BVerfGE 91, 276 - Parteienbegriff II |
Zum Begriff der Partei im Sinne von Art. 21 GG und § 2 des Parteiengesetzes. |
Beschluß |
des Zweiten Senats vom 17. November 1994 |
-- 2 BvB 2, 3/93 -- |
in den Verfahren über 1. den Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei", Antragsteller: Bundesregierung, vertreten durch den Bundesminister des Innern, Graurheindorfer Straße 198, Bonn, Antragsgegner: Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Friedhelm Busse, Kemptener Straße 33 (bei Föllmer), München - 2 BvB 2/93 -; 2. den Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei", Antragsteller: Bundesrat, vertreten durch den Präsidenten, Görresstraße 15, Bundeshaus, Bonn, - Bevollmächtigter: Prof. Dr. Rüdiger Wolfrum, Berliner Straße 48, Heidelberg - Antragsgegner: Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Friedhelm Busse, Kemptener Straße 33 (bei Föllmer), München - 2 BvB 3/93 -. |
Entscheidungsformel: |
Die Anträge werden als unzulässig zurückgewiesen. |
Gründe: |
A. |
Gegenstand der verbundenen Verfahren sind die Anträge der Bundesregierung und des Bundesrates auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei nach Art. 21 Abs. 2 GG, §§ 13 Nr. 2, 43 ff. BVerfGG.
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I. |
Die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) wurde am 17. März 1979 im Raum Stuttgart gegründet. Sie beschränkte ihre Aktivitäten zunächst auf Baden-Württemberg und nahm dort ohne Erfolg (0,0 v.H.) an den Kommunalwahlen (197 Stimmen) und an den Landtagswahlen (69 Stimmen) des Jahres 1980 teil. Nachdem Ende 1983 sich Anhänger und Funktionäre der am 24. November 1983 vom Bundesinnenminister verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) der FAP angeschlossen hatten, wurde die Vereinigung bundesweit ausgebaut; sie verfügte 1986/1987 über etwa 500 Mitglieder und über Landesverbände in Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Bremen und Baden-Württemberg nebst einigen Kreisverbänden in Bayern und Schleswig-Holstein. In den Folgejahren sank aufgrund andauernder Streitigkeiten in der Führung der FAP, die zum Austritt zahlreicher Mitglieder und zur Gründung neuer politischer Vereinigungen wie der "Deutschen Alternative" und der "Nationalen Offensive" - beide im Dezember 1992 vom Bundesminister des Innern verboten - führten, die Mitgliederzahl auf etwa 150 Personen. Viele Orts- und Landesverbände wurden inaktiv oder aufgelöst. Die Tätigkeit der Gesamtpartei beschränkte sich auf die gelegentliche Herausgabe ihrer Publikation "Neue Nation", auf interne Zusammenkünfte und die Durchführung einiger Kundgebungen.
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Seit 1992 konnte die FAP ihren Mitgliederschwund anhalten. Über ihre derzeitige Lage gibt es unterschiedliche Angaben. In den Antragsschriften wird unter Hinweis auf Schätzungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Jahresbericht 1992) von etwa 200 - 220 Mitgliedern gesprochen. In dem neuesten, 1994 erschienenen Verfassungsschutzbericht 1993 (S. 106) geht das Bundesamt von einer Mitgliederzahl von rund 430 aus. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 29. Juni 1994 angegeben, in ihrer Mitgliederkartei seien zur Zeit lediglich ca. 300 Personen verzeichnet.
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Wieviele Landesverbände der FAP bestehen, ist zwischen den Verfahrensbeteiligten streitig. Während die Antragsteller auf die von der FAP im April und Juni 1993 beim Bundeswahlleiter eingereichten Unterlagen verweisen, in denen zunächst 14 (Stand April 1993) und später 11 Landesverbände (Stand Juni 1993) aufgeführt sind, hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Bundesverfassungsgericht vorgetragen, es bestünden lediglich sechs Landesverbände in Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein- Westfalen, Hessen, Bayern und Berlin nebst einem Kreisverband in Schleswig-Holstein sowie mehreren kleineren Stützpunkten; die Angaben beim Bundeswahlleiter seien überholt.
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Die FAP hat sich in der Zeit ihres Bestehens gelegentlich an Wahlen zum Bundestag (1987) und zu den Landesparlamenten (Baden-Württemberg 1980, 1984, 1988; Bremen 1987; Hamburg 1986; Nordrhein-Westfalen 1985, 1990) beteiligt. Hierbei erreichte sie zwischen 54 und 929 Stimmen (0,00 bis 0,07 v.H.). Ferner nahm sie an der Europawahl 1989 und an Kommunalwahlen in Baden-Württemberg (1980, 1984, 1989), Hessen (1985), Niedersachsen (1986) und Nordrhein-Westfalen (1984) mit gleichermaßen bescheidenen Ergebnissen teil.
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II. |
Mit ihren am 16. und 28. September 1993 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenen Anträgen begehren die Bundesregierung und der Bundesrat die Feststellung, daß die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG verfassungswidrig ist.
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1. Die FAP sei eine Partei im Sinne von Art. 21 GG und § 2 Abs. 1 PartG. Sie sei ein auf Dauer angelegter freiwilliger Zusammenschluß natürlicher Personen zur organisierten Verfolgung gemeinsamer politischer Zwecke, die sich aus ihrer Satzung und ihrem Programm ergäben. Die FAP bemühe sich, wie ihre Beteiligung an verschiedenen Wahlen zeige, auf die politische Willensbildung Einfluß zu nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag und in den Landtagen mitzuwirken. Zwar habe sie als Partei seit dem 13. Mai 1990 (Landtagswahl Nordrhein-Westfalen) an keinen Wahlen mehr teilgenommen; jedoch greife die Ausschlußfrist des § 2 Abs. 2 PartG noch nicht. Die nur geringen Stimmengewinne stellten die Parteieigenschaft nicht in Frage, da der Parteibegriff keine Wahlerfolge voraussetze. Der Umfang der Organisation biete nach der Satzung, die alle Voraussetzungen des Parteiengesetzes erfülle, das Bild einer Partei mit Bundesvorstand, Landes- und Kreisverbänden. Durch Mitgliederwerbung und Gründung weiterer Verbände versuche die Antragsgegnerin, eine flächendeckende Interessen- und Willensvertretung zu organisieren. Sie verfüge über ausreichend Mitglieder und trete in der Öffentlichkeit mit regelmäßig erscheinenden Publikationen, wie vor allem der offiziellen Parteizeitung "Standarte", mit Flugblattaktionen, Unterschriftensammlungen und Demonstrationen in Erscheinung. Somit biete die FAP nach ihrem Gesamtbild eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit ihrer politischen Zielsetzung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG.
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2. Die FAP sei verfassungswidrig, da sie nach ihren Zielen und nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehe, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen und letztendlich zu beseitigen.
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a) Die Antragsgegnerin orientiere sich in ihrem Sprachgebrauch und in ihren äußeren Formen am Nationalsozialismus und dem sogenannten Dritten Reich. Sie bekenne sich zu den maßgeblichen Repräsentanten und damit zur Ideologie des Nationalsozialismus, wobei sie systematisch die Verbrechen dieses Regimes verharmlose. Sie sei antisemitisch und rassistisch ausgerichtet und mißachte die Menschenwürde deutscher und ausländischer Juden sowie der von ihr als "fremdrassig" bezeichneten und als minderwertig und kriminell eingestuften Ausländer in Deutschland. Sie propagiere die Überwindung des von ihr abgelehnten politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland und fordere die Wiederherstellung des "Großdeutschen Reiches". Bereits wegen dieser Wesensverwandtschaft mit der NSDAP sei die FAP nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfGE 2, 1 [70]) verfassungswidrig.
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b) Die Verfassungswidrigkeit der Antragsgegnerin ergebe sich ferner aus der Mißachtung der grundlegenden Prinzipien, die das Grundgesetz unter dem Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zusammenfasse. Die FAP propagiere den absoluten Vorrang der Volksgemeinschaft vor den individuellen Rechten des Einzelnen und verbreite antisemitische, ausländerfeindliche und gegen Minderheiten gerichtete diffamierende Propaganda. Damit verstoße sie gegen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.
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c) Die Antragsgegnerin lehne das Mehrparteienprinzip sowie das Recht auf Chancengleichheit für alle Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition grundsätzlich ab, weil dies mit ihrem weltanschaulich-politischen Alleinvertretungsanspruch und ihrer ideologischen Intoleranz nicht vereinbar sei. Sie gehe nach ihrer Zielsetzung darauf aus, die Grundprinzipien der Volkssouveränität, der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Gerichte zu beeinträchtigen und letztendlich zu beseitigen. Sie beabsichtige, einen neuen Staat in der Nachfolge des Dritten Reiches zu schaffen und damit die freiheitliche demokratische Grundordnung aufzuheben.
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d) Diese Ziele verfolge die FAP in aktiv-kämpferischer und aggressiver Weise. Die gehäuften Beschimpfungen, Verdächtigungen und Verleumdungen von Repräsentanten der Bundesrepublik offenbarten die Tendenz, das Vertrauen der Bevölkerung zu den Repräsentanten des Staates von Grund auf zu erschüttern, damit dadurch zugleich die freiheitliche demokratische Grundordnung insgesamt fragwürdig erscheine. Daß der Antragsgegnerin eine aktiv-kämpferische Grundtendenz immanent sei, ergebe sich bereits aus ihrer Verwurzelung im Nationalsozialismus; diese Ideologie habe bekanntermaßen die Demokratie aufs heftigste bekämpft. Die aggressive Haltung der FAP gegenüber der bestehenden Ordnung werde aber auch durch den Stil der Partei sowie durch das Verhalten ihrer Mitglieder und Funktionäre belegt. Ihre Publikationen seien reißerisch aufgemacht und zielten darauf ab, Aggressivität vor allem gegen Ausländer und Juden zu erzeugen. In der FAP seien Personen tätig, die sich durch eine erhebliche Gewaltbereitschaft auszeichneten und bei der Durchsetzung ihrer politischen Ziele häufig mit dem Strafrecht in Konflikt gerieten, was nicht zuletzt für Angehörige der Führungsebene gelte.
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Die Bundesregierung und der Bundesrat beantragen zu erkennen:
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1. Die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei ist verfassungswidrig.
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2. Die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei wird aufgelöst.
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3. Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei zu schaffen oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzusetzen.
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III. |
Die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei beantragt, die Anträge abzulehnen.
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1. Die Anträge seien unzulässig, weil die Bundesregierung und der Bundesrat ihr Antragsrecht mißbrauchten. Die Entscheidung, ob beim Bundesverfassungsgericht gegen eine vermeintlich verfassungsfeindliche Partei ein Verbotsantrag gestellt werde, sei nach allgemeiner Auffassung eine echte politische Ermessensentscheidung. Die Grenzen des Ermessensspielraums seien aber dort erreicht, wo ein Mißbrauch des Antragsrechtes vorliege. Dies sei der Fall, wenn ausnahmsweise die Möglichkeit systemkonformer Ausschaltung der vermeintlich verfassungsfeindlichen Partei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gewährleistet sei und folglich die weitere Entwicklung gefahrlos abgewartet werden könne. Demnach sei ein Verbotsantrag unzulässig, wenn der Einfluß der vermeintlich verfassungsfeindlichen Partei auf den politischen Willensbildungsprozeß des Volkes offensichtlich so gering sei, daß die Fortsetzung der von ihr ausgehenden Aktivitäten für absehbare Zeit aller Wahrscheinlichkeit nach keine Gefahr für den Staat darstelle.
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Dies sei bei der FAP der Fall. Ihr Einfluß auf den politischen Willensbildungsprozeß des Volkes sei gering; von ihr gehe keine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung aus. Sie sei eine Miniaturpartei, die nur über einen kleinen Mitglieder- und Sympathisantenkreis verfüge und schon deshalb außerstande sei, eine Gefahr für die Bundesrepublik darzustellen. Soweit sie sich an Wahlen beteiligt habe, sei sie immer erfolglos gewesen. Sie trete nur unwesentlich in der Öffentlichkeit auf. Ihre Aktivitäten beschränkten sich im wesentlichen auf die Herausgabe von Zeitungen (Neue Nation, Standarte), die aufgrund der geringen Auflage (jeweils 1.000) von keiner gesteigerten politischen Bedeutung seien, und auf interne Zusammenkünfte von Mitgliedern und Sympathisanten. Zwar handele es sich bei der FAP um eine Partei; sie müsse jedoch aufgrund ihrer Mitgliederzahl und ihrer Wahlergebnisse als unbedeutend bezeichnet werden. Auch in Zukunft werde die FAP mit großer Wahrscheinlichkeit keinen oder nur einen minimalen Einfluß auf die politische Willensbildung des Volkes nehmen können.
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Art. 21 GG diene aber der Abwehr von Gefahren, die der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch die poli- tische Betätigung einer Partei drohen könnten. Eine derartige Gefährlichkeit hätten die Antragsteller nicht dargelegt. Sie mißachteten damit auch den Grundsatz, daß ein Verbotsantrag nur als letztes Mittel des Verfassungsschutzes in Betracht komme. Die Anträge dienten nicht dem Schutz der Verfassung, sondern in unzulässiger Weise der Ausschaltung einer den etablierten Parteien unbequemen rechten Opposition.
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2. Die Anträge seien auch unbegründet, da die FAP nicht verfassungswidrig sei.
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Die Argumentation der Antragsteller sei lückenhaft, bewußt verfremdend und darüber hinaus in zahlreichen Punkten auf unwahre Behauptungen gestützt. Die Antragsteller verschwiegen bewußt die interne Entwicklung der FAP in den letzten Jahren. Viele aktuelle Quellen und Verlautbarungen der Partei würden übergangen und ausgelassen. Die Antragsteller wollten den Eindruck erwecken, die FAP gehe seit ihrer Gründung bis heute planmäßig und gezielt darauf aus, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen und letztendlich zu beseitigen. Diese Aussage sei falsch. Die FAP der 80er Jahre sei mit der FAP von heute weder personell noch ideologisch vergleichbar. Im Rahmen der parteiinternen Auseinandersetzungen Ende der 80er Jahre seien gerade die Mitglieder und Funktionäre, die in der Tradition des Nationalsozialismus gestanden hätten, aus der Partei gedrängt worden. Heute sei die FAP eine Partei, die sich zum Grundgesetz bekenne. Sie trete weder für eine Wiederzulassung der NSDAP und eine Restaurierung des Dritten Reiches noch für die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele ein.
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Die FAP lehne die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht ab, sondern wende sich lediglich gegen Mißstände in der Bundesrepublik, für die die etablierten Parteien verantwortlich seien. Nicht die FAP erschüttere das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat, vielmehr hätten die Repräsentanten dieses Staates durch eine verfehlte Politik, durch Skandale und Betrugsaffären das Vertrauen der Bevölkerung massiv geschwächt. Die Vorwürfe der Antragsteller liefen im Ergebnis darauf hinaus, jegliche Kritik an den etablierten Parteien und den von ihnen zu verantwortenden Zuständen pauschal als Ablehnung der Demokratie und des Parteiensystems zu diffamieren. Auch der Vorwurf des Rassismus und Antisemitismus sei, zumindest soweit er die heutige FAP betreffe, unzutreffend; die von der FAP geäußerte Kritik an der von den etablierten Parteien propagierten multikulturellen Gesellschaft und ihre Warnungen vor den negativen Folgen ungebremster Einwanderung bewegten sich im Rahmen zulässiger Meinungsäußerung und rechtfertigten die von den Antragstellern erhobenen Vorwürfe nicht.
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B. |
Die Anträge sind unzulässig.
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I. |
Über die Frage der Verfassungswidrigkeit einer Partei entscheidet das Bundesverfassungsgericht (Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG, §§ 13 Nr. 2, 43 ff. BVerfGG). Das Verbot politischer Vereinigungen, die nicht Parteien sind, ist Sache der vollziehenden Gewalt (Art. 9 Abs. 2 GG, §§ 3 ff. VereinsG). Ein Antrag festzustellen, ob eine Partei verfassungswidrig ist, ist mithin nur zulässig, wenn es sich bei der Antragsgegnerin um eine Partei handelt. Das Bundesverfassungsgericht beschließt im Rahmen eines Vorverfahrens unter anderem darüber, ob der Antrag unzulässig ist (§ 45 BVerfGG).
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II. |
1. Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 PartG).
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Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß der Gesetzgeber den Parteienbegriff des Art. 21 Abs. 1 GG durch diese Legaldefinition in verfassungsmäßiger Weise konkretisiert hat (vgl. BVerfGE 89, 266 [269 f.] m.N.). Sie ist danach auch für die in den vorliegenden Verfahren zu entscheidende Frage maßgeblich, ob die Antragsgegnerin eine Partei ist. § 2 PartG muß allerdings im Lichte des Art. 21 Abs. 1 GG ausgelegt und angewendet werden (vgl. BVerfGE 89, 266 [270]).
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2. Nach Art. 21 Abs. 1 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit; ihre Gründung ist frei. Der Parteibegriff wird demnach maßgeblich geprägt durch die den Parteien von Verfassungs wegen zukommende Aufgabe der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes, eine Funktion, die - zielend auf die Teilnahme an Parlamentswahlen auf der Ebene des Bundes oder eines Landes - das Wesentliche der Parteien ausmacht und ihre verfassungsrechtliche Sonderstellung gegenüber sonstigen politischen Vereinigungen erklärt (vgl. nur BVerfGE 2, 1 [73]; 20, 56 [100]; 24, 260 [264]; 44, 125 [145 f.]; 52, 63 [82 ff.]; 73, 40 [85]).
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Der Auftrag der Parteien, an der politischen Willensbildung teilzunehmen, weist auf die enge Beziehung hin, in der Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG zu Art. 20 Abs. 2 GG steht. Danach geht alle Staatsgewalt vom Volke aus und wird von ihm in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Wahlen vermögen demokratische Legitimation im Sinne des Art. 20 Abs. 2 GG nur zu verleihen, wenn sie frei sind. Das erfordert nicht nur einen von Zwang und unzulässigem Druck freibleibenden Akt der Stimmabgabe, sondern auch, daß die Wähler ihr Urteil in einem freien, offenen Prozeß der Meinungsbildung gewinnen und fällen können. In der modernen parlamentarischen Demokratie setzt dies die Existenz politischer Parteien voraus (vgl. BVerfGE 44, 125 [145]; 73, 40 [85]), aber auch die Möglichkeit, jederzeit neue Parteien zu gründen, um so neuen politischen Vorstellungen die Chance zu eröffnen, im Prozeß der politischen Willensbildung des Volkes wirksam zu werden.
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3. Ist die Beteiligung an Wahlen somit von Verfassungs wegen wesentliches und unverzichtbares Element des Parteibegriffs (vgl. BVerfGE 24, 260 [264]; 24, 300 [361]) und sind Parteien in diesem Sinne Wahlvorbereitungsorganisationen (vgl. BVerfGE 8, 51 [63]; 20, 56 [113]), so erschöpft sich doch darin, was die Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG zutreffend zum Ausdruck bringt, ihre Mitwirkung an der politischen Willensbildung nicht. Vielmehr sind die Parteien in der modernen Demokratie auch außerhalb der Wahlen wichtige Träger der ständigen Auseinandersetzung um die Festlegung der politischen Gesamtrichtung, Instrumente, durch die der Bürgerwille zwischen den Wahlen wirksam werden kann. Vornehmlich sind sie berufen, die Bürger freiwillig zu politischen Handlungseinheiten mit dem Ziel der Beteiligung an der Willensbildung in den Staatsorganen organisatorisch zusammenzuschließen und ihnen so Einfluß auf das staatliche Geschehen zu ermöglichen. Den Parteien obliegt es, politische Ziele zu formulieren und diese den Bürgern zu vermitteln sowie daran mitzuwirken, daß die Gesellschaft wie auch den einzelnen Bürger betreffende Probleme erkannt, benannt und angemessenen Lösungen zugeführt werden. Die für den Prozeß der politischen Willensbildung im demokratischen Staat entscheidende Rückkoppelung zwischen Staatsorganen und Volk ist auch Sache der Parteien. Willensbildung des Volkes und Willensbildung in den Staatsorganen vollziehen sich in vielfältiger und tagtäglicher, von den Parteien mitgeformter Wechselwirkung. Politisches Programm und Verhalten der Staatsorgane wirken auf die Willensbildung des Volkes ein und sind selbst Gegenstand seiner Meinungsbildung (vgl. BVerfGE 85, 264 [284 f.] m.N.).
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Um dieser Rolle im Prozeß politischer Willensbildung und staatlicher Entscheidungsfindung gerecht zu werden, müssen die Parteien nach außen tätig werden, im Wettbewerb mit anderen Parteien und sonstigen auf die Bildung der öffentlichen Meinung Einfluß nehmenden Einrichtungen und Verbänden die Bürger von der Richtigkeit ihrer Politik zu überzeugen versuchen. Die Parteien müssen darauf bedacht sein, die im Volk vorhandenen Meinungen, Interessen und Bestrebungen zu sammeln, in sich auszugleichen und zu Alternativen zu formen, unter denen die Bürger auswählen können, um ihren Willen gegenüber den Staatsorganen zur Geltung zu bringen; nur dadurch werden die Parteien ihrer Aufgabe gerecht, dem Volk Möglichkeiten zu bieten, auch zwischen den Wahlen Einfluß auf die Entscheidungen der obersten Staatsorgane zu gewinnen (vgl. BVerfGE 85, 264 [285 f.] m.N.).
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4. a) Die Erfüllung der so umschriebenen Aufgaben einer politischen Partei erfordert einen nicht unerheblichen Aufwand an persönlichen und sachlichen Mitteln, den, da er abhängig ist von ihrer Größe, nicht alle Parteien in gleicher Weise bereitzustellen vermögen. Vor allem aber kann von Parteien, die sich noch im Stadium der Gründung befinden und im Prozeß der politischen Willensbildung erst Fuß zu fassen beginnen, nur eine Wahrnehmung dieser Aufgaben in Ansätzen verlangt werden. Anderenfalls gerieten die Anforderungen an den Begriff der politischen Partei in einen Widerspruch zu der von Art. 20 GG gebotenen Offenheit des demokratischen Prozesses. Deswegen und um künftigen politischen Entwicklungen Raum zu geben und einer Erstarrung des Parteienwesens vorzubeugen, gewährleistet Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG jeder politischen Vereinigung die Chance, bei der politischen Willensbildung als Partei mitzuwirken.
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Aus dieser verfassungsrechtlich verbürgten Freiheit der Parteigründung und aus der Bedeutung der Parteien und des Mehrparteiensystems für die freiheitliche Demokratie folgt unmittelbar der Grundsatz der Chancengleichheit aller Parteien, vor allem im Bereich der Wahlen (stRspr; vgl. nur BVerfGE 82, 322 [337] m.N.). Die Entscheidung über die Möglichkeit einer politischen Partei, sich an der Bildung des Staatswillens tatsächlich zu beteiligen, hat das Grundgesetz dem Bürger und seiner in regelmäßigen Abständen neu zu treffenden Wahlentscheidung anvertraut. Dies steht einer Auslegung des Parteibegriffs entgegen, die die Parteieigenschaft auf "erfolgreiche" und vom Wähler in der Vergangenheit bereits "bestätigte" politische Vereinigungen beschränkt.
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b) Andererseits müssen Parteien auch in der Gründungsphase mindestens ansatzweise, mit wachsendem zeitlichen Abstand vom Gründungsdatum zunehmend in der Lage sein, die ihnen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz zugedachten Aufgaben wirksam zu erfüllen. Allein der Wille "Partei" zu sein, ist nicht ausreichend. Im Blick auf die bei der Zulassung zur Wahl zu stellenden Anforderungen hat der Senat festgestellt, sie sollten gewährleisten, daß sich nur ernsthafte politische Vereinigungen und keine Zufallsbildungen von kurzer Lebensdauer um Wähler bewerben (vgl. BVerfGE 89, 266 [270]). Daraus folgt im vorliegenden Zusammenhang, daß es gewisser objektiver, im Ablauf der Zeit an Gewicht gewinnender Voraussetzungen bedarf, um einer politischen Vereinigung den Status einer Partei zuerkennen zu können.
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c) Bei der näheren Bestimmung des in § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG definierten Begriffs der politischen Partei ist demnach zu berücksichtigen, daß mit der Gründung einer politischen Partei eine ständige Mitwirkung an der Willensbildung des Volkes ernstlich beabsichtigt ist. Während es in der Phase des Beginns mehr auf den sich in der Gründung als Partei artikulierenden Willen zur Mitwirkung an der politischen Willensbildung ankommt, muß sich mit fortschreitender Dauer des Bestehens der politischen Vereinigung die Ernsthaftigkeit ihrer politischen Zielsetzung vor allem auch anhand objektiver Kriterien bestätigen, die ihre Fähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben einer Partei erkennen lassen.
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Folgerichtig bestimmt deshalb § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG, daß der Wille einer politischen Vereinigung zur Einflußnahme auf die politische Willensbildung und zur Mitwirkung an der Vertretung des Volkes in den Parlamenten allein nicht genügt. Vielmehr müssen hinter dem verbalen Anspruch einer als Partei gegründeten und sich entwickelnden Vereinigung, an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken zu wollen, gewisse Wirklichkeiten stehen, die es erlauben, sie als Ausdruck eines ernsthaften, in nicht zu geringem Umfang im Volke vorhandenen politischen Willens anzusehen (vgl. BVerfGE 3, 19 [27]). Die Parteieigenschaft ist daher auch nach äußeren Merkmalen zu beurteilen: die politische Vereinigung muß - wie es § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG umschreibt - nach dem Gesamtbild ihrer tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit, eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit ihrer Zielsetzung bieten (vgl. auch BVerfGE 47, 198 [222]; 89, 291 [306]).
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5. a) Die objektiven Merkmale der sogenannten Ernstlichkeitsklausel des § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG sind nach alledem im Blick auf die den Parteien in dieser Vorschrift - in Übereinstimmung mit Art. 21 Abs. 1 GG - zugewiesenen Aufgaben auszulegen.
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Wegen der den Parteien um der Offenheit des politischen Prozesses willen verfassungsrechtlich verbürgten Gründungsfreiheit ist bei politischen Vereinigungen, die am Beginn ihres Wirkens als Parteien stehen, zu berücksichtigen, daß der Aufbau einer Organisation, die sie zur Wahrnehmung ihrer Funktionen befähigt, eine gewisse Zeit erfordert. Entscheidend ist das "Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse". Die in § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG angesprochenen, nicht trennscharf voneinander abzugrenzenden objektiven Merkmale - deren Aufzählung nicht erschöpfend ist (vgl. BVerfGE 89, 266 [270]), denen regelmäßig aber ein großes Gewicht zukommt (vgl. BVerfGE 89, 291 [306]) - sind Indizien für die Ernsthaftigkeit der politischen Zielsetzung. Keines ist für sich genommen ausschlaggebend, und nicht alle müssen von der Partei stets im gleichen Umfang erfüllt werden. Vielmehr bleibt es der Partei grundsätzlich überlassen, wie sie die Ernsthaftigkeit ihrer Zielsetzung unter Beweis stellt. Ihr ist es unbenommen, in ihrer politischen Arbeit Schwerpunkte zu setzen, sei es etwa im Bereich der Mitgliederwerbung und -aktivierung, der Öffentlichkeitsarbeit zwischen den Wahlen oder der Wahlteilnahme. Zurückhaltung in einem Bereich kann durch verstärkte Bemühungen auf anderen Gebieten in gewissen Grenzen ausgeglichen werden.
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Insgesamt kommt es darauf an, ob die Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse einer Partei - unter Einschluß der Dauer ihres Bestehens - den Schluß zuläßt, daß sie ihre erklärte Absicht, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, ernsthaft verfolgt. Daraus ergibt sich, daß Vereinigungen, die nach ihrem Organisationsgrad und ihren Aktivitäten offensichtlich nicht imstande sind, auf die politische Willensbildung des Volkes Einfluß zu nehmen, bei denen die Verfolgung dieser Zielsetzung erkennbar unrealistisch und aussichtslos ist und damit nicht (mehr) als ernsthaft eingestuft werden kann, nicht als Parteien anzusehen sind.
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b) Dem kann nicht etwa mit dem Hinweis auf § 2 Abs. 2 PartG begegnet werden. Die Vorschrift, nach der eine Vereinigung ihre Rechtsstellung als Partei verliert, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat, besagt nicht, daß für die Eigenschaft einer Vereinigung als Partei allein die Teilnahme an Parlamentswahlen maßgeblich ist. Auch eine lückenhafte Teilnahme an Wahlen, bei der die Unterbrechung der Wahlteilnahme weniger als sechs Jahre beträgt, kann durchaus im Zusammenhang mit anderen Momenten die Ernsthaftigkeit der Zielsetzung als Partei in Frage stellen, etwa mit einer dauerhaft schwachen Organisation, mit deren Zerfall, der Unfähigkeit zur Verbreiterung der auf niedrigem Niveau verharrenden Mitgliederbasis, existenzgefährdendem Mitgliederschwund oder auch einem beständigen Fehlen finanzieller Mittel, das wirksames politisches Handeln ausschließt (vgl. BVerfGE 89, 266 [271]). Gleiches gilt, wenn aus solchen Momenten erkennbar wird, daß eine Wahlteilnahme nur zum Zwecke der bloßen Behauptung der Parteieigenschaft unternommen wird. Ebensowenig schließen § 2 Abs. 2 PartG und der Grundsatz, daß die Parteieigenschaft nicht auf "erfolgreiche" und vom Wähler in der Vergangenheit bereits "bestätigte" politische Vereinigungen beschränkt ist, es aus, einen anhaltend fehlenden Wahlerfolg im Rahmen der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse als ein Moment mitzuberücksichtigen (vgl. BVerfG a.a.O., S. 272); das gilt jedenfalls dann, wenn sich die Abstimmungserfolge prozentual im Bagatellbereich bewegen und der Mißerfolg in Wahlen nur ein Spiegelbild der allgemein desolaten Situation der politischen Vereinigung darstellt.
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III. |
Gemessen an diesem Maßstab ist die Antragsgegnerin keine Partei.
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Zwar handelt es sich bei der FAP um eine Vereinigung von Bürgern, die - nach ihrer Satzung und ihrem Programm - auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen und an der Vertretung des Volkes in den Parlamenten mitwirken will. Jedoch bietet die Antragsgegnerin nach dem Gesamtbild ihrer tatsächlichen Verhältnisse, wie es sich nach dem Vortrag der Verfahrensbeteiligten und dem vorliegenden Tatsachenmaterial darstellt, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit keine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung.
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1. Die FAP gliedert sich formal in einen Bundesvorstand und eine Mehrzahl von Landesverbänden, die zum Teil über einige Untergliederungen auf Kreisebene verfügen. Angesichts der - selbst wenn man die neuesten Schätzungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz zugrundelegt - geringen Anzahl der Mitglieder besteht indes diese Organisation im wesentlichen nur auf dem Papier. Da es sich bei der Antragsgegnerin nicht um eine regional begrenzte Gruppe von relativer Dichte, sondern um eine über viele Bundesländer verstreute Vereinigung handelt, ist nicht ersichtlich, wie mit den vorhandenen Mitgliedern über eine bloße Vereinsarbeit hinaus eine Mitwirkung in Volksvertretungen des Bundes und der Länder vorbereitet und durchgeführt werden soll. Die geringe Mitgliederzahl und die dadurch bedingte mangelnde Organisationsdichte haben in der Vergangenheit dazu geführt, daß die FAP zu einer kontinuierlichen und effektiven Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes weitgehend außerstande gewesen ist. Dies zeigt sich beispielhaft an der nur gelegentlichen und in den letzten Jahren eingestellten Beteiligung der FAP an Wahlen, aber auch daran, daß, wie der Bundesrat in seiner Antragsschrift erwähnt, zur Zeit einige Landesverbände der FAP inaktiv oder tatsächlich nicht vorhanden sind. Auch die unterschiedlichen Angaben, welche die Antragsgegnerin einerseits gegenüber dem Bundeswahlleiter, andererseits gegenüber dem Bundesverfassungsgericht über die Existenz von Landesverbänden gemacht hat, zeigen, daß die Gründung und Fortdauer dieser Verbände vielfach auf tönernen Füßen steht.
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Ausdruck einer für eine bestimmungsgemäße Handlungs- und Arbeitsfähigkeit - nicht zuletzt wegen fehlender finanzieller Mittel - nicht ausreichenden Organisation ist es, daß die FAP nach ihren beim Bundeswahlleiter nach § 6 Abs. 3 PartG eingereichten Unterlagen offenbar über eingerichtete Geschäftsstellen weder auf Bundes- noch auf Landesebene verfügt; der Schriftverkehr läuft über Postfächer.
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Die FAP ist in der Zeit ihres Bestehens ihrer Pflicht zur jährlichen öffentlichen Rechenschaftslegung nach § 23 PartG nicht nachgekommen. Zwar wird der Parteienstatus durch eine solche Rechenschaftslegung weder begründet, noch schließt die Nichterfüllung dieser Pflicht ihn von vornherein aus. Jedoch kann eine ständige Nichterfüllung der Pflicht zur öffentlichen Rechenschaftslegung - die nicht zuletzt auch Rückschlüsse auf die Ernstlichkeit des Willens, Partei sein zu wollen, zuläßt - gerade bei kleineren Splittergruppen Hinweise auf den Organisationsgrad und die finanzielle Leistungsfähigkeit geben. Denn die Erstellung jährlicher Rechenschaftsberichte setzt eine funktionstüchtige laufende Buchführung voraus und bringt - aufgrund der notwendigen Kontrolle durch einen Wirtschafts- oder vereidigten Buchprüfer - finanzielle Belastungen mit sich. Auch aus dem vorliegenden Schriftmaterial, insbesondere der an einigen Stellen in den Publikationen der FAP selbst angesprochenen prekären finanziellen Lage der Partei, ergibt sich, daß die Antragsgegnerin nicht über den Organisationsgrad und Mitgliederbestand verfügt, der - wie das tatsächliche Erscheinungsbild der FAP zeigt - für eine geordnete und kontinuierliche Parteiarbeit wie auch für die Durchführung effektiver Wahlkämpfe ausreichend ist.
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Die Antragsgegnerin tritt im wesentlichen nur mit Aktionen im Zusammenhang mit den jährlichen Gedenkfeiern für Rudolf Heß, die von verschiedenen rechtsextremen Gruppierungen getragen werden, in Erscheinung; auf entsprechende Veranstaltungen am 14. und 17. August 1993 in Fulda und Cottbus wird insoweit in den Antragsschriften Bezug genommen. Dem vorliegenden Schriftmaterial läßt sich nicht entnehmen, daß die FAP darüber hinaus in nennenswertem Umfang politisch aktiv ist. Sie beschränkt sich - auch nach ihrem Vortrag in den vorliegenden Verfahren - in erster Linie auf interne Zusammenkünfte. Von einem Hervortreten in der Öffentlichkeit und einer nachhaltigen Resonanz als politischer Partei kann keine Rede sein.
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Dies gilt auch im Hinblick auf die - im übrigen meist kurzlebigen und in ihrer Existenz regelmäßig mit der Mitgliedschaft des jeweiligen Herausgebers verbundenen - wechselnden Publikationen der Antragsgegnerin in der Vergangenheit. Die zur Zeit - bundesweit - erscheinenden Zeitungen "Neue Nation" und "Standarte" sind aufgrund ihrer geringen Auflage, ihrer unregelmäßigen Erscheinungsweise und der Art ihrer Verbreitung in Form vor allem der Übersendung an Mitglieder, Anhänger befreundeter Gruppierungen und Interessenten aus dem "nationalen Lager" nicht geeignet, die FAP und ihre politischen Vorstellungen der breiteren Öffentlichkeit und damit den Wählern bekannt zu machen.
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Eine Gruppierung, die vorwiegend außerhalb der politischen Öffentlichkeit tätig ist und deren "Partei" leben sich weitgehend auf interne Vereinsarbeit beschränkt, ist keine Partei im Sinne des Grundgesetzes.
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3. Die Antragsgegnerin verfügt über keinerlei Unterstützung in der Bevölkerung. Sie hat in der letzten Zeit ihre früheren gelegentlichen - allerdings ohne jeden ins Gewicht fallenden Erfolg gebliebenen - Wahlaktivitäten nahezu gänzlich eingestellt. Das letzte Mal hat sie als "Partei" 1990 an den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und dort auch nur in einem Wahlkreis mit einem Ergebnis von 56 Stimmen teilgenommen; in Berlin, dem neben Nordrhein-Westfalen stärksten Verband, haben im Mai 1992 Mitglieder der FAP nicht einmal mehr als Partei, sondern nur als Wählergemeinschaft für die Bezirksverordnetenversammlungen kandidiert. Demgegenüber hat sich die Antragsgegnerin weder an den Bundestagswahlen 1990 und 1994 noch an den letzten Landtags- und Bürgerschaftswahlen in Baden-Württemberg, Bremen und Hamburg und auch nicht an der Europawahl 1994 beteiligt, obwohl gerade dies die Wahlen gewesen sind, zu denen sie - neben Nordrhein-Westfalen - in früheren Jahren gelegentlich angetreten ist.
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Soweit sich die FAP früher an Wahlen beteiligt hat, war sie im übrigen nie in der Lage, eine größere Anzahl von Kandidaten für verschiedene Wahlbezirke aufzustellen, was die Annahme nahelegt, daß es sich schon damals im wesentlichen nur um Aktivitäten einzelner ihrer Mitglieder gehandelt hat.
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Zudem blieb die Antragsgegnerin bei sämtlichen Wahlen, an denen sie sich seit ihrer Gründung beteiligt hat, erfolglos (0,00 bis 0,07 v.H. der gültigen Stimmen). Insoweit kann ersichtlich nicht davon gesprochen werden, daß hinter den verbalen Zielsetzungen dieser Vereinigung Wirklichkeiten stehen, die es erlauben, sie als Ausdruck eines ernsthaften, in nicht zu geringem Umfang im Volk vorhandenen politischen Willens anzusehen.
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4. Nach alledem kann nicht davon gesprochen werden, die in der Satzung und im Programm der Antragsgegnerin niedergelegte Zielsetzung der politischen Einflußnahme und der parlamentarischen Vertretung sei "ernsthaft". Es handelt sich vielmehr um eine offenbar aussichtslose Absicht, die das Ziel parlamentarischer Vertretung als gänzlich wirklichkeitsfern erscheinen läßt. Es ist auch nicht erkennbar, daß die Antragsgegnerin irgendwelche erheblichen Anstrengungen unternommen hat, um ihre derzeitige Situation grundlegend zu ändern. Wenn eine Vereinigung sich aber offenkundig mit dem Zustand absoluter Bedeutungslosigkeit - wie er auch aus ihrer Antragserwiderung hervorgeht - abfindet, erweist sich der bekundete Wille zur politischen Einflußnahme und zur Mitwirkung an der Vertretung des Volkes in den Parlamenten als ein bloß vorgeblicher, mithin als Maskerade.
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Angesichts ihrer mangelnden Organisationsdichte, einer nicht ausreichend handlungs- und arbeitsfähigen Parteiorganisation, des geringen Mitgliederbestandes, des fehlenden kontinuierlichen Hervortretens in der Öffentlichkeit und des Mangels an jeglichem Widerhall in der Bevölkerung bietet die FAP keine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit ihrer politischen Zielsetzung. Sie ist keine Partei im Sinne von Art. 21 GG, § 2 Abs. 1 PartG. Das besondere, wegen der herausgehobenen verfassungsrechtlichen Stellung der politischen Parteien beim Bundesverfassungsgericht monopolisierte, vom allgemeinen Vereinsrecht abweichende Verbotsverfahren findet deshalb auf sie keine Anwendung.
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Limbach, Böckenförde, Klein, Graßhof, Kruis, Kirchhof, Winter, Sommer |