BVerfGE 84, 25 - Schacht Konrad |
1. Umfang und Grenzen der Verbindlichkeit einer Weisung nach Art. 85 Abs. 3 GG folgen unmittelbar aus den kompetentiellen Rechten, die das Grundgesetz Bund und Ländern zuweist (vgl. BVerfGE 81, 310 [331 f]). Die Verletzung dieser Rechte kann nur im Bund-Länder-Streit vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden. |
2. Zur Auslegung und Anwendung des Art. 85 Abs. 3 GG. |
Urteil |
des Zweiten Senats vom 10. April 1991 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. April 1991 |
-- 2 BvG 1/91 -- |
in dem Verfahren über die Anträge 1. festzustellen, daß das Land Niedersachsen dadurch gegen Art. 85 Abs. 3 GG verstößt, daß das Niedersächsische Umweltministerium sich weigert, die Weisung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 24. Januar 1991 - RS III 1 - 14842/5 - zu befolgen; 2. gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG anzuordnen, daß das Niedersächsische Umweltministerium die unter Nr. 1 genannte Weisung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sofort zu befolgen hat ... |
Entscheidungsformel: |
Das Land Niedersachen verstößt dadurch gegen Artikel 85 Absatz 3 des Grundgesetzes, daß das Niedersächsische Umweltministerium sich weigert, der Weisung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 24. Januar 1991 - RS III 1 - 14842/5 - zu folgen. |
Gründe: |
A. |
Der Bund-Länder-Streit betrifft die Weigerung des Landes Niedersachsen, einer Weisung nach Art. 85 Abs. 3 GG nachzukommen, die sich auf die Durchführung eines atomrechtlichen Planfeststellungsverfahrens für Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Endlagerung radioaktiven Abfalls bezieht.
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I. |
1. Der Bund beabsichtigt, die ehemalige Eisenerzgrube "Konrad" in Salzgitter als Endlager für die in der Bundesrepublik Deutschland anfallenden radioaktiven Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung (Erwärmung des umgebenden Gesteins um nicht mehr als 3 Grad Celsius) einzurichten. Die auf 650 000 cbm ausgelegte Anlage soll nach der Entsorgungsplanung der Bundesregierung, die von allen Landesregierungen mitgetragen wird, 1996 zur Inbetriebnahme bereitstehen. Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen stellte der Bund bereits 1982 einen Antrag auf Einleitung des Planfeststellungsverfahrens gemäß § 9b des Atomgesetzes (AtG) bei der im Land Niedersachsen zuständigen obersten Landesbehörde. In der Zwischenzeit wurden die Planunterlagen wiederholt überarbeitet und neu gefaßt. Mit Schreiben vom 15. Juni 1990 bestätigte das nunmehr zuständige Niedersächsische Umweltministerium dem Präsidenten des für die Antragstellung zuständigen Bundesamts für Strahlenschutz, daß der Plan im Hinblick auf die verfahrensrechtlich vorgeschriebene Beteiligung der Öffentlichkeit auslegungsreif sei.
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Nach der Neubildung der Landesregierung am 21. Juni 1990 weigerte sich das Niedersächsische Umweltministerium, das Vorhaben bekanntzumachen und die Pläne auszulegen. Ein umfangreicher Schriftwechsel zwischen dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (im folgenden: Bundesminister) und dem Niedersächsischen Umweltministerium sowie ein Ministergespräch brachten die Sache nicht voran. Mit Schreiben vom 26. November 1990 machte das Niedersächsische Umweltministerium geltend, daß die Planunterlagen unvollständig seien, weil keine gesonderte Umweltverträglichkeitsstudie vorliege, wie dies nach § 6 Abs. 3 Nr. 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) erforderlich sei. Diese Auffassung wies der Bundesminister in einem bundesaufsichtlichen Gespräch am 14. Dezember 1990 zurück. Das Niedersächsische Umweltministerium bestand jedoch mit einem ausführlichen Schreiben vom 20. Dezember 1990 darauf, daß die Unterlagen dem UVPG nicht genügten. Erforderlich sei die bereits genannte Umweltverträglichkeitsstudie.
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Daraufhin erteilte der Bundesminister mit Schreiben vom 24. Januar 1991 folgende auf Art. 85 Abs. 3 GG gestützte und in einer Anlage eingehend begründete Weisung:
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"Gemäß Artikel 85 Abs. 3 des Grundgesetzes weise ich Sie an,
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1. die Bekanntmachung nach § 9 b Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 des Atomgesetzes in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 1 der Atomrechtlichen Verfahrensordnung bis spätestens zum 2. März 1991 vorzunehmen,
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2. mir den Entwurf des Bekanntmachungstextes gemäß 1. bis spätestens zum 21. Februar 1991 zur Abstimmung vorzulegen,
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3. spätestens am 11. März 1991 mit der zweimonatigen Auslegung der Unterlagen nach § 9 b Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 des Atomgesetzes und § 5 Abs. 2 sowie § 6 Abs. 1 der Atomrechtlichen Verfahrensordnung zu beginnen und
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4. mich binnen vier Wochen nach Ende der Auslegung über die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung erhobenen Einwendungen und deren wesentlichen Inhalt sowie über Ihr weiteres Vorgehen zu informieren. Entgegen Ihrer jetzigen Auffassung halte ich in Übereinstimmung mit der Mitteilung Ihres Hauses vom 15. Juni 1990 die Unterlagen für vollständig und auslegungsreif. Meine Erwägungen im einzelnen sind in der beigefügten Anlage dargestellt, die Bestandteil dieser Weisung ist."
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Gegen diese Weisung erhob das Land eine Anfechtungsklage beim Bundesverwaltungsgericht und teilte dem Bundesminister mit, daß es sich wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage gehindert sehe, die Weisung zu befolgen.
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2. a) Danach hat die Bundesregierung das vorliegende Verfahren anhängig gemacht. Sie begehrt die Feststellung, daß das Land durch die Weigerung, die Weisung zu vollziehen, die dem Bund gemäß Art. 85 Abs. 3 GG zustehende Sachkompetenz verletze, und beantragt eine einstweilige Anordnung. Die Weisung sei kompetenzgemäß erlassen; sie stehe mit der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten in Einklang. Der Bundesminister habe alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um eine Beilegung der Meinungsverschiedenheiten zu erreichen. Die Vollzugsverweigerung des Landes habe einen grundsätzlichen politischen Hintergrund.
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Die Weisung werde auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß das Bundesamt für Strahlenschutz als Antragsteller im Planfeststellungsverfahren auftrete. Durch die Weisung in "eigener Sache" wolle der Bundesminister nur die Sicherstellung der Endlagerung radioaktiver Abfälle fördern, die dem Bund gesetzlich auferlegt sei. Indessen trete dadurch keine irgendwie geartete Interessenkollision ein. Eine solche sei überhaupt nur denkbar, wenn gegensätzliche Interessen durch ein und dieselbe Instanz wahrzunehmen seien, etwa wenn sich ein marktwirtschaftlich-ökonomisches Interesse an den Erfordernissen des Gemeinwohls messen lassen müsse. Der Bundesminister sei aber ausschließlich dem Gemeinwohl verpflichtet, und zwar als Fachaufsichtsbehörde über das Bundesamt für Strahlenschutz ebenso wie als Bundesaufsichtsinstanz gemäß Art. 85 Abs. 3 GG.
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b) Die Landesregierung hält den Bund-Länder-Streit vor dem Bundesverfassungsgericht für unzulässig. Der Bund sei nicht rechtlich aktuell dadurch betroffen, daß die Anfechtungsklage das Planfeststellungsverfahren verzögere. Die Weisung werde umgehend ausgeführt, falls das Bundesverwaltungsgericht, das bereits Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt habe, die Anfechtungsklage abweise. In der dann eingetretenen Verzögerung von wenigen Wochen könne in Anbetracht der langen Vorlaufzeit und des weiteren Zeitbedarfs keine Verletzung oder Gefährdung des Weisungsrechts gesehen werden. Dem Bund stünden als Antragsteller im Planfeststellungsverfahren die effektiveren und schnelleren prozessualen Behelfe des Verwaltungsrechtswegs offen.
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Im übrigen sei der Antrag unbegründet:
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Der Bundesminister dürfe von seinem Weisungsrecht nicht in eigener Sache Gebrauch machen; jedenfalls verlange bundestreues Verhalten dann aber, auf den Rechtsstandpunkt des Landes besonders Rücksicht zu nehmen. Dies sei hier unterblieben.
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Der Bund habe den Standpunkt des Landes nicht erwogen, daß nach § 9b AtG in seiner seit dem 1. August 1990 geltenden Fassung zu prüfen sei, ob sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit, der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage entgegenstünden. Daran gemessen genügten, wie in dem Schreiben vom 20. Dezember 1990 dargelegt, die vorgelegten Planunterlagen nicht. Erforderlich sei nach § 2 Abs.1 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt, also regelmäßig eine eigenständige Umweltverträglichkeitsstudie. Daran fehle es. Auch genüge die Vorlage des Bundesamtes für Strahlenschutz nicht dem § 6 Abs. 3 Nr. 4 UVPG, weil die Darstellung der Auswirkungen auf die Umwelt lückenhaft sei; sie orientiere sich nämlich nur an den Grenzwerten des Strahlenschutzes für die Bevölkerung, lasse aber die in § 2 UVPG geforderte Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen vermissen.
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Bei der Auslegung der anzuwendenden Verfahrensvorschriften gebe es - anders als bei dem dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1990 (BVerfGE 81, 310) zugrundeliegenden Fall - keine Beurteilungsspielräume, die durch eine Weisung ausgefüllt werden könnten. Der Bundesminister überschreite mithin seine Weisungskompetenz dadurch, daß er das Land zu einem verfahrensrechtlich unzulässigen Vorgehen anweise.
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II. |
In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien ihre Rechtsauffassungen bekräftigt. Jedoch hat das Land seine zunächst erhobene Rüge, die Weisung unter Nr. 3 entspreche nicht dem Gebot der Weisungsklarheit, fallengelassen. Ferner hat es zugesichert, für den Fall, daß nach Antrag entschieden werde, innerhalb von vier Wochen nach Verkündung des Urteils das Vorhaben bekanntzumachen und die Öffentlichkeitsbeteiligung einzuleiten.
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B. |
Der Antrag ist zulässig (§§ 69, 64 Abs. 1 BVerfGG).
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1. Die Bundesregierung macht geltend, der Bund sei durch das Land Niedersachsen in seiner ihm nach Art. 85 GG zufallenden Sachkompetenz dadurch verletzt, daß das Land unter Berufung auf die von ihm erhobene Anfechtungsklage sich weigere, die nach Art. 85 Abs. 3 GG erteilte Weisung zu vollziehen. Dieser Vortrag ist hinreichend konkret, um die Verletzung der Kompetenz des Bundes als möglich erscheinen zu lassen. Das genügt zur Zulässigkeit des Antrags. Auf die voraussichtliche Verfahrensdauer beim Bundesverwaltungsgericht und die dadurch eintretende Verzögerung des Planfeststellungsverfahrens kommt es nicht an.
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2. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, daß das Land bereits den Verwaltungsrechtsweg beschritten hat. Der zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens bestehende Streit ist verfassungsrechtlicher Natur. Damit kann der Einwand der Rechtshängigkeit nicht erhoben werden.
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Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, daß Umfang und Grenzen der Verbindlichkeit einer Weisung nach Art. 85 Abs. 3 GG unmittelbar aus den kompetentiellen Rechten folgen, die das Grundgesetz Bund und Ländern zuweist (vgl. BVerfGE 81, 310 [331 f.]). Die Verletzung dieser Rechte kann nur im Bund-Länder-Streit vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden.
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C. |
Der Antrag ist begründet.
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I. |
1. Die Landesbehörden unterstehen, wenn Gesetze im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, gemäß Art. 85 Abs. 3 GG von vornherein den Weisungen der zuständigen obersten Bundesbehörde mit der Maßgabe, daß der Vollzug der Weisungen - ohne daß dem ein darauf gerichtetes besonderes Verfahren vorauszugehen hätte - von den obersten Landesbehörden sicherzustellen ist. Demgemäß können die Länder durch eine Weisung des Bundes nur dann in ihrem Recht verletzt sein, wenn gerade die Inanspruchnahme der Weisungsbefugnis - sei es als solche oder in ihren Modalitäten - gegen die Verfassung verstößt. Die Länder können nicht geltend machen, der Bund übe seine im Einklang mit der Verfassung in Anspruch genommene Weisungsbefugnis inhaltlich rechtswidrig aus und es werde dadurch in eine eigene Sachkompetenz der Länder eingegriffen (vgl. BVerfGE 81, 310 [331 ff.]).
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2. Nach Art. 85 Abs. 3 GG kann sich die Weisung auf jede Gesetzesmaterie beziehen, die vom Land in Auftragsverwaltung auszuführen ist; hierbei wird von der Weisungskompetenz die gesamte Vollzugstätigkeit des Landes erfaßt.
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Gegenstand der Weisung kann also sowohl eine nach außen hin zu treffende verfahrensabschließende Entscheidung wie auch das ihrer Vorbereitung dienende Verwaltungshandeln sein; solche Weisungen können sowohl auf Art und Umfang der Sachverhaltsermittlung und -beurteilung, wie auch auf eine bestimmte Gesetzesauslegung oder eine sonstige Frage der Rechtsanwendung gerichtet sein (vgl. BVerfGE a.a.O., S. 335).
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II. |
1. Die dem Niedersächsischen Umweltministerium erteilte Weisung stützt sich zu Recht auf Art. 85 Abs. 3 GG. Sie bezieht sich auf ein Planfeststellungsverfahren nach § 9b AtG und betrifft damit Bundesrecht, das von den Ländern im Auftrag des Bundes ausgeführt wird (Art. 87c GG i.V.m. § 24 Abs. 1 AtG). Sie hat einen verfahrensleitenden Inhalt, indem sie der obersten Landesbehörde für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens bestimmte Rechtsauffassungen in bezug auf Bekanntmachungsreife des Vorhabens und Vollständigkeit und Auslegungsreife der Unterlagen vorgibt. Der Bund hat dafür die Weisungskompetenz.
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2. Nichts anderes ergibt sich, soweit die Weisung auch die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung betrifft.
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Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nach § 9b Abs. 2 AtG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG unselbständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens. Darauf gründet sich die Beurteilung der Umweltverträglichkeit gemäß § 9b Abs. 4 Nr. 2 AtG als Teil der Entscheidungsgrundlage des Planfeststellungsverfahrens für Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle, zu dessen Regelung der Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Nr. 11a GG besitzt. Diese Gesetzgebungskompetenz umfaßt die Befugnis, die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbständigen Teil des Planfeststellungsverfahrens auszugestalten. Schon deshalb unterliegen Prüfung und Beurteilung der Umweltverträglichkeit als Akte der Ausführung des Atomgesetzes der Weisungskompetenz des Bundes. Soweit die Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß seinem § 4 im atomrechtlichen Planfeststellungsverfahren nach § 9b AtG anwendbar sind, handelt es sich um Recht, dessen Auslegung und Anwendung von der Weisungskompetenz für das Atomrecht mit ergriffen wird, weil die Weisungskompetenz die gesamte Vollzugstätigkeit des Landes innerhalb der der Auftragsverwaltung unterliegenden Gesetzesmaterie erfaßt.
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3. Der Bund kann nach Art. 85 Abs. 3 GG auch Weisungen in einem Verfahren erteilen, in dem er selbst als Antragsteller auftritt. Die Sachkompetenz, die er mit der Weisung in Anspruch nimmt, ist verfassungsrechtlich begründet. Sie wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Bund durch den Antrag einer Bundesbehörde seinen gesetzlichen Pflichten zur atomaren Entsorgung nachkommt.
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III. |
Die Weisung genügt auch in ihren Modalitäten den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
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1. Dem Gebot der Weisungsklarheit (zu den Anforderungen vgl. BVerfGE a.a.O., S. 336 f.) ist genügt.
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2. Mit der Weisung setzt sich der Bund nicht in Widerspruch zu seiner Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten (vgl. hierzu BVerfGE a.a.O., S. 337 f.). Der Bundesminister hat mehrfach zu erkennen gegeben, daß er den Erlaß einer Weisung erwäge, so im Schreiben vom 30. Oktober 1990, im Schreiben vom 28. November 1990 und im fachaufsichtlichen Gespräch am 14. Dezember 1990. Er hat dem Niedersächsischen Umweltministerium ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt und dessen Standpunkt erwogen. In der Anlage zur Weisung vom 24. Januar 1991 setzt sich der Bundesminister mit allen wesentlichen Argumenten des Niedersächsischen Ministeriums auseinander, die von diesem in dem Schreiben vom 20. Dezember 1990 vorgetragen worden sind. Es genügt, daß der Bundesminister die strittige Frage, ob das Bundesamt für Strahlenschutz als Antragsteller im Planfeststellungsverfahren eine eigenständige Umweltverträglichkeitsstudie vorzulegen habe, mit der - ersichtlich nach Prüfung der Einwände des Landes getroffenen - Feststellung beantwortet hat, eine solche Vorlage sei dem Projektträger vom Gesetz nicht auferlegt.
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3. Mit dem Einwand, diese Auslegung sei fehlerhaft, kann das Land, wie bereits festgestellt (vgl. BVerfGE a.a.O., S. 333 f.), nicht gehört werden.
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D. |
Mit diesem Urteil erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
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Mahrenholz, Böckenförde, Klein, Graßhof, Kruis, Franßen, Kirchhof, Winter |