn des Gleichberechtigungssatzes, die Frauen, die bisher rechtlich benachteiligt gewesen seien, auf den Status der Männer anzuheben. Aus Art. 3 GG könne nicht abgeleitet werden, daß den Männern - wenn der Gesetzgeber in seinem Bestreben, die Frauen den Männern gleichzustellen, über das Ziel "hinausgeschossen" sei und die Frauen "überprivilegiert" habe - die den Frauen gewährten Rechte auch eingeräumt werden müßten.
3. Mit der gegen das Urteil des Arbeitsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer, daß das Hausarbeitstagsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen gegen Art. 3 Abs. 2 und 3 GG verstoße. Er trägt vor: Die Nichtgewährung des Hausarbeitstages an männliche Arbeitnehmer könne mit dem Hinweis auf die traditionelle Arbeitsteilung der Geschlechter nicht gerechtfertigt werden. Zwar werde eine Arbeitsteilung, nach der die Frau den Haushalt führe und der Mann im Berufsleben stehe, noch häufig praktiziert. Als gesellschaftliches Prinzip sei dieser Grundsatz jedoch längst überwunden. Es gelte heute gesellschaftlich keineswegs mehr als anrüchig, wenn eine Frau am Berufsleben teilnehme. Auch sei es nicht mehr typisch, daß die alleinstehende Frau ihren Haushalt selbst führe, während bei dem Mann das Gegenteil der Fall sei. Es sei ausschließlich eine Frage der finanziellen Situation oder der persönlichen Neigung, ob eine alleinstehende Person, gleichgültig ob Mann oder Frau, sich selbst versorge oder gegen Bezahlung durch Dritte versorgen lasse. Entscheide sie sich für die Selbstversorgung, sei die Situation für Mann und Frau gleich. Im übrigen komme dem Gleichberechtigungsgrundsatz eine gewisse korrigierende Funktion hinsichtlich dessen zu, was bisher als typische Rollenverteilung angesehen worden sei.
III.
Die Bundesregierung, der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen und das Bundesarbeitsgericht haben auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hingewiesen und im übrigen von Stellungnahmen abgesehen.
 
B.
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. § 1 HATG NRW ist mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbar, soweit die Vorschrift nur für alleinstehende Frauen mit eigenem Hausstand die Gewährung eines Hausarbeitstages vorsieht.
I.
Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung ist § 1 HATG NRW in der Auslegung, die das Bundesarbeitsgericht der Vorschrift mit dem Beschluß seines Großen Senats vom 16. März 1962 (BAG 13, 1 = AP Nr. 19 zu § 1 HausarbTagsG NRW) gegeben hat und seither seiner Rechtsprechung zugrunde legt. Danach haben im Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen alle arbeitenden Frauen ohne Rücksicht auf ihren Familienstand einen Anspruch auf den Hausarbeitstag, wenn sie in einem bestimmten zeitlichen Umfang arbeiten und einen eigenen Hausstand haben und selbst führen; für männliche Arbeitnehmer, die sich in der gleichen Lage befinden, sieht § 1 HATG NRW dagegen nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut einen Anspruch auf den Hausarbeitstag nicht vor. Von dieser Rechtslage geht auch das Arbeitsgericht in dem mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Urteil aus.
Prüfungsmaßstab ist Art. 3 Abs. 2 GG. Das dort ausgesprochene Gebot der Gleichberechtigung von Männern und Frauen konkretisiert den allgemeinen Gleichheitssatz und verbietet, daß der Geschlechtsunterschied einen beachtlichen Grund für Differenzierungen im Recht abgeben kann. Das schließt allerdings nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Regelungen nicht aus, die im Hinblick auf die objektiven biologischen und funktionalen (arbeitsteiligen) Unterschiede nach der Natur des jeweiligen Lebensverhältnisses zwischen Männern und Frauen differenzieren (vgl. BVerfGE 3, 225 [242]; 5, 9 [12]; 10, 59 [74]; 15, 337 [343]; 21, 329 [343f.]; 31, 1 [4f.]; 37, 217 [249f.]); 43, 213 [225]). Auf solche Merkmale läßt sich die Unterscheidung, die die Regelung des § 1 HATG NRW trifft - jedenfalls bei Alleinstehenden -, nicht zurückführen.
II.
Die Regelung des § 1 HATG NRW knüpft bei der Bestimmung, welchen Personen der Hausarbeitstag zu gewähren ist, allein an den Geschlechtsunterschied an und nimmt damit eine verfassungsrechtlich unzulässige Differenzierung vor.
1. Mit der Gewährung eines Hausarbeitstages soll der Arbeitnehmerin Gelegenheit gegeben werden, Arbeiten zu erledigen, die sich nur schwer im täglichen Nebeneinander von Beruf und Haushalt bewältigen lassen, insbesondere umfangreiche Wascharbeiten und Putzarbeiten (vgl. Binder-Wehberg, Ungleichbehandlung von Mann und Frau, 1970, S 128 unter Hinweis auf den erwähnten Beschluß des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16. März 1962). Diese Zielsetzung wird bereits in den der Freizeitanordnung vorangegangenen Erlassen des Reichsarbeitsministers zur Zulassung von Arbeitszeitverkürzungen durch das Gewerbeaufsichtsamt erkennbar (zit. bei Bulla, Mutterschutzgesetz und Frauenarbeitsrecht, 1954, 2. Buch, Teil B, Rdnr. 3 S. 541). In einem Erlaß vom 12. Dezember 1939 heißt es: "Verkürzte Arbeitszeiten an einzelnen Werktagen können ferner angeordnet werden, um verheirateten Frauen, insbesondere Frauen mit Kindern, die Versorgung ihres Haushalts zu erleichtern". In einem nachfolgenden Erlaß vom 31. Juli 1940 ist unter anderem bestimmt: "Den Frauen ist zur Erledigung ihrer häuslichen Aufgaben nach Möglichkeit eine verkürzte Arbeitszeit an etwa zwei Tagen in der Woche einzuräumen. Falls ihnen diese Arbeitszeitverkürzungen aus betrieblichen Gründen nicht gewährt werden können, soll ihnen innerhalb von zwei Wochen ein voller Arbeitstag (Waschtag) freigegeben werden".
2. Eine Doppelbelastung durch Berufstätigkeit und Haushaltsführung kann auch bei Männern in Betracht kommen. Dies gilt insbesondere für Alleinstehende, die sich in einer eigenen Wohnung selbst versorgen, da bei ihnen Berufstätigkeit und Haushaltsführung zwangsläufig in einer Person zusammentreffen. Soweit ein alleinstehender Arbeitnehmer die Doppelbelastung durch Beruf und Haushalt trägt, ist es nicht gerechtfertigt, ihn bei der Gewährung des Hausarbeitstages anders als eine alleinstehende Arbeitnehmerin zu behandeln. Objektive biologische oder funktionale (arbeitsteilige) Unterschiede prägen das hier zu ordnende Lebensverhältnis nicht so entscheidend, daß die vergleichbaren Elemente daneben vollkommen zurücktreten müßten und die verschiedene rechtliche Regelung mit den Begriffen "Benachteiligen" und "Bevorzugen" nicht mehr sinnvoll zu erfassen wäre (vgl. BVerfGE 37, 217 [249] m.w.N.).
a) Es gehört nicht zu den geschlechtsbedingten Eigenheiten von Frauen, Hausarbeit zu verrichten. Wenn in diesem Bereich gleichwohl in erster Linie die Tätigkeit von Frauen erwartet wird, beruht dies allein auf der herkömmlichen Vorstellung, daß es der Frau zufällt, den Haushalt ganz oder mindestens überwiegend zu besorgen.
Die bisherige Regelung kann auch nicht mit einer geringeren Leistungsfähigkeit der Frau gerechtfertigt werden. Dabei kann dahinstehen, ob Frauen allgemein gegen körperliche Anstrengungen weniger widerstandsfähig und gesundheitlichen Schädigungen stärker ausgesetzt sind als Männer. Jedenfalls ist es nicht Sinn des Hausarbeitstages, eine etwaige schwächere Konstitution der Frau auszugleichen. Dem wird für den Bereich des Arbeitslebens durch die besonderen Arbeitsschutzvorschriften der §§ 16 bis 19 der Arbeitszeitordnung Rechnung getragen (vgl. Binder-Wehberg, a.a.O., S. 130ff.; Denecke-Neumann, AZO, 9. Aufl., 1976, § 16 Rdnr. 1; Dürig, in: Maunz-Dürig-Herzog-Scholz, GG, Art. 3 Abs. 2 Rdnr. 43). Solche Arbeitsschutzbestimmungen, die auf die besondere Schutzwürdigkeit der Frau abstellen - vor allem Mutterschutzgesetze -, sind mit Art. 3 Abs. 2 GG vereinbar, weil dadurch nur Lebensumstände berücksichtigt werden, die ausschließlich die Frauen betreffen (vgl. BVerfGE 5, 9 [12]; Dürig, a.a.O., Art. 3 Abs. 2 Rdnr. 13).
Auch durch die Entstehungsgeschichte wird bestätigt, daß die Vorschrift des § 1 HATG NRW nicht an biologische Eigenschaften der Frau, insbesondere nicht an eine geringere körperliche Leistungsfähigkeit anknüpft. Durch die Gewährung des Hausarbeitstages soll der mit Beruf und Haushalt doppelt belasteten Arbeitnehmerin Gelegenheit und Zeit gegeben werden, größere Haushaltsarbeiten zu erledigen, die mehr Zeit als den nach Arbeitsende jeweils verbleibenden Teil des Tages in Anspruch nehmen. Die Regelung beruht nicht auf der Abwägung der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit von Männern und Frauen im Arbeitsleben, wie sie den Vorschriften der Arbeitszeitordnung nach ihrem Gesamtzusammenhang ersichtlich zugrunde liegt, sondern ausschließlich auf einer Bewertung der Doppelbelastung durch Beruf und Haushalt. Von dieser Doppelbelastung kann ein männlicher Arbeitnehmer, der daneben einen Haushalt führt, in gleicher Weise betroffen sein. Der Umfang der zu erledigenden Hausarbeiten ist nicht geringer, wenn der Haushalt von einem Mann statt von einer Frau geführt wird. Bei dieser Sachlage kann die Gewährung des bezahlten Hausarbeitstages nur an Frauen mit den biologischen Unterschieden der Geschlechter nicht begründet werden.
Auch der Gedanke des Mutterschutzes der berufstätigen Frau hat in der Regelung des § 1 HATG NRW keinen Niederschlag gefunden (a.A.: BAG 13, 1). Die Vorschrift gewährt den Hausarbeitstag vorbehaltlich der übrigen Voraussetzungen allen Frauen ohne Rücksicht auf das Lebensalter, eine bestehende Schwangerschaft oder vorhandene Kinder, knüpft also in keiner Weise an Merkmale der Mutterschaft an. Im übrigen hatte der Gesetzgeber schon lange vor der ersten Regelung des Hausarbeitstages die Materie des Mutterschutzes besonders gesetzlich geregelt. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Freizeitanordnung galt das Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz) vom 17. Mai 1942 (RGBl. I S. 321), das später durch das Gesetz vom 24. Januar 1952 (BGBl. I S. 69) abgelöst wurde (vgl. jetzt: Mutterschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. April 1968, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 27. Juni 1979 [BGBl. I S. 823]).
b) Die Vorschrift des § 1 HATG NRW kann auch nicht durch funktionale (arbeitsteilige) Unterschiede der Geschlechter gerechtfertigt werden. Allerdings entspricht es einer hergebrachten Vorstellung, daß die Haushaltsführung als eine der Frau zufallende Aufgabe bei der Aufteilung der soziologischen Funktionen zwischen den Geschlechtern empfunden wird. Von dieser Rollenverteilung gehen auch diejenigen Stimmen in der Literatur aus, die allgemein die Berechtigung der gegenwärtigen Hausarbeitstagsregelung bei Mehrpersonenhaushalten für verfassungsrechtlich unbedenklich halten (vgl. Bulla, a.a.O., Rdnr. 35, S. 559f.; Dürig, a.a.O., Art. 3 Abs. 2 Rdnr. 43; Nikisch, Arbeitsrecht, 2. Aufl., 1955, 1. Bd., § 40 II 3, S. 466; Friedrich Klein, Rechtsgutachten zur Auslegung des § 1 des nordrhein-westfälischen Gesetzes über Freizeitgewährung für Frauen mit eigenem Hausstand ..., erstattet gegenüber dem Bundesarbeitsgericht in dem erwähnten Verfahren des Großen Senats, S. 43f.; Scheffler, Ehe und Familie, in: Bettermann-Nipperdey-Scheuner, Die Grundrechte, 4. Bd., 1. Halbbd, S. 245 [309]; differenzierend Binder-Wehberg, a.a.O., S. 130f.). Ob aufgrund des neuen Familienrechts (§ 1356 BGB) sich bei Eheleuten die Aufteilung der beiderseitigen Aufgaben in Beruf, Haushalt und Familie grundlegend geändert hat (verneinend Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Oktober 1978, BB 1979, 477 = [demnächst] AP Nr. 27 zu § 1 HausarbTagsG NRW) und ob daraus Folgerungen bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Rechts des Hausarbeitstages zu ziehen sind, kann in diesem Verfahren dahingestellt bleiben. Jedenfalls verletzt die einseitige Hausarbeitstagsregelung zugunsten der alleinstehenden Frau den Grundsatz der Gleichberechtigung nach Art. 3 Abs. 2 GG. Diese Frauen unterscheiden sich in keinem wesentlichen Punkt von Männern in gleicher Lage. Dabei ist es auch unerheblich, ob es für die alleinstehende berufstätige Frau der typischen Gestaltung der sozialen Verhältnisse entspricht, daß sie im Gegensatz zum Mann den Haushalt selbständig führt (so Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., 1963, 1. Bd., § 69 II 3 Fußn. 13, S. 719, die mit dieser Erwägung einen Verfassungsverstoß verneinen; ebenso BAG 1, 51 = AP Nr. 1 zu Art. 3 GG). Selbst wenn dies auch heute noch zutreffend sein sollte, rechtfertigt es nicht die Benachteiligung der Männer, die ihren eigenen Haushalt tatsächlich selbst führen. Es verstößt gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz, wenn den privaten Interessen der weiblichen Arbeitnehmer an einer bestimmten außerbetrieblichen Tätigkeit durch eine Ungleichbehandlung Rechnung getragen wird (Binder-Wehberg, a.a.O., S. 131). Im übrigen stellt auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Rechtsprechung nicht darauf ab, ob - alleinstehende - Frauen typischerweise ihren Haushalt selbst führen, sondern auf die im Einzelfall zu treffende Feststellung, ob die alleinstehende Frau "ohne ausreichende Hilfe die anfallenden mit einem Haushalt üblicherweise verbundenen Arbeiten im wesentlichen selbst verrichtet" (BAG, AP Nr. 26 zu § 1 HausarbTagsG NRW). Entsprechende Feststellungen können in gleicher Weise auch bei Männern mit eigenem Hausstand getroffen werden.
III.
Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34 Abs.4 BVerfGG.
Benda Böhmer Simon Faller Hesse Katzenstein Niemeyer Heußner