BVerfGE 59, 216 - Söhlde
Zur Änderung des Namens einer Gemeinde durch den Gesetzgeber.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 12. Januar 1982
-- 2 BvR 113/81 --
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Gemeinde Hoheneggelsen, ... - gegen Art. III des niedersächsischen gesetzes zur Neubildung der Gemeinden Bad Laer, Glandorf und Didderse sowie zur Umbenennung der Gemeinde Söhlde vom 20. Februar 1981 (GVBl. S. 13).
Entscheidungsformel:
Artikel III des niedersächsischen Gesetzes zur Neubildung der Gemeinden Bad Laer, Glandorf und Didderse sowie zur Umbenennung der Gemeinde Söhlde vom 20. Februar 1981 (Gesetz- und Verordnungsbl. S. 13) verletzt Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes und ist deshalb nichtig.
Das Land Niedersachsen hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.
 
Gründe:
 
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Landesgesetzgeber den erst vor wenigen Jahren durch Gesetz bestimmten Namen einer Gemeinde, die im Rahmen einer umfassenden Gebietsreform neu gebildet worden war, erneut ändern darf.
I.
1. Gemäß § 8 des niedersächsischen Gesetzes zur Neugliederung der Gemeinden im Raum Hildesheim/Alfeld vom 11. Februar 1974 (GVBl. S. 74) - Hildesheim-Alfeld-Gesetz - wurden mit Wirkung vom 1. März 1974 die Gemeinden Bettrum, Feldbergen, Groß Himstedt, Hoheneggelsen, Klein Himstedt, Mölme, Nettlingen, Söhlde und Steinbrück zu einer neuen Gemeinde Söhlde, der Beschwerdeführerin, zusammengeschlossen. Die betroffenen Gemeinden waren zwar mit dem Zusammenschluß zur Einheitsgemeinde als solchem einverstanden; zwischen ihnen bestanden aber Meinungsverschiedenheiten über Namen und Verwaltungssitz der neuen Gemeinde. Während sich die Gemeinden Bettrum, Groß Himstedt, Nettlingen, Söhlde und Steinbrück, in denen zwei Drittel der Bevölkerung der neugebildeten Gemeinde lebten, für Söhlde aussprachen, traten Feldbergen, Hoheneggelsen, Klein Himstedt und Mölme für Hoheneggelsen ein. Unter diesen Umständen entschied sich der Gesetzgeber dafür, der neugebildeten Gemeinde wie in anderen Fällen den Namen der größten am Zusammenschluß beteiligten Gemeinde - nämlich Söhlde - zu geben (vgl. LTDrucks. 7/2149, S. 53; LT-Prot., 7. Wp., Sp. 9483). Von einer Bestimmung des Verwaltungssitzes der neugebildeten Gemeinde sah der Gesetzgeber entsprechend der bisherigen Übung ab, weil hierfür die im Rahmen der Landesplanung und Raumordnung getroffenen Entscheidungen maßgeblich seien (vgl. LTDrucks. 7/2149, a.a.O.).
2. In der Folgezeit richtete die Beschwerdeführerin in der Ortschaft Söhlde ihren Verwaltungssitz ein. Diese Ortschaft, in der sich schon vorher die zentrale Hauptschule für alle in die Beschwerdeführerin einbezogenen Gemeinden befunden hatte, wurde auch Standort der weiterführenden Schulen im Gemeindegebiet. Im regionalen Raumordnungsprogramm für den Regierungsbezirk Hildesheim vom 12. Mai 1977 (ABl. Nr. 12 a) wurde die Ortschaft Söhlde anstelle von Hoheneggelsen als Nebenzentrum ausgewiesen. Durch Beschluß des Landesministeriums vom 23. Mai 1978 (Nds. MBl. S. 722) wurde das Landes-Raumordnungsprogramm dahingehend geändert, daß die Gemeinden mit zentralörtlicher Bedeutung die Lage des zentralen Ortes innerhalb ihres Gemeindegebietes im Rahmen der vorbereitenden Bauleitplanung selbst zu bestimmen haben.
3. Durch Art. III des niedersächsischen Gesetzes zur Neubildung der Gemeinden Bad Laer, Glandorf und Didderse sowie zur Umbenennung der Gemeinde Söhlde vom 20. Februar 1981 (GVBl. S. 13) - Reformkorrekturgesetz - wurde der Name der Beschwerdeführerin in "Hoheneggelsen" geändert. Das Gesetz ist nach seinem Art. V am 1. Mai 1981 in Kraft getreten.
a) In der Begründung des von der Landtagsfraktion der CDU am 19. Juni 1980 eingebrachten Entwurfs dieses Gesetzes (LTDrucks. 9/1663) wurde ausgeführt, daß damit einige wenige Einzelfälle, in denen sich Änderungen im gemeindlichen Bereich eindeutig als Fehlentscheidungen erwiesen hätten, wieder aufgegriffen und einer befriedigenden Regelung zugeführt werden sollten. Der Gemeindename Söhlde entspreche nicht den örtlichen Verhältnissen. Vielmehr sei der Ortsteil Hoheneggelsen als der zentralere Ortsteil der neugebildeten Gemeinde anzusehen. Mit der Umbenennung solle dieser Lage und der Bedeutung dieses Ortsteils Rechnung getragen werden. Dabei werde von der Erwartung ausgegangen, daß der Ortsteil Hoheneggelsen in Zukunft seiner zentraleren Lage und Bedeutung entsprechend bei den Investitionen der Gemeinde berücksichtigt werde, was "bedauerlicherweise" in den vergangenen Jahren nicht geschehen sei. Nur dann erscheine der Fortbestand der Gemeinde in unveränderter Form gesichert.
b) In der 1. Lesung des Gesetzentwurfs im Landtag (LTProt., 9. Wp., Sp. 5474 ff.) wurde diese Begründung dahingehend erläutert, daß bei der Bildung der Beschwerdeführerin die Ortschaft Hoheneggelsen im Raumordnungsprogramm als Nebenzentrum ausgewiesen gewesen sei; hieraus folge ihre zentrale Lage und Bedeutung. Daß inzwischen sechs Jahre vergangen seien und "eine SPD-Mehrheit andere Verhältnisse geschaffen" habe, könne kein Grund dafür sein, von einer Revision dieser Dinge abzusehen (Abg. Thole, LTProt., 9. Wp., Sp. 5512 f.).
c) Im Auftrag des Landtagsausschusses für innere Verwaltung gab das Innenministerium mit Erlaß vom 22. September 1980 der Beschwerdeführerin Gelegenheit, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Am 4. November 1980 lehnte die Beschwerdeführerin die vorgesehene Änderung ihres Namens ab. Sie verwies darauf, daß sich nunmehr mit Ausnahme der Ortschaft Hoheneggelsen die Bürgervertretungen sämtlicher anderer Ortschaften gegen diese Namensänderung aussprächen. Sie bestritt ferner, daß die Ortschaft Hoheneggelsen zentraler gelegen sei als die Ortschaft Söhlde. Hoheneggelsen sei auch nicht bei kommunalen Investitionen vernachlässigt worden.
d) Der Landtagsausschuß für innere Verwaltung befaßte sich in seinen Sitzungen am 26. November, 9. und 17. Dezember 1980 sowie am 7. Januar 1981 mit diesem Teil des Gesetzentwurfs und den dazu eingegangenen Stellungnahmen. In der 2. Lesung am 29. Januar 1981 faßte der Abgeordnete Knemeyer als Berichterstatter des Ausschusses, nach einem Hinweis auf die ablehnende Stellungnahme der Beschwerdeführerin, Verlauf und Ergebnis der Ausschußberatungen wie folgt zusammen (LTProt., 9. Wp., Sp. 7004 f.):
    "Im Innenausschuß fand die Absicht der CDU-Fraktion scharfe Kritik seitens der Ausschußmitglieder der SPD. Nach ihrer Ansicht diene diese Umbenennung nicht dem Wohl der Gemeinde Söhlde; sie werde nur aus parteipolitischen Gründen vorgenommen. Sie widerspreche auch der ganzen Entwicklung der letzten Jahre: Söhlde sei im Raumordnungsprogramm als zentraler Ort ausgewiesen; der Ort Söhlde sei Schulstandort; auch die Post habe inzwischen das Postnetz mit dem Namen Söhlde ausgewiesen. Schließlich sprächen sich die politischen Gremien des Raumes mit großer Mehrheit für die Beibehaltung des Namens Söhlde aus.
    Die Ausschußmitglieder der CDU wiesen den Vorwurf der parteipolitischen Manipulation zurück. Diese habe vielmehr vorgelegen, als seinerzeit die SPD mit ihrer damaligen Mehrheit eine Einheitsgemeinde mit dem Namen Söhlde durchgesetzt habe. Denn man sei sich damals in diesem Raum einig gewesen, eine Samtgemeinde Hoheneggelsen zu bilden. Es sei ein Fehler gewesen, diesen Willen seinerzeit nicht respektiert zu haben, und dieser Fehler solle nunmehr wenigstens hinsichtlich des Namens korrigiert werden. Damit solle auch versucht werden, die Spannungen zwischen Hoheneggelsen und Söhlde, die trotz der inzwischen ins Land gegangenen Jahre weiterbeständen, abzubauen und endlich zu einer Befriedung in diesem Raums zu kommen. Schließlich trage die Umbenennung auch der Tatsache Rechnung, daß der Ortsteil Hoheneggelsen in der Einheitsgemeinde besondere Bedeutung habe und zentraler liege als der Ortsteil Söhlde.
    Der um seine Meinung befragte Gesetzgebungs- und Beratungsdienst führte aus, daß das Namensrecht sicher zum Selbstverwaltungsbereich einer Gemeinde gehöre, allerdings nach allgemeiner Auffassung nicht zum besonders geschützten harten Kern der Selbstverwaltung. Darum könne der Gesetzgeber grundsätzlich einen Gemeindenamen ändern. Dies dürfe aber nicht willkürlich geschehen, und wenn die Gemeinde nicht zustimme, müßten schon besondere Gründe für eine Umbenennung vorliegen. Unter diesen Gesichtspunkten könne die hier vorgesehene Umbenennung nicht als unbedenklich angesehen werden.
    Die Mitglieder der CDU-Fraktion hielten die geforderten besonderen Gründe aber in diesem Fall für gegeben. Bei der Abstimmung über den Art. III ergab sich dann im Innenausschuß zunächst eine Stimmengleichheit von 8:8 Stimmen und damit keine Mehrheit für die vorgesehene Umbenennung.
    In der darauffolgenden Ausschußsitzung wurde die Abstimmung auf Antrag der CDU-Mitglieder wiederholt; dabei wurde Art. III dann mit 9 Stimmen gegen die 8 Stimmen der Opposition gebilligt."
In der anschließenden Aussprache im Landtag erklärte der CDU-Abgeordnete Thole, mit dem Gesetzentwurf wolle die CDU-Fraktion den gemeindlichen Zuschnitt in drei gravierenden Fällen verändern, weil es nicht zu dem erhofften Zusammenwachsen der betroffenen Gemeinden gekommen sei (LTProt., 9. Wp., Sp. 7016 f.). Der CDU-Abgeordnete Remmers appellierte für die CDU-Fraktion an die Gemeindevertreter im Raum der Beschwerdeführerin, sie sollten die Korrektur der 1974 getroffenen Entscheidung als Signal begreifen,
    "daß man in einem Kommunalverband und in einer neuen Gemeinde anders miteinander umzugehen hat, als das in Söhlde geschehen ist, wo nämlich nach und nach, wie wir den Eindruck haben, systematisch die Zentralität des einen Ortes zugunsten des anderen vernichtet wird und von einem Miteinander nicht so recht die Rede sein kann" (LTProt., 9. Wp., Sp. 7031).
Der Niedersächsische Minister des Innern äußerte, die Landesregierung lehne jeden Eingriff in die interne Entwicklung und Planung einer Gemeinde ab. Soweit die ursprüngliche Begründung des Gesetzentwurfs eine solche Intention erkennen lasse, habe sie im Innenausschuß keine Rolle gespielt. Die Landesregierung habe bewußt davon abgesehen, eine Revision der Verwaltungs- und Gebietsreform durchzuführen, um keine neue, unübersehbare Debatte auf diesem Gebiet zu eröffnen. Die Möglichkeit einer Namensänderung nach § 13 der Niedersächsischen Gemeindeordnung habe für den Minister bei neugebildeten Gemeinden nicht bestanden, weil er sich wegen der nur kurze Zeit zurückliegenden Reformgesetzgebung an den Willen des Gesetzgebers gebunden gefühlt habe; alle entsprechenden Anträge seien daher abgelehnt worden.
Daraufhin beschloß der Landtag Art. III des Gesetzentwurfs in der vorgeschlagenen Fassung.
II.
Mit ihrer gegen Art. III des Reformkorrekturgesetzes gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin Verletzung von Art. 28 Abs. 2 GG.
Die Beschwerdeführerin bestreitet, daß der Gemeindeteil Hoheneggelsen gegenüber dem Gemeindeteil Söhlde größere Zentralität und Bedeutung aufweise und bei ihren Investitionsentscheidungen benachteiligt worden sei. Insoweit sei der Gesetzgeber von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Zwar liege Hoheneggelsen geographisch für den größeren Teil der Gemeindeeinwohner geringfügig zentraler; in Söhlde liege jedoch der weit überwiegende Teil der zentralörtlichen Funktionen. Wenn man die zentralen Investitionen für Rathaus und Schule, die allen Gemeindeteilen zugute kämen, und die Investitionen für Baulanderschließung und Kanalisation, die dem Verhältnis der Einwohnerzahlen entsprächen, vernachlässige, habe die Beschwerdeführerin seit 1974 in Hoheneggelsen mehr Investitionen vorgenommen als in Söhlde.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Änderung ihres Namens gegen ihren Willen beruhe nicht auf zwingenden Gründen des öffentlichen Wohls und verletze daher ihr Recht auf Selbstverwaltung. Daß entgegen § 13 Satz 2 der Niedersächsischen Gemeindeordnung nicht der Minister des Innern, sondern der Gesetzgeber die Namensänderung vorgenommen habe, verstoße gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Diese Verfahrensweise entziehe zudem der Beschwerdeführerin den verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz. Die vom Gesetzgeber für die Namensänderung angeführten Gründe reichten für eine Umbenennung gegen ihren Willen nicht aus. Die angeblich größere Zentralität der Ortschaft Hoheneggelsen könne die Umbenennung jedenfalls nicht rechtfertigen. Denn bei der Gebietsreform habe der Gesetzgeber für die Namensgebung neugebildeter Gemeinden gerade nicht auf die Zentralität des namensgebenden Ortes, sondern auf die Größe der einzelnen Ortschaften abgestellt. Der größte Ortsteil der neugebildeten Gemeinde habe ihr seinen Namen gegeben. Dieses allein sei auch sachgerecht gewesen.
Die zur Begründung der Umbenennung vom Gesetzgeber ausgesprochene Erwartung, die Gemeinde möge ihre Investitionsschwerpunkte verlagern, greife unzulässig in ihren Selbstverwaltungsbereich ein und verletze den Gleichheitssatz. Sie stehe außerdem in Widerspruch zu den geltenden Raumordnungsprogrammen, in deren Rahmen sich die Investitionstätigkeit der Beschwerdeführerin gehalten habe. Die Begründung des Gesetzentwurfs enthalte zudem eine Drohung mit der Gemeindeauflösung bei mißliebigem Investitionsverhalten. Dadurch werde die Freiheit der kommunalen Willensentschließung willkürlich aufgehoben. Die Namensänderung treffe außerdem ohne ein zugrundeliegendes System eine einzelne Gemeinde und verstoße daher gegen den für die kommunale Neugliederung anerkannten Grundsatz der Systemgerechtigkeit. Außerdem entspreche sie nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Mehrfachneugliederung. Denn die Gesetzesbegründung enthalte keine substantiellen Ausführungen, die eine Abwägung der für und gegen die Umbenennung sprechenden Argumente ermöglicht hätten, geschweige denn diese Abwägung selbst.
Auch die Anhörung der Beschwerdeführerin sei unzureichend gewesen. Ihr sei nur die unsubstantiierte Gesetzesbegründung zur Stellungnahme zugeleitet worden. Dem Innenausschuß des Landtags seien nicht sämtliche von ihr daraufhin eingereichte Unterlagen, sondern nur ein zusammenfassender Kurzbericht des Ministeriums vorgelegt worden. Das darauf beruhende Ermittlungs- und Abwägungsdefizit führe zur Nichtigkeit der angegriffenen Bestimmung. Ferner habe der Gesetzgeber das Gebot des Vertrauensschutzes bei kommunalrechtlichen Regelungen verkannt.
Schließlich sei die angegriffene Bestimmung ungeeignet, das damit erstrebte Ziel zu erreichen. Sie widerspreche deshalb auch den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Soweit mit ihr eine Verbesserung der örtlichen Verhältnisse eines einzelnen Gemeindeteils auf Kosten der gesamten Gemeinde erstrebt werde, entspreche die Vorschrift nicht dem Gemeinwohl und sei unverhältnismäßig, zumal andere Gemeindeteile auf diese Weise nicht gefördert werden könnten.
III.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben lediglich die Fraktionen der CDU und der SPD im Niedersächsischen Landtag Stellung genommen. Der Präsident des Niedersächsischen Landtags hat gebeten, diese Stellungnahmen in das Verfahren einzubeziehen.
1. Die CDU-Fraktion trägt vor, Hoheneggelsen sei gegenüber Söhlde der zentralere Ortsteil der neugebildeten Gemeinde geblieben, wenn auch seine Entwicklung durch die Namensgebung Schaden genommen habe. Die Wechselbeziehungen zwischen Gemeindenamen und Verwaltungssitz der Beschwerdeführerin hätten im Gemeindegebiet zu Verschiebungen innerhalb der kommunalen Infrastruktur und der regionalen Raumordnung geführt, die mit den Zielen der Verwaltungs- und Gebietsreform in Niedersachsen nicht mehr übereinstimmten. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Verfassungsbeschwerde erklärt die CDU-Fraktion, Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sage nichts darüber, ob der Gesetzgeber oder die Regierung für die Änderung des in einer kommunalen Neugliederung verliehenen Gemeindenamens zuständig seien. Auch § 13 Satz 2 der Niedersächsischen Gemeindeordnung habe für diesen besonderen Fall keine Selbstbindung des Landesgesetzgebers geschaffen. Der Staat sei jederzeit zur Änderung des Namens einer neugebildeten Gemeinde befugt, wenn dafür ein vernünftiger, sachlich einleuchtender Grund vorliege. Diese Namensänderung unterliege keinen strengeren verfassungsrechtlichen Anforderungen, als sie für Bestands- und Gebietsänderungen von Gemeinden gälten. Diese Grundsätze habe der Landesgesetzgeber hier beachtet. Die Anhörung der Beschwerdeführerin sei ausreichend gewesen. Über ihre Äußerung sei im Innenausschuß ausführlich berichtet worden. Der Gesetzgeber habe auch die sachlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht überschritten. Die Namensgebung für die Beschwerdeführerin sei von vornherein umstritten gewesen und habe sich alsbald als Fehlgriff herausgestellt. Es sei von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber durch die Änderung des Gemeindenamens einen Teil der Zentralität wiederherstelle, die in der Neugliederung dieses Raumes verlorengegangen sei. Im Rahmen der kommunalen Gebietsreform in Niedersachsen sei das Prinzip, neue Gemeinden nach dem zentralen Ort zu benennen, ebenso sachgerecht gewesen und verfolgt worden, wie der Grundsatz der Namensgebung nach der größeren Einwohnerzahl. Nachdem die Namensgebung nach der Einwohnerzahl die Integration der Ortsteile zu einem lebendigen Gemeinwesen verhindert habe, sei es nicht willkürlich, auf die Bezeichnung des zentraleren Ortsteils zurückzugreifen. Damit verbinde sich die Erwartung, daß die Hervorhebung des geographischen und seit jeher bevölkerungsstarken Mittelpunktes dieses Raumes es der Bevölkerung der verschiedenen Ortsteile erleichtere, in der neuen Gemeinde zu einer Gemeinschaft zusammenzuwachsen.
2. Die SPD-Fraktion vertritt die Ansicht, für die Umbenennung der Beschwerdeführerin habe es keine plausiblen Gründe gegeben. Die 1974 getroffene Entscheidung über den Gemeindenamen "Söhlde" habe sich an den Grundsatz gehalten, daß bei fehlender Übereinstimmung unter den vom Zusammenschluß erfaßten Gemeinden der Name der größten bisherigen Gemeinde auch der Name der neuen Gemeinde sein müsse. Diese Entscheidung habe sich in der Folgezeit als richtig erwiesen. Die abermalige Namensänderung sei darauf zurückzuführen, daß Hoheneggelsen als einziger Ortsteil der Beschwerdeführerin eine CDU-Mehrheit im Ortsrat habe. Außerdem habe der Kreisvorsitzende der CDU im Landkreis, ein Landesminister, in den letzten Jahren immer wieder öffentlich angekündigt, er werde seine Fraktion zu einer Namensänderung veranlassen. Bei einer Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde könnte künftig jede Mehrheitsfraktion in Landtagen Gemeindenamen nach Belieben durch Einzelfallgesetze ändern.
 
B. -- I.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Die Beschwerdeführerin ist nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG in Verbindung mit § 91 Satz 1 BVerfGG beschwerdebefugt. Sie behauptet schlüssig, durch die gesetzliche Änderung ihres bisherigen Namens in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 28 GG verletzt zu sein. Sie ist durch das angegriffene Gesetz auch unmittelbar beschwert.
Die Subsidiaritätsklausel des § 91 Satz 2 BVerfGG steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen. Denn nach Art. 42 der Vorläufigen Niedersächsischen Verfassung und § 13 des Niedersächsischen Gesetzes über den Staatsgerichtshof kann eine Beschwerde wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung bei dem Staatsgerichtshof nicht erhoben werden.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angegriffene Regelung verletzt das Recht der Beschwerdeführerin auf Selbstverwaltung (Art. 28 GG).
1. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich. Gesetzliche Beschränkungen der Selbstverwaltung sind zulässig, wenn und soweit sie deren Kernbereich unangetastet lassen. Bei der Bestimmung dessen, was zu diesem Kernbereich gehört, ist der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen historischen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 50, 195 [201]; ständige Rechtsprechung).
Teil der historisch überkommenen Gemeindehoheit ist das Recht der Gemeinden zur Führung ihres einmal bestimmten Namens. Dieser vermittelt der Gemeinde rechtliche Identität und ist zugleich äußerer Ausdruck ihrer Individualität (vgl. VerfGH Saarland, DVBl. 1975, S. 35 [36]; Gönnenwein, Gemeinderecht, 1963, S. 82). Seit Erlaß der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 (RGBl. I S. 49) - DGO - (§ 10 Satz 1) ist das Recht der Gemeinde zum Führen des eigenen Namens anerkannt. Entsprechende Regelungen finden sich in allen Gemeindeordnungen der Bundesländer. Das Recht zur Führung des Gemeindenamens fällt deshalb unter den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. Pappermann, DÖV 1980, S. 353).
Aus der historischen Entwicklung des deutschen Kommunalrechts läßt sich indessen kein absoluter Schutz des Gemeindenamens vor Änderungen durch den Staat entnehmen. In Preußen war die Änderung von Gemeindenamen ein - ursprünglich dem Landesherrn vorbehaltenes - staatliches Hoheitsrecht (Preuß. OVGE 38, 421 [423]). Diese Rechtslage wurde durch § 10 Satz 2 DGO auf das ganze Reichsgebiet ausgedehnt. Heute sehen die Gemeindeordnungen der meisten Flächenstaaten der Bundesrepublik Deutschland vor, daß Gemeindenamen unter bestimmten Voraussetzungen durch die Landesregierung oder den Innenminister geändert werden können. Nach dem historischen Befund erscheint die Änderung von Gemeindenamen also überwiegend als ein staatliches Hoheitsrecht, dessen Ausübung den bundesverfassungsrechtlich geschützten Kernbereich des kommunalen Selbstverwaltungsrechts grundsätzlich nicht beeinträchtigt (vgl. Pappermann, a.a.O., S. 353 ff.). Auch insoweit enthält Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur eine institutionelle, nicht aber individuelle Garantie gemeindlicher Hoheitsrechte (vgl. BVerfGE 50, 50).
2. Nach § 13 Satz 2 der Niedersächsischen Gemeindeordnung in der Fassung vom 18. Oktober 1977 (GVBl. S. 497) - NGO - ist zwar der Minister des Innern zur Änderung von Gemeindenamen zuständig, während hier der Gesetzgeber selbst tätig geworden ist. Wenn man von dem Zweck der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ausgeht, ist es jedoch unerheblich, welches Staatsorgan über die Namensänderung entscheidet (vgl. BVerfGE 50, 195 [202]). Der Landesgesetzgeber darf deshalb in einem späteren und spezielleren Gesetz von der zuvor in § 13 Satz 2 NGO getroffenen generellen Regelung abweichen und die Namen von Gemeinden selbst ändern.
3. Zum verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung, so wie diese sich geschichtlich entwickelt hat, gehört jedoch, daß die Änderung des Namens von Gemeinden nur nach deren vorheriger Anhörung vorgenommen wird. Dies gilt nicht nur bei Namensänderungen, die im Rahmen von Neugliederungsverfahren notwendig werden (vgl. BVerfGE 50, 195 [202]), sondern auch in allen sonstigen Fällen, in denen einer Gemeinde gegen ihren Willen ein neuer Name gegeben werden soll (vgl. Pappermann, a.a.O., S. 355). Diese Pflicht zur vorherigen Anhörung der Gemeinde war schon in § 10 Satz 2 DGO vorgesehen. Sie ist nun auch durch die Gemeindeordnungen aller Bundesländer begründet worden, soweit diese Namensänderung nicht ohnehin von einem ausdrücklichen Antrag der betroffenen Gemeinde abhängig machen.
Das Recht der Gemeinden, vom Staat angehört zu werden, ehe er in ihr Namensrecht eingreift, rechtfertigt sich nicht nur aus der Erwägung, daß das Recht der Gemeinde zur Führung ihres einmal bestimmten Namens als äußerer Ausdruck ihrer Individualität Teil der historisch überkommenen Gemeindehoheit ist. Es wird auch vom Rechtsstaatsprinzip gefordert, das es verbietet, die Gemeinde bei einer Namensänderung zum stummen Objekt staatlichen Handelns zu machen (vgl. BVerfGE 50, 50 [51], 195 [202]).
Die Beschwerdeführerin ist im Gesetzgebungsverfahren ordnungsgemäß angehört worden. Die Umbenennung der Beschwerdeführerin wurde im Gesetzentwurf vom 19. Juni 1980 damit begründet, daß sich die ursprüngliche Namensgebung als Fehlentscheidung erwiesen habe, weil der Ortsteil Hoheneggelsen als der räumlich zentralere Ortsteil der Beschwerdeführerin anzusehen sei; es werde erwartet, daß die Beschwerdeführerin diese zentrale Lage und Bedeutung künftig anders als bisher bei ihren Investitionen berücksichtige, weil nur dann der Fortbestand der Gemeinde in unveränderter Form gesichert erscheine. Damit waren die wesentlichen Gründe der Namensänderung zwar kurz, aber vollständig dargetan.
Nachdem diese Begründung in der ersten Beratung des Gesetzentwurfs am 2. Juli 1980 vor dem Landtag näher erläutert worden war, hat sich die Beschwerdeführerin hierzu am 4. November 1980 ausführlich geäußert. Der Landtag hat ihre Ausführungen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, indem er ihren wesentlichen Inhalt in die Ausschußberatungen und in die zweite Beratung im Plenum einführte (vgl. Niederschrift über die 67. Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung am 26. November 1980, S. 7; LTProt., 9. Wp., Sp. 7003). Daß entscheidungserhebliches Vorbringen der Beschwerdeführerin in den eingehenden Landtagsberatungen nicht zur Sprache gekommen wäre, ist nicht ersichtlich.
4. Eingriffe des Gesetzgebers in das Namensrecht einzelner Gemeinden sind nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG indessen nur aus Gründen des öffentlichen Wohls zulässig. Ausdrücklich ausgesprochen wird dieser Grundsatz zwar nur in Art. 2 Abs. 2 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern in der Fassung vom 31. Mai 1978 (GVBl. S. 353) und in § 4 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz vom 14. Dezember 1973 (GVBl. S. 419). Die Ausrichtung an dem jeweils zu konkretisierenden Gemeinwohl ist zwingendes Erfordernis jeder rechtsstaatlich gebundenen Gesetzgebung (vgl. BVerfGE 50, 50 [51]). Dies gilt auch, wenn der Gesetzgeber eine Namensgebung im Zusammenhang mit der kommunalen Neugliederung nach wenigen Jahren wieder ändern, also das Neugliederungsgesetz selbst korrigieren will. Es obliegt allerdings in erster Linie dem Gesetzgeber, zu entscheiden, ob eine bestimmte normative Ausgestaltung eines Lebenssachverhalts im Interesse des gemeinen Wohls liegt; im Rahmen der verfassungsrechtlichen Bindungen kommt dabei dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Bewertungsvorrang zu, den das Bundesverfassungsgericht zu beachten hat.
Im Rahmen einer Gebietsneuregelung, die mehrere Gemeinden zusammenschließt, können die bisherigen Namen der zu einer neuen Gemeinde zusammengefaßten Gemeinden nicht beibehalten werden, sondern es muß in aller Regel ein gemeinsamer Name gefunden werden. Deshalb hat der Gesetzgeber bei einer Gebietsneugliederung, insbesondere wenn die betroffenen Gemeinden wegen des Namens der neu zu bildenden Gemeinde verschiedener Auffassung sind, einen relativ weiten Ermessensspielraum. Ist aber der Zusammenschluß vollzogen und eine neue Gemeinde mit eigenem Namen gebildet, so gewinnt die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung wieder ihr volles Gewicht. Für eine Umbenennung gegen den Willen der Gemeinde müssen sich übergeordnete Gesichtspunkte des öffentlichen Wohls anführen und plausibel begründen lassen. Daran fehlt es hier.
Der Gesetzgeber hat sich bei der Neubildung der Beschwerdeführerin im Jahre 1974 in Anbetracht des zwischen den früheren Gemeinden bestehenden Streits über den künftigen, gemeinsamen Gemeindenamen - ebenso wie in vergleichbaren anderen Fällen - für den Namen der größten der am Zusammenschluß beteiligten Gemeinden entschieden. Tragender Grund für die Namensänderung durch das Reformkorrekturgesetz vom 20. Februar 1981 war das Ziel des Gesetzgebers, "der zentraleren Lage und der Bedeutung des Ortsteils Hoheneggelsen" Rechnung zu tragen (LTDrucks. 9/1663, S. 7). Ferner wollte er das bisherige, als falsch beurteilte Investitionsverhalten der Beschwerdeführerin für die Zukunft ändern. Diese Zielsetzung vermag den Eingriff in das Namensrecht der Beschwerdeführerin nicht zu rechtfertigen. Sie weicht überdies in einem Einzelfall von den in Niedersachsen allgemein geltenden Zielen und Verfahren der Landesplanung und Raumordnung ab, nach denen die Lage des zentralen Ortes innerhalb des Gebietes einer Gemeinde deren Selbstbestimmung im Rahmen der örtlichen Planung überlassen bleiben soll. Es ist kein rechtfertigender Grund dafür ersichtlich, warum allein der Beschwerdeführerin dieses allen anderen Gemeinden zuerkannte Recht der Selbstbestimmung über ihre interne Entwicklung genommen werden und sie wegen ihres bisherigen Investitionsverhaltens durch gesetzliche Sanktionen zur Verlagerung ihrer Zentralität nach Hoheneggelsen gezwungen werden soll. Und dies, obwohl das Investitionsverhalten durch das Land Niedersachsen einige Jahre früher mit Aufnahme der Ortschaft Söhlde in das regionale Raumordnungsprogramm bereits gefördert und gebilligt worden war.
Zum anderen beruht die genannte Zielsetzung des Gesetzes auf einer Verkennung der Bedeutung und des Umfangs des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, das die örtliche Entwicklungsplanung und die dabei zu treffenden Investitionsentscheidungen einzelner Gemeinden grundsätzlich der Eigenverantwortlichkeit dieser Gemeinden überläßt, soweit nicht schutzwürdige überörtliche Interessen Einschränkungen erfordern (vgl. BVerfGE 56, 298 [314]). Eine belastende gesetzliche Sonderbehandlung einzelner Gemeinden mit dem Ziel, deren Vertreter zu einem bestimmten, vor der Landtagsmehrheit gewünschten Verhalten im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung zu erziehen, sie insbesondere zur Beachtung bestimmter lokaler Sonderinteressen bei ihren Planungs- und Investitionsentscheidungen zu veranlassen, ist damit unvereinbar. Sie wird auch nicht dadurch gerechtfertigt, daß der Gesetzgeber damit die spekulative Hoffnung verbindet, auf diese Weise Spannungen in der Gemeinde abzubauen und deren Integration zu erleichtern.
Weil es demnach schon an einem verfassungsrechtlich anerkannten Gemeinwohlgrund für die Namensänderung fehlt, kann es dahingestellt bleiben, ob die Umbenennung der Beschwerdeführerin überhaupt ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel gewesen wäre, mit dem das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel hätte erreicht werden können.
III.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 Abs. 4 BVerfGG.
Zeidler, Rinck, Wand, Dr. Rottmann, Dr. Dr. h.c. Niebler, Steinberger, Träger