BVerfGE 73, 388 - Kirchgeld
Zur Ermächtigung der Kirchen, Kirchgeld zu erheben.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 23. Oktober 1986
-- 2 BvL 7/84 --
in dem Verfahren zur Prüfung, ob § 4 Abs. 1 des hamburgischen Kirchensteuergesetzes vom 15. Oktober 1973 (GVBl. S. 431) insoweit verfassungswidrig ist, als die steuerberechtigten Körperschaften (vgl. § 1 des hamburgischen Kirchensteuergesetzes) ermächtigt werden, durch Steuervorschriften Art und Höhe des Kirchgeldes im Sinne des § 3 Abs.1 Buchst. b des hamburgischen Kirchensteuergesetzes zu bestimmen - Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 14. Dezember 1983 (II R 198/81, jetzt I R 308/81, und II R 170/81, jetzt I R 303, 81) -.
Entscheidungsformel:
1. § 4 Abs 1 des hamburgischen Kirchensteuergesetzes vom 1973-10-15 (Gesetzblatt und Verordnungsblatt Seite 431) ist insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar, als die steuerberechtigten Körperschaften ermächtigt werden, durch Steuervorschriften Art und Höhe des Kirchgeldes im Sinne des § 3 Abs 1 Buchst b des hamburgischen Kirchensteuergesetzes zu bestimmen.
 
Gründe:
 
A.
Die Vorlagen betreffen die Frage, ob eine gesetzliche Ermächtigung der steuerberechtigten kirchlichen Körperschaften, Art und Höhe des Kirchgeldes durch Steuervorschriften zu bestimmen, mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar ist.
I.
1. Das hamburgische Kirchensteuergesetz (KiStG) vom 15. Oktober 1973 (GVBl. S. 431), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. November 1977 (GVBl. S. 358), ermächtigt die steuerberechtigten kirchlichen Körperschaften, Kirchensteuern von den ihnen angehörenden Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der Freien und Hansestadt Hamburg aufgrund eigener Steuervorschriften nach Maßgabe dieses Gesetzes zu erheben (§§ 1, 2). Kirchensteuern können erhoben werden als Kirchensteuer vom Einkommen in Höhe eines Vomhundertsatzes der Einkommen- und Lohnsteuer sowie als Kirchgeld in festen oder gestaffelten Beträgen (§ 3 Abs. 1 KiStG). Die Kirchensteuer vom Einkommen wird auf das Kirchgeld angerechnet (§ 3 Abs. 6 KiStG). § 4 Abs. 1 KiStG legt fest:
    Art und Höhe der Kirchensteuern werden von den steuerberechtigten Körperschaften durch Steuervorschriften bestimmt. Die Steuervorschriften bedürfen insoweit der staatlichen Genehmigung.
§ 5 KiStG sieht für die Kirchensteuer vom Einkommen bei glaubensverschiedenen Ehen eine nähere Regelung vor.
Die Kirchensteuern, unter anderem des Kirchenkreises Stormarn der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche und der römisch-katholischen Kirchengemeinden St. Maria und St. Franz Joseph in Hamburg-Harburg, werden von staatlichen Behörden verwaltet, soweit sie sich auf das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg erstrecken (Verordnung über die Verwaltung von Kirchensteuern durch staatliche Behörden in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 14. Dezember 1976, GVBl. S. 254).
2. Die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche und die römisch-katholische Kirche (Dekanat Hamburg-Harburg, Bistum Hildesheim) erheben im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg von Kirchenangehörigen, deren Ehegatte einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft nicht angehört und die nicht getrennt veranlagt werden, Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe nach gestaffelten Sätzen; Bemessungsgrundlage ist das gemeinsam zu versteuernde Einkommen nach § 32 EStG; für die Jahre 1979 bis 1985 wurde nachträglich für jedes Kind des Steuerpflichtigen (§ 32 Abs. 4 bis 7 EStG in der bis dahin geltenden Fassung), das bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt worden ist, eine Kürzung des Kirchgeldes um 24 DM vorgesehen. Rechtsgrundlage für dieses Verfahren sind: § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c, § 9 des Kirchensteuergesetzes der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (Kirchensteuerordnung) vom 8. Oktober 1978 (Hamburgischer Amtlicher Anzeiger S. 2193, BStBl. I 1979 S. 200) in Verbindung mit § 5 des Kirchengesetzes über Art und Höhe der Kirchensteuern (Kirchensteuerbeschluß) vom 8. Oktober 1978 (Hamburgischer Amtlicher Anzeiger S. 2199, BStBl. I 1979 S. 205), rückwirkend geändert durch Art. 2 Nr. 4 Buchst. d des Kirchengesetzes vom 22. November 1985 (Hamburgischer Amtlicher Anzeiger 1986 S. 1314, BStBl. I 1986 S. 445); § 2 Abs. 1 Buchst. c, § 5 der Kirchensteuerordnung für die auf hamburgischem Staatsgebiet liegenden Kirchengemeinden im Dekanat Hamburg-Harburg (Bistum Hildesheim) vom 28. Dezember 1978 (Hamburgischer Amtlicher Anzeiger 1979 S. 258, BStBl. I 1979 S. 211) in Verbindung mit § 3 des Kirchensteuerbeschlusses für die auf hamburgischem Staatsgebiet liegenden Kirchengemeinden im Dekanat Hamburg-Harburg (Bistum Hildesheim) vom 28. Dezember 1978 (Hamburgischer Amtlicher Anzeiger 1979 S. 259, BStBl. I 1979 S. 213) und § 3 Nr. 4 des Kirchensteuerbeschlusses für die auf hamburgischem Staatsgebiet liegenden Kirchengemeinden im Dekanat Hamburg- Harburg (Bistum Hildesheim) vom 1. Januar 1986 (Hamburgischer Amtlicher Anzeiger S. 1332, BStBl. I S. 449).
II.
1. a) Die damals in Hamburg-Harburg wohnhafte Klägerin des Ausgangsverfahrens I R 308/81 (2 BvL 7/84) gehörte im Jahr 1979 der römisch-katholischen Kirche, ihr Ehemann keiner steuerberechtigten Kirche an. Für dieses Jahr hatten die Ehegatten die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer gewählt. Sie hatten keine Kinder im Sinne des § 32 Abs. 4 bis 7 EStG in der damals geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 21. Juni 1979, BGBl. I S. 721). Ihr gemeinsam zu versteuerndes Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG) war auf 62 243 DM ermittelt worden. Von dem Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) in Höhe von 70 228 DM entfielen 47 310 DM auf den Ehemann und 22 918 DM auf die Klägerin.
b) Die Klägerin im Ausgangsverfahren I R 303/81 (2 BvL 8/84) gehörte im Jahr 1979 dem Kirchenkreis Stormarn der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, ihr Ehemann keiner kirchensteuerberechtigten Religionsgesellschaft an. Für dieses Jahr hatten beide Ehegatten die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer gewählt. Ihr gemeinsam zu versteuerndes Einkommen war auf 70 181 DM ermittelt worden. Die Klägerin (Hausfrau und Mutter dreier minderjähriger Kinder) hatte lediglich negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 3 750 DM, d. h. die Werbungskosten überschritten die Einnahmen um diesen Betrag (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG).
2. Das Finanzamt setzte gegen die Klägerinnen für 1979 entsprechend der für die Erhebung des Kirchgeldes maßgeblichen kirchlichen Vorschriften jeweils eine Kirchensteuer (Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe) in Höhe von 480 DM fest.
3. a) Die Klägerin im Ausgangsverfahren I R 308/81 erhob nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens Klage zum Finanzgericht Hamburg mit dem Antrag, den Kirchensteuerbescheid aufzuheben und das Finanzamt zu verurteilen, einen dem geltenden Kirchensteuerrecht entsprechenden neuen Bescheid zu erlassen, der eine Kirchensteuer vom Einkommen in Höhe von 289,50 DM festsetzen soll. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die maßgeblichen kirchenrechtlichen Vorschriften seien mit den im Kirchensteuergesetz enthaltenen Regelungen über die Kirchensteuer vom Einkommen bei glaubensverschiedenen Ehen (§ 5) unvereinbar.
b) Die Klägerin im Ausgangsverfahren I R 303/81 erhob nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens Klage zum Finanzgericht Hamburg mit dem Antrag, den Kirchensteuerbescheid ersatzlos aufzuheben, weil für die einschlägigen kirchenrechtlichen Vorschriften eine gesetzliche Ermächtigung fehle und diese Bestimmungen außerdem gegen Art. 3 und 14 GG verstießen; das Einkommen des keiner steuerberechtigten Religionsgemeinschaft angehörenden Ehegatten beeinflusse die Höhe des Kirchgeldes des Kirchenmitglieds erheblich; wenn, wie hier, das Kirchenmitglied über keine eigenen Einkünfte verfüge, werde letztlich das Nichtmitglied zur Zahlung verpflichtet.
c) Das Finanzgericht hob die angefochtenen Kirchensteuerbescheide mit der Begründung auf, die Erhebung von Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe nach Maßgabe des gemeinsam zu versteuernden Einkommens beider Ehegatten verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und überschreite den Rahmen des durch den Staat verliehenen Besteuerungsrechts.
4. In der Revisionsinstanz hat der Bundesfinanzhof mit Beschlüssen vom 14. Dezember 1983 (BFHE 140, 338), also vor der ergänzenden kirchlichen Regelung, die die Berücksichtigung von Kindern auch bei der Erhebung des Kirchgeldes vorschreibt, gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt,
    ob § 4 Abs. 1 des hamburgischen Kirchensteuergesetzes vom 15. Oktober 1973 (GVBl. S. 431) insoweit verfassungswidrig ist, als die steuerberechtigten Körperschaften (vgl. § 1 des hamburgischen Kirchensteuergesetzes) ermächtigt werden, Art und Höhe des Kirchgeldes im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchstabe b des hamburgischen Kirchensteuergesetzes zu bestimmen.
In den Gründen der Beschlüsse ist ausgeführt:
a) Die Vorlagefrage im Verfahren I R 308/81 sei entscheidungserheblich, weil bei der vom Senat angenommenen Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm die Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheides durch das Finanzgericht zu bestätigen sei, während andernfalls die Klage als unbegründet abgewiesen werden müsse. Bei Gültigkeit der Bestimmung sei die kirchenrechtliche Regelung des Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe, soweit sie kinderlose Ehen betrifft, nicht zu beanstanden. Es verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 oder Art. 6 Abs. 1 GG, daß ein Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe nur in den Fällen erhoben wird, in denen die nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Es sei eine Frage der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit, ob für glaubensverschiedene Ehen eine die Kirchensteuer vom Einkommen ergänzende und überlagernde Regelung eingeführt werden soll. Unerheblich sei, ob alle Länder eine solche Regelung vorsehen. Eine unterschiedliche Behandlung der dauernd oder nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten sei wegen der unterschiedlichen Verhältnisse gerechtfertigt. Die Nichterhebung des Kirchgeldes bei Wahl der getrennten Veranlagung zur Einkommensteuer sei nicht verfassungswidrig, weil diese Veranlagungsform regelmäßig nur bei etwa gleichhohen Einkünften beider Ehegatten gewählt werde. Nicht zu beanstanden sei auch die Anknüpfung der Kirchgeldregelung an das zu versteuernde Einkommen beider Ehegatten. Gleiches gelte für die vorgesehene Höhe.
Auch im Verfahren I R 303/81 sei die Vorlagefrage entscheidungserheblich. Bei der vom Senat angenommenen Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm sei zwar die Aufhebung des angefochtenen Bescheides ebenso geboten wie bei deren Verfassungsmäßigkeit; jedoch seien die Rechtsfolgen andere. Es sei mit dem Gleichheitssatz und Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar, daß bei der Kirchgeldregelung Kinder unberücksichtigt blieben. Da das Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Anknüpfung an den Lebensführungsaufwand bemessen werden solle, dürfe die Belastung durch Kinder nicht unberücksichtigt bleiben, zumal sich die Kinder auf die Höhe der Kirchensteuer vom Einkommen auswirkten. Der Senat sei nicht in der Lage, die fehlende Regelung selbst zu schaffen. Wie das Vorhandensein von Kindern bei der Erhebung des Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe zu berücksichtigen sei, hätten die steuerberechtigten Körperschaften zu entscheiden. Würde der angefochtene Kirchensteuerbescheid lediglich wegen des Fehlens einer die Kinder berücksichtigenden Regelung aufgehoben, so könnte ein neuer Kirchensteuerbescheid bereits dann erlassen werden, wenn die steuerberechtigte Kirche rückwirkend eine entsprechende Regelung träfe, während andernfalls -- bei Nichtigkeit des § 4 Abs. 1 Satz 1 KiStG -- dies nur bei einer rückwirkenden Neuregelung durch den Landesgesetzgeber möglich sei.
b) Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs verstößt § 4 Abs. 1 Satz 1 KiStG insoweit gegen den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz, als er die steuerberechtigten Körperschaften ermächtigt, Art und Höhe des Kirchgeldes in festen oder gestaffelten Beträgen durch Steuervorschriften zu bestimmen. Die Ermächtigung müsse wenigstens andeutungsweise die Grenzen der Gesetzgebung durch die Kirchen bezeichnen, weil die den Kirchen überlassene Regelung des Kirchgeldes in festen oder gestaffelten Beträgen zugleich eine Ermächtigung beinhalte, die landesrechtlichen Vorschriften über die Kirchensteuer vom Einkommen entsprechend der für das Kirchgeld zu treffenden Regelung zu verdrängen. Regele der Landesgesetzgeber (wie im vorliegenden Fall) die Kirchensteuer vom Einkommen weitgehend selbst, so dürfe er sich seiner Rechtsetzungsbefugnis zur Regelung einer die Kirchensteuer vom Einkommen ergänzenden und gegebenenfalls verdrängenden Kirchgeldregelung nicht völlig entäußern. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, wonach sich der Landesgesetzgeber auf die allgemeine Ermächtigung zur Erhebung von Kirchensteuern beschränken und die Einzelregelung des formellen und materiellen Kirchensteuerrechts den steuerberechtigten Religionsgesellschaften innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes überlassen könne (BVerfGE 19, 253 [258]), stünden dem nicht entgegen. Sie seien anläßlich der verfassungsrechtlichen Beurteilung einer beim Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung vorhandenen allgemeinen staatlichen Anerkennung des Besteuerungsrechts einer Religionsgesellschaft gemacht worden und könnten nach Auffassung des vorlegenden Senats nicht ohne weiteres auf eine nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes erlassene Ermächtigung übertragen werden. Zudem lägen die Umstände im vorliegenden Fall deshalb besonders, weil die steuerberechtigten kirchlichen Körperschaften aufgrund der Ermächtigung zur Erhebung eines Kirchgeldes in festen oder gestaffelten Beträgen in die landesrechtliche Regelung der Kirchensteuer vom Einkommen ergänzend und ändernd eingreifen dürften. Der Genehmigungsvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 2 KiStG ersetze die fehlende Konkretisierung der Ermächtigung zur Regelung des Kirchgeldes in festen oder gestaffelten Beträgen nicht. Denn die Genehmigung der kirchlichen Regelungen sei Aufgabe der Exekutive und nicht der Legislative. Im übrigen fehle es auch an Vorschriften, nach welchen Gesichtspunkten die Exekutive zu prüfen habe, ob sie die Genehmigung auszusprechen habe bzw. aussprechen wolle.
Eine verfassungskonforme Auslegung der Ermächtigung des § 4 Abs. 1 Satz 1 KiStG hinsichtlich der Regelung des Kirchgeldes in festen oder gestaffelten Beträgen dahin, daß die steuerberechtigten Körperschaften lediglich zum Erlaß von Vorschriften über ein Kirchgeld geringeren Umfanges (z. B. bis zu einem Höchstbetrag von 100 DM) ermächtigt werden, sei nicht möglich.
III.
Von den Äußerungsberechtigten haben lediglich der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg und der Kirchenkreis Stormarn der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, vertreten durch das Nordelbische Kirchenamt der Nordelbischen Evangelisch- Lutherischen Kirche, eine Stellungnahme abgegeben.
1. Nach Auffassung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg ist § 4 Abs. 1 Satz 1 KiStG mit dem Grundgesetz vereinbar. Diese Ermächtigungsnorm sei hinreichend konkretisiert. Der hamburgische Gesetzgeber habe sich auf die allgemeine Ermächtigung zur Erhebung von Kirchensteuern -- unter bestimmten Genehmigungsvorbehalten -- beschränkt und die Einzelregelung des formellen und materiellen Kirchensteuerrechts den steuerberechtigten Religionsgesellschaften innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes überlassen. Es bestünden keine Bedenken dagegen, daß die Exekutive (und nicht die Legislative) die Genehmigung der kirchlichen Steuervorschriften erteile. Der Bundesfinanzhof verkenne die prinzipielle, auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegende verfassungsrechtlich gewährleistete Eigenständigkeit der Kirchen, die als Institutionen mit dem Recht der Selbstbestimmung ihrem Wesen nach unabhängig vom Staat seien und ihre Gewalten nicht von ihm herleiteten. Bei der Beurteilung der Frage, ob die staatliche Ermächtigung zur Erhebung von Kirchensteuern nicht möglicherweise hätte enger gefaßt werden müssen, sei das den Kirchen verfassungsrechtlich verliehene Selbstbestimmungsrecht als ein zumindest der Sache nach wesentliches Kriterium heranzuziehen. Der Landesgesetzgeber habe sich seiner Rechtsetzungsbefugnis zur Regelung einer die Kirchensteuer vom Einkommen ergänzenden und gegebenenfalls verdrängenden Kirchgeldregelung nicht in unzulässiger Weise entäußert.
2. Das Nordelbische Kirchenamt hält § 4 Abs. 1 Satz 1 KiStG ebenfalls für hinreichend bestimmt. Die Nichtberücksichtigung von Kindern bei der Erhebung von Kirchgeld sei mit dem Grundgesetz vereinbar, wie sich aus der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg ergebe. Dessenungeachtet seien die verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesfinanzhofs durch die auf das Streitjahr 1979 zurückwirkende nachträgliche Gewährung einer Kinderermäßigung ausgeräumt.
3. Das Bundesverwaltungsgericht, dem Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde, hat mitgeteilt, es sei mit der Vorlagefrage bislang nicht befaßt gewesen. Damit zusammenhängende Rechtsfragen stünden auch nicht zur Entscheidung an. Das Gericht habe sich jedoch zur Verfassungsmäßigkeit vergleichbarer Vorschriften mehrfach geäußert. Es habe diese jeweils für verfassungskonform erachtet. Der zuständige 8. Senat teile die Auffassung des vorlegenden Senats des Bundesfinanzhofs nicht. § 4 Abs. 1 Satz 1 KiStG erscheine seinem Inhalt nach als ausreichend bestimmt. Die Regelung könne in Verbindung mit § 3 KiStG dahin ausgelegt werden, daß der Ermächtigungsadressat in seinen Steuervorschriften darüber zu befinden habe, welche der in § 3 Abs. 1 KiStG bezeichneten Arten der Kirchensteuern er -- kumulativ oder einzeln -- erheben wolle. Die Ermächtigung zur Erhebung von Kirchgeld schließe die Befugnis zur Erhebung eines (besonderen) Kirchgeldes von Kirchensteuerpflichtigen in glaubensverschiedener Ehe ein. Die Vorschrift könne ferner dahin ausgelegt werden, daß der Ermächtigungsadressat Steuertarif und Steuersätze in seinen Steuervorschriften zu regeln habe, wobei er die Vorgaben des Gesetzes, insbesondere die Anordnung der Besteuerung nach dem Maßstab der Einkommen- und Lohnsteuer, beachten müsse. Das Rechtsstaatsprinzip verpflichte entgegen der Annahme des Vorlagebeschlusses den Landesgesetzgeber nicht, im Zusammenhang mit seiner Ermächtigung eine weitergehende Regelung der für die Steuererhebung erforderlichen Vorschriften selbst vorzunehmen. Die Annahme, die landesrechtlichen Vorschriften über die Kirchensteuer vom Einkommen würden durch das Kirchgeld betreffende Regelungen des Ermächtigungsadressaten "verdrängt", entspreche nicht der Rechtslage. Die Vorschriften des Kirchensteuergesetzes als solche würden durch eine Regelung des Kirchgeldes nicht berührt und auch bei der Veranlagung im Einzelfall nicht verdrängt. Das Kirchensteuergesetz regele weder selbst (abschließend) die Kirchensteuer vom Einkommen oder das Kirchgeld, noch verpflichte es den Ermächtigungsadressaten, Kirchensteuer vom Einkommen und/oder Kirchgeld zu erheben. Das Landesrecht stelle vielmehr die Entscheidung, ob und inwieweit Kirchensteuer vom Einkommen und/ oder Kirchgeld erhoben werden soll, in das Ermessen des Ermächtigungsadressaten (§ 3 Abs. 1 KiStG). Sei das aber der Fall, so verstoße der Ermächtigungsadressat auch nicht gegen landesrechtliche Bestimmungen des Kirchensteuergesetzes, wenn als Folge seiner Regelungen die Anrechnungsvorschrift des § 3 Abs. 6 KiStG zum Tragen komme.
 
B.
Die Vorlagen sind zulässig.
Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens I R 308/81 hängt nach der nicht offensichtlich unhaltbaren Auffassung des vorlegenden Gerichts von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm ab (BVerfGE 7, 171 [175]; 71, 81 [93]; 71, 255 [267]). Gleiches gilt für das Ausgangsverfahren I R 303/81. Die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche hat rückwirkend eine Kinderermäßigung vorgesehen. Die Bedenken des vorlegenden Gerichts gegen die Nichtberücksichtigung von Kindern bei der Kirchgelderhebung sind damit ersichtlich überholt. Das Revisionsgericht müßte nach seinen Darlegungen im Vorlagebeschluß nunmehr auch hier je nach Beantwortung der Vorlagefrage entweder die Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheids durch Zurückweisung der Revision bestätigen oder die Klage abweisen.
 
C.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Gerichts sind unbegründet. § 4 Abs. 1 KiStG ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit hierdurch die steuerberechtigten Körperschaften ermächtigt werden, durch Steuervorschriften Art und Höhe des Kirchgeldes im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchst. b des hamburgischen Kirchensteuergesetzes zu bestimmen.
1. Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 WRV verleiht den Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, das Recht der Steuererhebung "auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen". Dieses Recht schließt die Verpflichtung des Staates ein, die Voraussetzungen für die Steuererhebung durch den Erlaß von Landesgesetzen zu schaffen und dabei die Möglichkeit einer zwangsweisen Beitreibung vorzusehen. Die Kirchensteuererhebung gehört zu den gemeinsamen Angelegenheiten von Staat und Kirche, weil der Staat den Religionsgesellschaften zur Beitreibung den Verwaltungszwang zur Verfügung stellt. Für die Kirchensteuer ist die staatliche Normierung konstitutiv (BVerfGE 19, 206 [217 f.]).
Der Landesgesetzgeber kann sich bei der ihm danach obliegenden Regelung des Kirchensteuerrechts (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 und 8 WRV) auf die allgemeine Ermächtigung zur Erhebung von Kirchensteuern -- unter bestimmten Genehmigungsvorbehalten -- beschränken und die Einzelregelung des formellen und materiellen Kirchensteuerrechts den steuerberechtigten Religionsgesellschaften innerhalb der Schranke des für alle geltenden Gesetzes überlassen. Er kann die Kirchensteuererhebung aber auch näher gesetzlich vorformen und regeln. Die Kirchensteuer kann sich hinsichtlich des Steuersatzes an die Staatssteuern in Form von Zuschlägen anschließen oder auf einem anderen System, wie z. B. der Festsetzung nach Einheitssätzen oder Einschätzung, beruhen. All dies ist vom Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, entschieden im Blick auf die durch das Grundgesetz geschaffene Rechtslage, entschieden in bezug auf die Stellung von Staat und Kirche, wie sie von der Verfassung anerkannt wird und auch für den Landesgesetzgeber maßgebend ist (vgl. BVerfGE 19, 206 [218 ff.]; 253 [258 ff.]). Die verfassungsgerichtlichen Entscheidungen beziehen sich nicht nur, wie das vorlegende Gericht meint, auf die damals anstehenden Rechtsfragen der Ausgangsverfahren; ihre Begründung legt vielmehr allgemein die Anforderungen fest, die das Grundgesetz und die in dieses inkorporierten Kirchenbestimmungen der Weimarer Verfassung an den Landesgesetzgeber stellen; sie umreißt dessen verfassungsrechtliche Position im Blick auf die staatliche Befugnis zur Regelung der Kirchensteuer und macht gleichzeitig den Zusammenhang mit der Garantie der Eigenständigkeit der Kirchen deutlich.
Aus dieser Sicht stehen der Wahl einer bloßen allgemeinen Ermächtigung im gekennzeichneten Sinne weder Art. 80 Abs. 1 GG noch der im Steuerrecht geltende Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung entgegen (BVerfGE 19, 253 [266 f.]). Die in Art. 80 Abs. 1 GG ausgeprägten, aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem des Grundgesetzes folgenden Grundsätze sind zwar auch für die Landesgesetzgebung verbindlich (BVerfGE 55, 207 [226]; 58, 257 [277]); sie gelten jedoch nur für die Übertragung rechtsetzender Gewalt auf die Exekutive durch Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen und lassen sich auf die Religionsgesellschaften, denen gemäß Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV das Recht zusteht, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten, ebensowenig anwenden (BVerfGE 19, 253 [266 f.]) wie auf die Verleihung autonomer Satzungsgewalt an rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts (BVerfGE 12, 319 [325]; 49, 343 [362]; st. Rspr.). Dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, der als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips im Bereich des Abgabewesens fordert, daß steuerbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, daß der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast vorausberechnen kann (BVerfGE 19, 253 [267]; 34, 348 [365]; 49, 343 [362]), wird durch entsprechend detaillierte kirchliche Regelungen Genüge getan (BVerfGE 19, 253 [267]).
2. Die vom Hamburger Landesgesetzgeber den Kirchen erteilte Ermächtigung, Art und Höhe des Kirchgeldes zu bestimmen, ist nur Teil der Gesamtregelung des Landeskirchensteuergesetzes, dessen steuerrechtliche Vorschriften insgesamt für die Kirchen verbindlich sind. Sie steht im Zusammenhang mit dem ausdrücklich auf sie bezogenen staatlichen Genehmigungsvorbehalt und bedarf nach dem Dargelegten aus rechtsstaatlicher Sicht keiner näheren Konkretisierung.
Auch wenn der Landesgesetzgeber -- wie hier -- den Kirchen verschiedene Kirchensteuerarten zur Auswahl stellt, von denen sie einzeln oder in einer bestimmten Kombination Gebrauch machen können, aber nicht müssen, ist er nicht verpflichtet, bestimmte Regelungen vorzuschreiben. Es folgt aus der Natur der Sache, die Kirchen bei der landesrechtlichen Gestaltung der kirchlichen Besteuerung, die wesentliche finanzielle und wirtschaftliche Grundlage der kirchlichen Tätigkeit und Auftragserfüllung ist, zu beteiligen. Darüber hinaus erscheint es auch durchaus als sachgerecht, wenn der Landesgesetzgeber, nicht zuletzt im Blick auf das in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV garantierte kirchliche Selbstverwaltungsrecht, den kirchlichen öffentlich-rechtlichen Körperschaften eigenständige Regelungsbefugnisse einräumt. Solcher Zurückhaltung kann der staatliche Gesetzgeber in verschiedenster Weise Ausdruck geben. Er kann insgesamt die Einzelregelung des Kirchensteuerrechts den Kirchen überlassen und sich auf bestimmte Genehmigungsvorbehalte beschränken. Er kann aber auch, wie hier, von den zur Wahl gestellten Kirchensteuerarten die eine durch staatliches Recht eingehend regeln und die nähere Ausgestaltung der anderen den Kirchen überlassen. Der Staat verzichtet in diesem Fall in zulässiger -- wenngleich verfassungsrechtlich nicht gebotener -- Weise auf eine volle Ausschöpfung seiner Gesetzgebungskompetenz und eröffnet den Kirchen dadurch die Möglichkeit, in eigener, ihrer vom Grundgesetz anerkannten Rechtsstellung entsprechender Verantwortung die Regelungen zu treffen, die einerseits als geeignet erscheinen, den kirchlichen Interessen am ehesten gerecht zu werden, die andererseits aber auch die Schranken des für alle geltenden Gesetzes wahren müssen. Eine Verpflichtung des Landesgesetzgebers, sich entweder auf eine allgemeine Ermächtigung zur Kirchensteuererhebung unter bestimmten Genehmigungsvorbehalten zu beschränken oder alle Einzelheiten der Besteuerung selbst zu regeln, läßt sich aus dem Grundgesetz nicht ableiten. Die Wahl von Zwischenformen berührt weder die verfassungsrechtliche Stellung der kirchlichen Körperschaften noch rechtsstaatliche Grundsätze in stärkerem Maße als die -- verfassungsrechtlich unbedenklichen -- Extremlösungen. Für die vom Landesgesetzgeber gewählte eingehendere Regelung der Kirchensteuer vom Einkommen spricht die besonders enge Verzahnung dieser Steuerart mit dem staatlichen Einkommensteuerrecht. Das daneben gesetzlich zugelassene Kirchgeld soll den Kirchen demgegenüber eine Besteuerung nach eigenen Kriterien, die nicht oder nicht so stark an das staatliche Steuersystem anknüpfen, ermöglichen. Dies legt es nahe, bei dieser Steuerart insgesamt auf eine nähere staatliche Normierung zu verzichten. Die staatliche Einflußmöglichkeit bleibt durch den entsprechenden Genehmigungsvorbehalt bestehen. Auf diesem Wege können eventuell erforderlich erscheinende staatliche Korrekturvorschläge zur Geltung gebracht werden.
Auch die in § 3 Abs. 6 KiStG vorgesehene Anrechnung der Kirchensteuer vom Einkommen auf das Kirchgeld führt zu keiner anderen Beurteilung. Diese Regelung enthält lediglich eine Beschränkung der durch § 4 Abs. 1 Satz 1 KiStG den Steuerberechtigten eingeräumten Gestaltungsbefugnisse. Die Kirchensteuer vom Einkommen und das Kirchgeld können danach nicht unabhängig voneinander erhoben werden. Diese nähere Konkretisierung des kirchlichen Besteuerungsrechts soll eine Doppelbelastung der Steuerpflichtigen verhindern. Sie eröffnet den Religionsgemeinschaften nicht die Möglichkeit, staatliches Kirchensteuerrecht zu "verdrängen". Dieses bleibt vielmehr in vollem Umfang anwendbar. Es wird lediglich das Kirchgeld um eine etwa anfallende, auf der Grundlage der auch insoweit nicht abschließenden staatlichen Regelung berechnete Kirchensteuer vom Einkommen gekürzt. Erhöhte rechtsstaatliche Anforderungen an die staatliche Regelung der Kirchgelderhebung ergeben sich aus der Anrechnungsvorschrift nicht.
Der verfassungsrechtlichen Forderung, bei Beschränkung des Landesgesetzgebers auf die allgemeine Ermächtigung zur Erhebung von Kirchensteuern bestimmte Genehmigungsvorbehalte zu normieren (BVerfGE 19, 253 [258]), wird § 4 Abs. 1 Satz 2 KiStG gerecht, indem er die staatliche Genehmigung der kirchlichen Steuervorschriften vorbehält, soweit diese Art und Höhe der Kirchensteuern regeln.
Zeidler Niebler Steinberger Träger Mahrenholz Böckenförde Klein Graßhof.