BVerfGE 63, 88 - Versorgungsausgleich II |
Die ausnahmslose Anordnung des Versorgungsausgleichs durch Beitragszahlung (§ 1587b Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BGB) ist unverhältnismäßig und deshalb verfassungswidrig, weil das gesetzgeberische Ziel einer eigenständigen sozialen Sicherung des ausgleichsberechtigten Ehegatten bei den unter diese Regelung fallenden Versorgungen weitgehend auch auf eine den Verpflichteten schonendere Weise hätte erreicht werden können. |
Beschluß |
des Ersten Senats vom 27. Januar 1983 |
-- 1 BvR 1008/79, 322/80 und 1091/81 -- |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. des Herrn G.J... - ... - gegen a) das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 2. August 1979 - 15 UF 19/79 R+V -, b) das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 21. dezember 1978 - 254 F 170/78 - 1 BvR 1008/79 -, 2. des Herrn P. Sch... - ... - a) gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts München vom 11. Februar 1980 - 26 UF 652/79 -, b) mittelbar gegen § 1587 b Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz BGB - 1 BvR 322/80 -, 3. des Herrn K. J... gegen a) den Beschluß des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 9. Juli 1981 - 16 UF 13/81 -, b) das Urteil des Amtsgerichts Schwetzingen vom 2. Dezember 1980 - 1 F 138/79 -, c) mittelbar gegen § 1587 b Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz BGB - 1 BvR 1091/81 -. |
Entscheidungsformel: |
I. § 1587 b Absatz 3 Satz 1 erster Halbsatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs, eingefügt durch Artikel 1 Nummer 20 des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) vom 14. Juni 1976 (Bundesgesetzbl. I S. 1421), ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar und nichtig. |
II. 1. Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 2. August 1979 - 15 UF 19/79 R+V - verletzt den Beschwerdeführer zu 1) in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Es wird insoweit aufgehoben, als es die Berufungsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 21. Dezember 1978 - 254 F 170/ 78 - zurückgewiesen hat. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. |
2. Der Beschluß des Oberlandesgerichts München vom 11. Februar 1980 - 26 UF 652/79 - verletzt den Beschwerdeführer zu 2) in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. |
3. Der Beschluß des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 9. Juli 1981 - 16 UF 13/81 - verletzt den Beschwerdeführer zu 3) in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Er wird insoweit aufgehoben, als der Beschwerdeführer zur Begründung einer weiteren Rentenanwartschaft von monatlich 42,07 DM für seine geschiedene Ehefrau verurteilt wurde. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. |
III. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten. |
Gründe: |
A. |
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren betreffen die Verfassungsmäßigkeit des Versorgungsausgleichs in der Form der Begründung von Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung durch Entrichtung von Beiträgen.
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I. |
Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung der Bestimmungen über den Versorgungsausgleich waren bereits die Ausgleichsformen des Rentensplittings und des Quasi-Splittings (§ 1587 b Abs. 1 und 2 i. V. m. § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB), deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz - bis auf die Notwendigkeit einer ergänzenden Regelung für bestimmte Härtefälle - festgestellt wurde (BVerfGE 53, 257 f.). Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß auch § 1587 g BGB (schuldrechtlicher Versorgungsausgleich) nicht zu beanstanden ist (BVerfGE 53, 257 f. [309]); von dessen Gültigkeit hing die Entscheidung eines vorlegenden Gerichts ab, weil die ausgleichsberechtigte Ehefrau im Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses bereits seit Jahren aufgrund eines bindenden Altersruhegeldbescheids ein Altersruhegeld bezog.
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II. |
Soweit der Versorgungsausgleich nicht in den Formen des Splittings oder des Quasi-Splittings vorzunehmen ist, hat der Ehegatte, der in der Ehe eine Versorgung erworben hat, die den Wert der Versorgung des anderen übersteigt, für diesen durch Entrichtung von Beiträgen Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen:
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"§ 1587 b Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz BGB
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Soweit der Ausgleich nicht nach Absatz 1 oder 2 vorzunehmen ist, hat der ausgleichspflichtige Ehegatte für den Berechtigten als Beiträge zur Begründung von Anwartschaften auf eine bestimmte Rente in einer gesetzlichen Rentenversicherung den Betrag zu zahlen, der erforderlich ist, um den Wertunterschied auszugleichen; ..."
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Diese Regelung (im folgenden: Versorgungsausgleich durch Beitragsentrichtung) findet unter anderem Anwendung bei dem Ausgleich
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der betrieblichen Altersversorgungen einschließlich der Zusatzversorgungen für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst,
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der berufsständischen Versorgungen (zum Beispiel: Versorgungswerke der Ärzte, der Zahnärzte, der Tierärzte, der Apotheker, der Notare, der Rechtsanwälte, der Steuerberater, der Architekten),
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der Abgeordnetenversorgungen,
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der Altershilfe für Landwirte.
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1. Der für die Begründung der Anwartschaft erforderliche Betrag ist grundsätzlich sofort fällig. Das Familiengericht kann jedoch auf Antrag das Ruhen der Zahlungsverpflichtung oder Ratenzahlung anordnen, solange und soweit der Verpflichtete durch die Zahlung unbillig belastet, insbesondere außerstande gesetzt würde, sich selbst angemessen zu unterhalten und seinen gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber dem geschiedenen Ehegatten oder den mit diesem gleichrangig Berechtigten nachzukommen:
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"§ 1587d Abs. 1 BGB (Ruhen der Verpflichtung zur Begründung von Rentenanwartschaften)
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Auf Antrag des Verpflichteten kann das Familiengericht anordnen, daß die Verpflichtung nach § 1587 b Abs. 3 BGB ruht, solange und soweit der Verpflichtete durch die Zahlung unbillig belastet, insbesondere außerstande gesetzt würde, sich selbst angemessen zu unterhalten und seinen gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber dem geschiedenen Ehegatten und den mit diesem gleichrangig Berechtigten nachzukommen. Ist der Verpflichtete in der Lage, Raten zu zahlen, so hat das Gericht ferner die Höhe der dem Verpflichteten obliegenden Ratenzahlungen festzusetzen."
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Der Ausgleich durch Beitragsentrichtung ist im Hinblick auf das Versicherungsfallprinzip nur durchzuführen, solange der Berechtigte die Voraussetzungen für ein Altersruhegeld aus einer gesetzlichen Rentenversicherung noch nicht erfüllt (§ 1587 b Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz BGB). Ferner ist der Ausgleich dahin begrenzt, daß der Ausgleichsberechtigte - wie auch beim Splitting und Quasi-Splitting - insgesamt nicht mehr als 200 Werteinheiten pro Ehejahr erwerben darf (§ 1587 b Abs. 5 BGB, § 1304 a Abs. 1 Satz 3, 4 und 5 RVO = § 83 a Abs. 1 Satz 3, 4 und 5 AVG). Ansprüche nach § 1587 b Abs. 3 BGB sind Nachlaßverbindlichkeiten; die erbrechtlichen Haftungsbeschränkungen bleiben unberührt (Rolland, Komm. zum 1. EheRG, 2. Aufl., 1982, S. 777 f., [§ 1587 e Anm. 10]).
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2. a) Unter bestimmten Voraussetzungen findet auf Antrag eines Ehegatten statt des Versorgungsausgleichs durch Beitragsentrichtung der schuldrechtliche Versorgungsausgleich statt:
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"§ 1587f BGB (Antrag auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich; Voraussetzungen)
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In den Fällen, in denen
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2. die Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 1587 b Abs. 5 ausgeschlossen ist,
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3. der ausgleichspflichtige Ehegatte die ihm nach § 1587 b Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz auferlegten Zahlungen zur Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung nicht erbracht hat,
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4. in den Ausgleich Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auf Grund solcher Anwartschaften oder Aussichten einzubeziehen sind, die im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung noch nicht unverfallbar waren,
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5. das Familiengericht nach § 1587 b Abs. 4 eine Regelung in der Form des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs getroffen hat oder die Ehegatten nach § 1587 o den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vereinbart haben, erfolgt insoweit der Ausgleich auf Antrag eines Ehegatten nach den Vorschriften der §§ 1587 g bis 1587 n (schuldrechtlicher Versorgungsausgleich)."
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Der ausgleichsberechtigte Ehegatte hat beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich einen Anspruch auf Rentenzahlung gegenüber dem Ausgleichsverpflichteten nach Maßgabe des
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"§ 1587g Abs. 1 BGB
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Der Ehegatte, dessen auszugleichende Versorgung die des anderen übersteigt, hat dem anderen Ehegatten als Ausgleich eine Geldrente (Ausgleichsrente) in Höhe der Hälfte des jeweils übersteigenden Betrags zu entrichten. Die Rente kann erst dann verlangt werden, wenn beide Ehegatten eine Versorgung erlangt haben oder wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte eine Versorgung erlangt hat und der andere Ehegatte wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine ihm nach Ausbildung und Fähigkeiten zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann oder das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet hat."
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Der Berechtigte kann vom Verpflichteten in Höhe der laufenden Ausgleichsrente die Abtretung der in den Ausgleich einbezogenen Versorgungsansprüche verlangen, die für den gleichen Zeitabschnitt fällig geworden sind oder fällig werden (§ 1587 i Abs. 1 BGB). Der Anspruch erlischt mit dem Tode des Berechtigten; abgetretene Ansprüche fallen an den Verpflichteten zurück (§ 1587 k Abs. 2 BGB).
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b) Wie in den Fällen des Splittings und des Quasi-Splittings tritt auch beim Versorgungsausgleich durch Beitragsentrichtung ein Verlust des Versorgungsausgleichs unter Billigkeits- und Verwirkungsgesichtspunkten ein (§ 1587 c BGB); außerdem soll das Familiengericht auf Antrag einer Partei den Ausgleich in anderer Weise regeln, wenn er in der Form der Beitragszahlungen unwirtschaftlich ist (§ 1587 b Abs. 4 BGB).
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3. Die Bewertung der durch Beitragsentrichtung auszugleichenden Versorgungsanwartschaften ist in § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 bis 5, Abs. 3 und 4 BGB geregelt.
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a) Versorgungsanwartschaften haben unterschiedliche Qualität. Die beamtenrechtliche Versorgung oder die Versorgung aus den gesetzlichen Rentenversicherungen gewährleisten eine Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung; bei Renten aus privaten Versicherungen ist das nicht der Fall, unterschiedlich ist es bei der betrieblichen Altersversorgung.
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Auszugleichende nichtdynamische Anwartschaften sind in dynamisierte umzurechnen:
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"§ 1587a Abs. 3 BGB
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Bei Versorgungen oder Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung nach Absatz 2 Nr. 4, deren Wert nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert der in Absatz 2 Nr. 1 und 2 genannten Anwartschaften, sowie in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 5 gilt folgendes:
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1. Werden die Leistungen aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist das Altersruhegeld zugrunde zu legen, das sich ergäbe, wenn der während der Ehe gebildete Teil des Deckungskapitals oder der auf diese Zeit entfallende Teil der Deckungsrücklage als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde;
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2. werden die Leistungen nicht oder nicht ausschließlich aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist das Altersruhegeld zugrunde zu legen, das sich ergäbe, wenn ein Barwert der Teilversorgung für den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ermittelt und als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde. Das Nähere über die Ermittlung des Barwertes bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates."
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In diesem Zusammenhang bestimmt
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"§ 1587a Abs. 4 BGB
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Bei Leistungen oder Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Absatz 2 Nr. 3 findet Absatz 3 Nr. 2 Anwendung."
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b) Die Umrechnung von statischen in dynamische Renten regelt die Verordnung zur Ermittlung des Barwerts einer auszugleichenden Versorgung nach § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Barwert-Verordnung) vom 24. Juni 1977 (BGBl. I S. 1014):
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"§ 1 Barwert zur Errechnung des Versorgungsausgleichs
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(1) Für die Ermittlung des Wertunterschiedes ist bei
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a) den in § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Leistungen oder Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung,
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b) den in § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten sonstigen Renten oder ähnlichen wiederkehrenden Leistungen, die der Versorgung wegen Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zu dienen bestimmt sind, oder Anwartschaften hierauf das Altersruhegeld zugrunde zu legen, das sich ergäbe, wenn ihr Barwert als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde. Dies gilt nicht, wenn ihr Wert in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert der in § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Versorgungen und Anwartschaften (volldynamische Versorgungen) und sie daher mit diesen unmittelbar vergleichbar sind; dies gilt ferner nicht in den Fällen des Buchstaben b, wenn die Leistungen ausschließlich aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt werden. Einer Anwartschaft steht die Aussicht auf eine Versorgung gleich.
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(2) - (3) ..."
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III. |
1. Der Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts 1973 (BTDrucks. 7/650) war Gegenstand einer am 2. und 9. Juni 1975 durchgeführten Anhörung von Sachverständigen zum Recht des Versorgungsausgleichs durch den Rechtsausschuß (StenProt. der 65. und 67. Sitzung). An der Anhörung waren unter anderem Vertreter der privaten Versicherungen, der Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Altersversorgung, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, des Verbandes der Lebensversicherungsunternehmen und des Verbandes der Deutschen Rentenversicherungsträger beteiligt. Dabei wurde auch die Regelung des § 1587 b Abs. 2 Satz 1 BGB-E erörtert, nach der für den ausgleichsberechtigten Ehegatten eine Rentenanwartschaft in einer gesetzlichen Rentenversicherung durch Entrichtung von Beiträgen zu begründen war, soweit ein Ausgleich durch Übertragung von Anwartschaftsrechten der gesetzlichen Rentenversicherung nicht stattfand.
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a) Gegen diese Form des Versorgungsausgleichs wurde eingewandt, daß er nach dem Regierungsentwurf immer in Richtung der gesetzlichen Rentenversicherung ("Einbahnstraße") durchzuführen sei, und zwar ohne Rücksicht auf die Qualität der Altersversorgung des Verpflichteten (65. Sitzung, StenProt. S. 126 f.). Dies führte im Ergebnis zu der Frage nach der Möglichkeit eines Realsplittings bei Anrechten oder Aussichten auf sonstige Renten oder wiederkehrende Leistungen.
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Der Rechtsausschuß und ihm folgend der Gesetzgeber sind davon ausgegangen, daß eine reale Teilung dieser Altersversorgungen nicht durchgesetzt werden könne (BTDrucks. 7/4361, S. 39):
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" Der Ausschuß hat mit Mehrheit eine solche Lösung jedoch nicht für möglich gehalten. Sie würde zum Teil einen wohl unzulässigen Eingriff in privatrechtliche Vereinbarungen darstellen, so etwa bei betrieblichen Altersversorgungen oder bei Versicherungsverträgen, zum Teil wäre sie dem deutschen Gesetzgeber nicht möglich, wie etwa bei Anwartschaften in einer ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung. Bei privaten Versicherungsverträgen wäre eine Realteilung zwar möglich, wie der Vertreter der privaten Versicherungswirtschaft in der Anhörung zum Versorgungsausgleich dargelegt hat, sie setzt aber eine Mitwirkung der Versicherungsgesellschaften voraus. Da aber die Versicherungsgesellschaften keinem Kontrahierungszwang unterworfen werden können, kann nicht sichergestellt werden, daß eine Realteilung auch tatsächlich durchführbar ist."
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b) Neben dieser Begründung des Rechtsausschusses für die Beitragsentrichtungspflicht und gegen ein Realsplitting wurde die Ansicht vertreten, das Realsplitting sei nicht ausreichend, um die erstrebte soziale Sicherheit der geschiedenen Frau zu erreichen. Mit dem Versorgungsausgleich sollten schon vorhandene Sicherungen der Frau in der Rentenversicherung verbessert oder ein erstmaliger Ansatz von eigenständiger Sicherung für die Frau geschaffen werden, die nach der Scheidung alleinstehe. Die Einbettung in das Rentenversicherungsverhältnis könne in aller Regel aber nur erreicht werden, wenn von dem Grundsatz der rechtsformkongruenten Teilung der Versorgungsanwartschaften abgegangen werde (65. Sitzung, StenProt. S. 134). Bei der öffentlichen Anhörung wurde auch darauf hingewiesen, daß nur die Aufnahme in die gesetzliche Rentenversicherung der geschiedenen Ehefrau die Erziehungsrente und die Rentnerkrankenversicherung gewährleiste (65. Sitzung, StenProt. S. 266).
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2. Der Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts 1973 differenzierte nicht zwischen den einzelnen nach § 1587 b Abs. 2 BGB-E auszugleichenden Versorgungen; er sah keine besonderen Wertermittlungsvorschriften für die betriebliche Altersversorgung vor und berücksichtigte nicht die Frage der Verfallbarkeit von betrieblichen Versorgungsanrechten. Insgesamt konnte er noch nicht der Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Rechnung tragen, weil dieses erst am 5. Dezember 1974 vom Bundestag verabschiedet wurde (BGBl. I S. 3610).
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a) Der Rechtsausschuß wollte mit einer Ergänzung des § 1587 a Abs. 2 BGB-E für die Ermittlung der in den Wertausgleich einzubeziehenden Versorgungsanrechte im Bereich der betrieblichen Altersversorgung durch den Rückgriff auf das pro-rata-temporis-Verfahren eine Angleichung an die Berechnungsmethode des § 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung herbeiführen (Zweiter Bericht und Antrag des Rechtsausschusses - 6. Ausschuß - BTDrucks. 7/4361, S. 38). Dieser Vorschlag wurde als § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a und b BGB Gesetz.
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b) Auch die Unverfallbarkeit der Betriebsrenten als Voraussetzung für den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB) geht auf eine Empfehlung des Rechtsausschusses zurück (Zweiter Bericht und Antrag des Rechtsausschusses, a.a.O.).
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c) Schließlich sah der Rechtsausschuß in § 1587 a Abs. 2 a und 2 b BGB vor, daß alle Versorgungsanrechte, die nicht wie die Anrechte auf eine Beamtenversorgung oder die Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig an die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse angepaßt werden, zum Zwecke der Bewertung in Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung umgerechnet werden, um sie vergleichbar zu machen (Zweiter Bericht und Antrag des Rechtsausschusses, a.a.O., S. 39 f.). Dem entspricht die Regelung in § 1587 a Abs. 3 und 4 BGB.
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IV. |
1. a) Der Beschwerdeführer zu 1) - ein Oberingenieur - war seit 1950 mit der ausgleichsberechtigten Ehefrau verheiratet. Sie haben drei volljährige Kinder und lebten seit 1976 getrennt. Das Amtsgericht hat die Ehe auf Antrag des Ehemannes im Dezember 1978 geschieden. Beide Ehegatten haben während der Ehezeit Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, der 1917 geborene Ehemann in Höhe von 270,14 DM und die 1914 geborene Ehefrau in Höhe von 45,50 DM monatlich. Darüber hinaus hat der Ehemann eine nichtdynamische Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung und einen Anspruch auf eine nichtdynamische Betriebsrente erworben.
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Das Gericht hat auf die Ehefrau im Wege des Splittings 112,32 DM monatliche Rentenanwartschaften übertragen und den Ehemann im übrigen verurteilt, als Beiträge zur Begründung von 272,76 DM monatliche Rentenanwartschaften 42 416,90 DM auf das Versicherungskonto seiner Ehefrau zu zahlen.
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b) Gegen diese Verpflichtung hat der Beschwerdeführer Berufungsbeschwerde eingelegt, die das Oberlandesgericht zurückgewiesen hat:
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Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich könne nicht schon dann durchgeführt werden, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte den aufzuwendenden Betrag nicht bar zur Verfügung habe. Dies werde wegen der im allgemeinen recht erheblichen Beträge, die zum Ausgleich betrieblicher Altersrenten aufzuwenden seien, ohnehin die Ausnahme sein. Der Beschwerdeführer könne sich aber den Betrag notfalls im Kreditwege beschaffen. Bei Erreichen der Altersgrenze werde er über zwei Renten verfügen, die es ihm ermöglichten, Kreditzinsen zu zahlen. Das sei ihm auch zumutbar, denn er behalte seinen recht erheblichen Anspruch aus der betrieblichen Alterssicherung ungeschmälert. Hinzu komme, daß der Beschwerdeführer mehrere Lebensversicherungsverträge abgeschlossen habe. Selbst wenn diese zum Teil in den Zugewinn fielen, werde ihm doch so viel verbleiben, daß er ohne erhebliche Einschränkungen den erforderlichen Kredit bedienen und abzahlen könne.
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Darauf, ob die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 b Abs. 3 BGB unwirtschaftlich sei, komme es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht an. Es treffe zwar zu, daß die Ehefrau erst bei Erreichen der Altersgrenze etwas von den für sie zu begründenden Rentenanwartschaften haben werde und ihr daher die bis dahin von dem Beschwerdeführer aufzubringenden Kreditzinsen nicht zugute kämen. Entscheidend sei aber, daß die Ehefrau durch die Beitragsleistungen des Beschwerdeführers einen eigenen dynamischen Rentenanspruch erwerbe. Diese Sicherung, die durch keine private Lösung zu schaffen sei, habe der Gesetzgeber angestrebt. Sie dürfe nicht ausgehöhlt oder umgangen werden. Das Angebot des Beschwerdeführers, seiner Frau zur Abwendung der Zahlungsverpflichtung einen weiteren Betrag von 272,76 DM monatlich von seinen Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung abzutreten, verstoße gegen die klare Regelung des § 1587 b Abs. 3 BGB. Über das gesetzliche Splitting hinaus seien die Rentenanwartschaften für den Beschwerdeführer - letztlich in seinem eigenen Interesse - nicht disponibel.
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c) Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 GG durch die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen. Es stehe in keiner Weise fest, daß seine geschiedene Ehefrau jemals das 65. Lebensjahr erreiche und damit in den Genuß der erhöhten Altersrente kommen würde. Sollte sie vorher versterben, so hätte er den für ihn außerordentlich hohen Betrag von 42 416,90 DM an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt, ohne daß seiner geschiedenen Frau oder ihm nur der geringste Vorteil zugeflossen wäre.
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Es sei auch nicht berücksichtigt worden, daß sein Anspruch auf die betriebliche Altersrente in keiner Weise gesichert sei. Die Bestimmungen für die Ruhegeldeinrichtung seiner Arbeitgeberin sähen bei einer Änderung der Geschäftslage der Firma eine Herabsetzung der Ruhegeld-, Witwen- und Hinterbliebenenzahlungen vor. Zudem sei die Geschäftslage seiner Firma seit vielen Jahren sehr angespannt. Die gerichtlichen Entscheidungen verletzten ihn auch in seinem Grundrecht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Es sei ihm nicht zumutbar, von einem monatlichen Nettobetrag von 1 349,70 DM Zins- und Tilgungsraten für ein Darlehen zu leisten, das er zur Erfüllung der Einzahlungsverpflichtung aufnehmen müsse.
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Allenfalls könnte der schuldrechtliche Versorgungsausgleich seiner Betriebsrente in der Form verstärkt werden, daß er einen bestimmten Betrag der an ihn ausgezahlten Rente an seine geschiedene Frau abtrete und für den Fall seines Vorversterbens durch eine entsprechende Risiko-Lebensversicherung Sicherheit leiste.
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2. a) Der Beschwerdeführer zu 2) - ein Diplomingenieur - war seit 1944 mit der ausgleichsberechtigten Ehefrau verheiratet. Sie haben zwei volljährige Kinder und lebten seit 1976 getrennt. Das Amtsgericht hat die Ehe auf Antrag der Ehefrau im Dezember 1978 geschieden. Beide Ehegatten haben während der Ehezeit Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, der 1914 geborene Ehemann in Höhe von 1 123 DM und die 1914 geborene Ehefrau in Höhe von 54,60 DM monatlich. Darüber hinaus hat der Ehemann einen Anspruch auf eine nichtdynamische Betriebsrente erworben.
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Das Gericht hat auf die Ehefrau im Wege des Splittings 534,20 DM monatliche Rentenanwartschaften übertragen und den Ehemann im übrigen verurteilt, als Beiträge zur Begründung von 139,71 DM monatliche Rentenanwartschaften 23 285,62 DM auf das Versicherungskonto seiner Ehefrau zu zahlen. Gleichzeitig hat es das Ruhen der Verpflichtung zur Beitragsentrichtung auf die Dauer von sechs Monaten ab Rechtskraft des Scheidungsurteils angeordnet. Dadurch sollte neben der Vermeidung einer mit der sofortigen Einzahlungsverpflichtung verbundenen besonderen Belastung des Beschwerdeführers diesem Gelegenheit gegeben werden, die notwendigen wirtschaftlichen Dispositionen für den zum Zeitpunkt des Scheidungsurteils noch nicht durchgeführten Zugewinnausgleich zu treffen. Dabei ging das Amtsgericht davon aus, daß dem Beschwerdeführer neben einem monatlichen Selbstbehalt von 1 400 DM, bezogen auf ein Nettoeinkommen von 2 400 DM, und seinem hälftigen Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Einfamilienhaus der Eheleute ein Sparguthaben von rund 27 000 DM und Ansprüche auf Lebensversicherungssummen von insgesamt 20 000 DM zustanden, die im Juli 1979 und April 1980 fällig wurden.
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b) Der Beschwerdeführer hat gegen seine Verurteilung zum Ausgleich der betrieblichen Versorgungsanwartschaften durch Beitragszahlung Beschwerde eingelegt und diese mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 1587 b Abs. 3 BGB begründet. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen und dabei auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 75, 242) Bezug genommen, nach der diese Vorschrift mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
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c) Mit seiner Verfassungsbeschwerde beanstandet der Beschwerdeführer den Beschluß des Oberlandesgerichts und mittelbar die Regelung des § 1587 b Abs. 3 BGB. Die Einzahlungsverpflichtung verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG; sie stehe in keinem Verhältnis zu den Aufwendungen, die er selbst für den Erwerb der betrieblichen Versorgungsanwartschaft habe aufbringen müssen.
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Die Anwendung der Vorschrift in seinem Fall verstoße zudem gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG, weil seine Ehe vor dem 1. Juli 1977 geschlossen worden sei.
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3. a) Der Beschwerdeführer zu 3) - ein Autoschlosser - war seit 1957 mit der ausgleichsberechtigten Ehefrau - einer Kellnerin - verheiratet. Sie haben ein volljähriges Kind und lebten seit 1979 getrennt. Das Amtsgericht hat die Ehe auf Antrag der Ehefrau im Dezember 1980 geschieden. Beide Ehegatten haben während der Ehezeit Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, der 1933 geborene Ehemann in Höhe von 725,60 DM und die 1936 geborene Ehefrau in Höhe von 58,30 DM monatlich. Darüber hinaus hat der Ehemann einen Anspruch auf eine nichtdynamische Betriebsrente erworben.
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Das Gericht hat auf die Ehefrau im Wege des Splittings 333,65 DM monatliche Rentenanwartschaften übertragen und den Ehemann im übrigen verurteilt, als Beiträge zur Begründung von 42,92 DM monatliche Rentenanwartschaften 7 698,32 DM auf das Versicherungskonto seiner Ehefrau zu zahlen. Gleichzeitig hat es ihm monatliche Raten von 470 DM eingeräumt. Er habe ein monatliches Durchschnittseinkommen von 1 891 DM. Der Betrag, den er erübrigen könne, ohne daß er außerstande gesetzt werde, sich selbst angemessen zu unterhalten, werde mit der Hälfte des pfändbaren Betrags seines monatlichen Arbeitslohns angesetzt. Unberücksichtigt hätten die Aufwendungen zu bleiben, die der Ehemann für seine Eigentumswohnung zu zahlen habe; diese bedeuteten lediglich eine Umschichtung von Vermögen.
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b) Mit seiner Beschwerde gegen das amtsgerichtliche Urteil hat der Beschwerdeführer die Verfassungswidrigkeit des § 1587 b Abs. 3 BGB gerügt und im übrigen den Ausschluß des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 c BGB beantragt. Die Durchführung sei grob unbillig, weil seine Ehefrau sich einem anderen Mann zugewandt und ihn deshalb verlassen habe. Er sei auch leistungsunfähig; denn bei der Vermögensauseinandersetzung im Rahmen der Ehescheidung habe er den Miteigentumsanteil seiner Frau an der Eigentumswohnung - die noch nicht vollständig bezahlt sei - für 62 000 DM erworben. Die Vermögenslage seiner geschiedenen Ehefrau stelle sich danach wesentlich günstiger dar als seine eigene. Nach Abzug seiner Belastungen verblieben ihm nur noch monatlich 563,40 DM, so daß er die festgesetzten Raten nicht leisten könne.
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Unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen hat das Oberlandesgericht den auszugleichenden Betrag auf 42,07 DM monatlich ermäßigt; dies führte aber, weil nunmehr die amtlichen Rechengrößen für 1981 galten, zu einer Erhöhung der Einzahlungsverpflichtung auf 8 181,92 DM. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht ausgeführt: Selbst wenn die Ehefrau zum Ende der Ehe aus dieser ausgebrochen sei und sich einem anderen Mann zugewandt haben sollte, so rechtfertige dies weder für sich allein noch im Zusammenhang mit sonstigen wirtschaftlichen Gegebenheiten den Ausschluß des Versorgungsausgleichs als grob unbillig. Dies stelle das Gesetz bereits dadurch klar, daß in § 1587 c Nr. 1 BGB ausdrücklich bestimmt sei, im Rahmen der Billigkeitsabwägung dürften Umstände nicht allein deshalb berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt hätten. Aufwendungen des Mannes, die dazu dienten, die Eigentumswohnung für sich allein zu erhalten, könnten gegenüber den berechtigten Interessen der Frau an ihrer Altersversorgung nicht vorrangig berücksichtigt werden.
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c) Mit seiner gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts eingelegten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer mittelbar die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung.
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V. |
1. Der Bundesminister der Justiz, der sich namens der Bundesregierung geäußert hat, hält § 1587 b Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz BGB unter Berücksichtigung der gesetzlichen Härteregelungen für mit dem Grundgesetz vereinbar.
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a) Bei der Regelung des Versorgungsausgleichs habe der Gesetzgeber neben den Versorgungen in den gesetzlichen Rentenversicherungen und der Beamtenversorgung auch einen dritten Bereich berücksichtigen müssen. Dazu gehörten die unterschiedlichen Betriebsrenten einschließlich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, Anwartschaften in berufsständischen Versorgungseinrichtungen und Anwartschaften bei internationalen Organisationen. Entsprechend vielfältig seien die Träger dieser Versorgungen. Der Gesetzgeber habe es vorwiegend wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht für möglich gehalten, diesen Versorgungsträgern die ausgleichsberechtigten Ehegatten als Anwartschaftsberechtigte zuzuweisen. Um gleichwohl für den Ausgleichsberechtigten eine möglichst eigenständige Alters- und Invaliditätssicherung zu erreichen, habe man dem Ausgleichspflichtigen den "Einkauf" des Berechtigten in eine gesetzliche Rentenversicherung auferlegt. Dies habe im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit gelegen. Die generelle Einbeziehung dieser Versorgungsanrechte in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich würde den Anforderungen an eine eigenständige Versorgung des ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht genügt haben. Wegen der unvermeidbaren Generalisierung müsse auch in Kauf genommen werden, wenn der Ausgleichsberechtigte in Einzelfällen bei Anwendung des § 1587 b Abs. 3 BGB eine bessere Versorgung erhalte, als sie der Ausgleichspflichtige habe.
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b) Die Regelung verstoße nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Abgesehen davon, daß die Ausgleichspflicht in der Regel nicht übermäßig belastend wirke, seien Härten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich hinzunehmen. Dabei müsse man die Beiträge in Beziehung zu den Einkünften des Ausgleichspflichtigen und gleichzeitig zu der Dauer der Ehezeit setzen. Soweit die Ausgleichsforderungen dennoch im verfassungsrechtlichen Sinn unverhältnismäßig erschienen, seien sie in verfassungskonformer Anwendung des § 1587 d BGB als unbillig anzusehen und es sei die Härteregelung anzuwenden. Die konkreten Maßstäbe dafür seien von der Rechtsprechung zu entwickeln. Dabei seien die Bedeutung der versorgungsrechtlichen Sicherstellung des Ausgleichsberechtigten, zugleich aber die Auswirkungen der konkreten Zahlungsverpflichtung auf die Lebensverhältnisse des ausgleichspflichtigen Ehegatten zu berücksichtigen. Dem Ausgleichsberechtigten bleibe auf jeden Fall zumindest der schuldrechtliche Versorgungsausgleich. Eine unzulässige willkürliche Beeinträchtigung der Ausgleichsgerechtigkeit liege darin nicht. Ein Ausgleichsanspruch, der ohne Rücksicht auf übermäßige und unzumutbare Härten für den Ausgleichspflichtigen durchgreife, bestehe bei den nach § 1587 b Abs. 3 BGB auszugleichenden Versorgungsanwartschaften weder nach § 1587 d Abs. 1 BGB noch nach der gegebenen Verfassungsrechtslage. Ebenso wie in § 1587 d BGB müsse auch in § 1587 c Nr. 1 BGB, nach dem ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde, der Begriff der Unbilligkeit im Sinne von Unverhältnismäßigkeit verstanden und ausgelegt werden.
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2. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat auf die Rechtsprechung des früheren IV. Zivilsenats hingewiesen, der den Versorgungsausgleich in der Form der Beitragsentrichtung, auch bei "Altehen", für verfassungsmäßig hält (BGHZ 75, 242).
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3. Geäußert haben sich ferner der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, der Gesamtverband der Landwirtschaftlichen Alterskassen, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Zusatzversorgungskassen in München, die Bundesnotarkammer, die Arbeitsgemeinschaft der berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft.
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Allgemein wird davon ausgegangen, daß die immer wichtiger werdenden Anwartschaften auf die betrieblichen und berufsständischen Altersversorgungen beim Versorgungsausgleich nicht ausgeklammert werden könnten.
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Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft und die Arbeitsgemeinschaft der Berufsständischen Versorgungseinrichtungen äußern verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 1587 b Abs. 3 BGB. Der Arbeitsgemeinschaft gehören sämtliche Versorgungswerke der Ärzte, Tierärzte und Zahnärzte sowie die Mehrzahl der Versorgungswerke der Apotheker, Architekten, Notare und Rechtsanwälte an. Die Arbeitsgemeinschaft führt aus, daß bei der Höhe des Betrags, der für die Begründung von Rentenanwartschaften in den gesetzlichen Rentenversicherungen aufzubringen sei, und unter Berücksichtigung der auszugleichenden Anwartschaften, die in den berufsständischen Versorgungswerken nicht selten zwischen 500 DM und 1000 DM lägen, Zweifel an der erdrosselnden Auswirkung der Regelung nicht bestehen könnten. Es entziehe sich der Kenntnis der Arbeitsgemeinschaft, warum der Gesetzgeber diesen Weg zum Ausgleich von berufsständischen Versorgungsanwartschaften eingeschlagen habe; denn auch andere Ausgleichsformen wären möglich gewesen. Zwar könne die Begründung von originären Anwartschaften für Berufsfremde durch das Realsplitting nicht vorgesehen werden; die Arbeitsgemeinschaft habe dem Bundesminister der Justiz aber folgende Lösungsmöglichkeiten angeboten:
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"Realsplitting beim Versorgungswerk, wenn beide Ehegatten demselben Versorgungswerk angehörten;
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Quasi-Splitting zwischen zwei Versorgungswerken, wenn beide Ehegatten verschiedenen Versorgungswerken angehörten;
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Quasi-Splitting vom Versorgungswerk zur gesetzlichen Rentenversicherung hin, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte einem berufsständischen Versorgungswerk angehöre, der ausgleichsberechtigte Ehegatte aber nicht."
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Der Gesamtverband der Landwirtschaftlichen Alterskassen äußert Bedenken gegen § 1587 b Abs. 3 BGB, weil die Regelung nicht der besonderen Leistungsausgestaltung der landwirtschaftlichen Altershilfe gerecht werde.
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Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger ist der Ansicht, der Gesetzgeber hätte sich eher eines Gleichheitsverstoßes schuldig gemacht, wenn er in den Fällen, in denen der ausgleichspflichtige Ehegatte finanziell zur Beitragsleistung in der Lage sei, den ausgleichsberechtigten Ehegatten auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen hätte. Zudem würden die meist statischen Anwartschaften bei der betrieblichen Altersversorgung durch Anwendung der Barwert-Verordnung drastisch reduziert. Allerdings habe der Verband verfassungsrechtliche Bedenken wegen einer fehlenden gesetzlichen Regelung, die dem Satzungsrecht der Anstalten eine Splitting- Regelung in der Art der "fiktiven Nachversicherung" ermögliche. Bei den Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes hätte das Realsplitting angeordnet werden können.
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Im übrigen wird die Regelung entweder schlechthin für mit dem Grundgesetz vereinbar gehalten (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte), oder es werden nur verfassungswidrige Ergebnisse im Einzelfall nicht ausgeschlossen (Bundesnotarkammer, Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände).
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Die Möglichkeit, die in § 1587 b Abs. 3 BGB erfaßten Versorgungen im Wege des Real- oder Quasi-Splittings ausgleichen zu können, schließen die Bundesnotarkammer, die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände aus; die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder haben gegen beide Alternativen erhebliche Bedenken.
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VI. |
Auf die Anträge der Beschwerdeführer zu 2) und 3) hat das Bundesverfassungsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts (Beschwerdeführer zu 2) und dem Beschluß des Oberlandesgerichts (Beschwerdeführer zu 3) insoweit ausgesetzt, als die Beschwerdeführer verpflichtet sind, zugunsten ihrer geschiedenen Ehefrauen Zahlungen an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu leisten.
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B. |
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig und begründet. § 1587 b Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz BGB ist mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar und nichtig.
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I. |
Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet jedem die allgemeine Handlungsfreiheit, soweit er nicht Rechte anderer verletzt, gegen das Sittengesetz oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt; zu dieser gehört jede Rechtsnorm, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang steht (BVerfGE 6, 32 [37 f.]; 55, 159 [165]).
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Die mittelbar mit den Verfassungsbeschwerden angegriffene Norm, die den Ausgleich von Versorgungen betrifft, welche die Ehegatten nicht im Wege des Splittings oder des Quasi-Splittings nach der bestehenden Rechtslage teilen können, schränkt in verfassungswidriger Weise die Handlungsfreiheit des ausgleichsverpflichteten Partners ein, weil die ausnahmslose Anordnung einer grundsätzlich sofort bei Ehescheidung fälligen Beitragszahlung dem Rechtsstaatsprinzip widerspricht; sie gehört demgemäß nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung.
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1. Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat (BVerfGE 53, 257 [296]), war der Gesetzgeber zur Einführung des Versorgungsausgleichs legitimiert. Zum Wesen der auf Lebenszeit angelegten Ehe im Sinne der Gewährleistung des Art. 6 Abs. 1 GG gehört die gleiche Berechtigung beider Partner (BVerfGE 10, 59 [67]), die auch nach Trennung und Scheidung der Eheleute auf ihre Beziehungen hinsichtlich Unterhalt und Versorgung (BVerfGE 22, 93 [96 f.]) sowie die Aufteilung des früher ihnen gemeinsam zustehenden Vermögens wirkt (BVerfGE 47, 85 [100]). Diese Legitimation ist nicht nur auf die Teilung der in der Ehe erworbenen Versorgungen in den gesetzlichen Rentenversicherungen und in den Beamtenversorgungen beschränkt, sondern umfaßt die Gesamtheit der in der Ehe erworbenen Alterssicherungen. Es trifft auch zu, daß bei den hier in Frage stehenden Versorgungen der öffentlich-rechtliche und nicht der schuldrechtliche Versorgungsausgleich in gleicher Weise wie bei Rentenversicherungs- und Beamtenversorgungspositionen in besonderem Maße zur Verwirklichung des gesetzgeberischen Anliegens geeignet ist, für den ausgleichsberechtigten Ehegatten eine eigenständige soziale Sicherung zu begründen.
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2. Der Versorgungsausgleich in der Form der Entrichtung von Beiträgen kann zu einer erheblichen Belastung des Ausgleichsverpflichteten führen.
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a) Das ist auch im Gesetzgebungsverfahren erkannt worden. Deshalb wurde für die Beamtenversorgungen an Stelle des zunächst vorgeschlagenen Ausgleichs durch Beitragszahlung die mildere Form des Quasi-Splittings eingeführt (BTDrucks. 7/650, S. 160; vgl. BVerfGE 53, 257 [270]). Soweit der Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts 1973 (BTDrucks., a.a.O.) die Durchführung des Versorgungsausgleichs durch Zahlungen des Verpflichteten an eine gesetzliche Rentenversicherung weiterhin vorsah, ging man davon aus, daß diese Ausgleichsregelung nur in den Fällen praktisch werden könne, in denen der Ausgleichspflichtige in gesunden wirtschaftlichen Verhältnissen lebe (BTDrucks. 7/650, S. 163).
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b) Die Höhe der finanziellen Belastung des Verpflichteten ergibt sich aus der nachstehenden Übersicht über den Kapitalaufwand für die Begründung einer Monatsrente von 100 DM in einer gesetzlichen Rentenversicherung in den Jahren 1977 bis 1982:
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1977: 15 576,37 DM
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1978, 1. Halbjahr: 15 550,91 DM; 2. Halbjahr: 15 949,50 DM
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1979: 17 049,93 DM
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1980: 17 246,35 DM
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1981: 17 981,22 DM
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1982: 17 618,33 DM
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Zahlt der Ausgleichspflichtige den vom Gericht festgesetzten Betrag nicht innerhalb des Jahres, in dem die Entscheidung ergangen ist, so erhöht sich der Aufwand. Der Entrichtung der Beiträge steht zwar eine "Bereiterklärung" gleich. Soweit der Ausgleichspflichtige aber nicht "unverzüglich" seiner Verpflichtung nachkommt, muß er auch bei einer Bereiterklärung den höheren Betrag zahlen (§ 1304 b Abs. 1 Satz 3 RVO = § 83 b Abs. 1 Satz 3 AVG). Unverzüglich ist dabei nach der Praxis der Rentenversicherungsträger in der Regel ein Zeitraum von drei Monaten nach Abgabe der Erklärung. Wird diese vor der Feststellung der Ausgleichsverpflichtung abgegeben, so beginnt die Dreimonatsfrist ab Rechtskraft der Entscheidung des Familiengerichts (vgl. Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, 6. Aufl., 1978, S. 393, Anm. 3 f. zu § 1304 b RVO).
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c) Der Bundesminister der Justiz hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, daß nach dem ihm vorliegenden Zahlenmaterial die Ausgleichspflichtigen durch die Beitragszahlung nicht übermäßig belastet würden. So hätten nach dem Stand vom Oktober 1980 in knapp über 40 % der Fälle die zu zahlenden Beträge unter 2 000 DM gelegen und nur zu etwa 20 % seien die Belastungen über 9 000 DM hinausgegangen. Die niedrigen Beträge seien weitgehend damit zu erklären, daß zusätzliche Versorgungen neben einer Hauptversorgung auszugleichen gewesen seien; die hohen Beträge seien vorwiegend auf den Ausgleich berufsständischer Versorgungen zurückzuführen.
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Auch der Bundesgerichtshof nimmt an, daß der Versorgungsausgleich nach § 1587 b Abs. 3 BGB den Ausgleichspflichtigen im allgemeinen nicht unzumutbar belaste. Bei der Prüfung der Schwere und Angemessenheit der Auferlegung von Beitragspflichten müsse vom regelmäßigen gesetzlichen Anwendungsbereich ausgegangen werden; denn der Gesetzgeber sei gehalten, eine möglichst gerechte Lösung für den Regelfall zu wählen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 1587 b Abs. 3 BGB würden aber vorwiegend anhand vergleichsweise extremer Beispielsfälle der Scheidung langjähriger Ehen bei ausschließlich volldynamischer Versorgung durch private Versorgungsanwartschaften vorgetragen. Berücksichtige man aber, daß die meisten Ehescheidungen schon innerhalb der ersten zehn Ehejahre ausgesprochen würden, so erreiche der zum Ausgleich von ehezeitlich erworbenen Anwartschaften nach § 1587 b Abs. 3 BGB im Regelfall aufzuwendende Betrag keine unverhältnismäßig belastende Höhe (BGHZ 75, 242 [265 f.]).
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Diese Ausführungen des Bundesgerichtshofs decken sich mit der Annahme im Gesetzgebungsverfahren, daß der Versorgungsausgleich durch Beitragsentrichtung besondere Bedeutung für Ehen mit kürzerer Dauer gewinnen werde und daß diese Fälle, wie die Statistik erweise, besonders häufig seien (BTDrucks. 7/650, S. 163).
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d) Es ist nicht zu verkennen, daß aus der Statistik über die durchschnittliche Dauer einer Ehe und über die Höhe der Beitragszahlungen bis zum Herbst 1980 allgemeine Erkenntnisse über die Belastungen des Ausgleichspflichtigen durch den Versorgungsausgleich nach § 1587 b Abs. 3 BGB zu gewinnen sind. Indessen darf bei der Beurteilung der Auswirkungen dieser Form des Versorgungsausgleichs die Überlegung nicht vernachlässigt werden, daß auch die Relation zwischen Beitragshöhe und Einkommen sowie Vermögen des Ausgleichspflichtigen berücksichtigt werden muß. Wie der Fall des Beschwerdeführers zu 3) zeigt, kann selbst der Ausgleich einer statischen Betriebsrente mit einer Einzahlungsverpflichtung von "nur" 8 181,92 DM für einen Ausgleichspflichtigen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1 746 DM zu einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung führen. Dies gilt insbesondere, wenn die Zahlungsverpflichtung mit dem Zugewinnausgleich, mit Unterhaltsverpflichtungen, mit der notwendigen Beschaffung und Ausstattung einer zweiten Wohnung und mit der durch die Ehescheidung ausgelösten Prozeßkostenlast zusammenfällt. Die Beitragsforderung trifft den Ausgleichspflichtigen in diesen Fällen zur Unzeit, ein Gesichtspunkt, auf den insbesondere die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen in ihrer Stellungnahme hingewiesen hat.
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a) Der Bundesminister der Justiz hält § 1587 d Abs. 1 und § 1587 c Nr. 1 BGB zu diesem Zweck für geeignet und ausreichend. § 1587 d Abs. 1 BGB ermögliche zwar ausdrücklich nur ein Ruhen der Ausgleichsverpflichtung und damit eine Stundung der auferlegten Zahlungen bei gleichzeitigem Fortbestehen des Anspruchs. Erweise sich die Ausgleichsverpflichtung für den Verpflichteten jedoch fortlaufend als unverhältnismäßig und damit als unbillig, so werde das Gericht eine Ruhensentscheidung zu treffen haben. In diesem Falle könne der Anspruch auf Beitragszahlung gemäß § 1587 f Abs. 3 BGB unter bestimmten Voraussetzungen mit der Folge erlöschen, daß dem Ausgleichsberechtigten der schuldrechtliche Versorgungsausgleich verbleibe.
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Auch der Bundesgerichtshof sieht in den §§ 1587 d und 1587 c BGB Regelungen, um besonders gestalteten Einzelfällen gerecht zu werden. Darüber hinaus sei § 1587 b Abs. 4 BGB eine geeignete Härteregelung. Für die Beurteilung, ob der Versorgungsausgleich nach § 1587 b Abs. 4 BGB unwirtschaftlich sei, könne es nicht nur auf die Verhältnisse des Ausgleichsberechtigten ankommen, sondern Gründe, die für seine Unwirtschaftlichkeit aus der Sicht des Pflichtigen sprächen, seien ebenfalls zu berücksichtigen (BGHZ 75, 242 [266 f.]).
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b) Die vorstehend genannten Regelungen reichen indessen nicht aus, um die verfassungsrechtlichen Bedenken auszuräumen.
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aa) Gegen die Anwendung des § 1587 d Abs. 1 BGB als Möglichkeit, den Ausgleichspflichtigen von der Beitragszahlung zu befreien, wenn dies zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Ergebnisses erforderlich sei, wird eingewandt, der Übergang des Anspruchs des Ausgleichsberechtigten auf Begründung von Rentenanwartschaften in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich sei verfassungswidrig. Der Gesetzgeber sei gehalten, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach Möglichkeit zu vermeiden und stattdessen einen Versorgungsausgleich vorzusehen, der dem Ausgleichsberechtigten eigene, auf seine Person zugeschnittene Versorgungsanwartschaften verschaffe. Dies sei nicht nur eine rechtspolitische Forderung, sondern entspreche zugleich dem sich aus Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG ergebenden Gebot der Gleichberechtigung beider Ehegatten (so Vorlagebeschluß des Amtsgerichts Mannheim im Verfahren 1 BvL 88/79).
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bb) Die allgemeine Härteklausel des § 1587 c BGB bietet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs letztlich nur eine zusätzliche Handhabe, um in extremen Fällen der Verwirklichung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Sozialstaatsprinzips gegenüber einer starren Durchführung des Versorgungsausgleichs Raum zu geben (BGHZ 75, 242 [267]). Das Bundesverfassungsgericht hat die Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 und 3 BGB als eine Möglichkeit für die Gerichte gesehen, am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Entscheidungen in den Fällen zu treffen, in denen die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu einer "Prämiierung" des pflichtwidrigen Verhaltens eines Ehegatten führen oder wegen langen Getrenntlebens unbillig sein könne (BVerfGE 53, 257 [298]).
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cc) Schließlich ergibt sich aus Literatur und Rechtsprechung (vgl. die Übersicht bei Soergel, BGB, 11. Aufl., Stand Juli 1981, § 1587 b Anm. 197), daß für die Entscheidung der Frage nach der Unwirtschaftlichkeit des Versorgungsausgleichs in den Formen des Splittings, Quasi-Splittings und der Beitragszahlung grundsätzlich die Versorgungssituation des ausgleichsberechtigten Ehegatten bestimmend ist (vgl. BTDrucks. 7/4361, S. 42). Dem entspricht es, daß der Bundesgerichtshof auf die weitere Beschwerde eines ausgleichspflichtigen Ehemannes festgestellt hat, das Beschwerdegericht habe es zu Recht abgelehnt, den Ausgleich der Zusatzversorgungsanrechte unter Anwendung des § 1587 b Abs. 4 BGB in anderer Weise als durch Beitragszahlungen zu regeln; denn damit bleibe unter anderem dem Ausgleichsberechtigten die Möglichkeit, die Beträge anstelle des Ausgleichspflichtigen aus etwaigen eigenen Mitteln zu entrichten und so seine Versorgungsposition zu verbessern (BGHZ 81, 152 [191 f.]).
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4. Einer eingehenderen Untersuchung über den Anwendungsbereich der Härteregelungen, wie er in Rechtsprechung und Schrifttum erörtert wird, bedarf es indessen nicht. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung ist maßgeblich, ob der Gesetzgeber den Interessen des ausgleichsberechtigten Ehegatten im Bereich der nach § 1587 b Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz BGB auszugleichenden Versorgungen nur Rechnung tragen konnte, indem er den Ausgleichspflichtigen ausnahmslos zwang, diese Versorgungen - bezogen auf die Ehezeit - ohne Wahlmöglichkeit voll zu behalten und in Höhe der Hälfte dieser Versorgungen zusätzliche Rentenanwartschaften zugunsten des früheren Ehepartners durch Einsatz seines freien Kapitals oder von Kreditmitteln zu begründen. Das ist jedoch nicht der Fall. Die beanstandete Regelung verletzt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
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a) Nach diesem Grundsatz muß das vom Gesetzgeber eingesetzte Mittel geeignet und erforderlich sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Das Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann; es ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder doch weniger fühlbar einschränkendes Mittel hätte wählen können (BVerfGE 30, 292 [316]). Es handelt sich beim Versorgungsausgleich durch Beitragsentrichtung zwar nicht um einen Eingriff der öffentlichen Gewalt in den Freiheitsbereich des Einzelnen zum Schutz öffentlicher Interessen; indessen muß der Staat auch bei Regelung des Privatrechtsverhältnisses der Ehegatten während ihrer Trennung und nach ihrer Scheidung unverhältnismäßige Belastungen des einen Ehegatten zugunsten des anderen vermeiden (BVerfGE 57, 361 [388] m. w. N.).
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b) Die alsbaldige Entrichtung von Beiträgen zur Begründung von Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung, die den Ausgleichspflichtigen in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl von Fällen erheblich belastet, ist nicht das einzige Mittel, den angestrebten Ausgleich zu bewirken; der Gesetzgeber hätte deshalb zumindest die Wahl weniger einschneidender Formen des Ausgleichs eröffnen müssen, die geeignet sind, für den Ausgleichsberechtigten zu dem gleichen Erfolg zu führen. Solche Mittel standen zur Verfügung.
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aa) Schon bei der Anhörung der Sachverständigen im Gesetzgebungsverfahren wurde die Möglichkeit aufgezeigt, bei privaten Versicherungsverträgen eine Realteilung durchzuführen (Zur Sache, Themen parlamentarischer Beratung, 2/76, S. 64, 115). Gegenüber den verfassungsrechtlichen Bedenken im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages bei der Erörterung der Zulässigkeit eines gesetzlichen Zwangssplittings auch von privaten Rentenversicherungs-Verhältnissen wurde in der Literatur ausgeführt (Bogs, FamRZ 1978, S. 81 [89]), daß wegen der sozialpolitischen Dringlichkeit der Versorgungsreform-Anliegen des Ersten Eherechtsreformgesetzes keine durchgreifenden grundrechtlichen Bedenken gegen einen Direktzugriff auf Versorgungswerte etwa bei Lebensversicherungsunternehmen oder bei Arbeitgebern bestehen dürften, die eine betriebliche Altersversorgung zugesagt hätten. Ebenso ist darauf hingewiesen worden, daß der Gesetzgeber zumindest bei den Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes eine Realteilung hätte durchsetzen können und nicht auf die systemwidrige Form des Ausgleichs in der Form der Beitragszahlung hätte ausweichen dürfen (so unter anderen Vorlagebeschluß des OLG Celle im Verfahren 1 BvL 99/79).
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bb) Diese Beanstandungen mögen allein noch nicht den Ausspruch rechtfertigen, dem Gesetzgeber habe eine schonendere Ausgleichsform als die Beitragszahlung zur Verfügung gestanden. Indessen hat der Gesetzgeber selbst - wenn auch nach Inkrafttreten des Ersten Eherechtsreformgesetzes - nach Wegen gesucht, um die den Ausgleichspflichtigen belastenden Zahlungen zu vermeiden, und hat jedenfalls in den Fällen, in denen sich das auszugleichende Anrecht gegen einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger richtet, durch die Anordnung des Quasi-Splittings eine mildere Lösung gefunden (§ 1 Abs. 3 des vom Bundestag verabschiedeten Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, BTDrucks. 9/2296, S. 5). Dabei geht der Bericht zur Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung von Regelungen über den Versorgungsausgleich (BTDrucks. 9/2296, S. 12) davon aus, daß unter § 1 Abs. 3 des Gesetzes folgende Anrechte fallen: auf Altersgeld nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte, in der Regel bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen, bei der Zusatzversorgung im Schornsteinfegerhandwerk, der hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung Saar und der gemeinsamen Ausgleichskasse im Seelotsenwesen der Reviere, bei den meisten Trägern der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, in der Höherversicherung der gesetzlichen Rentenversicherung und auf Versorgung der Abgeordneten. Im übrigen wird für die anderen Versorgungswerke in § 1 Abs. 2 des Gesetzes die Möglichkeit eröffnet, in ihren Regelungen eine Realteilung der Anrechte des Ausgleichspflichtigen vorzusehen.
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Schließlich ist zu berücksichtigen, daß der von den Fraktionen der SPD und der FDP eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung von Regelungen über den Versorgungsausgleich (BTDrucks. 9/1981) noch weitere Lösungsmöglichkeiten, etwa das "erweiterte Splitting" (BTDrucks. 9/1981, S. 3, Art. 1 § 1 Nr. 3) und die Verstärkung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs - Leistungen über den Tod des Verpflichteten hinaus - (BTDrucks. 9/1981, S. 5, Art. 1 § 1 Nr. 9), empfohlen hatte. Da keine Gründe erkennbar sind, die den Gesetzgeber daran gehindert hätten, bereits im Gesetzgebungsverfahren des Ersten Eherechtsreformgesetzes von der ausnahmslosen Anordnung des Versorgungsausgleichs durch Beitragszahlung im Bereich der "splittingfesten" Versorgungen abzusehen, war die Regelung, die er getroffen hat, in ihrer ausschließlichen Form nicht erforderlich und verstößt mithin gegen das Rechtsstaatsprinzip.
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c) Davon bleibt die den Ehegatten durch § 1587 o BGB in Verbindung mit § 1304 b Abs. 1 RVO = § 83 b Abs. 1 AVG eröffnete Möglichkeit unberührt, die Durchführung des Versorgungsausgleichs in der Weise zu vereinbaren, daß der ausgleichspflichtige Partner für den ausgleichsberechtigten Beiträge zur Begründung einer Anwartschaft auf eine bestimmte Rente in einer gesetzlichen Rentenversicherung zahlt.
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II. |
Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, liegt es weitgehend in der Entscheidungsfreiheit der Ehegatten, den Versorgungsausgleich in der Form der Beitragsentrichtung zu vereinbaren. Es bleibt aber auch dem Gesetzgeber unbenommen, unter bestimmten Voraussetzungen eine derartige Regelung zu treffen. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb erwogen, § 1587 b Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz BGB wegen der Ausnahmslosigkeit der Vorschrift nur für teilnichtig zu erklären (vgl. BVerfGE 55, 134; 57, 361). Indessen fehlt es hier an konkreten Abgrenzungskriterien; im Interesse der Rechtsklarheit erschien es geboten, die Vorschrift insgesamt für nichtig zu erklären.
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III. |
Mit § 4 des vom Bundestag verabschiedeten Gesetzes zur Ergänzung von Regelungen über den Versorgungsausgleich (BTDrucks. 9/2296, S. 5) soll den nachträglichen Auswirkungen des Versorgungsausgleichs beim Splitting und Quasi-Splitting begegnet werden, die das Bundesverfassungsgericht als grundrechtswidrig beanstandet hat (BVerfGE 53, 257). Einer ergänzenden Härteregelung bedarf es auch für die Fälle, in denen der Versorgungsausgleich durch Beitragsentrichtung durchgeführt worden ist. Diese sind allerdings nur im Zusammenhang mit dem Vorversterben des ausgleichsberechtigten vor dem ausgleichspflichtigen Ehegatten denkbar (vgl. BVerfGE 53, 257 [303]). Dem soll im übrigen durch die Regelung in § 7 des vom Bundestag angenommenen Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich entsprochen werden.
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IV. |
Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf der mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbaren Regelung des § 1587 b Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz BGB. Sie sind daher aufzuheben, soweit sie die Durchführung des Versorgungsausgleichs durch Beitragszahlung anordnen. Die Verfahren sind an die zuständigen Oberlandesgerichte zurückzuverweisen.
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Dr. Benda, Dr. Simon, Dr. Faller, Dr. Hesse, Dr. Katzenstein, Dr. Niemeyer, Dr. Heußner, Dr. Böhme |