BVerfGE 93, 248 - Sudanesen |
Beschluß |
des Zweiten Senats vom 12. September 1995 gemäß § 32 BVerGG |
-- 2 BvR 1906, 1907, 1908, 1909, 1910, 1911, 1912/95 -- |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden der sudanesischen Staatsangehörigen 1. ... ... hier: Anträge auf Erlaß einstweiliger Anordnungen. |
Entscheidungsformel: |
Die Anträge auf Erlaß einstweiliger Anordnungen werden abgelehnt. |
Gründe: |
I. |
Die Antragsteller, sudanesische Staatsangehörige, landeten im Verlauf des Juli 1995, ohne im Besitz gültiger Pässe zu sein, auf dem Flughafen Frankfurt/Main und beantragten ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Sie hielten sich während des Verfahrens noch auf dem Flughafengelände im Transitbereich auf und befanden sich zeitweise dort im Hungerstreik.
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Nach Anhörung durch das Grenzschutzamt sowie durch die Außenstelle des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte letzteres die Asylanträge mit Bescheiden vom 19. Juli 1995 (betr. Antragsteller zu 1.), vom 27. Juli 1995 (betr. Antragsteller zu 2. und 3.), vom 3. August 1995 (betr. Antragsteller zu 5., 6. und 7.) sowie vom 4. August 1995 (betr. Antragsteller zu 4.) als offensichtlich unbegründet ab. Mit Verfügungen vom 19. Juli 1995 (betr. Antragsteller zu 1.), vom 27. Juli 1995 (betr. Antragsteller zu 2. und 3.), vom 3. August 1995 (betr. Antragsteller zu 5., 6. und 7.) und vom 4. August 1995 (betr. Antragsteller zu 4.) verweigerte das Grenzschutzamt Frankfurt/Main daraufhin den Antragstellern die Einreise. Gegen die Bescheide des Bundesamtes und des Grenzschutzamtes haben die Antragsteller beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und gleichzeitig gemäß § 18a Abs. 4 AsylVfG in Verbindung mit § 123 VwGO die Gewährung von Eilrechtsschutz (Gestattung der Einreise) beantragt. Diese Anträge hat das Verwaltungsgericht mit Beschlüssen vom 31. Juli und 14. August 1995 (betr. den Antragsteller zu 1.), vom 11. August 1995 (betr. die Antragsteller zu 2. und 3.) und vom 14. August 1995 (betr. die Antragsteller zu 4., 5., 6. und 7.) abgelehnt. Die gegen diese Beschlüsse erhobenen Verfassungsbeschwerden hat die 1. Kammer des Zweiten Senats mit Beschluß vom 23. August 1995 mit der Begründung nicht zur Entscheidung angenommen, die Antragsteller seien im Hinblick auf ihr Vorbringen gehalten, zunächst Abänderungsanträge entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO beim Verwaltungsgericht zu stellen; in diesem Verfahren werde das Verwaltungsgericht insbesondere auch zu prüfen haben, ob wegen der großen Publizität, welche die Asylverfahren der Beschwerdeführer mit ihren Begleitumständen (Hungerstreik) erlangt hätten, die bisherige Bewertung aufrechterhalten werden könne, die Tatsache der Asylantragstellung ziehe im Sudan - weil nicht bekannt - keine staatlichen Verfolgungsmaßnahmen nach sich.
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Die Antragsteller hatten zwischenzeitlich bereits beim Verwaltungsgericht Abänderungsanträge entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Das Verwaltungsgericht hat sie mit im wesentlichen gleichlautenden Beschlüssen vom 23. August 1995 abgelehnt. Mit weiteren, ebenfalls gleichlautenden Beschlüssen vom selben Tag hat das Verwaltungsgericht dem Grenzschutzamt aufgegeben, die Zurückschiebung der Antragsteller solange nicht zu vollziehen, wie durch den Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Sportmedizin, Dr. med. Axel Rambow aus Frankfurt/Main, dessen täglicher Untersuchung sie sich zu unterziehen hätten, eine durch die Vollzugsmaßnahme zu besorgende Gesundheitsgefahr bescheinigt wird.
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Gegen sämtliche Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 23. August 1995 - teilweise auch gegen die Bescheide des Bundesamtes und des Grenzschutzamtes - haben die Beschwerdeführer am 24. August 1995 wiederum Verfassungsbeschwerden erhoben; gleichzeitig beantragen sie, ihnen im Wege der einstweiligen Anordnung die Einreise zu gestatten.
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Durch Beschluß vom 24. August 1995 hat die Kammer dem Grenzschutzamt Frankfurt/Main zunächst bis zum 8. September 1995 untersagt, die Einreiseverweigerungen zu vollziehen; eine weitere Entscheidung über die Anträge auf Erlaß einstweiliger Anordnungen blieb vorbehalten.
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II. |
Die Anträge auf Erlaß einstweiliger Anordnungen haben keinen Erfolg.
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Es kann offen bleiben, ob die Verfassungsbeschwerden gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 23. August 1995, mit denen die nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellten Änderungsanträge abgelehnt worden sind, zulässig und jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet sind; ebenso kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG für die Annahme der Verfassungsbeschwerden zur Entscheidung gegeben sind. Gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. An diesen Voraussetzungen für ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts fehlt es hier. Ein weiterer Aufschub der Vollziehung der gemäß § 18a Abs. 3 AsylVfG ausgesprochenen Einreiseverweigerungen ist nicht erforderlich, um einen schweren Nachteil von den Antragstellern abzuwenden. Auch aus anderen Gründen ist eine vorläufige Regelung zur Sicherung der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden nicht dringend geboten.
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1. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und - ihm folgend - das Verwaltungsgericht im Eilverfahren haben die von den Antragstellern vorgebrachten Gründe für ihre Flucht aus dem Sudan teils schon nicht als Darlegung einer politischen Verfolgung und im übrigen als nicht glaubhaft gemacht angesehen und deshalb die Asylanträge, soweit sie auf Anerkennung als Asylberechtigte (Art. 16a Abs. 1 GG) gerichtet sind, als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen haben die Antragsteller mit den anhängigen Verfassungsbeschwerden keine substantiierten Einwendungen erhoben. Die Antragsteller berufen sich im wesentlichen darauf, daß für sie eine Gefahr politischer Verfolgung im Falle ihrer Rückführung in ihr Heimatland infolge der Asylantragstellung und ihres Hungerstreiks sowie im Hinblick auf die Publizität ihrer Aktionen im In- und Ausland - insbesondere auch im Sudan selbst - bestehe; die sudanesischen Behörden würden das ihnen bekannt gewordene Verhalten der Antragsteller in Deutschland als offen zum Ausdruck gebrachte Kritik am sudanesischen Staat werten und nach allen über die Verhältnisse im Sudan verfügbaren Berichten hierauf mit schweren staatlichen Verfolgungsmaßnahmen reagieren. Damit stützen sich die Antragsteller auf einen subjektiven (selbstgeschaffenen) Nachfluchtgrund, der hier auch nicht ausnahmsweise einen Anspruch auf Schutz nach Art. 16a Abs. 1 GG begründen kann (vgl. dazu BVerfGE 74, 51 [65 f.]). Im Rahmen der anstehenden Entscheidung über die Anträge auf Erlaß einstweiliger Anordnungen ist Gegenstand des Verfahrens mithin allein das im Asylantrag (vgl. § 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG) enthaltene und vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sowie vom Verwaltungsgericht ebenfalls als offensichtlich unbegründet bewertete Begehren auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG; diese Vorschrift findet gemäß § 60 Abs. 5 AuslG auch im Falle der Zurückweisung vor erfolgter Einreise entsprechende Anwendung. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die fehlerhafte Anwendung des im Rang unter der Verfassung stehenden § 51 Abs. 1 AuslG durch ein Verwaltungsgericht zugleich eine Grundrechtsverletzung darstellt, ist eine Frage der Begründetheit der Verfassungsbeschwerde, die hier offenbleiben muß. Für die Anwendung des § 32 Abs. 1 BVerfGG ist vielmehr danach zu fragen, ob in tatsächlicher Hinsicht eine anders nicht zu behebende, schwerwiegende Beeinträchtigung der Antragsteller droht, so daß ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts zur Abwehr dieses schweren Nachteils dringend geboten ist. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß zumindest eine überwiegende Wahrscheinlichkeit sprechen.
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2. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, daß die Antragsteller nach der Rückführung in ihr Heimatland wegen ihres Verhaltens in Deutschland staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sein könnten, die für sie einen schweren Nachteil darstellen, ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu erkennen. Damit ist auch der Erlaß einer einstweiligen Anordnung nicht geboten.
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a) Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat mit Schreiben an das Bundesverfassungsgericht vom 4. September 1995 wie folgt Stellung genommen:
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"Die auch vom Bundesverfassungsgericht angesprochene besondere Publizität, die die vorliegenden Verfahren gefunden haben, hat Veranlassung gegeben - auch im Hinblick auf ein mögliches Wiederaufgreifen des Verfahrens durch das Bundesamt - das Auswärtige Amt um eine konkrete Gefahrenanalyse hinsichtlich der Beschwerdeführer zu bitten.
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Das Auswärtige Amt hat mit Schreiben vom 01. September 1995 (in der Anlage beigefügt) Stellung genommen. Hieraus ist ersichtlich, daß den Beschwerdeführern nach wie vor keine Gefährdung bei der Rückkehr in den Sudan droht."
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Die beigefügte Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 1. September 1995 hat im wesentlichen folgenden Wortlaut:
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"... Nach den dem Auswärtigen Amt vorliegenden Erkenntnissen werden ausgewiesene bzw. abgeschobene Asylbewerber im Sudan allein aufgrund eines im Ausland durchgeführten Asylverfahrens bei einer Rückkehr in den Sudan nicht verfolgt. Dem Auswärtigen Amt liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß im konkreten Fall den sieben Sudanesen wegen ihrer Asylantragstellung politische Verfolgung droht. Zu den bisher zur Unterstützung einer solchen Befürchtung angeführten Fällen ist zu bemerken:
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Im Falle von ... konnte - auch nach Auskunft niederländischer Stellen - ein Voraufenthalt in den Niederlanden ebensowenig festgestellt werden, wie eine Abschiebung in den Sudan. Auch im Falle von ... ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für politische Verfolgung. ... hat am 14. und 28. August 1995 in der deutschen Botschaft Khartoum vorgesprochen. Er ist nach eigenem Bekunden keinen politischen Verfolgungsmaßnahmen durch die sudanesischen Behörden ausgesetzt.
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Es trifft zu, daß die sudanesische Regierung wie auch die sudanesischen Sicherheitsbehörden über die Asylantragstellung der Sieben unterrichtet sind. So hat nach hiesigen Erkenntnissen die sudanesische Botschaft in Bonn ihre Regierung über die in den hiesigen Medien veröffentlichten Berichte unterrichtet. Die aufgrund der umfangreichen hiesigen Medienberichterstattung im Sudan bekannte Asylantragstellung wird von der sudanesischen Regierung nicht in einer Weise behandelt, die politische Verfolgung befürchten läßt. Der Fall wurde mit dem Staatssekretär im sudanesischen Außenministerium Awad El Karim Fadlalla vom deutschen Geschäftsträger am 31. August 1995 erörtert. Der Staatssekretär sicherte dabei zu, daß die Sieben nach der Rückkehr keine staatliche Verfolgung oder menschenrechtswidrige Behandlung zu befürchten hätten. Bei ihrer Rückkehr würden sie lediglich zur Identitätsfeststellung bei Einreise durch die Immigrationsbehörden befragt werden, da sie nicht im Besitz von Reisedokumenten seien. Eine derartige Befragung entspricht den üblichen Verfahren bei der Einreise ohne Reisedokument.
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Eine politische Verfolgung ist zusätzlich unwahrscheinlich, weil ein Verfolgungsrisiko durch staatliche- und Sicherheitsorgane erfahrungsgemäß erheblich reduziert wird, wenn die betreffende Person (westlichen) Botschaften bekannt ist und die Gastregierung dies weiß.
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Die sudanesische Regierung hat im übrigen am 24.08.1995 die Freilassung zahlreicher politischer Gefangener verfügt. Sie ist bemüht, ihr schlechtes menschenrechtliches Bild zu verbessern. Diesen Zweck würde sie bei einer menschenrechtswidrigen Behandlung der Sieben gefährden."
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Mit weiterer Stellungnahme vom 5. September 1995 hat das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge dem Bundesverfassungsgericht einen Drahtbericht der deutschen Botschaft in Khartoum vom 1. September 1995 übermittelt, in dem es heißt:
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"1. sud am regte an, gemeinsam mit deutscher botschaft vertreter aus anlass des eintreffens o.g. sud sta in khartoum an flughafen zu entsenden. anregung soll dem vernehmen nach vom stm im sud am und exponiertem vertreter der herrschenden nif, dr. ghazi salah ed din atabani, stammen. gegenleistung der botschaft khartoum bestand in zusicherung, sud am rechtzeitig ueber termin einer evtl. ausweisung zu informieren.
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2. angebot einer offiziellen kooperation bestaetigt bisherige lagebeurteilung durch botschaft khartoum und raeumt ihr erkundungs- und kontrollmoeglichkeiten zum schutz o.g. personen vor politischer verfolgung ein.
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3. botschaft khartoum bittet um moeglichst fruehzeitige information darueber, ob und wann o.g. personen ausgewiesen werden sollen."
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Unter dem 7. September 1995 wandte sich das Bundesverfassungsgericht fernmündlich an das Auswärtige Amt mit der Bitte, eine eigene Einschätzung der Effektivität der mündlichen Zusicherung des Staatssekretärs im sudanesischen Außenministerium zu geben, von der in der Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 1. September 1995 berichtet worden ist; ferner wurde darum gebeten, die zuständigen Behörden des Sudan um eine schriftliche Bestätigung der gegebenen Zusicherung zu ersuchen. Daraufhin hat zunächst das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge unter dem 11. September 1995 einen Bericht des Auswärtigen Amtes vom gleichen Tage vorgelegt, in dem es im wesentlichen heißt:
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"1. fuehrende sudanesische nif-politiker haben bestaetigt: den zur abschiebung vorgesehenen 7 sudanesischen staatsangehörigen drohen nach ihrer rueckführung in den sudan keine staatlichen verfolgungsmassnahmen. vernehmung bzw. befragung durch polizei oder sicherheitsdienste ist allerdings wahrscheinlich. die botschaft erhaelt gelegenheit, mit den betroffenen nach deren eintreffen in khartoum kontakt zu halten, um einhaltung der zusagen ueberpruefen zu koennen.
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2. die zusage des staatssekretärs im sudanesischen aussenministerium, awad el karim fadlallah wonach den 7 nach ihrer rueckkehr in den sudan --keine-- staatliche verfolgung droht und keine menschenrechtswidrige behandlung zu befuerchten ist, ist tatsaechlich auf hoechster fuehrungsebene eroertert und gebilligt worden. dies rechtfertigt die annahme, dass die effektive staatsgewalt fuer die einhaltung der zusage auch gegenueber den sudanesischen innen- und sicherheitsbehoerden sorgen wird.
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3. mahdi ibrahim, staatsminister im praesidialamt und damit einer der engsten mitarbeiter des staatspraesidenten omer al beshier, hat dem botschafter am 10.09.1995, muendlich verbindlich zugesichert, dass die o.a. personen frei von verfolgung und staatlicher menschenrechtswidriger behandlung bleiben. die bitte des botschafters um eine entsprechende - schriftliche - zusicherung wurde mit zurueckhaltung aufgenommen, da nach sudanesischem verstaendnis die ausdruecklichen muendlichen erklaerungen gegenueber botschafter und geschaeftstraeger ausreichend sind. angesichts dieser reaktion kann nicht damit gerechnet werden, dass die sudanesische seite eine zusaetzliche schriftliche zusicherung gibt. die botschaft hat jedoch diese bitte aufrecht erhalten."
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Am Nachmittag des 11. September 1995 hat das Bundesministerium des Innern dem Bundesverfassungsgericht die Kopie einer Verbalnote des sudanesischen Außenministeriums übersandt. Diese hat folgenden Wortlaut:
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"Date: 11 Sep. 1995
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NO. MFA/W.E/5/1/14
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The Ministry of Foreign Affairs of the Republic of the Sudan presents its compliments to the Embassy of the Federal Republic of Germany and with reference to the meeting held today the 11th of Sep. 1995, between H.E. Dr. Ghazi Salahuddin, State Minister for Foreign Affairs and H.E. Mr. Peter Mende the Ambassador of the Federal Republic of Germany has the honour to inform that contrary to propaganda pedalled by certain circles, Sudan has a principled position of abstaining from all sorts of mal- treatment, torture or unwarranted detention of individuals which refutes such malicious allegations.
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In response to the request of H.E. Ambassador Mende, the Ministry wishes to convey that there is no objection to the return of the seven Sudanese citizens scheduled to arrive at Khartoum airport soon. Furthermore, the Ministry States that they shall not face any prosecution, detention or penal action because of their conduct in Germany and their application for political asylum.
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The Ministry of Foreign Affairs of the Republic of the Sudan avails itself of this opportunity to renew to the esteemed Embassy the assurances of its highest consideration.
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TO: The Embassy of the Federal Republic of Germany"
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b) Das Bundesverfassungsgericht sieht auf dieser tatsächlichen Grundlage als ausreichend gewährleistet an, daß den Antragstellern infolge ihrer Rückführung in den Sudan staatliche Verfolgung nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit droht.
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In der Verbalnote ist, zuvor mündlich gegebene Zusagen wiederholend und bekräftigend, ausdrücklich erklärt worden, daß die sieben Antragsteller nach ihrer Rückkehr über den Flughafen Khartoum keine Verfolgung, Verhaftung oder strafrechtliche Maßnahme wegen ihres Verhaltens in Deutschland und ihres Asylantrags zu gewärtigen haben. Diese Verbalnote stellt eine völkerrechtlich verbindliche Erklärung und Zusicherung an die Bundesrepublik Deutschland dar. Die Einschätzung der Bundesregierung (des Auswärtigen Amtes) geht dahin, daß die sudanesische Staatsgewalt für die Einhaltung der gegebenen Zusagen effektiv sorgen wird. Die Bundesregierung hat sich um diese Zusagen bemüht und die erwähnte Einschätzung abgegeben, wiewohl der Bericht des Auswärtigen Amtes vom 19. Juli 1995 über die generelle Achtung der Menschenrechte im Sudan von betonter Skepsis getragen ist. Die Einschätzung und Beurteilung, daß gleichwohl völkerrechtliche Absprachen mit der sudanesischen Regierung ein geeignetes und Effektivität versprechendes Mittel darstellen, um einem den Antragstellern drohenden schweren Nachteil zu begegnen, fällt in den Kompetenzbereich der Bundesregierung im Rahmen der auswärtigen Gewalt. Sie verfügt über die notwendigen Kenntnisse vor Ort und trägt für ihre Entscheidung die politische Verantwortung. Das Bundesverfassungsgericht kann dieser Einschätzung und Beurteilung nur entgegentreten, wenn greifbare Anhaltspunkte dies rechtfertigen. Das ist derzeit nicht der Fall.
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Die Berichte des Auswärtigen Amtes und anderer Stellen und Organisationen über politische Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen im Sudan, wie sie Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht waren, behandeln die Situation im Sudan im allgemeinen. Aus den dort getroffenen Aussagen und gegebenen Einschätzungen läßt sich nicht schließen, daß auch die hier auf bestimmte einzelne Personen bezogenen und in völkerrechtlich verbindlicher Form gegebenen Zusicherungen nicht verläßlich seien. Zwar liegen bislang keine Erfahrungen über die Effektivität solcher formalisierter Zusicherungen durch den Sudan vor - dieser Weg ist, soweit ersichtlich, gegenüber dem Sudan erstmals beschritten worden. Das allein berechtigt aber nicht zu der Annahme, daß die Regierung des Sudan, die im völkerrechtlichen Verkehr als ernstzunehmender Partner auftreten will, nicht bereit und willens sei, sich an eine vom Außenministerium in einer Verbalnote abgegebene Erklärung zu halten. Wenn die Bundesregierung in ihrer politischen Verantwortung sich um eine solche völkerrechtliche Zusicherung bemüht und sie erreicht, womit sie zugleich zu erkennen gibt, daß sie die Regierung des Sudan insoweit als verläßlichen Partner ansieht, ist zunächst davon auszugehen, daß diese Zusicherungen - entsprechend der Einschätzung der Bundesregierung - auch eingehalten werden und effektiv sind. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, dies ohne entgegenstehende greifbare Anhaltspunkte in Zweifel zu ziehen, dadurch die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Sudan empfindlich zu stören und einen jetzt eingeleiteten Schutz für die Antragsteller sowie für mögliche künftige Fälle zu gefährden.
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3. Der Erlaß einstweiliger Anordnungen ist auch nicht aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten. Vielmehr besteht ein Interesse der Allgemeinheit daran, daß nach Ablehnung eines Asylantrages ein Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland nicht durch einen Hungerstreik oder ähnliche die allgemeine öffentliche Aufmerksamkeit erregende Aktionen erst erzwungen werden kann.
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III. |
Diese Entscheidung ist mit fünf gegen zwei Stimmen ergangen.
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Limbach, Böckenförde, Graßhof, Kruis, Kirchof, Winter, Sommer |
Abweichende Meinung des Richters Sommer zum Beschluß des Zweiten Senats vom 12. September 1995 - 2 BvR 1906-1912/95 - |
Ich kann der Entscheidung des Senats nicht zustimmen. Nach meiner Auffassung war nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Beschlußfassung in dem für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung gebotenen Maße wahrscheinlich, daß den Antragstellern infolge ihrer Zurückschiebung in den Sudan schwere Nachteile drohen. Um diese abzuwehren, hätte den gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG gestellten Anträgen stattgegeben werden müssen.
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1. Die Antragsteller, die sich im noch anhängigen fachgerichtlichen Verfahren auch gegen die Würdigung ihrer Vorfluchtgründe als unglaubhaft wenden und von denen einige Foltermerkmale aufweisen, befürchten für den Fall der zwangsweisen Rückführung in ihr Heimatland Verfolgungsmaßnahmen der sudanesischen Behörden insbesondere deshalb, weil sie auch mit der Stellung von Asylanträgen in Deutschland und ihren nachfolgenden Aktionen politische Gegnerschaft zu dem im Sudan herrschenden Regime zum Ausdruck gebracht hätten. Hieraus kann sich für sie, wenn schon nicht aus Art. 16a Abs. 1 GG, so doch jedenfalls in Gestalt eines Abschiebungshindernisses nach § 51 Abs. 1 AuslG ein Anspruch auf Gestattung des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland ergeben. Das Verwaltungsgericht hat im Eilverfahren die Auffassung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bestätigt, daß den Antragstellern auch wegen ihres Verhaltens in Deutschland bei einer Zurückschiebung in den Sudan politische Verfolgung offensichtlich nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe. Ob dies verfassungsrechtlich tragfähig ist, ist Gegenstand der anhängigen Verfassungsbeschwerden. Die beantragten einstweiligen Anordnungen sollten die Wirksamkeit der künftigen Entscheidungen über die Verfassungsbeschwerden vorläufig sichern, indem sie den sofortigen Vollzug der gegenüber den Antragstellern ausgesprochenen Einreiseverweigerungen hinderten.
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Der Senat sieht aufgrund der Zusicherungen sudanesischer Amtsträger einschließlich der Verbalnote des sudanesischen Außenministeriums als ausreichend gewährleistet an, daß den Antragstellern infolge ihrer Rückführung in den Sudan staatliche Verfolgung nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit drohe. Dafür stützt er sich auf die Einschätzung der Bundesregierung (des Auswärtigen Amtes), daß die sudanesische Staatsgewalt für die Einhaltung der gegebenen Zusagen effektiv sorgen werde. Der in den Kompetenzbereich der Bundesregierung im Rahmen der auswärtigen Gewalt fallenden Einschätzung und Beurteilung könne das Bundesverfassungsgericht nur entgegentreten, wenn greifbare Anhaltspunkte dies rechtfertigten; dies sei derzeit nicht der Fall.
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Dieser Auffassung kann ich mich schon im Ausgangspunkt, der den anzuwendenden Prüfungsmaßstab bestimmt, nicht anschließen:
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Im vorliegenden Verfahren hat zunächst das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes und Berichte der deutschen Botschaft in Khartoum vorgelegt, in denen im einzelnen dargestellt wurde, es lägen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, daß den Antragstellern bei Rückführung in den Sudan wegen ihrer Asylantragstellung in Deutschland politische Verfolgung drohe. Auf Bitten des Bundesverfassungsgerichts hat sodann das Auswärtige Amt eine eigene Einschätzung der Effektivität einer in den Stellungnahmen erwähnten mündlichen Zusage eines Staatssekretärs im sudanesischen Außenministerium abgegeben und schließlich die im Beschluß des Senats wiedergegebene Verbalnote des sudanesischen Außenministeriums vorgelegt. Bei alledem handelt es sich um Sachverhalts feststellungen und Beweiserhebungen durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. § 26 Abs. 1 BVerfGG). Das Gericht hat sich dabei den besonderen Sachverstand des Auswärtigen Amtes zunutze gemacht, um zu einer tragfähigen eigenen Beurteilung der tatsächlichen Voraussetzungen für den Erlaß einstweiliger Anordnungen zu gelangen, wie sie bei ihm zur Sicherung eines individuellen Rechtsanspruchs beantragt waren. Als Akt der Ausübung auswärtiger Gewalt lassen sich die im Rahmen eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens zur Sachverhaltsfeststellung eingeholten Auskünfte und Erklärungen nach meiner Auffassung nicht qualifizieren. Deshalb greift auch der auf die Einhaltung äußerster Grenzen beschränkte Maßstab verfassungsgerichtlicher Kontrolle, den das Bundesverfassungsgericht zugrunde legt, wenn Maßnahmen der auswärtigen Gewalt (oder deren Unterlassung) Gegenstand seiner Prüfung sind (vgl. BVerfGE 55, 349 [365 ff.]; 68, 1 [97]; 77, 170 [215]), hier nicht ein. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG das Ergebnis seiner Tatsachenfeststellungen und Beweiserhebungen - nach Gewährung rechtlichen Gehörs für die Verfahrensbeteiligten - umfassend zu würdigen. Dabei ist freilich die besondere Sachkunde und Sachnähe des Auswärtigen Amtes angemessen zu berücksichtigen; auch die politische Verantwortlichkeit der Bundesregierung für eine Einschätzung der Verläßlichkeit eingeholter Zusicherungen im völkerrechtlichen Verkehr kann eine Rolle spielen. Letztlich muß es aber bei einer vom Bundesverfassungsgericht zu verantwortenden Würdigung und Entscheidung verbleiben.
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Es kommt hinzu, daß bislang nicht geklärt ist und im vorliegenden Eilverfahren auch nicht geklärt werden konnte, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Zusicherungen eines (potentiellen) Verfolgerstaates, eine bestimmte Person werde bei Rückkehr in ihr Heimatland keiner staatlichen politischen Verfolgung oder menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt sein, in einem anhängigen Verfahren über ein mit dem Asylantrag geltend gemachtes Aufenthaltsrecht rechtliche Bedeutung zukommen kann. Der Senat lehnt den Erlaß einer auf vorläufige Aufenthaltsgestattung zielenden einstweiligen Anordnung ab, weil im Hinblick auf eine entsprechende Zusicherung des Heimatstaates des Schutzsuchenden für den Eintritt eines schweren Nachteils keine überwiegende Wahrscheinlichkeit bestehe. Dadurch wird der Weg zu einer zwangsweisen Rückführung der Antragsteller in den Heimatstaat frei. Damit verneint der Senat implizit den durch Aufenthaltsgestattung oder Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung (vgl. §§ 55, 68, 70 AsylVfG) zu befriedigenden Anspruch auf Schutz für politisch Verfolgte, weil es dessen aufgrund einer Zusicherung des (potentiellen) Verfolgerstaates nicht mehr bedürfe. Denkt man dies zu Ende, so kann sich daraus eine grundlegende Umgestaltung des geltenden Asyl- und Flüchtlingsrechts ergeben. § 53 Abs. 2 Satz 2 AuslG i.V.m. den Vorschriften über die Auslieferung (vgl. § 8 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG) sieht jedenfalls bei Aufenthaltsbeendigungen nach dem Ausländergesetz solche Zusicherungen nur für Fälle drohender Todesstrafe ausdrücklich vor (vgl. dazu im übrigen GK-AuslR, II - § 53 Rn. 1S6; Kanein/Renner, Ausländerrecht [6. Aufl. 1993], § 53 AuslG Rn. 11 f.).
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2. Die vom Senat zur Grundlage seiner Entscheidung gemachten Zusicherungen sudanesischer Behörden halte ich nicht für ausreichend, um hierauf die erforderliche Überzeugungsgewißheit (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) zu stützen, daß den Antragstellern infolge ihrer sofortigen Rückführung in den Sudan keine schweren Nachteile im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG drohen. Will das Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ablehnen, weil - ungeachtet des offenen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens - kein schwerer Nachteil zu erkennen sei, den es mit Hilfe einer vorläufigen Regelung abzuwehren gilt, so müssen, da in diesem Verfahrensabschnitt nur eine summarische Beurteilung möglich ist, die dafür maßgeblichen Umstände außerhalb vernünftiger Zweifel offen zutage liegen. Daran fehlt es hier.
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Im einzelnen:
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a) Die Verfassungsbeschwerden gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 23. August 1995, mit denen die nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellten Änderungsanträge abgelehnt worden sind, sind weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Es spricht derzeit viel dafür, daß die angegriffenen Beschlüsse nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen - insbesondere auch aus Art. 3 Abs. 1 GG in Gestalt des Willkürverbotes - genügen.
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Das Verwaltungsgericht hat in seinen Beschlüssen nach § 80 Abs. 7 VwGO die gegen die vorangegangenen Beschlüsse im Eilverfahren vorgebrachten Gehörsrügen in der Sache ungeprüft gelassen und die Antragsteller insoweit - ungeachtet des Beschlusses der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. August 1995 (2 BvR 1818 - 1824/95) - auf den Weg der Verfassungsbeschwerde (zurück-)verwiesen. Das erscheint angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 70, 180 ff. und der darauf fußenden - soweit ersichtlich - einhelligen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht verständlich, zumal sich das Verwaltungsgericht mit dieser von seiner Auffassung abweichenden Rechtspraxis nicht auseinandersetzt.
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Das Verwaltungsgericht hat ferner das Vorbringen der Antragsteller, durch die Berichte in den Medien über ihren Hungerstreik sei zu befürchten, daß die sudanesischen Behörden jedenfalls nunmehr von einem regimefeindlichen Engagement der Antragsteller ausgingen, als "reine Vermutung" bezeichnet, zumal sie auch in einem Bericht in einer arabisch-sprachigen Zeitung nicht namentlich genannt worden seien. Diese Würdigung erscheint vor dem Hintergrund der vom Verwaltungsgericht selbst herangezogenen Erkenntnisquellen schwerlich nachvollziehbar: So hat auch das Auswärtige Amt in seinen Lageberichten, zuletzt vom 19. Juli 1995, stets hervorgehoben, daß die Tatsache einer Asylantragstellung als solche zwar nach Rückkehr in den Sudan "in der Regel" keine staatlichen Verfolgungsmaßnahmen zur Folge habe; von diesem Grundsatz auszunehmen seien aber Personen, die sich offen und prominent gegen das Regime ausgesprochen hätten. In eine ähnliche Richtung weist der Bericht der deutschen Botschaft in Khartoum vom 14. August 1995 zur Zurückweisung eines anderen sudanesischen Asylbewerbers: Danach ist dieser zwar ungehindert wieder in den Sudan eingereist; die Botschaft weist freilich darauf hin, es sei nicht auszuschließen, daß andere sudanesische Grenzbeamte anders auf eine solche Situation reagieren und eine Festsetzung eines ausgewiesenen Asylbewerbers veranlassen könnten; hieran knüpft die Botschaft die ausdrückliche Bitte, Möglichkeiten zu prüfen, "Ausweisungen vor Ort sudanesischen Behörden gegenüber diskreter zu handhaben". Daß die Antragsteller den sudanesischen Behörden als Asylsuchende bekannt waren, hat übrigens das Auswärtige Amt in einer Stellungnahme vom 1. September 1995 bestätigt.
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b) Die vom Senat zur Grundlage seiner Entscheidung gemachten Berichte, Erklärungen und Zusicherungen hätten - unbeschadet des besonderen Sachverstandes und der besonderen Sachnähe des Auswärtigen Amtes - vor dem Hintergrund der Erkenntnisse über die allgemeinen Verhältnisse im Sudan, wie sie den bisher ins Verfahren eingeführten Auskünften zu entnehmen sind, näher geprüft und abgesichert werden müssen. Dies hätte etwa durch Einholung von Stellungnahmen anderer Stellen und Organisationen, an erster Stelle des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (vgl. § 9 AsylVfG; Art. 35 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -), insbesondere zur Frage der Verläßlichkeit derartiger Zusagen der sudanesischen Behörden, geschehen können. Erst auf einer solchen breiteren tatsächlichen Grundlage, wie sie sich hier im summarischen Eilverfahren aber nicht gewinnen ließ, hätte mit der erforderlichen Überzeugungsgewißheit festgestellt werden können, daß den Antragstellern im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG kein schwerer Nachteil droht.
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Für eine nähere Prüfung bestand begründeter Anlaß. Auch der Senat geht davon aus, daß der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19. Juli 1995 in bezug auf die generelle Achtung der Menschenrechte im Sudan von betonter Skepsis getragen ist. Das gilt unter anderem sowohl für die politische Verfolgung oppositioneller Staatsangehöriger auch wegen im Ausland offen geäußerter Kritik am herrschenden Regime als auch für die Anwendung von Folter. Wegen der näheren Einzelheiten kann auf den genannten Bericht verwiesen werden.
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Amnesty international (vgl. z.B. Auskünfte vom 18. April 1994 an das Verwaltungsgericht Trier und vom 9. Februar 1995 an den Verwaltungsgerichtshof Mannheim) und im Ergebnis auch der UNHCR (Auskunft vom 30. Dezember 1994 an das Verwaltungsgericht Stade und Schreiben an den Bevollmächtigten der Antragsteller zu 1. bis 3. vom 26. Juli 1995) haben wiederholt dargelegt, daß bereits die Stellung eines Asylantrages von sudanesischen Behörden als oppositioneller Akt gewertet werde und deshalb politische Verfolgung in Form von Inhaftierung ohne Anklage und Gerichtsverfahren, Folter oder sogar "Verschwindenlassen" auslösen könne.
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Aus all diesen Quellen ergibt sich ein Bild der Verhältnisse im Sudan, das auch die auf die Person der Antragsteller bezogenen Zusicherungen sudanesischer Amtsträger, zu denen übrigens die Antragsteller in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit schwerlich substantiiert Stellung nehmen konnten, als nicht ohne weiteres tragfähig erscheinen läßt.
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Zudem liegen Erfahrungen mit sudanesischen Behörden, ob Zusagen der hier vorliegenden Art eingehalten werden und ob sie über die Ankunft auf dem Flughafen hinaus dauerhaft Schutz vor politischer Verfolgung oder menschenrechtswidriger Behandlung zu gewährleisten vermögen, nicht vor (vgl. zu den Anforderungen an Zusicherungen fremder Staaten im Rahmen von Auslieferungsverfahren BVerfGE 9, 174 [181 f.]; 38, 398 [402 ff.]; 60, 348 [358 f.]; 63, 197 [208 ff.]; 64, 46 [62 ff.]; 125 [134]). Auch insoweit war eine nähere Prüfung veranlaßt:
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Im Bericht des Auswärtigen Amtes vom 19. Juli 1995 wird mitgeteilt, es bestünden keine Erfahrungen darüber, daß die sudanesische Regierung gegenüber einer Regierung zugesichert habe, vom Vollzug der Todesstrafe abzusehen. In Bezug auf die Einhaltung von Gesetzen, Verordnungen, Zuständigkeiten sei der Sudan nicht mit rechtsstaatlichen Maßstäben zu messen.
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Zu der vom Auswärtigen Amt in seinem Bericht vom 1. September 1995 erwähnten Freilassung zahlreicher politischer Gefangener durch die sudanesische Regierung ist zu bemerken, daß amnesty international den Bevollmächtigten der Antragsteller zu 1. bis 6. am 11. September 1995 mitgeteilt hat, nach dieser Amnestie seien erneut Personen aus politischen Gründen festgenommen worden; Zusagen, alle politischen Gefangenen dauerhaft freizulassen, seien in der Vergangenheit nie eingehalten worden (vgl. auch amnesty international, Jahresbericht 1993, S. 500; Jahresbericht 1994, S. 521; Jahresbericht 1995, S. 510). In wie engen Grenzen sich das Bedürfnis der sudanesischen Behörden nach Wahrung des Rufes ihres Landes auf internationaler Ebene hält, zeigt etwa der im Jahresbericht von amnesty international 1994 (für das Jahr 1993) beschriebene Vorfall:
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"Im September ging die Regierung mit Repressionen gegen sieben Personen vor, die mit dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zusammengetroffen waren. 29 Frauen wurden festgenommen, als sie versuchten, dem Vertreter der Vereinten Nationen eine Petition zu überreichen, wobei zwei der Frauen über den Boden gezerrt wurden, bevor man sie in Polizeifahrzeuge lud. Alle Frauen kamen jedoch nach mehreren Stunden wieder frei. Der Justizminister begründete ihre Festnahme damit, daß sie sich widerrechtlich versammelt hätten" (a.a.O., S. 521).
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Im Jahresbericht 1995 heißt es für das Jahr 1994:
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"Im Februar kündigte die sudanesische Regierung die Zusammenarbeit mit dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zum Sudan auf, nachdem dieser der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen einen kritischen Bericht über die Lage im Sudan vorgelegt hatte. Im August wies sie seine Bitte ab, ihm für einen Besuch im Sudan ein Einreisevisum auszustellen. Im November übermittelte der Sonderberichterstatter der Generalversammlung der Vereinten Nationen einen weiteren Zwischenbericht, in dem er zu dem Schluß kam, daß ('alle Gruppen und Schichten der Bevölkerung potentiell von Menschenrechtsverletzungen durch Regierungsstellen betroffen sind'" [a.a.O., S. 509].
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c) Die Befürchtung des Senats, daß eine weitere Aufklärung durch das Bundesverfassungsgericht die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Sudan empfindlich stören und einen jetzt eingeleiteten Schutz für die Antragsteller sowie für mögliche künftige Fälle gefährden könnte, teile ich nicht. Ein Verfahren des Bundesverfassungsgerichts, wie ich es hier für angezeigt halte, stellt nicht von vornherein und grundsätzlich in Frage, daß Zusicherungen geeignet sein könnten, die Gefahr eines schweren Nachteils für die Antragsteller auszuräumen. Daß schon durch ein Verlangen des Gerichts nach weiterer Aufklärung die vom Senat befürchteten Folgen eintreten und diese auch nicht auf diplomatischem Wege - etwa durch erläuternde Hinweise auf die Regeln des deutschen gerichtlichen Verfahrens - abgewendet werden könnten, vermag ich nicht zu erkennen. Abgesehen davon wögen nach meiner Auffassung die den Antragstellern drohenden Gefahren für Leib, Leben oder persönliche Freiheit schwerer als mögliche Störungen im Verhältnis zum Sudan.
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3. Auch im Rahmen der gebotenen Folgenabwägung halte ich die gegebenen Zusicherungen für sich allein nicht für geeignet, eine Gefährdung der Antragsteller mit der erforderlichen richterlichen Überzeugungsgewißheit auszuschließen. Ohne eine einstweilige Regelung entsteht den Antragstellern deshalb, sofern sich ihre Verfassungsbeschwerden später als begründet erweisen, durch die Vollziehung der Einreiseverweigerungen ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Nachteil. Wäre hingegen die einstweilige Anordnung erlassen worden und erwiesen sich die Verfassungsbeschwerden später als erfolglos, so wögen die damit verbundenen Nachteile weniger schwer; insbesondere bliebe die Anwendung der Regelungen in § 18a AsylVfG (sog. Flughafenverfahren) in anderen Fällen unberührt.
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4. Neben der Aussetzung der Vollziehung der Einreiseverweigerung hätte den Antragstellern auch die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland gestattet werden müssen. Ein weiteres Verbleiben im Transitbereich während des Verfahrens über die Verfassungsbeschwerden wäre schon im Hinblick auf die vom Gesetzgeber in § 18a Abs. 6 AsylVfG festgelegten Fristen nicht hinnehmbar gewesen (vgl. BVerfGE 89, 98 [101]; 109 [113]).
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Sommer |