BVerfGE 79, 1 - Urheberrechtsgesetz |
1. Zum Grundsatz der Subsidiarität von gesetzesunmittelbaren Verfassungsbeschwerden (hier gegen Vorschriften des Urheberrechts). 2. Bei der Bemessung der Vergütungssätze in den Nummern I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Abs. 4 des Urheberrechtsgesetzes hat der Gesetzgeber die widerstreitenden Interessen von Urhebern, Geräteproduzenten, Leerkassettenherstellern und Werknutzern in einen angemessenen Ausgleich gebracht. |
Beschluß |
des Ersten Senats vom 11. Oktober 1988 |
-- 1 BvR 777, 882, 1239/85 -- |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. des Herrn Dr. K... gegen § 3 Satz 2, § 54 Abs. 2 Satz 2 und Nrn. I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz (UrhG), § 13 a Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz - UrhWG -), alle in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 und 7 und des Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24. Juni 1985 (BGBl. I S. 1137) - 1 BvR 777/85 - , 2. der Firma X... Film GmbH- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Siegfried G. Lang, Dieter W. Barg und Wolfgang Procher, Tal 28-29, München 2 - gegen die Nrn. I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24. Juni 1985 (BGBl. I S. 1137) - 1 BvR 882/85 - ; 3. GEMA, Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, vertreten durch ihren Vorstand Prof. Dr. h. c. Erich Schulze, Bayreuther Straße 37/38, Berlin 30, - Bevollmächtigter: Prof. Dr. Peter Lerche, Junkersstraße 13, Gauting - gegen § 13 Abs. 3 Satz 1 und 2 und § 13 a Abs. 2 Satz 2 UrhWG in der Fassung des Art. 2 Nr. 2 und 4 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24. Juni 1985 (BGBl. I S. 1137) - 1 BvR 1239/85 - . |
Entscheidungsformel: |
Nummern I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Absatz 4 des Urheberrechtsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24. Juni 1985 (Bundesgesetzbl. I Seite 1137) sind mit dem Grundgesetz vereinbar. |
Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1) wird zurückgewiesen; die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) werden verworfen. |
Gründe: |
A. |
Die Verfassungsbeschwerden richten sich unmittelbar gegen Neuregelungen des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) und des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes (UrhWG).
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I. |
1. Das Urheberrechtsgesetz gibt dem Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten. Es umfaßt insbesondere die Befugnis, ohne Rücksicht auf Verfahren und Zahl Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen (§ 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1 UrhG). Dieses Recht war jedoch im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9. September 1965 (BGBl.I S. 1273) nur eingeschränkt gewährt worden. Zulässig war es, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum persönlichen (§ 53 UrhG a. F.) oder sonstigen Gebrauch herzustellen (§ 54 UrhG a.F.). In diesen Ausnahmefällen sah das Gesetz die Zahlung einer Abgabe durch die Hersteller solcher Geräte vor, die zur Vornahme von Vervielfältigungen auf Bild- oder Tonträger oder durch Übertragung von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen geeignet sind (sogenannte Geräteabgabe, § 53 Abs. 5 UrhG a. F. - vgl. zur Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung BVerfGE 31, 255). Diente die befugte Vervielfältigung zum sonstigen eigenen Gebrauch gewerblichen Zwecken, war dem Urheber hierfür eine angemessene Vergütung zu zahlen (§ 54 Abs. 2 UrhG a. F.).
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Schon Mitte der siebziger Jahre wurde deutlich, daß diese Bestimmungen den Nutzungsmöglichkeiten durch Fotokopieren und Mitschneiden von Bild- und Tonwerken kaum noch gerecht wurden. Durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24. Juni 1985 (BGBl. I S. 1137) wurden die genannten Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes geändert. Diese lauten nunmehr, soweit für die Entscheidung von Bedeutung, wie folgt:
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Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch (1) Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum privaten Gebrauch herzustellen. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen; doch gilt dies für die Übertragung von Werken auf Bild- oder Tonträger und die Vervielfältigung von Werken der bildenden Künste nur, wenn es unentgeltlich geschieht. (2) Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes herzustellen oder herstellen zu lassen, 1. zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist, 2. zur Aufnahme in ein eigenes Archiv, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und als Vorlage für die Vervielfältigung ein eigenes Werkstück benutzt wird, 3. zur eigenen Unterrichtung über Tagesfragen, wenn es sich um ein durch Funk gesendetes Werk handelt, 4. zum sonstigen eigenen Gebrauch, a) wenn es sich um kleine Teile eines erschienenen Werkes oder um einzelne Beiträge handelt, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen sind, b) wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt. (3) Zulässig ist, Vervielfältigungsstücke von kleinen Teilen eines Druckwerkes oder von einzelnen Beiträgen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen sind, zum eigenen Gebrauch 1. im Schulunterricht, in nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in Einrichtungen der Berufsbildung in der für eine Schulklasse erforderlichen Anzahl oder 2. für staatliche Prüfungen und Prüfungen in Schulen, Hochschulen, in nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in der Berufsbildung in der erforderlichen Anzahl herstellen oder herstellen zu lassen, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist. (4) Die Vervielfältigung a) graphischer Aufzeichnungen von Werken der Musik, b) ..., ist, soweit sie nicht durch Abschreiben vorgenommen wird, stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig oder unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 2 oder zum eigenen Gebrauch, wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt. ... (5) und(6)... |
(1) Ist nach der Art eines Werkes zu erwarten, daß es durch Aufnahme von Funksendungen auf Bild- oder Tonträger oder durch Übertragung von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen nach § 53 Abs. 1 oder 2 vervielfätigt wird, so hat der Urheber des Werkes gegen den Hersteller 1. von Geräten und 2. von Bild- oder Tonträgern, die erkennbar zur Vornahme solcher Vervielfältigungen bestimmt sind, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die durch die Veräußerung der Geräte sowie der Bild- oder Tonträger geschaffene Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen; neben dem Hersteller haftet als Gesamtschuldner, wer die Geräte oder die Bild- oder Tonträger in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gewerblich einführt oder wiedereinführt. (2) Ist nach der Art eines Werkes zu erwarten, daß es nach § 53 Abs. 1 bis 3 durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung vervielfältigt wird, so hat der Urheber des Werkes gegen den Hersteller von Geräten, die zur Vornahme solcher Vervielfältigungen bestimmt sind, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die durch die Veräußerung oder ein sonstiges Inverkehrbringen der Geräte geschaffene Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen; neben dem Hersteller haftet als Gesamtschuldner, wer die Geräte in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gewerblich einführt oder wiedereinführt. Werden Geräte dieser Art in Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung (Bildungseinrichtungen), Forschungseinrichtungen, öffentlichen Bibliotheken oder in Einrichtungen betrieben, die Geräte für die Herstellung von Ablichtungen entgeltlich bereithalten, so hat der Urheber auch gegen den Betreiber des Gerätes einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung. Die Höhe der von dem Betreiber insgesamt geschuldeten Vergütung bemißt sich nach der Art und dem Umfang der Nutzung des Gerätes, die nach den Umständen, insbesondere nach dem Standort und der üblichen Verwendung, wahrscheinlich ist. (3) ... (4) Als angemessene Vergütung nach den Absätzen 1 und 2 gelten die in der Anlage bestimmten Sätze, soweit nicht etwas anderes vereinbart wird. (5) und (6)... |
Vergütungssätze
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I. Vergütung nach § 54 Abs. 1: Die Vergütung aller Berechtigten beträgt 1. für jedes Tonaufzeichnungsgerät 2,50 DM 2. für jedes Bildaufzeichnungsgerät mit oder ohne Tonteil 18.- DM 3. bei Tonträgern für jede Stunde Spieldauer bei üblicher Nutzung 0,12 DM 4. bei Bildträgern für jede Stunde Spieldauer bei üblicher Nutzung 0,17 DM 5. für jedes Ton- und Bildaufzeichnungsgerät, für dessen Betrieb nach seiner Bauart gesonderte Träger (Nummern 3 und 4) nicht erforderlich sind, das Doppelte der Vergütungssätze nach den Nummern 1 und 2. II. ... |
2. a) Das Urheberrechtsänderungsgesetz ergänzte gleichzeitig § 3 UrhG. Diese Vorschrift beschäftigt sich mit Bearbeitungen und bestimmte zunächst nur, daß Übersetzungen und andere Bearbeitungen eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters sind, unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk wie selbständige Werke geschützt werden. Im Hinblick auf Probleme, die bei der Bearbeitung überkommener melodischer, harmonischer und rhythmischer Grundmuster aus dem Bereich der echten Volksmusik aufgetreten waren (vgl. BTDrucks. 10/3360 S. 18), wurde dem § 3 UrhG a. F. folgender Satz 2 angefügt:
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Die nur unwesentliche Bearbeitung eines nicht geschützten Werkes der Musik wird nicht als selbständiges Werk geschützt.
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b) Parallel dazu wurde § 16 UrhWG geändert, der sich mit den Pflichten der Veranstalter von öffentlichen Wiedergaben urheberrechtlich geschützter Werke befaßt. Er wurde weitgehend wörtlich als § 13 a UrhWG eingefügt. Dabei erhielt sein Absatz 2 Satz 2 eine neue durch die Ergänzung des § 3 UrhG bedingte Fassung. § 13 a Abs. 2 UrhWG lautet:
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Nach der Veranstaltung hat der Veranstalter der Verwertungsgesellschaft eine Aufstellung über die bei der Veranstaltung benutzten Werke zu übersenden. Dies gilt nicht für die Wiedergabe eines Werkes mittels Tonträger, für Wiedergaben von Funksendungen eines Werkes und für Veranstaltungen, auf denen in der Regel nicht geschützte oder nur unwesentlich bearbeitete Werke der Musik aufgeführt werden.
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Damit sollte verhindert werden, daß Veranstalter, die ganz überwiegend gemeinfreies Musikgut aufführen, der Auskunftspflicht unterworfen werden, die nur für die Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke gedacht ist (vgl. BTDrucks. 10/3360, S. 21 zu Nr. 13).
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3. Gesellschaften zur Verwertung von Nutzungsrechten, Einwilligungsrechten oder Vergütungsansprüchen, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, haben jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen oder Einwilligungen zu erteilen (§ 11 Abs. 1 UrhWG). Über die von den Nutzern zu fordernden Vergütungen haben die Verwertungsgesellschaften Tarife aufzustellen und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen (§ 13 Abs. 1 und 2 UrhWG). Um die Tarifgestaltung für die Nutzer und für die Schiedsstelle, welche einem gerichtlichen Verfahren bei Streit über die Höhe der vom Nutzer zu zahlenden Vergütung obligatorisch vorgeschaltet ist (§ 14 Abs. 1, § 16 Abs. 1 UrhWG), durchschaubarer zu machen (vgl. BTDrucks. 10/3360, S. 21), wurde in das Gesetz eine Ergänzung eingefügt:
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§ 13 Abs. 3 UrhWG
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Berechnungsgrundlage für die Tarife sollen in der Regel die geldwerten Vorteile sein, die durch die Verwertung erzielt werden. Die Tarife können sich auch auf andere Berechnungsgrundlagen stützen, wenn diese ausreichende, mit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand zu erfassende Anhaltspunkte für die durch die Verwertung erzielten Vorteile ergeben. Bei der Tarifgestaltung ist auf den Anteil der Werknutzung am Gesamtumfang des Verwertungsvorganges angemessen Rücksicht zu nehmen. ... |
II. |
1. Das kompositorische Schaffen des Beschwerdeführers zu 1) umfaßt nahezu alle Gattungen der sogenannten ernsten Musik. Er schuf Werke für Orchester, Singstimme, Kammerensembles, Soloinstrumente sowie Orgel. Überdies veröffentlichte er in Gestalt von Rundfunk-Features musiktheoretische Betrachtungen und gab Musikwerke heraus.
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Mit seiner Verfassungsbeschwerde greift er § 3 Satz 2, § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG, die Nummern I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Abs.4 UrhG sowie § 13 a Abs. 2 Satz 2 UrhWG an. Er rügt eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, hinsichtlich der Vergütungssätze der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG auch eine solche von Art. 3 Abs. 1 GG. Zur Begründung führt er aus:
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Das vom Urheber geschaffene Werk und die darin verkörperte geistige Leistung seien insbesondere hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Der Gesetzgeber sei grundsätzlich verpflichtet, das Vermögenswerte Ergebnis seiner Leistung dem Urheber zuzurechnen und ihm die Freiheit einzuräumen, darüber in eigener Verantwortung verfügen zu können. Beschränkungen des Ausschließlichkeitsrechts (§ 15 UrhG) seien nur insoweit zulässig, als hiermit unabweisbaren Belangen der Allgemeinheit Rechnung getragen werde. Nicht jede Gemeinwohlerwägung könne daher einen Ausschluß des Verfügungsrechts oder gar des Vergütungsanspruchs rechtfertigen. Diesen Grundsätzen würden die angegriffenen Vorschriften nicht gerecht.
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a) Jede Bearbeitung sei als persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG anzusehen und genieße daher den Eigentumsschutz. Es sei schon fragwürdig, ob die "Wesentlichkeit" einer Bearbeitung überhaupt justitiabel sei. Die Regelung des § 3 Satz 2 UrhG habe jedenfalls deshalb enteignenden Charakter, weil sie "unwesentlichen" Bearbeitungen die Eigenschaft eines urheberrechtlich geschützten Werkes abspreche und diese damit des Schutzes des Urhebergesetzes beraube.
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b) Zwar würden durch § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG erstmals Betreiber von Kopiergeräten verpflichtet, eine sogenannte Kopiervergütung zu entrichten. Die Herausnahme der gesamten gewerblichen Wirtschaft und der Behörden aus dem Kreis der Vergütungspflichtigen sei jedoch nicht nachvollziehbar. Auch dort würden in erheblichem Umfang urheberrechtlich geschützte Werke vervielfältigt. Wirtschaftliche Interessen stellten keine Gemeinwohlbelange dar und könnten den Ausschluß des Vergütungsanspruchs nicht rechtfertigen. Die Regelung sei überdies deshalb besonders sachwidrig, weil die gewerbliche Wirtschaft - im Gegensatz zu den in § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aufgeführten sozial ausgerichteten Institutionen - die Betreibervergütung auf die Kunden abwälzen könne.
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c) Die Vergütungssätze der Nummern I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG seien untereinander ungleichgewichtig und verstießen daher sowohl gegen Art. 14 Abs. 1 GG wie auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Während sich bei Tonträgern im Regelfall nur vier Berechtigte, nämlich Komponist, Texter, Sänger und Tonträgerhersteller die Vergütung teilen müßten, kämen bei den Bildträgern fünf weitere hinzu, nämlich Regisseur, Schauspieler, evtl. Choreograph und Tänzer sowie der Filmhersteller. Dem bei Bildträgern erweiterten Kreis von Berechtigten werde durch die angegriffene Regelung nicht hinreichend Rechnung getragen. Die - gegenüber bloßen Tonwerken - nur um 5 Pfennig höhere Vergütung reiche zur angemessenen Berücksichtigung der verschiedenen Anspruchsberechtigten nicht aus und führe dazu, daß der Komponist im Falle der bildlichen Aufzeichnung seines Musikwerks eine erheblich niedrigere Vergütung erhalte als im Falle einer nur akustischen Aufnahme.
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d) Die Vorschrift des § 13 a Abs. 2 Satz 2 UrhWG enthalte eine Ausnahme von der Verpflichtung (§ 13 a Abs. 1 UrhWG), vor der öffentlichen Wiedergabe eines Werkes von den Verwertungsgesellschaften die Nutzungsrechte zu erwerben. Für weite Teile der musikveranstaltenden Wirtschaft bestehe nunmehr eine Befreiung hiervon, die mit dem Verfügungs- und Verwertungsrecht des Urhebers korrespondiere. Damit werde er weitgehend schutzlos gestellt; er werde der Durchsetzung wesentlicher Rechte beraubt und könne über sein Werk nicht mehr verfügen. Dies geschehe, ohne daß nennenswerte Interessen des Gemeinwohls für diese einschneidende und grundsätzliche Beschränkung des geistigen Eigentums erkennbar wären.
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2. Die Beschwerdeführerin zu 2), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, stellt (insbesondere: Fernseh-)Filme her. Sie greift die Nummern I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG an und rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.
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Diese Bestimmung verletze sie unmittelbar in ihren Rechten, weil sie als Leistungsschutzberechtigte über die Verwertungsgesellschaften unmittelbar am Vergütungsaufkommen des § 54 Abs. 1 UrhG teilhabe. Die in der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG getroffene Differenzierung lasse keinen vernünftigen, sich aus der Natur des Regelungsgegenstandes ergebenden sachlichen Grund erkennen. Die Gleichheit zwischen den Urheber- und Leistungsschutzberechtigten an Ton- und an Bildwerken werde nicht gewahrt. Angesichts des Umstandes, daß bei Bildwerken eine erheblich größere Anzahl an Berechtigten beteiligt und dementsprechend zu befriedigen sei, hätte die Vergütung für Bild-Leerkassetten anders als geschehen gewichtet, nämlich im Verhältnis zu den reinen Tonkassetten erheblich mehr herausgehoben werden müssen. Das Verhältnis sei mit 3/4 zu 1/4 anzusetzen. Das bedeute, daß entweder im Rahmen der Verteilung die "Bildberechtigten" an einem Filmwerk nur mit einem erheblich niedrigeren Anteil bedacht werden könnten als die "Musikberechtigten". Die andere Möglichkeit sei, daß im Rahmen eines Filmwerks die "Musikberechtigten" nur einen erheblich geringeren Vergütungssatz erhielten, als sie bei Tonträgern erhalten würden. Jede der möglichen Fallkonstellationen führe zu einer Ungleichbehandlung.
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3. Die Beschwerdeführerin zu 3) ist die deutsche Wahrnehmungsgesellschaft für musikalische Urheberrechte und mit Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern durch Berechtigungsverträge verbunden. Aufgrund von Gegenseitigkeitsverträgen mit ausländischen Wahrnehmungsgesellschaften vertritt sie das gesamte Weltrepertoire an geschützter Unterhaltungs-, Tanz- und Jazzmusik. Sie greift § 13 a Abs. 2 Satz 2 in der dritten Variante und § 13 Abs. 3 Satz 1 und 2 UrhWG unmittelbar an. Sie rügt eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG, und sieht sich auch hilfsweise in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Die angegriffenen Bestimmungen wirkten auf ihre Funktion ein und verletzten sie gegenwärtig und unmittelbar in ihrer Berufsausübung. Die in BVerfGE 31, 275 [280] entwickelten Grundsätze stünden der Zulässigkeit nicht entgegen. Anders als im dort entschiedenen Fall betreffe die angegriffene Regelung nicht die Urheber-Verwertungsrechte selbst, sondern nur ihre eigene Tätigkeit.
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Sie könne sich auch auf die Verbürgungen aus Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Die grundrechtlich geschützte berufliche Tätigkeit sei nicht begriffsnotwendig nur auf solche Tätigkeiten zugeschnitten, die eigenen Erwerbszwecken dienten. Grundrechtsschutz genieße vielmehr auch eine Tätigkeit, die auf fremde Gewinnerzielung gerichtet sei. Durch die angegriffene Bestimmung werde sie unzulässigerweise in der Berufsausübung beeinträchtigt; darin dürfe sie nur aus Gründen des Gemeinwohls beschränkt werden. Solche lägen nicht vor. Erst recht sei nicht ersichtlich, daß Gemeinwohlinteressen gefördert würden. Jedenfalls liege eine Beeinträchtigung von Art. 2 Abs. 1 GG vor. Die unsachlichen Beschränkungen ihrer Tätigkeit könnten nicht als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung angesehen werden.
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Der Grundsatz der Subsidiarität stehe ihrer Verfassungsbeschwerde gleichfalls nicht entgegen.
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a) § 13 a Abs. 2 Satz 2 UrhWG sei bereits deshalb verfassungswidrig, weil er auf § 3 Satz 2 UrhG aufbaue. Diese Vorschrift genüge nicht dem (aus dem Rechtsstaatsgebot folgenden) Bestimmtheitserfordernis. In materieller Hinsicht ergebe sich deren Verfassungswidrigkeit daraus, daß sie in hohem Maße unsachlich und nicht mit § 2 Abs. 2 UrhG zu vereinbaren sei.
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§ 13 a Abs. 2 Satz 2 UrhWG stelle darüber hinaus die Dinge auf den Kopf. Die Vorschrift lasse zwar die Pflicht des Verwerters unberührt, vor der Veranstaltung die Einwilligung der Verwertungsgesellschaften einzuholen. Diese beziehe sich jedoch nur auf die Veranstaltung als solche, nicht auf konkrete einzelne Werke. Gerade wenn es sich um Veranstaltungen handele, auf denen nur "in der Regel" nicht Vergütungspflichtige Aufführungen stattfänden, stelle der nachträgliche Auskunftsanspruch (erst recht) ein unverzichtbares Mittel dar, um die Frage der Vergütungspflicht prüfen zu können. Das gelte selbst dann, wenn man den Veranstalter für verpflichtet halten würde, vor der Veranstaltung für jedes Werk die Einwilligung der Verwertungsgesellschaften einzuholen.
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Die angegriffene Regelung könne auch nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, mit ihr habe für einen Teilbereich die sogenannte GEMA-Vermutung ausgeschlossen werden sollen. Diese betreffe nur die nachrangige Frage, wann die Wahrnehmungsbefugnis der Beschwerdeführerin anzunehmen sei und ob die Werke urheberrechtlich geschützt seien. Die Vorschrift setze demgegenüber voraus, daß auf der jeweiligen Veranstaltung überhaupt urheberrechtlich geschützte Werke aufgeführt werden sollten. Habe sie den Kreis der urheberrechtlich geschützten Werke nicht verändern sollen, sei kein tragfähiger Grund ersichtlich, die Auskunftspflicht für solche Werke entfallen zu lassen. Die praktische Tragweite der Vorschrift verschärfe sich noch angesichts des § 52 Abs. 1 Satz 3 UrhG n. F., der gleichfalls verfassungswidrig sei. Er lasse die Meldepflicht des § 13 a Abs. 1 UrhWG in einem wesentlich anderen Lichte erschienen. Infolge seiner unklaren Fassung liege auf der Hand, daß der Veranstalter die für ihn günstigste Auslegung wählen und den Verwertungsgesellschaften die Veranstaltung im Zweifelsfalle nicht melden werde. Folge dieser Verzahnung sei daher, daß ihr eine Vielzahl von Veranstaltungen nicht bekannt werde.
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b) Auch § 13 Abs. 3 Satz 1 und 2 UrhWG beschränke sie in ihrer Berufsfreiheit, zumindest in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit. Satz 2 der Vorschrift sei zwingendes Recht und habe zur Folge, daß von der Regel des Satzes 1 nur unter engen Voraussetzungen abgewichen werden dürfe. Die Bestimmung sei unsachlich und inhaltlich einseitig. Sie koppele die Höhe der Vergütung nicht an das Maß dessen, was der Verwerter aus der Nutzung des urheberrechtlich geschützten Werkes erlangen könne, sondern an das, was er aus der Verwertung tatsächlich an Gewinn ziehe. Dies möge den Urheber zwar in Einzelfällen, insbesondere bei erfolgreicher Verwertung begünstigen. Als generelle Regelung sei diese Berechnungsweise jedoch nicht angemessen. Denn sie mache den Urheber ohne sachlichen Grund davon abhängig, was der Verwerter erwirtschaftet habe. Die Einseitigkeit dieser "Lastenverteilung" erweise sich, wenn die Absatzerwartungen des Verwerters nicht in Erfüllung gingen. Die Unangemessenheit dieser Lösung zeige sich auch dann, wenn durch den Aufnahmevorgang und die Herstellung von Vervielfältigungsstücken Dritte Gewinn erzielten (wie dies beispielsweise bei Musikaufnahmen hinsichtlich des beschäftigten Studios, der Musiker, der Sänger, des Preß- und des Kopierwerkes der Fall sei), der Verwerter im Endergebnis jedoch ohne Gewinn bleibe. Die Regelung müsse dahin erweitert werden, daß nicht nur ausnahmsweise sonstige Komponenten angemessen zu berücksichtigen seien. Die Tarifgestaltung sei Teil ihrer Tätigkeit und nicht Sache der Urheber.
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III. |
Zu den Verfassungsbeschwerden haben der Bundesminister der Justiz namens der Bundesregierung, der Bayerische Ministerpräsident namens der Bayerischen Staatsregierung, der Hessische Ministerpräsident (nur zu der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 777/85) und der Niedersächsische Ministerpräsident für die Landesregierung Stellung genommen.
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Der Hessische Ministerpräsident hält die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1) für nur teilweise zulässig. Im übrigen stimmen die Stellungnahmen darin überein, daß die angegriffenen Regelungen mit dem Grundgesetz vereinbar seien.
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B. |
Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1) ist teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet; die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen zu 2) und 3) sind im vollen Umfang unzulässig.
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I. |
Daran fehlt es, soweit sich der Beschwerdeführer zu 1) gegen § 3 Satz 2 UrhG wendet, denn er legt nicht hinreichend dar, daß diese Norm ihn selbst betrifft (BVerfGE 49, 1 [8]). Dazu hätte nicht nur der ins einzelne gehende Vortrag gehört, das eigene Schaffen erstrecke sich auch auf die Bearbeitung nicht (mehr) geschützter Werke. Vielmehr hätte die substantiierte Behauptung hinzukommen müssen, er schaffe Musikwerke, die - wie auch immer § 3 Satz 2 UrhG auszulegen sein mag - zumindest in die Nähe unwesentlicher Bearbeitungen gerückt werden könnten (die Möglichkeit reicht aus), und er laufe daher Gefahr, durch § 3 Satz 2 UrhG aus dem Schutzbereich des Urheberrechts ausgeschieden zu werden. Der Beschwerdeführer bezeichnet sich zwar unter anderem als Bearbeiter geschützter und gemeinfreier Werke. Weiterer Darlegung war er aber nicht dadurch enthoben, daß er auf seinen der Beschwerdeschrift beigefügten Werkkatalog verwies. Denn in ihm läßt sich - wenn überhaupt - nur eine Bearbeitung eines gemeinfreien Werkes, nämlich "Annäherung und Stille. Vier Fragmente über Schumann für Klavier und 42 Streicher (1981)" ausmachen. Im Hinblick auf den Titel des Werkes und dessen Instrumentierung sowie wegen des durchweg modernen Charakters der übrigen Kompositionen hätte näher dargelegt werden müssen, daß diese Komposition eine unwesentliche Bearbeitung eines gemeinfreien Werkes darstelle.
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2. Unzulässig ist seine Verfassungsbeschwerde auch, soweit sie sich gegen § 13 a Abs. 2 Satz 2 UrhWG richtet.
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a) Der Beschwerdeführer hat diese Bestimmung insgesamt angegriffen und - im Gegensatz zu der Beschwerdeführerin zu 3) - keine Einschränkung seines Rechtsbehelfs hinsichtlich der einzelnen tatbestandlichen Varianten vorgenommen. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde damit gegen die beiden ersten Alternativen des § 13 a Abs. 2 Satz 2 UrhWG richtet, ist sie wegen Fristüberschreitung unzulässig. Denn diese Regelung war wörtlich bereits im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl.I S. 1294) - dort als § 16 Abs. 2 Satz 2 - enthalten. Da sich das materielle Gewicht dieser Ausnahmebestimmung durch die 1985 vorgenommene Ergänzung nicht verändert hat, ist keine neue Frist in Lauf gesetzt worden (vgl. BVerfGE 12, 10 [24]; 17, 364 [369]; 26, 100 [109]). Die Jahresfrist des § 93 Abs. 2 BVerfGG ist daher nicht gewahrt.
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b) Aber auch hinsichtlich der dritten Variante des § 13 a Abs. 2 Satz 2 UrhWG, die wiederum in zwei tatbestandliche Alternativen unterteilt ist, scheitert die Verfassungsbeschwerde an der Zulässigkeitshürde, denn der Beschwerdeführer hat seine unmittelbare Betroffenheit nicht hinreichend substantiiert dargetan (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG).
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Er hat nicht einmal ansatzweise dargelegt, von ihm geschaffene Musikwerke würden auf den von dieser Vorschrift erfaßten Veranstaltungen aufgeführt. Deren zweite tatbestandliche Alternative - Veranstaltungen, auf denen in der Regel nur unwesentlich bearbeitete Werke der Musik aufgeführt werden - scheidet bei Betrachtung des vorgelegten Werkeverzeichnisses von vornherein aus. In Betracht käme allenfalls die erste Tatbestandsalternative - Veranstaltungen, auf denen in der Regel nicht (mehr) geschützte Werke aufgeführt werden. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, daß die Kompositionen des Beschwerdeführers in Veranstaltungen aufgeführt werden, auf denen im übrigen ausschließlich ältere und daher gemeinfreie Musik gespielt wird. Dazu fehlt in der Beschwerdeschrift, die eher einem abstrakten Normenkontrollantrag gleicht, jeder Vortrag.
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3. Ebenfalls unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit mit ihr § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG angegriffen wird.
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Der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Grundsatz, der Beschwerdeführer müsse durch die angegriffene Regelung selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sein, dient dem Ausschluß von "Popularklagen" (vgl. BVerfGE 43, 291 [386]). Andernfalls geriete die gesetzesunmittelbare Verfassungsbeschwerde in der Hand des Bürgers zu einem Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG nachgebildeten Rechtsbehelf. Die Norm muß daher nicht nur objektiv, das heißt nach Struktur und Inhalt geeignet sein, Grundrechtspositionen des Beschwerdeführers unmittelbar zu dessen Nachteil zu verändern. Zur Zulässigkeit gehört vielmehr auch, daß der Beschwerdeführer seine gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit ausreichend substantiiert (vgl. BVerfGE 40, 141 [156]). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.
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Die Ausführungen des Beschwerdeführers erschöpfen sich im wesentlichen darin, § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG verkürze in nicht mehr nachvollziehbarer Weise den Kreis der (Betreiber-)Vergütungspflichtigen. Ob die Möglichkeit besteht, in den privilegierten, weil von der Betreiberabgabe freigestellten Bereichen würden urheberrechtlich geschützte Werkstücke aus der Feder des Beschwerdeführers kopiert, wird nicht einmal ansatzweise ausgeführt. Dieser Mangel zeigt sich besonders deutlich daran, daß der Beschwerdeführer nicht zwischen den verschiedenen Werkgattungen unterscheidet. Das wäre aber erforderlich gewesen. Denn § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG stellt eine Folgenorm des Satzes 1 dar und gewährt eine Betreibervergütung nur für solche Kopiervorgänge, die dort hinsichtlich der Geräteabgabe erfaßt werden ("... auch..."). Das sind (nur) solche Vervielfältigungen, die aufgrund des § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG vorgenommen werden dürfen. Die Vervielfältigung graphisch aufgezeichneter Musikwerke wird jedoch in § 53 Abs. 4 Satz 1 Buchst. a UrhG erfaßt und dort von der Einwilligung des Berechtigten abhängig gemacht. Der Urheber muß sich also mit der Vervielfältigung nur einverstanden erklären, wenn ihm eine Vergütung gezahlt wird. Eine Vergütung für die (urheberunabhängige) Kopie graphisch notierter Musikwerke wird nach § 54 Abs. 2 UrhG also nicht geschuldet. Es bleibt zwar die Möglichkeit, daß die Musikwerke des Beschwerdeführers in anderer Weise niedergelegt sind. Das ist angesichts der Besonderheiten moderner Musikstücke, zu denen seine Schöpfungen nach dem überreichten Werkkatalog zu rechnen sind, nicht völlig auszuschließen. Gerade deshalb aber hätte er innerhalb der Einlegungsfrist des § 93 Abs. 2 BVerfGG seine subjektive Betroffenheit im einzelnen darlegen müssen.
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4. Soweit der Beschwerdeführer die Vergütungssätze der Nummern I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG angreift und eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geltend macht, ist seine Verfassungsbeschwerde zulässig. Die Rüge, diese Vergütungssätze verstießen zugleich gegen Art. 3 Abs. 1 GG, ist hingegen unzulässig (vgl. dazu unten B. II.).
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Hinsichtlich seines Eigentumsgrundrechts ist der Beschwerdeführer, auch wenn er dies nicht im einzelnen ausführt, nach dem Inhalt seines in Bezug genommenen Werkeverzeichnisses selbst und gegenwärtig betroffen. Denn eine Vielzahl seiner Werke hat er im Auftrag von Rundfunkanstalten geschaffen, welche diese ausgestrahlt haben dürften. Anzunehmen ist, daß sie es auch zukünftig tun werden. Eine Aufnahme dieser Werke auf private Bild- und Tonträger mit dem entsprechenden Vergütungsanspruch aus § 54 Abs. 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 1 UrhG ist daher zu erwarten. Der Beschwerdeführer ist auch unmittelbar betroffen und kann insoweit nicht auf vorherige fachgerichtliche Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Vergütungssätze verwiesen werden. Fachgerichte könnten - von eher so peripheren Fragen abgesehen wie zum Beispiel, in welcher Weise die Vergütungshöhe bei Bändern unter einer Stunde Spielzeit zu berechnen und ob in den gestaffelten Vergütungssätzen die Mehrwertsteuer enthalten ist (vgl. dazu Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 7. Aufl., 1988, § 54 UrhG Rdnr. 3 Buchst. a; Nordemann, GRUR 1985, S. 837 [840]; Mestmäcker/Schulze, Urheberrechts-Kommentar, § 54 UrhG n. F., S. 2) - allenfalls mit der Frage befaßt werden, ob der von der Verwertungsgesellschaft zugeteilte Betrag angemessen ist. In einem solchen Verfahren könnte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken seine Position gegenüber den Vergütungskonkurrenten nicht verbessern. Denn auch für diese würde die gleiche verfassungsrechtliche Ausgangslage gelten.
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Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit eines Verfassungsverstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hinreichend substantiiert dargetan (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG). Er bezieht sich ausdrücklich auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Gesetzgeber verpflichtet ist, dem Urheber grundsätzlich das wirtschaftliche Ergebnis seiner Leistungen zuzuordnen und so deren angemessene Verwertung sicherzustellen. Das läßt die Deutung des Beschwerdevorbringens zu, der Gesetzgeber habe dies für den wichtigen Teilbereich der Leerkassettenvergütung versäumt, das hieraus zu erzielende Vergütungsaufkommen sei nicht mehr angemessen und ordne dem Urheber daher den wirtschaftlichen Ertrag seiner Leistungen nur unzureichend zu. Dadurch wird immerhin die Möglichkeit eines Verfassungsverstoßes erkennbar.
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II. |
Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) ist unzulässig.
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Diese kann zwar - ohne die Verletzung fremder Rechtspositionen zu rügen (BVerfGE 1, 97 [101]) - grundsätzlich geltend machen, sie würde bei der Verteilung des Vergütungsaufkommens entweder ohne sachlichen Grund benachteiligt oder aber andere würden dabei ungerechtfertigt bevorzugt. Denn Art. 3 Abs. 1 GG verbietet sowohl ungleiche Belastungen wie auch ungleiche Begünstigung (Dürig in: Maunz/Dürig, GG, Kommentar, Art. 3 Abs. 1 Rdnr.345 m.w.N.). Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz käme jedoch nur in Betracht, wenn die Verwertungsgesellschaften (§ 54 Abs. 6 Satz 1 UrhG) das von ihnen eingezogene Vergütungsaufkommen an die Berechtigten im Verhältnis der Nummern I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG verteilen müßten. Das ist jedoch nicht der Fall. Das an eine Vielzahl von Berechtigten auszukehrende Vergütungsaufkommen wird nicht nur durch die Leerkassettenabgabe, sondern auch durch die in den Nummern I.1., 2. und 5. der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG erfaßte sogenannte Geräteabgabe gespeist. Die Verteilung des so gesammelten Vergütungsaufkommens richtet sich jedoch nicht nach der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG, sondern nach § 7 UrhWG. Frei von Willkür im Sinne dieser Vorschrift ist eine Verteilungsregelung, die, wie § 6 Abs. 1 UrhWG bestimmt, "angemessen" ist (Fromm/Nordemann, a.a.O., § 7 UrhWG, Rdnr. 2). Das ist eine Regelung, welche den Anteil an der Vergütungsmasse in einer Weise bestimmt, die Art und Umfang der eingebrachten Rechte entspricht und eine ausgewogene leistungsgerechte Gegenleistung sicherstellt (Fromm/Nordemann, a.a.O., § 6 UrhWG, Rdnr. 5; Reinbothe in: Schricker, Urheberrecht, 1987, § 6 UrhWG, Rdnr. 13). Diese kann für den hier in Rede stehenden Bereich nicht nach dem Umfang des Vergütungsaufkommens pro Werk bestimmt werden. Denn der Umfang, in dem Leerkassetten und Aufnahmegeräte gekauft werden, läßt sich - im Gegensatz etwa zu Buchtantiemen - schlechterdings nicht einem einzelnen Werk oder Urheber zuordnen. Erst im Rahmen der Verteilung ist - unabhängig von den in Nummern 1. der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG genannten Vergütungssätzen - zu bestimmen, welcher Anteil dem einzelnen Urheber an dem nach ganz anderen Gesichtspunkten aus zwei Quellen zusammengeflossenen Fonds zukommt. Die einfachrechtliche Lage läßt deshalb zu, daß die Verwertungsgesellschaften bei der Verteilung des Fonds sehr wohl den Anteil der einzelnen Urheber und Leistungsberechtigten am Gesamtgeschehen leistungsangemessen berücksichtigen können, zumal jedem Berechtigten ein angemessener Anteil an den Vergütungssätzen zusteht (§ 54 Abs. 6 Satz 2 UrhG).
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Die isoliert auf die Gewichtung der Nummern I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG abstellende Betrachtung läßt daher nicht einmal die Möglichkeit eines Verfassungsverstoßes erkennen. Zumindest hätten es § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG erfordert, die einfachrechtliche Lage von Ermittlung und Verteilung des Vergütungsaufkommens darzustellen und gegebenenfalls darzulegen, daß die Regelung über die den Leerkassettenherstellern abverlangten Beträge auf die Verteilung des daraus erwachsenden Fonds durchschlägt. Solche Ausführungen sind in der Beschwerdeschrift nicht enthalten. Gesetzliche Regeln über das Zustandekommen des Vergütungsaufkommens können daher nicht unter Rückgriff auf Art. 3 Abs. 1 GG, sondern nur mit der Rüge angegriffen werden, sie ordneten das Vermögenswerte Ergebnis der Leistung nicht in ausreichendem Maße dem Urheber zu.
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Die Beschwerdeschrift der Beschwerdeführerin zu 2) enthält - insoweit im Gegensatz zu derjenigen des Beschwerdeführers zu l - auch keine Darlegung einer sich aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG oder aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Grundrechtsposition, welche ihrer Verfassungsbeschwerde über die Zulässigkeitshürde hätte hinweghelfen können.
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III. |
Auch die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 3) ist unzulässig. Dabei kann offenbleiben, ob das schon deshalb der Fall ist, weil die Beschwerdeführerin als Verwertungsgesellschaft nicht in Prozeßstandschaft für die einzelnen Urheber die Verletzung von deren Grundrechten durch Gesetze geltend machen kann (vgl. BVerfGE 31, 275 [280]). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerden von Verwertungsgesellschaften gegen gerichtliche Endentscheidungen für zulässig angesehen (BVerfGE 77, 263). Es bestehen jedoch ganz erhebliche Zweifel, ob ein der damaligen Ausgangslage vergleichbarer Fall vorliegt. Der dort in Rede stehende Vergütungsanspruch konnte nur von Verwertungsgesellschaften gerichtlich geltend gemacht werden. Hätte man diesen das Recht zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde versagt, könnten die Entscheidungen der Fachgerichte über solche Ansprüche vom Bundesverfassungsgericht überhaupt nicht überprüft werden. Demgegenüber kam hier in Betracht, daß sich der einzelne Urheber unmittelbar gegen die neue gesetzliche Regelung wenden konnte. Denn in § 13 Abs. 3 Satz 1 und 2 UrhWG steht die Berechnungsgrundlage für die Tarife in Rede, es geht also um die Verwirklichung originärer Urheberrechte. Ebenso werden in § 13a Abs.2 Satz2 Alternatives UrhWG eigene Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigten berührt.
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Diese Bedenken brauchen jedoch nicht vertieft und abschließend entschieden zu werden. Denn der Zulässigkeit der unmittelbar gegen das Gesetz erhobenen Verfassungsbeschwerde steht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen.
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Dieser verpflichtet den Beschwerdeführer, vor einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich die Fachgerichte mit seinem Anliegen zu befassen. Das gilt nicht nur dann, wenn das Gesetz einen Auslegungs- oder Entscheidungsspielraum offenläßt (BVerfGE 43, 291 [387]), sondern auch dann, wenn ein solcher Spielraum fehlt (BVerfGE58, 81 [104 f.]; 72, 39 [43 ff.]). Erreicht werden soll, daß das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft. Bei der Rechtsanwendung durch die sachnäheren Fachgerichte können - aufgrund besonderen Sachverstands - möglicherweise für die verfassungsrechtliche Prüfung erhebliche Tatsachen zutage gefördert werden (BVerfGE56, 54 [69]). Die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn die angegriffene Regelung den Beschwerdeführer zu Dispositionen zwingt, die später nicht mehr korrigiert werden können (BVerfGE43, 291 [387]; 60, 360 [372]), oder wenn die Anrufung der Fachgerichte dem Beschwerdeführer nicht zuzumuten ist, etwa weil das offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre (BVerfGE 55, 154 [157]). Kann der mit dem Subsidiaritätsgrundsatz insbesondere verfolgte Zweck, eine fachgerichtliche Klärung der verfassungsrechtlich relevanten Sach- und Rechtsfragen herbeizuführen, nicht erreicht werden, ist die vorherige Anrufung der Fachgerichte gleichfalls entbehrlich (BVerfGE 65, 1 [38]). In Anwendung dieser Grundsätze ist die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig.
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1. Auslegung und Tragweite von § 13 Abs. 3 Satz 1 und 2 UrhWG sind zunächst von der Schiedsstelle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz und durch die ordentlichen Gerichte zu klären. Unzumutbare Nachteile entstehen der Beschwerdeführerin hierdurch nicht.
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Die angegriffene Bestimmung wirft erhebliche Auslegungs- und Anwendungsprobleme auf. Fraglich ist, ob "die geldwerten Vorteile ..., die durch die Verwertung erzielt werden" (§ 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWG), wie die Beschwerdeführerin meint, als Teilhabe an einem eventuellen Gewinn oder als Teilhabe am Umsatz oder in sonstiger Weise aufzufassen sind. Es stellt sich ferner die Frage nach dem Verhältnis von Satz 1 zu Satz 2 dieser Vorschrift sowie in Zusammenhang damit nach deren Verbindlichkeit (Soll-Bestimmung). Alles das bedarf einer fachgerichtlichen Klärung.
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Soweit ersichtlich ist die überwiegende Meinung der Literatur, im Gegensatz zur Beschwerdeführerin, die auf den Gewinn abstellt, der Auffassung, daß § 13 Abs. 3 Satz 1 und 2 UrhWG eine angemessene Teilhabe der Urheber am wirtschaftlichen Ergebnis der Leistung zulassen und daß dies durch eine Bemessung zu geschehen habe, die sich am Umsatz der Veranstaltung orientiert (Fromm/ Nordemann, a.a.O., § 13 UrhWG, Rdnr.3; Nordemann, GRUR 1985, S. 837 [842]; Reinbothe, a.a.O., § 13 UrhWG, Rdnr. 7; wohl auch Mestmäcker/Schulze, a.a.O., §.13 UrhWG n.F.). In dieser Weise wird § 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWG auch von der Schiedsstelle ausgelegt (ZUM11987, S. 183 [185]). Es wird sogar die Auffassung vertreten, durch die Neufassung der Vorschrift habe sich materiell nichts geändert und die unter der Geltung der Altfassung entwickelten Grundsätze gälten fort (BGH, GRUR 1986,376 [378]).
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Fachgerichtlich klärungsbedürftig ist auch das Verhältnis der beiden angegriffenen Vorschriften zueinander. So wird angenommen, § 13 Abs. 3 UrhWG enthalte nur einen "moralischen Appell" (Fromm/Nordemann, a.a.O., § 7 UrhWG, Rdnr. 1, im Anschluß an Reischl, GEMA-Nachrichten Nr. 108 [1978], S. 79 [83]). Andererseits wird behauptet, nur § 13 Abs. 3 Satz 4 UrhWG habe die "Funktion des bloßen moralischen Appells", den Sätzen 1 bis 3 komme "durchaus" Bindungswirkung zu (Fromm/Nordemann, a.a.O., § 13 UrhWG, Rdnr. 3 a. E.). Schließlich wird vertreten, § 13 Abs. 3 Satz 2 UrhWG sei als bloße Soll-Vorschrift ausgestaltet, von der in begründeten Fällen abgewichen werden dürfe. Begründet wäre ein Abweichen aber insbesondere dann, wenn eine Auslegungsart in bestimmten Fällen zu einem verfassungswidrigen Ergebnis führen würde, dieses Auslegungsergebnis jedoch nach Wortlaut und Gesetzesgeschichte nicht zwingend ist und daher - nicht zuletzt unter dem Einfluß von Art. 14 Abs. 1 GG - eine andere Auslegung gestattete (Reinbothe, a.a.O., § 13 UrhWG, Rdnr. 7 a. E.). Das unterstreicht die Notwendigkeit, vor einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts Inhalt und Tragweite der Norm sowie die Möglichkeit, eventuell drohenden Verfassungsverstößen durch eine grundrechtskonforme Auslegung zu begegnen, fachgerichtlich ausloten zu lassen.
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Hierdurch werden der Beschwerdeführerin auch keine unzumutbaren Belastungen aufgebürdet. Der Veranstalter hat die von der Beschwerdeführerin verlangte Vergütung selbst dann zunächst zu entrichten oder zu hinterlegen, wenn er diese als unangemessen hoch ansieht (§ 11 Abs. 2 UrhWG). Kommt er dieser Verpflichtung nicht oder nur unvollständig nach, darf er das Werk nicht nutzen. Bei drohender Zuwiderhandlung steht der Verwertungsgesellschaft ein Unterlassungs-, möglicherweise sogar ein Schadensersatzanspruch zu (BGH, GRUR 1974, S. 35 [38]). Berücksichtigt man schließlich, daß die Tarife gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 UrhWG von den Verwertungsgesellschaften autonom, das heißt einseitig und ohne Genehmigungspflicht durch die Aufsichtsbehörde bestimmt werden, ist eine Gefährdung des Vergütungsanspruches ausgeschlossen.
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Auch das nunmehr von der Beschwerdeführerin einzuhaltende Verfahren legt ihr keine unzumutbaren Belastungen auf. Ein Hauptanliegen der Urheberrechtsnovelle 1985 war es, die Stellung der Schiedsstellen zu stärken. Nach § 16 Abs. 1 UrhWG n. F. darf der Verwerter das ordentliche Gericht erst dann mit der Frage der Angemessenheit der geforderten Vergütung befassen, wenn zuvor die Schiedsstelle gemäß § 14 a UrhWG einen Einigungsvorschlag unterbreitet hat (besondere Prozeßvoraussetzung; BTDrucks. 10/ 837, S. 12 unter Nr. IV und S. 24 zu § 16). Dabei ließ sich der Gesetzgeber von der Erwägung leiten, daß die Zivilgerichte mit der Beurteilung der Angemessenheit regelmäßig überfordert seien und die obligatorische Anrufung einer mit Sachverstand besetzten, weisungsunabhängigen (§ 14 Abs. 3 UrhWG) Schiedsstelle eine Vorklärung gewährleiste, die den Zivilgerichten die Entscheidung erheblich erleichtere (BTDrucks. 10/837, S. 12). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, daß der Beschwerdeführerin durch die Pflicht, ihre Tarife vor der Schiedsstelle verteidigen zu müssen, eine unzumutbare Belastung auferlegt worden wäre.
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2. Auch die dritte Variante des § 13 a Abs. 2 Satz 2 Alternative 3 UrhWG macht eine Vorklärung durch die Fachgerichte erforderlich. Die erste Teilalternative dieser Regelung läßt mehrere Deutungen zu. Die Auskunftspflicht für Veranstaltungen kann - so läßt sich die Vorschrift lesen - dann wieder entfallen, wenn es sich um Veranstaltungen handelt, auf denen in der Regel nur nichtgeschützte Werke aufgeführt werden. Bei dieser Auslegung geht die Formulierung einerseits weit über den Gesetzesanlaß, nämlich Schutz echter Volksmusikanten (BTDrucks. 10/3360, S. 18), hinaus und ergreift grundsätzlich auch solche Veranstaltungen, auf denen sogenannte ernste Musikwerke dargeboten werden (ebenso Nordemann, GRUR 1985, S. 837 [838]). Andererseits wäre aber die Verwendung des Plurals ("Veranstaltungen") zu beachten. Daraus könnte man schließen, es müsse sich um Veranstaltungen handeln, auf denen zwar einmal ein urheberrechtlich noch geschütztes Werk aufgeführt wird, in der Regel aber nur gemeinfreie Werke aufgeführt werden. Bei Richtigkeit dieser Auslegung wäre im Falle eines anzustrengenden Auskunftsprozesses zu klären, ob der Verwerter nur unwesentlich bearbeitete gemeinfreie Werke der Musik aufzuführen pflegt.
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Die Bestimmung kann aber auch anders gedeutet werden (BTDrucks. 10/3360, S. 21 zu Nr. 13). Danach kommt dem Plural "Veranstaltungen" keine interpretationsentscheidende Bedeutung zu. Maßgebend soll hiernach vielmehr sein, ob auf der jeweiligen einzelnen Veranstaltung in der Regel gemeinfreie Werke aufgeführt werden (so wohl Reinbothe, a.a.O., § 13 a UrhWG, Rdnr. 7). Auslegungsschwierigkeiten bestünden dabei in der Bestimmung des Tatbestandsmerkmals "in der Regel". Zu klären wäre insbesondere, ob dies im Sinne einer Überwiegensprüfung aufzufassen wäre ("ganz überwiegend", BTDrucks., a.a.O.) und ob die Aufführung eines Vergütungspflichtigen Werkes daher nur die Ausnahme darstellen darf (so Reinbothe, a.a.O.).
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3. Der Beschwerdeführerin ist es auch zuzumuten, eine fachgerichtliche Vorklärung der aufgeworfenen Zweifelsfragen herbeizuführen. Wie an sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen gesetzesunmittelbarer Verfassungsbeschwerden (BVerfGE 49, 1 [8]; 64, 301 [319]) sind auch an die Unzumutbarkeit vorheriger fachgerichtlicher Klärung strenge Anforderungen zu stellen. Danach kann eine mögliche Anspruchsgefährdung nicht als unzumutbare Belastung angesehen werden. Vielmehr unterliegt jeder Geldanspruch dem allgemeinen, von jedermann hinzunehmenden Risiko fehlender Realisierbarkeit. Unzumutbarkeit im engeren Sinn ist daher nicht gegeben.
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Zu Lasten der Beschwerdeführerin kommt folgendes hinzu: Auch wenn es im Einzelfall zweifelhaft sein mag, ob einem Beschwerdeführer eine vorherige fachgerichtliche Klärung seiner Rechtsposition zugemutet werden kann, ist sie dann unverzichtbar, wenn die Norm ins Gewicht fallende Auslegungsschwierigkeiten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 56, 54 [69]). Ein solcher Fall liegt hier vor. Über die vorstehend aufgeführten Auslegungsprobleme hinaus ist auf das fachgerichtlich klärungsbedürftige Verhältnis zwischen § 13 a Abs. 1 und Abs. 2 UrhWG hinzuweisen. Der Beantwortung dieser Frage kommt deshalb Bedeutung zu, weil die Auslegung und Handhabung des § 13 a Abs. 1 UrhWG möglicherweise die durch seinen Abs. 2 Satz 2 auferlegte Beschwer entscheidend abmildern kann (vgl. dazu Reinbothe, a.a.O., § 13 a UrhWG, Rdnr. 4 und 7; Fromm/Nordemann, a.a.O., § 13 a UrhWG, Rdnr. 1; Mestmäcker/ Schulze, a.a.O., § 16 UrhWG a.F. Anm. 1).
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Sollte auch nur eine teilweise Aberkennung des Auskunftsanspruchs verfassungsrechtlich zweifelhaft sein, würde sich die Frage stellen, ob die Anforderungen an die Anmeldung im Rahmen des § 13 a Abs. 1 UrhWG von Verfassungs wegen so verschärft werden müssen, daß eine ins Gewicht fallende Benachteiligung urheberrechtlicher Positionen vermieden oder zumindest weitgehend abgemildert wird. Eine solche Handhabung könnte sich auch aus § 11 Abs. 1 und 2 UrhWG ableiten lassen. Danach erreicht der Veranstalter, der sich mit den geforderten Vergütungssätzen nicht einverstanden erklärt, nur dadurch das Nutzungsrecht am Werk, daß er den geforderten Betrag in voller Höhe zahlt oder hinterlegt. Das setzt gedanklich die Offenbarung aller Daten voraus, die für die Berechnung der Vergütung maßgeblich sind. Auch wenn die Einholung der Einwilligung nach § 13 a Abs. 1 UrhWG praktisch ein Massengeschäft mit dementsprechender Neigung zur Pauschalierung und Vereinfachung sein dürfte, würde sich gleichwohl die Frage stellen, ob dieser Gedanke nicht im Rahmen des § 13 a Abs. 1 UrhWG zum Vorteil der Urheber nutzbar gemacht werden kann.
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All dies zu klären ist zuvörderst Aufgabe der Fachgerichte, nicht aber des Bundesverfassungsgerichts.
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C. |
Soweit die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1) zulässig ist und er die Nummern I. 3. und 4. der Anlage zu § 54 Abs. 4 UrhG als mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar angreift, ist sie unbegründet. Die darin genannten Vergütungssätze stehen mit der Verfassung in Einklang.
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Verpflichtet Art. 14 Abs. 1 GG den Gesetzgeber grundsätzlich, dem Urheber das Vermögenswerte Ergebnis seiner Leistungen zuzuordnen, ist damit nicht jede nur denkbare Verwertungsmöglichkeit garantiert. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen vielmehr nur gehalten, eine angemessene Verwertung sicherzustellen, die der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entspricht (vgl. BVerfGE 31, 229 [241]). Bei der Bestimmung dessen, was als angemessen anzusehen ist, hat er einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 21, 73 [83]), jedenfalls bei der Frage, wie eine Vergütungsregelung im einzelnen ausgestaltet werden soll. Da der Gesetzgeber neben der Geräteabgabe nunmehr auch eine Leerkassettenvergütung eingeführt hat, braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob er von Verfassungs wegen verpflichtet war, überhaupt eine Vergütung für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Musikwerke durch private Überspielungen zu schaffen.
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2. Bereits oben (B II) ist dargelegt worden, daß zwischen der Art und Weise, wie die verteilungsfähigen Mittel aufgebracht werden, und dem Verteilungsschlüssel zu unterscheiden ist. Die Bestimmungen über die Höhe der Vergütungssätze haben keine Aussagekraft für die Verteilung des Vergütungsaufkommens. Die Prüfung hat sich deshalb auf die Frage zu beschränken, ob die Grundkonzeption der Vergütungsregelung verfassungsrechtlich Bestand hat und ob das zu erzielende Gesamtaufkommen noch als angemessen anzusehen ist. Diese Prüfung ergibt keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
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a) In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, daß es zulässig ist, den unmittelbar nur schwer zu erfassenden privaten Nutzer fremder Urheberleistung mittelbar dadurch zu belasten, daß die zur Herstellung privater Kopien erforderlichen Industrieprodukte mit (abzuwälzenden) Abgaben belegt werden (BVerfGE 31,255 [266 f.]). Daß nunmehr neben den Geräteherstellern auch die Produzenten der Leerkassetten herangezogen werden, ist unbedenklich. Die Aneignung fremder Urheberleistung wird von Geräteherstellern und Leerkassettenproduzenten unmittelbar zweckveranlaßt (so zutreffend Kirchhof, Festschrift für Wolfgang Zeidler, S. 1639 [1656] und Nordemann, ZUM 1985, S. 57 [63 f.]).
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Ist es danach grundsätzlich gerechtfertigt, die Leerkassettenhersteller zu belasten, so ist es des weiteren nicht zu beanstanden, daß daneben auch die Gerätehersteller in Anspruch genommen werden. Aufgabe des Gesetzgebers ist es, das Interessenviereck Urheber - Geräteindustrie - Leerkassettenproduzenten - Werknutzer sachgerecht und praktikabel auszugestalten (BVerfGE 31, 255 [265]). Das geschieht in doppelter Weise. Ein zulässiger Gesichtspunkt ist dabei, auf eine gleichmäßige Belastung beider Industriezweige bedacht zu sein. Das geschieht phasenversetzt. Solange der Absatz von Video- und Audiogeräten ansteigt, wird deren Ertrag das Aufkommen verstärkt speisen. Tritt eine gewisse Marktsättigung und damit Stagnation des Geräteabsatzes ein, wird der Kassettenabsatz verstärkt den Fonds nähren.
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Damit wird zugleich das Verhältnis Urheber - Werknutzer zu einem gerechten Ausgleich gebracht. Denn die Koppelung des Vergütungsabkommens auch an den Leerkassettenabsatz stellt ein einigermaßen gleichbleibendes Gesamt-Vergütungsaufkommen für die Zeiten sicher, in denen der Geräteabsatz einmal stagnieren wird. Die kombinierte Geräte-/Leerkassettenabgabe führt sowohl im Verhältnis der beiden Industriezweige untereinander wie auch im Verhältnis Urheber - Werknutzer zu einem praktikablen und sachgerechten Ergebnis.
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b) Die im Grundsatz nicht zu beanstandende Regelung begegnet auch in ihrer konkreten Ausgestaltung keinen durchgreifenden Bedenken.
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Zwar wird in den Gesetzesmaterialien nicht erklärt, aus welchem Grunde es zu einer Absenkung der Vergütungssätze auf 0,12 DM und 0,17 DM gekommen ist gegenüber den im Regierungsentwurf genannten Sätzen von 0,10 DM und 0,40 DM, wozu der Bundesrat bereits eine Absenkung auf 0,10 DM und 0,30 DM vorgeschlagen hatte (vgl. dazu BTDrucks. 10/3360, S. 22 zu Ziff. 20 sowie das Protokoll der 47. Sitzung des Rechtsausschusses der 10. Wahlperiode S. 47 ff.). Das verhilft der Verfassungsbeschwerde indes nicht zum Erfolg.
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Bei der Bestimmung der Angemessenheit hat der Gesetzgeber die von der Verfassung gezogenen Schranken beachtet. Die Festlegung der Vergütungssätze im einzelnen ist ein Akt wertender Entscheidung. Richtlinien, aus denen "das" angemessene Gesamtaufkommen nach Art einer Berechnung pfenniggenau abgeleitet werden könnte und die allein schon wegen der Verläßlichkeit ihrer Prämissen eine angemessene Zuordnung der privaten Werknutzung garantieren würden, gibt es nicht. Ähnlich wie bei der Ausgestaltung von Gebührenregelungen kommt dem Gesetzgeber auch in diesem Bereich ein weiter Entscheidungsspielraum zu (BVerfGE 20, 257 [270]; 50, 217 [226 und 233]). Gebühren sollen in den Grenzen der Praktikabilität sowie unter Beachtung des Gleichheitssatzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit so gestaffelt werden, daß eine in etwa angemessene Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen erbracht wird. Die Gebührenhöhe darf dabei unter Berücksichtigung sonstiger Gesichtspunkte (etwa begrenzte Verhaltenssteuerung in bestimmten Bereichen) festgelegt werden (BVerfGE 50, 217 [226 f.]).
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Das gilt im Grundsatz auch für die hier vom Gesetzgeber zu erfüllende Aufgabe, dem Werknutzer eine Vergütung abzuverlangen, die der Nutzung in etwa angemessen ist. Da der Werkkonsum ein eher immaterieller Vorgang ist, lassen sich kaum Maßstäbe für die Angemessenheit finden. Es kommt hinzu, daß das vom Gesetzgeber zulässigerweise gewählte Vergütungsprinzip notwendig alle Unsicherheiten enthält, die Prognoseentscheidungen anhaften. Das gilt insbesondere für die Frage, wann der Markt mit Audio- und Videogeräten gesättigt sein wird und in welchem Umfang der Kassettenabsatz bei steigender Versorgung der Haushalte mit diesen Geräten anwachsen wird. Arbeitszeitregelungen (vermehrte Freizeit) können ebenso eine Rolle spielen wie konjunkturelle Einflüsse und technische Neuentwicklungen, welche die Geräte möglicherweise noch weiter verbilligen. Die Beurteilung der Entwicklung war dem Gesetzgeber schließlich dadurch erschwert, daß die Abgabe unter Umständen ihrerseits den Absatz wegen der Verteuerung vor allem bei Leerkassetten negativ beeinflussen kann.
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Bei dieser Fülle widerstreitender Gesichtspunkte kann die Regelung nicht beanstandet werden. Allein schon die absoluten Zahlen (obwohl im nachhinein ermittelt) stützen dieses Ergebnis. Danach erreichte das Gesamtaufkommen innerhalb der ersten 12 Monate nach Inkrafttreten der Urheberrechtsnovelle 1985 den Betrag von 69,8 Mio. DM. Gegenüber dem Jahr 1983 mit 62,4 Mio. DM stellte das eine Steigerung um 11,86 vom Hundert dar und gegenüber dem Jahr 1984 mit 54,8 Mio. DM gar eine solche um 27,37 vom Hundert (vgl. zu den Zahlen Schulze, ZUM 1987, S.49f.). Das Gesamtaufkommen dürfte mittlerweile noch gewachsen sein, denn 1987 wurden insgesamt 41,6 Mio. DM allein für die Leerkassetten abgeführt (FAZ vom 6. Mai 1988, S. 13). In den ersten 12 Monaten nach Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Bestimmungen waren es demgegenüber nur 32,4 Mio. DM gewesen, was einer Steigerung von 28,4 vom Hundert entspricht.
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Schließlich ist zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber durch Beschluß vom 23. Mai 1985 die Bundesregierung ersucht hat, alle drei Jahre über die Entwicklung des Vergütungsaufkommens zu berichten (Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 10. Wp., 140.Sitzung, StenBer. S. 10344 [C]; BTDrucks. 10/3360, S.3; s.a. BRDrucks. 246/85 [Beschluß, S. 2]). Er hat sich vorbehalten, wesentliche Änderungen der Rahmendaten daraufhin zu überprüfen, ob die Vergütungssätze (unter Umständen auch zum Nachteil der Urheber) angepaßt werden müssen. Damit hat er alles getan, um die im Viereck Urheber - Leerkassettenhersteller - Geräteproduzent -Werknutzer divergierenden Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen und zu erhalten.
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(gez.) Herzog Niemeyer Henschel Seidl Söllner Dieterich |