BVerfGE 78, 88 - Prozeßkostenhilfe Asylverfahren |
Eröffnet das Verwaltungsprozeßrecht dem Asylbewerber im Prozeßkostenhilfeverfahren das Rechtsmittel der Beschwerde ohne gesetzliche Einschränkung, so ist es mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar, wenn das Beschwerdegericht die Erfolgsaussichten der Klage ungeprüft läßt. |
Beschluß |
des Zweiten Senats vom 17. März 1988 |
– 2 BvR 233/84 – |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn J... – Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Michael Chucholowski und Günther Wegmann, Elisabethstraße 6, Dortmund l – gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Januar 1984 – 19 B 21581/83 –. |
Entscheidungsformel: |
Der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Januar 1984 – 19 B 21581/83 – verletzt Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. |
Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten. |
Gründe: |
A. |
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wenn das Oberverwaltungsgericht bei Prozeßkostenhilfeanträgen in Rechtsstreitigkeiten nach dem Gesetz über das Asylverfahren (Asylverfahrensgesetz – AsylVfG –) vom 16. Juli 1982 (BGBl. I S. 946) als Beschwerdegericht die Erfolgsaussichten einer Klage wegen der in § 32 AsylVfG angeordneten Beschränkungen der Berufung gegen die Endurteile der Verwaltungsgerichte nicht überprüft.
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I. |
Die Verwaltungsgerichtsordnung regelt die Voraussetzungen, unter denen Prozeßkostenhilfe in Anspruch genommen werden kann, nicht selbst, sondern ordnet in § 166 die entsprechende Geltung der einschlägigen zivilprozessualen Vorschriften an. Dies sind die §§ 114 bis 127 ZPO. Nach § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Gemäß § 127 Abs. 2 ZPO in der hier noch anzuwendenden Fassung des Gesetzes über die Prozeßkostenhilfe vom 13. Juni 1980 (BGBl. I S. 677) ist eine Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unanfechtbar; ansonsten ist die Beschwerde statthaft, es sei denn, daß das Berufungsgericht die Entscheidung getroffen hat.
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Generell ist die Statthaftigkeit der Beschwerde im Verwaltungsprozeß in § 146 Abs. 1 VwGO geregelt. Diese Vorschrift lautet:
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Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, die nicht Urteile oder Vorbescheide sind, und gegen Entscheidungen des Vorsitzenden dieses Gerichts steht den Beteiligten und sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
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Die Rechtsmittel gegen Endurteile der Verwaltungsgerichte in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz werden in § 32 AsylVfG geregelt. Die Vorschrift lautet:
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Zulassungsberufung
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(1) Gegen das Endurteil des Verwaltungsgerichts in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz steht den Beteiligten die Berufung nur zu, wenn sie in dem Urteil des Verwaltungsgerichts oder durch Beschluß des Oberverwaltungsgerichts zugelassen wird. (2) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, oder 2. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf dieser Abweichung beruht, oder 3. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. (3) Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. (4) Die Nichtzulassung der Berufung kann selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Sie muß das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, müssen innerhalb der Beschwerdefrist dargelegt werden. Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. (5) Das Verwaltungsgericht kann der Beschwerde nicht abhelfen. Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Beschluß, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Oberverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig. Läßt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht. (6) Hat die Kammer des Verwaltungsgerichts die Klage als offensichtlich unzulässig oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen, ist die Berufung ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn im Falle des § 30 nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung des Bundesamtes als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren gegen die Entscheidung der Ausländerbehörde hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist. (7) In dem Verfahren des Oberverwaltungsgerichts findet § 130 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung. (8) Ist die Berufung ausgeschlossen oder nicht zugelassen, findet auch die Revision nicht statt. |
II. |
1. Der Beschwerdeführer ist polnischer Staatsangehöriger. Er erhob am 24. März 1983 vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Klage mit dem Ziel, als Asylberechtigter anerkannt zu werden; gleichzeitig beantragte er, ihm für die erste Instanz Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit der Begründung ab, die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
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2. Die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (19. Senat) zurück; in der Begründung des Beschlusses heißt es, dem Senat sei es verwehrt, die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu den Erfolgsaussichten der Klage rechtlich zu überprüfen. Zur näheren Begründung bezog sich der Senat auf seinen Beschluß vom 6. April 1983 –19 B 20 074/82 –. Dort wird ausgeführt: In Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz sei im Rahmen von Prozeßkostenhilfeverfahren die Beschwerde zwar zulässig, dem Beschwerdegericht aber die sachliche Nachprüfung verwehrt, ob die Vorinstanz zu Recht die Erfolgsaussichten der Klage verneint habe; dies gelte ungeachtet des Umstandes, daß die Beschwerdemöglichkeit mit dieser Beschränkung praktisch leerlaufe. Aus dem Wortlaut und Regelungsgehalt der Vorschriften über die Beschwerde, den §§ 146 Abs. 1, 150 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, folge dies freilich noch nicht. Die genannten Vorschriften enthielten jedoch "keine eindeutige und abschließende Regelung betreffend die volle materielle Nachprüfungspflicht des Beschwerdegerichts in allen Rechtsgebieten"; daher sei für bestimmte Rechtsbereiche "eine Lückenfeststellung und -schließung möglich". Eine solche – im vorliegenden Falle "im Wege richterlicher Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion" zu schließende – Lücke bestehe in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz für Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe; dies ergebe "der Normzweck und der Gesamtzusammenhang des § 32 AsylVfG". Die genannte Vorschrift fordere über ihren Wortlaut hinaus, daß das Beschwerdegericht sich jeder Prüfung der Erfolgsaussichten des Klagebegehrens enthalte. Es könne offenbleiben, ob sich dies bereits mit der Erwägung rechtfertigen lasse, daß sonst der mit der Einführung der Zulassungsberufung gemäß § 32 Abs. 2 AsylVfG erstrebte Entlastungseffekt für die Oberverwaltungsgerichte weitgehend entfalle. Zum einen spreche nämlich manches dafür, daß ein Verwaltungsgericht, das die beantragte Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung verweigert habe, die Klage sodann auch als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abweisen werde. In diesem Falle sei gemäß § 32 Abs. 6 AsylVfG die Berufung ausgeschlossen; dann aber sei es widersprüchlich, wenn das Oberverwaltungsgericht in solchen Fällen gleichwohl im Prozeßkostenhilfeverfahren die Erfolgsaussichten des Klagebegehrens prüfen müsse. Zum anderen ergebe sich unabhängig vom Grade der Wahrscheinlichkeit, mit der eine Klage als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen werden könne, ein solches Prüfungshindernis aus dem Beschleunigungszweck des Asylverfahrensgesetzes. Die Regelung stelle eine Besonderheit im Verhältnis zu anderen die Entlastung der Gerichte anstrebenden Rechtsmittelbeschränkungen dar. Dem würde es zuwiderlaufen, wenn sich über das Prozeßkostenhilfeverfahren eine Verzögerung des zügigen Abschlusses des gerichtlichen Verfahrens erreichen ließe. Dies sei aber der Fall, wenn das Oberverwaltungsgericht eine materielle Prüfung des Asylbegehrens im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung der Prozeßkostenhilfe vornehmen müßte, denn eine solche Prüfung erfordere eingehende und zeitaufwendige Informationen über die politischen Verhältnisse im Heimatland des Asylbewerbers. Sobald offenbar werde, daß sich auf diesem Wege die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Asylklage erheblich hinauszögern und zugleich eine nach dem System des § 32 AsylVfG nur für Ausnahmefälle vorgesehene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Erfolg des Asylbegehrens erreichen lasse, müsse mit einer so erheblichen Ausnutzung dieser Möglichkeit gerechnet werden, daß der Beschleunigungszweck des § 32 AsylVfG unterlaufen und damit hinfällig werde. Die nach alledem gerechtfertigte Beschränkung der Prüfungsbefugnis des Beschwerdegerichts auf die für die Gewährung von Prozeßkostenhilfe verbleibenden Voraussetzungen der Bedürftigkeit und der Mutwilligkeit (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO) verstoße nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Diese Beschränkung habe zwar zur Folge, daß die arme Partei wegen eines die beantragte Prozeßkostenhilfe versagenden erstinstanzlichen Beschlusses möglicherweise das Klageverfahren nicht durchführen könne. Dies sei aber kein Sonderfall. So werde etwa in § 34 Abs. 3 Satz 2 des Wehrpflichtgesetzes (WpflG) und in § 339 Abs. 3 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) in Anknüpfung an den Berufungsausschluß auch die Beschwerde an das Berufungsgericht ausgeschlossen. Im Zivilprozeßrecht herrsche die Meinung vor, daß in Prozeßkostenhilfesachen kein Rechtsmittel zu einer Instanz eröffnet werde, an welche die Hauptsache nicht gelangen könne. Gegen eine solche Handhabung des § 127 Abs. 2 ZPO seien bislang verfassungsrechtliche Bedenken nicht erhoben worden. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleiste eben nur den Rechtsweg im Rahmen der geltenden Prozeßordnungen.
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III. |
Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG. Es sei mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr zu rechtfertigen, die auch im Asylverfahren zulässige Beschwerde gegen einen die Prozeßkostenhilfe versagenden Beschluß mit der Begründung zurückzuweisen, daß dem Beschwerdegericht die Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage verwehrt sei. Eine solche Begrenzung erscheine allenfalls gerechtfertigt, wenn der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht an das Berufungsgericht gelangen könne. Es spreche aber nichts für die Annahme, daß das Verwaltungsgericht die Klage als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 32 Abs. 6 AsylVfG abweisen werde, wenn es zuvor einen Antrag auf Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten der Klage abgewiesen habe. Soweit der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts auf den Beschleunigungszweck des Asylverfahrensgesetzes abstelle, habe der Gesetzgeber nur die mit einer Verfahrensverzögerung verbundenen Mißbrauchsmöglichkeiten ausschließen wollen. Ein solches Anliegen dürfe aber nicht dazu führen, daß der Zugang zu den Gerichten in unsachgemäßer und unzumutbarer Weise erschwert werde. Mit Art. 19 Abs. 4 GG sei es nicht vereinbar, Rechtsschutz nur noch nach Maßgabe wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu gewähren; eben dies sei aber die Konsequenz der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Rechtsauffassung. Damit beruhe der angegriffene Beschluß auf einer mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbaren Differenzierung und damit zugleich auf einer gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden sachwidrigen Erwägung.
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IV. |
Zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen hat der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts eine Äußerung des 9. Revisionssènats übermittelt. Ferner haben die Präsidenten sämtlicher Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe Stellungnahmen der mit Asylverfahren befaßten Senate übersandt.
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Der 9. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts weist darauf hin, daß der Gesetzgeber bei den Beratungen über die Vewaltungsgerichtsordnung bewußt davon abgesehen habe, die Beschwerde generell in solchen Streitigkeiten auszuschließen, in denen die Berufung nicht gegeben oder von einer besonderen Zulassung abhängig sei. Dies lasse nur den Schluß zu, daß es – solange eine gegenteilige gesetzliche Regelung nicht getroffen werde – bei der durch § 146 Abs. 1 VwGO eröffneten Beschwerdemöglichkeit und der damit verbundenen sachlichen Nachprüfung der angegriffenen Entscheidung durch das Beschwerdegericht verbleiben solle. Dies müsse auch für § 32 AsylVfG gelten.
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Aus den weiteren Äußerungen ergibt sich, daß mit Ausnahme des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen sowie des 11. und 21. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs alle Gerichte die Auffassung vertreten, dem Beschwerdegericht sei in Prozeßkostenhilfeverfahren eine Überprüfung der Erfolgsaussichten der Klage nicht generell verwehrt. Vorwiegend wird auf den Gesichtspunkt abgestellt, daß das Asylverfahrensgesetz keine Vorschrift enthalte, die die nach § 146 Abs. 1 VwGO bestehende Beschwerdemöglichkeit zum Oberverwaltungsgericht ausdrücklich ausschließe; unter diesen Umständen sei für eine teleologische Reduktion mit dem Ziel, den Umfang der dem Beschwerdegericht eröffneten Nachprüfung einzuschränken, kein Raum.
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B. |
Gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde bestehen keine Bedenken. Sie ist insbesondere nicht wegen Fortfalls des Rechtsschutzinteresses unzulässig geworden. Das Verwaltungsgericht hat zwar inzwischen über die Hauptsache durch Endurteil gemäß § 32 Abs. 6 AsylVfG rechtskräftig entschieden. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird jedoch die Auffassung vertreten, daß eine auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkende Bewilligung auch noch nach rechtskräftiger Abweisung der Klage möglich sei (vgl. OVG Hamburg, FamRZ 1987, S. 178 [178/179]; BayVGH, BayVBl. 1988, S. 93; OVG Rh-Pf, OVGE 37, 183 [184/ 185] m.w.N.; VGH BW, Justiz 1987, S.357; a.A. OVG RP, NJW 1982, S. 2834 [2835]) und daß in diesem Falle für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage gemäß § 114 Satz 1 ZPO der Zeitpunkt maßgeblich sei, in dem spätestens hätte entschieden werden müssen. Auf diese Weise sollen Rechtsnachteile für den Antragsteller vermieden werden, die sich aus einer ungerechtfertigten Verzögerung der Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch ergeben könnten. Von dieser Auslegung des Prozeßrechts durch die Fachgerichte hat das Bundesverfassungsgericht zugunsten des Beschwerdeführers auszugehen; sie erfaßt auch den Fall, daß sich ein die Prozeßkostenhilfe versagender verwaltungsgerichtlicher Beschluß als verfassungswidrig erweist.
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C. |
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die den angegriffenen Beschluß des Oberverwaltungsgerichts tragende und als Ergebnis richterlicher Rechtsfortbildung gekennzeichnete Auffassung, bei Asylklagen könne wegen der durch § 32 AsylVfG vorgeschriebenen Berufungsbeschränkung das Beschwerdegericht die Erfolgsaussichten der Klage in Prozeßkostenhilfeverfahren nicht nachprüfen, verstößt gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Sie führt zur Verkürzung eines nach der Prozeßordnung gegebenen Rechtsmittels, das nach dem Willen des Gesetzgebers dem unbemittelten Asylbewerber den Zugang zu den Verwaltungsgerichten und damit einen wirksamen Rechtsschutz sichern soll, in einer Weise, die dieses Rechtsmittel ineffektiv macht.
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1. Gemäß §§ 146 Abs. 1, 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die Beschwerde gegen einen Prozeßkostenhilfe versagenden Beschluß des Verwaltungsgerichts in Asylverfahren zulässig, weil – wie auch das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt hat – insoweit die in § 32 AsylVfG enthaltenen Regelungen über die Beschränkung der Berufung gegen die Endurteile des Verwaltungsgerichts nicht entsprechend anwendbar sind.
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a) Nach § 146 Abs. 1 VwGO ist gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, die nicht Urteile oder Vorbescheide sind, die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht gegeben, "soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist". An einer solchen anderen gesetzlichen Bestimmung fehlt es hier. Aus § 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ergibt sich, daß die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts, die einen Prozeßkostenhilfeantrag ablehnen, statthaft ist; diese Vorschriften weichen also gerade nicht von der in § 146 Abs. 1 VwGO aufgestellten Regel ab. § 32 AsylVfG enthält ebenfalls keine die Statthaftigkeit oder die Zulässigkeit der Beschwerde in Prozeßkostenhilfeverfahren einschränkende Bestimmungen. Die dort getroffenen Regelungen über die Zulässigkeit der Berufung und ihren Ausschluß beziehen sich nach Wortlaut, Systematik und Sinn nur auf dieses Rechtsmittel und sind schon deshalb keine ausreichende Rechtsgrundlage, um die Beschwerdemöglichkeit in Prozeßkostenhilfesachen in Abweichung von dem in § 146 Abs. 1 VwGO enthaltenen Grundsatz einzuschränken. Hiervon geht auch das Oberverwaltungsgericht aus.
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b) Eine solche Einschränkung läßt sich auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, daß der Instanzenzug für Nebenstreitigkeiten nicht weiter reichen dürfe als der für die Hauptsache. Es ist schon zweifelhaft, ob ein solcher Grundsatz hier nicht bereits deshalb außer Betracht zu bleiben hat, weil in Asylklagen die Berufung zum Oberverwaltungsgericht gemäß § 32 AsylVfG jedenfalls nicht allgemein ausgeschlossen ist. Der in Rede stehende Grundsatz ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren schon darum unanwendbar, weil – worauf der 9. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Stellungnahme zutreffend hingewiesen hat – seine Aufnahme in das Gesetz im Rahmen der parlamentarischen Beratungen über den Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung zwar erwogen, aber ausdrücklich abgelehnt worden ist. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung vorgeschlagen, den § 142 Abs. 3 (jetzt § 146 Abs. 3) um eine Bestimmung des Inhalts zu ergänzen, daß "vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung oder der Revision die Beschwerde nicht gegeben (ist) in Streitigkeiten..., in denen die Berufung ausgeschlossen oder von einer besonderen Zulassung abhängig ist"; zur Begründung wurde auf die damit verbundene "Vereinfachung des Verfahrens" hingewiesen (vgl. BTDrucks. III/55, S. 59 Nr.76a). Der Bundestag ist diesem Vorschlag jedoch nicht gefolgt, weil er ihn nicht "gutheißen" konnte (vgl. BTDrucks. III/1094, S. 13). Der Gesetzgeber hat es damit der einzelgesetzlichen Regelung vorbehalten, ob wegen eines Rechtsmittelausschlusses in der Hauptsache der Zugang zum Beschwerdegericht über die in § 146 Abs. 3 VwGO getroffene Regelung hinaus eingeschränkt werden solle oder nicht.
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Aus diesem Grunde wurde gemäß § 192 VwGO dem § 34 WpflG ein Absatz 3 des Inhalts angefügt, daß in Wehrpflichtsachen, in denen gemäß Absatz 2 der Vorschrift allein die Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zulässig ist, die Beschwerde gegen andere Entscheidungen der Verwaltungsgerichte als die Nichtzulassung der Revision ausgeschlossen sein sollte. In diesem Sinne ist der Gesetzgeber auch weiterhin verfahren. Er hat in der Folgezeit in verschiedenen Gesetzen die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht im Zusammenhang mit dem Ausschluß der Berufung ausdrücklich ausgeschlossen und damit eine von § 146 Abs. 1 VwGO abweichende Regelung getroffen; hingewiesen sei in diesem Zusammenhang etwa auf § 75 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer und auf § 23 Abs. 2 des Seeunfalluntersuchungsgesetzes.
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Dementsprechend ist auch die Frage, ob in das Asylverfahrensgesetz eine den Zugang zum Beschwerdegericht einschränkende Regelung aufgenommen werden solle, im Gesetzgebungsverfahren erwogen worden, ohne daß es zu einer entsprechenden Beschlußfassung gekommen wäre. Der im Bundesrat vom Lande Baden-Württemberg eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Beschleunigung des Asylverfahrens (BRDrucks. 432/80) sah in Art. 1 Nr. 3 die Einfügung eines § 7 a in das zu ändernde Gesetz vor; nach Absatz 3 dieser Vorschrift sollte nur gegen die Nichtzulassung der Revision, nicht aber gegen andere Entscheidungen des Verwaltungsgerichts die Beschwerde gegeben sein. Eine solche Vorschrift wurde jedoch weder in den Gesetzentwurf des Bundesrates (BTDrucks. 9/221) aufgenommen noch im Rahmen der weiteren Gesetzesberatungen erwogen (vgl. BTDrucks. 9/1630). Der Gesetzgeber hat damit im Asylverfahrensrecht von einer Einschränkung der nach § 146 VwGO gegebenen Beschwerdemöglichkeit Abstand genommen.
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2. Den danach vom Gesetzgeber in Prozeßkostenhilfeverfahren aus Anlaß von Asylklagen eröffneten Zugang zum Beschwerdegericht hat das Oberverwaltungsgericht in der Weise eingeschränkt, daß eine sachliche Nachprüfung der Frage unterbleibt, ob die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO hat. Es hat damit, wie es selbst nicht verkennt, das Rechtsmittel in einer Weise ineffektiv gemacht, daß es für Asylkläger "leerläuft". Eine solche Auslegung des Prozeßrechts ist mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar.
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Dieses Grundrecht gewährleistet jedem, der behauptet, durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein, den Rechtsweg zu den Gerichten. Die nähere Ausgestaltung dieses Rechtsweges bleibt dabei der jeweiligen Prozeßordnung überlassen. Diese darf zwar die Beschreitung des Rechtsweges nicht in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (BVerfGE 54, 94 [96 f.]; st. Rspr.), braucht aber einen Instanzenzug nicht vorzusehen (BVerfGE 65, 76 [90]). Sieht sie aber einen solchen vor, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen dem Bürger wie dem Ausländer (BVerfGE 67,43 [58]) die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle in allen bestehenden Instanzen (vgl. BVerfGE 40, 272 [274 f.]; 54, 94 [96 f.], jeweils m.w.N.).
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Zur Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG gehört auch, daß dem Unbemittelten, der sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt fühlt, die Anrufung der Gerichte nicht unbillig erschwert wird (BVerfGE 10, 264 [268]). Aus diesem Grunde wird in verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO Prozeßkostenhilfe gewährt, sofern die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; dies gilt auch für den unbemittelten Asylbewerber. Die Prozeßordnung stellt ihm dabei wie jeder anderen Person, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren um Prozeßkostenhilfe nachsucht, zwei Instanzen zur Durchsetzung seines Anspruches zur Verfügung, denn gegen den Prozeßkostenhilfe versagenden Beschluß des Verwaltungsgerichts ist nach dem zu C. 1. Ausgeführten gemäß §§ 146 Abs. 1, 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht eröffnet. Dann aber darf sich das Rechtsmittelgericht nicht weigern, im Beschwerderechtszug die Erfolgsaussichten der Klage zu überprüfen. Von dieser Voraussetzung hängt es gerade bei den in aller Regel mittellosen Asylklägern ab, ob ihnen die beantragte Prozeßkostenhilfe bewilligt wird oder nicht; dies verkennt auch der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Beschluß nicht. Die in dem angegriffenen Beschluß vertretene Rechtsauffassung hat indes zur Konsequenz, daß das von der Prozeßordnung zur Verfügung gestellte Rechtsmittel um seine eigentliche Wirkung gebracht wird. Das ist mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar. Es ist nicht Sache der Gerichte, sondern des Gesetzgebers, darüber zu befinden, ob im Interesse einer zügigen Durchführung der Asylverfahren gegen Prozeßkostenhilfe versagende Beschlüsse des Gerichts eine Rechtsmittelinstanz eröffnet sein soll oder nicht. Solange die Prozeßordnung eine Beschwerdemöglichkeit vorsieht, darf diese Entscheidung des Gesetzgebers vom Beschwerdegericht nicht dadurch unterlaufen werden, daß es den Umfang seiner Prüfung beschränkt und damit eine bestehende Rechtsschutzmöglichkeit um ihren wesentlichen Sinn bringt.
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Da nach alledem die angegriffene Entscheidung gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstößt und deshalb aufgehoben werden muß, kann offenbleiben, ob die dem Beschluß des Oberverwaltungsgerichts zugrundeliegende Rechtsauffassung auch – wie die Verfassungsbeschwerde meint – mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist.
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D. |
Die Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus § 34 a Abs. 2 BVerfGG.
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(gez.) Mahrenholz Träger Böckenförde Klein Graßhof Kruis Franßen Kirchhof |