BVerfGE 65, 283 - Bekanntmachung des Bebauungsplans
Zur Verfassungsmäßigkeit des § 12 Satz 3 des Bundesbaugesetzes.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 22. November 1983 gemäß § 24 BVerfGG
– 2 BvL 25/81 –
in dem Verfahren zur Prüfung, ob § 12 des Bundesbaugesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2256, ber. S. 3617) mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 2 GG vereinbar ist – Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Juni 1981 (IV N 11/79) –.
 
Entscheidungsformel:
§ 12 Satz 3 des Bundesbaugesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. August 1976 (Bundesgesetzbl. I S. 2256, ber. Bundesgesetzbl. I S. 3617) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
 
Gründe:
 
A.
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob § 12 Satz 3 BBauG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundesbaugesetzes vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2221, Neubekanntmachung S. 2256, ber. S. 3617) – BBauG – von der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes gedeckt ist und dem Rechtsstaatsprinzip genügt.
I.
Die frühere Fassung des § 12 BBauG lautete (BBauG vom 23. Juni 1960, BGBl. I S. 341):
    § 12
    Inkrafttreten des Bebauungsplanes
    Die Gemeinde hat den genehmigten Bebauungsplan mit Begründung öffentlich auszulegen. Sie hat die Genehmigung sowie Ort und Zeit der Auslegung ortsüblich bekanntzumachen. Mit der Bekanntmachung, die an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung tritt, wird der Bebauungsplan rechtsverbindlich.
Diese Vorschrift mußte nach Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs verfassungskonform ausgelegt werden (siehe Urteil vom 21. Oktober 1966, ESVGH 17, 198 = DVBl. 1968, S. 947 = BRS 17 [1966] Nr. 11; Beschluß vom 15. März 1968, ESVGH 18, 200 = DVBl. 1968, S. 948 = BRS 20 [1968] Nr. 13; Beschluß vom 20. Januar 1971, BRS 24 [1971] Nr. 16; vgl. auch Urteil vom 13. Juli 1973, BRS 27 [1973] Nr. 20).
Auch nachdem der Bundesgerichtshof (BGHZ 55, 288 [293/ 294]) und das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 44, 244 [248-250]) der Rechtsauffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs widersprochen hatten, hielt dieser an seiner Ansicht fest (siehe Urteil vom 3. Mai 1974, BRS 28 [1974] Nr. 13).
Um die Rechtsauffassungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts "gesetzlich festzuschreiben", schlug die Bundesregierung vor, im Rahmen der Änderung des Bundesbaugesetzes auch § 12 BBauG neu zu fassen. Zur Begründung führte sie aus:
    Die (bisherige) Fassung des § 12 hat zu Mißverständnissen geführt. So wurde angenommen, daß die Auslegung des rechtsverbindlichen Bebauungsplans befristet werden müsse. Die Neufassung des § 12 dient der Klarstellung und der Rechtssicherheit (BTDrucks. 7/2496, S. 42).
In Anlehnung an den Vorschlag der Bundesregierung wurde folgende Neufassung des § 12 BBauG beschlossen:
    § 12
    Inkrafttreten des Bebauungsplanes
    Die Gemeinde hat die Genehmigung des Bebauungsplans ortsüblich bekanntzumachen und spätestens mit Wirksamwerden der Bekanntmachung den Bebauungsplan mit Begründung zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten und über ihren Inhalt auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist anzugeben, bei welcher Stelle der Plan während der Dienststunden eingesehen werden kann. Mit dieser Bekanntmachung, die an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung tritt, wird der Bebauungsplan rechtsverbindlich.
II.
Bei dem Ausgangsverfahren handelt es sich um ein Normenkontrollverfahren gemäß § 47 VwGO, das einen Bebauungsplan in der hessischen Gemeinde Griesheim betrifft. Dieser Bebauungsplan wurde am 13. Dezember 1978 vom Planungsverband der Gemeinden des Kreises Darmstadt-Dieburg beschlossen, durch Verfügung des Regierungspräsidenten vom 2. April 1979 genehmigt und diese Genehmigung im "Darmstädter Echo" und im "Darmstädter Tagblatt" vom 12. Juli 1979 bekanntgemacht.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat durch Beschluß vom 10. Juni 1981 (BauR 1981, S. 450 und DVBl. 1982, S. 363) das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt. Er hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 12 Satz 3 BBauG mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 2 GG vereinbar sei.
Zur Begründung der Vorlage hat das Gericht im wesentlichen ausgeführt:
1. Die Vorlagefrage sei entscheidungserheblich.
Im Falle der Verfassungswidrigkeit des § 12 Satz 3 BBauG sei dem Antrag stattzugeben, weil der Bebauungsplan nicht wirksam in Kraft gesetzt worden sei. Im Falle der Verfassungsmäßigkeit des § 12 Satz 3 BBauG sei der Antrag demgegenüber zurückzuweisen, weil die Einwendungen, die die Antragsteller gegen das Anhörungsverfahren und gegen die bauplanerische Abwägung erhöben, überwiegend erfolglos seien und im übrigen allenfalls zur Teilnichtigkeit, keinesfalls aber zu der von den Antragstellern geltend gemachten Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans führen könnten.
2. Die Verfassungswidrigkeit des § 12 Satz 3 BBauG ergebe sich aus folgenden Erwägungen:
a) Die Vorschrift genüge nicht rechtsstaatlichen Erfordernissen (Art. 20 Abs. 3 GG). § 12 BBauG sehe keine Bekanntmachung des Inhalts des Bebauungsplans vor; die Verkündung von Rechtsnormen sei aber unverzichtbarer Teil des Rechtsstaatsprinzips. Anstelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung ihres Inhalts bestimme § 12 Satz 3 BBauG lediglich, daß die Genehmigung des Bebauungsplans und der Hinweis, bei welcher Dienststelle er eingesehen werden könne, bekanntzumachen seien.
Daß nach § 12 Satz 1 BBauG der Bebauungsplan bereitzuhalten sei, reiche zu seiner rechtsstaatsgemäßen Inkraftsetzung nicht aus. Das Bereithalten stelle einen permanenten Vorgang dar, eine permanente Verkündung sei aber nicht denkbar. Außerdem brauche der Bebauungsplan gemäß § 12 Satz 1 BBauG erst dann zu jedermanns Einsicht bereitgehalten zu werden, sobald die Bekanntmachung der Genehmigung und des Hinweises, bei welcher Dienststelle er eingesehen werden könne, wirksam werde und damit zugleich (§ 12 Satz 3 BBauG) auch schon der Bebauungsplan rechtsverbindlich geworden sei; den Betroffenen erst nach dem Inkrafttreten der Rechtsnorm die Möglichkeit zu geben, ihren Inhalt kennenzulernen, genüge aber nicht; das Rechtsstaatsprinzip verlange vielmehr, daß die Verkündung einer Rechtsnorm ihrer Rechtsverbindlichkeit vorangehe.
b) § 12 Satz 3 BBauG sei außerdem unvereinbar mit Art. 30 und 70 GG in Verbindung mit Art. 72 und 74 Nr. 18 GG. Die in § 12 BBauG abschließend geregelte Verkündung von Ortsrecht sei nicht mehr von der Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Bodenrechts (Art. 74 Nr. 18 GG) gedeckt. Diese die Bauleitplanung mitumfassende Bundeskompetenz begründe keine Zuständigkeit zur Regelung von Einzelheiten der gemeindlichen Satzungsgebung. Eine solche Zuständigkeit lasse sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Annexkompetenz oder der Gesetzgebungszuständigkeit kraft Sachzusammenhangs herleiten. Denn zur Regelung des Bodenrechts sei es nicht unerläßlich notwendig, auch die Bekanntmachung und das Inkrafttreten der Bebauungspläne so weitgehend zu regeln, wie es in § 12 Satz 3 BBauG geschehen sei. Es sei kein aus dem Gegenstand der Bundesgesetzgebungszuständigkeit ableitbares Bedürfnis dafür ersichtlich, daß der Bund den örtlichen Satzungsgeber daran hindere, über die Satzungsgenehmigung hinaus auch den Satzungsinhalt ortsüblich bekanntzumachen (§ 12 Satz 3 BBauG: "Bekanntmachung ... an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung tritt") und den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung selbst zu bestimmen (§ 12 Satz 3 BBauG: "Mit dieser Bekanntmachung ... wird der Bebauungsplan rechtsverbindlich.").
III.
Zu dem Vorlagebeschluß haben sich für die Bundesregierung der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau und für die Hessische Landesregierung der Hessische Ministerpräsident sowie der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts geäußert. Sie halten § 12 BBauG entgegen der Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts für verfassungsmäßig.
 
B.
Die Vorlage ist zulässig.
Das Gericht hat nach dem Tenor seines Vorlagebeschlusses zwar die gesamte Vorschrift des § 12 BBauG zur verfassungsgerichtlichen Prüfung gestellt. Seine Begründung ergibt aber, daß es nur die Überprüfung des Satzes 3 begehrt. Nur diesen Satz hält es für verfassungswidrig; die Regelung der Sätze 1 und 2, die für Bebauungspläne deren Auslegung und die Bekanntmachung dieser Auslegung sowie der Plangenehmigung vorschreiben, hat das Gericht nicht beanstandet.
 
C.
§ 12 Satz 3 BBauG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
I.
Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ist gegeben. Das gilt sowohl für die in § 12 Satz 3 BBauG enthaltene Bestimmung des Zeitpunktes der Rechtsverbindlichkeit von Bebauungsplänen ("Mit dieser Bekanntmachung ... wird der Bebauungsplan rechtsverbindlich") als auch für die darin getroffene Verkündungsregelung ("Bekanntmachung ... an die Stelle der sonst für Satzungen vorgesehenen Veröffentlichung tritt").
1. Das Recht des Bundes, den Zeitpunkt der Rechtsverbindlichkeit von Bebauungsplänen gesetzlich festzulegen, ergibt sich aus seiner Zuständigkeit zur konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet des Bodenrechts (Art. 74 Nr. 18 GG). Die Materie "Bodenrecht" umfaßt auch das Bauplanungsrecht; Bebauungspläne bestimmen die rechtliche Qualität des Bodens, indem sie generell regeln, in welcher Weise die Grundstücke genutzt, insbesondere, ob und in welcher Weise sie bebaut werden dürfen (vgl. BVerfGE 3, 407 [424]; 33, 265 [286 f.]). Zum Bauplanungsrecht gehört auch die Regelung des § 12 Satz 3 BBauG, die den Zeitpunkt der Rechtsverbindlichkeit der Bebauungspläne festlegt; das Inkrafttreten der Pläne ist der maßgebliche Akt, durch den sie letztlich verbindliche Kraft erlangen und auf die Rechtslage von Grund und Boden einwirken können (vgl. BVerfGE 3, 407 [424]; 33, 265 [287]). § 12 Satz 3 BBauG regelt nicht allgemein das Inkrafttreten ortsrechtlicher Vorschriften, sondern allein dasjenige der Bebauungspläne.
Die Wertung des Bundesgesetzgebers, daß ein Bedürfnis bestehe, den Zeitpunkt der Rechtsverbindlichkeit bundeseinheitlich festzulegen (vgl. Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG), kann vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet werden (vgl. BVerfGE 2, 213 [224 f.]; 26, 338 [382 f.]; 33, 224 [229]).
2. Auch für die in § 12 Satz 3 BBauG enthaltene Verkündungsregelung ist die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes gegeben.
a) Die Regelung gehört ebenfalls zum Gebiet des Bodenrechts (Art. 74 Nr. 18 GG). Sie betrifft das Verfahren der zum Bodenrecht gehörigen Bauleitplanung und erstreckt sich nicht darüber hinaus; sie regelt die Verkündung allein für die Bebauungspläne.
b) Die gemäß Art. 84 Abs. 1 letzter Halbsatz GG erforderlichen Voraussetzungen sind gleichfalls gegeben. Sie müssen hier zusätzlich vorliegen, weil § 12 Satz 3 BBauG in einem Bereich, in dem die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit ausführen, das Verwaltungsverfahren regelt. Daß Verkündungsvorschriften das Verfahren regeln, während Vorschriften über das Inkrafttreten von Rechtsnormen ihren Inhalt betreffen, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt (vgl. BVerfGE 34, 9 [23 f.]; 42, 263 [283]). Die Verkündungsregelung des § 12 Satz 3 BBauG betrifft das Verwaltungsverfahren; denn die Rechtsetzungstätigkeit der Gemeinden ist ungeachtet dessen, daß sie in mancher Hinsicht legislatorischen Charakter aufweist (vgl. BVerfGE 32, 346 [361]), im System der staatlichen Gewaltenteilung (Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung) dem Bereich der Verwaltung zuzuordnen.
Die erforderliche Zustimmung des Bundesrates ist erteilt worden (siehe BGBl. 1976 I S. 2221 in Verbindung mit Verhandlungen des Bundesrates, Sten. Ber., 435. Sitzung vom 4. Juni 1976, S. 235). Weitere Voraussetzungen bestehen nicht; die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 1967 (BVerfGE 22, 180 [210]), nach der der Bundesgesetzgeber nur dann eine Aufgabe zur Selbstverwaltungsangelegenheit erklären darf, wenn dies für den wirksamen Gesetzesvollzug notwendig ist, ist nicht einschlägig; eine derartige Regelung von Gemeindeangelegenheiten enthält § 12 Satz 3 BBauG nicht.
II.
Die zur Prüfung gestellte Vorschrift bleibt auch materiellrechtlich innerhalb der Grenzen der Verfassung.
1. Art. 28 Abs. 2 GG ist nicht verletzt. § 12 Satz 3 BBauG tastet den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung nicht an. Die Planungskompetenz und die Rechtsetzungshoheit der Gemeinden selbst werden durch die Vorschrift nicht berührt (vgl. oben I 1 und 2 a).
2. Das Rechtsstaatsprinzip ist entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ebenfalls nicht verletzt.
a) Das Rechtsstaatsprinzip, das in der Verfassung nur zum Teil näher ausgeformt ist, enthält keine in allen Einzelheiten eindeutig bestimmten Gebote und Verbote; es bedarf der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten; dabei müssen allerdings fundamentale Elemente des Rechtsstaates und die Rechtsstaatlichkeit im ganzen gewahrt bleiben (BVerfGE 7, 89 [92/93]; 25, 269 [290]; 57, 250 [276 oben]). Grundsätzlich ist es Sache des Gesetzgebers, dem Rechtsstaatsprinzip bei der Normsetzung Rechnung zu tragen; erst wenn sich bei Berücksichtigung aller Umstände, und nicht zuletzt der im Rechtsstaatsprinzip selbst angelegten Gegenläufigkeit unzweideutig ergibt, daß rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse nicht mehr gewahrt sind, kann eine Regelung als rechtsstaatswidrig beanstandet werden (vgl. BVerfGE 57, 250 [276]).
Das Rechtsstaatsprinzip gebietet, daß förmlich gesetzte Rechtsnormen verkündet werden; denn die Verkündung stellt einen integrierenden Teil der förmlichen Rechtsetzung dar, ist also Geltungsbedingung. Verkündung bedeutet regelmäßig, daß die Rechtsnormen der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, daß die Betroffenen sich verläßlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können (vgl. BVerfGE 16, 6 [16 f. und 18]; vgl. auch BVerfGE 40, 237 [252 f. und 255]). Diese Möglichkeit darf auch nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein. Konkrete weitere Gebote für die Ausgestaltung des Verkündungsvorganges im einzelnen ergeben sich aus dem Rechtsstaatsprinzip unmittelbar nicht. Es obliegt vielmehr dem zuständigen Normgeber, das Verkündungsverfahren so auszugestalten, daß es seine rechtsstaatliche Funktion erfüllt, der Öffentlichkeit die verläßliche Kenntnisnahme vom geltenden Recht zu ermöglichen. Dem Rechtsstaatsprinzip lassen sich indessen keine bestimmten Aussagen dazu entnehmen, in welchen Fällen es für die Verkündung einer Rechtsnorm ausreichen kann, sie nicht in einem gedruckten Publikationsorgan zu veröffentlichen, sondern nur auf einer Dienststelle zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten. Ebensowenig kann aus dem Rechtsstaatsprinzip eine bestimmte zeitliche Abfolge von Verkündung und Inkrafttreten hergeleitet werden; ein generelles Gebot, daß die Verkündung einer Rechtsnorm ihrem Inkrafttreten vorausgehen müsse, enthält es nicht. Die Grenzen, die sich für die Rückwirkung von Rechtsnormen ergeben, bleiben unberührt.
Der Gesetzgeber unterliegt bei seiner Ausgestaltung des Verkündungsvorganges allerdings insofern einer verfassungsrechtlichen Grenze, als er schutzwürdige Interessen nicht verletzen, insbesondere den Rechtsschutz der Betroffenen nicht unangemessen erschweren oder verkürzen darf.
b) Die Vorschriften über die Verkündung und das Inkrafttreten von Bebauungsplänen halten der Überprüfung an diesen Maßstäben stand.
Die – vom vorlegenden Gericht nicht beanstandete – Regelung des § 12 Sätze 1 und 2 BBauG gewährleistet in ausreichender Weise, daß Bebauungspläne der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich sind, daß die Betroffenen sich verläßlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können. Angesichts der Besonderheiten der Bebauungspläne, die aus einem zeichnerischen und einem textlichen Teil bestehen und nur ein eng begrenztes Gebiet betreffen, konnte der Gesetzgeber sich mit der Regelung begnügen, daß die Gemeinden sie zu jedermanns Einsicht bereithalten und ortsüblich bekanntmachen, bei welcher Dienststelle sie eingesehen werden können.
Daß die Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplanes gemäß § 12 Satz 3 BBauG bereits mit dem Wirksamwerden der Bekanntmachung und somit zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem die Pflicht der Gemeinde, ihn zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten, gemäß Satz 1 erst beginnt, verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip. Aus ihm läßt sich ein Gebot, daß eine Rechtsnorm erst nach der Bekanntmachung ihres Inhalts in Kraft treten dürfe, nicht herleiten. Dieses "vorgezogene Inkrafttreten" des Bebauungsplanes verletzt auch nicht sonstige schutzwürdige Interessen, insbesondere erschwert oder verkürzt es hier nicht in unangemessener Weise den Rechtsschutz der Betroffenen. Der Zeitabstand zwischen dem Inkrafttreten des Bebauungsplanes und der Möglichkeit, seinen Inhalt kennenzulernen, ist kurz, mißt nämlich nur die Zeitspanne zwischen dem Wirksamwerden der Bekanntmachung und den nächstfolgenden Dienststunden der Dienststelle, die den Bebauungsplan zur Einsicht bereithält; zudem können die Betroffenen die Entstehung des Bebauungsplanes bereits im Aufstellungsverfahren verfolgen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2, § 2 a, vgl. auch § 13 BBauG).
(gez.) Rinck Wand Dr. Rottmann Der Richter Niebler ist an der Unterschrift verhindert. Rinck Steinberger Träger Mahrenholz