BVerfGE 114, 107 - Bundestagsauflösung II
Artikel 68 Absatz 1 des Grundgesetzes dient nicht dem Schutz politischer Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind.
 
Beschluss
des Zweiten Senats nach § 24 BVerfGG vom 23. August 2005
-- 2 BvE 5/05 --
in dem Verfahren über den Antrag festzustellen,
dass der Bundespräsident durch seine Anordnung über die Auflösung des 15. Deutschen Bundestages vom 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2169) und seine Anordnung über die Neuwahlen zum 16. Deutschen Bundestag vom 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2170) gegen Artikel 68 Absatz 1 des Grundgesetzes verstoßen und dadurch die Antragstellerin in ihren verfassungsmäßigen Rechten aus Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes verletzt bzw. unmittelbar gefährdet hat,
hilfsweise festzustellen, dass die aus der Anordnung des Bundespräsidenten über die Auflösung des 15. Deutschen Bundestages vom 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2169) und seiner Anordnung über die Neuwahl zum 16. Deutschen Bundestag vom 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2170) resultierende Verpflichtung, für die Einreichung von Kreiswahlvorschlägen und von Landeslisten gemäß § 18 des Bundeswahlgesetzes in Verbindung mit § 1 Nummer 2 der Verordnung zur Abkürzung der Fristen für die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag vom 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2179) bis zum 15. August 2005 Unterstützungsunterschriften nach Maßgabe des § 20 Absatz 2 Satz 2, § 27 Absatz 1 Satz 2 des Bundeswahlgesetzes beizubringen, die Antragstellerin in ihren verfassungsmäßigen Rechten aus Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes verletzt bzw. unmittelbar gefährdet,
höchst hilfsweise festzustellen, dass die Bundesregierung, der Deutsche Bundestag und der Bundesrat dadurch die verfassungsmäßigen Rechte der Antragstellerin aus Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes verletzt bzw. unmittelbar gefährdet haben, dass sie es versäumt haben, die sich für sie aus § 18 Absatz 2 des Bundeswahlgesetzes in Verbindung mit § 1 Nummer 2 der Verordnung zur Abkürzung der Fristen für d€ie Wahl zum 16. Deutschen Bundestag vom 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2179) ergebende Verpflichtung, bis zum 15. August 2005 Unterstützungsunterschriften nach Maßgabe des § 20 Absatz 2 Satz 2, § 27 Absatz 1 Satz 2 des Bundeswahlgesetzes beizubringen, durch entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen auszusetzen oder die Unterschriftenquoren maßgeblich zu reduzieren,
und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt,
§ 20 Absatz 2 Satz 2 und § 27 Absatz 1 Satz 2 des Bundeswahlgesetzes sind bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag mit der Maßgabe anzuwenden, dass Parteien, die Anspruch auf staatliche Finanzierung nach dem Parteiengesetz haben, für die Einreichung von Kreiswahlvorschlägen und von Landeslisten von der Pflicht zur Beibringung von Unterstützungsunterschriften befreit sind,
hilfsweise, für die Einreichung von Kreiswahlvorschlägen und von Landeslisten von der Pflicht zur Beibringung von Unterstützungsunterschriften in einem ins Ermessen des Gerichts gestellten Umfang befreit sind,
Antragstellerin: Familien-Partei Deutschlands, vertreten durch den Bundesvorsitzenden Franz-Josef Breyer, Bundesgeschäftsstelle, Postfach 60 06 30, 14406 Potsdam, -- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Heinrich Deubner und Koll., Mozartstraße 13, 76133 Karlsruhe -- Beigetreten: Ökologisch-Demokratische Partei (ödp), vertreten durch den Bundesvorsitzenden Prof. Dr. Klaus Buchner, Bundesgeschäftsstelle, Sartoriusstraße 14, 97072 Würzburg, -- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Heinrich Deubner und Koll., Mozartstraße 13, 76133 Karlsruhe -- Antragsgegner: 1. Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler, Bundespräsidialamt, Spreeweg 1, 10557 Berlin, 2. Bundesregierung, vertreten durch den Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Straße 1, 11011 Berlin -- Bevollmächtigter zu 2.: Prof. Dr. Bernhard Schlink, Humboldt-Universität zu Berlin, Heilbronner Straße 3, 10779 Berlin --, 3. Deutscher Bundestag, vertreten durch den Präsidenten Wolfgang Thierse, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, 4. Bundesrat, vertreten durch den Präsidenten Matthias Platzeck, Leipziger Straße 3-4, 10117 Berlin.
Entscheidungsformel:
Die Anträge werden verworfen.
Damit erledigen sich die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
 
Gründe:
 
A.
Die mit Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Organklage richtet sich gegen die Entscheidung des Bundespräsidenten, den 15. Deutschen Bundestag aufzulösen, sowie gegen Bestimmungen des Bundeswahlgesetzes. Die Antragstellerin sieht sich unter den Bedingungen einer vorzeitigen Parlamentsauflösung durch die Regelungen über die Beibringung von Unterstützungsunterschriften in ihrem Recht auf Chancengleichheit bei der Wahl verletzt.
I.
1. § 18 Abs. 2 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 1993 (BGBl. I S. 1288, 1594; im Folgenden: BWahlG), zuletzt geändert durch das Siebzehnte Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 11. März 2005 (BGBl. I S. 674), bestimmt, dass Parteien, die im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl nicht auf Grund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren, dem Bundeswahlleiter ihre Beteiligung an der Wahl spätestens am neunzigsten Tage vor der Wahl anzeigen müssen. Ihre Kreiswahlvorschläge müssen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 BWahlG von mindestens 200 Wahlberechtigten des Wahlkreises, ihre Landeslisten gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BWahlG von 1 vom Tausend der Wahlberechtigten des Landes bei der letzten Bundestagswahl, jedoch höchstens 2000 Wahlberechtigten, persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein.
2. Gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 5 und § 39 Abs. 3 Satz 5 in Verbindung mit § 34 Abs. 4 Nr. 5 der Bundeswahlordnung (BWO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 2002 (BGBl. I S. 1376), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 30. Juni 2005 (BGBl. I S. 1951), dürfen Kreiswahlvorschläge und Landeslisten erst nach ihrer Aufstellung durch eine Mitglieder- oder Vertreterversammlung unterzeichnet werden; vorher geleistete Unterschriften sind ungültig. Die Wahlen der Wahlkreisbewerber und für die Landeslisten wiederum dürfen gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 BWahlG und § 27 Abs. 5 in Verbindung mit § 21 Abs. 3 Satz 4 BWahlG frühestens 32 Monate nach Beginn der Wahlperiode des Deutschen Bundestages stattfinden, das heißt 14 Monate vor dem frühestmöglichen Termin der Neuwahl. § 21 Abs. 3 Satz 4 BWahlG zufolge gilt diese Frist jedoch nicht in den Fällen eines vorzeitigen Endes der Wahlperiode. Einzureichen sind die Kreiswahlvorschläge und die Landeslisten gemäß § 19 BWahlG spätestens am 66. Tag vor der Wahl.
Die mit Gesetz vom 8. März 1985 (BGBl. I S. 521) eingefügte Vorschrift des § 52 Abs. 3 BWahlG ermächtigt das Bundesministerium des Innern, im Fall einer Auflösung des Deutschen Bundestages die im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung bestimmten Fristen und Termine durch Rechtsverordnung abzukürzen.
3. Am Abend des 22. Mai 2005 kündigte der Bundeskanzler an, er strebe noch im Herbst dieses Jahres Neuwahlen zum Deutschen Bundestag an. Am 27. Juni stellte er die Vertrauensfrage. In der Abstimmung im Deutschen Bundestag am 1. Juli über den Antrag, ihm das Vertrauen auszusprechen, stimmten weniger als die Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages mit Ja. Daraufhin löste der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers mit Anordnung vom 21. Juli 2005 gemäß Art. 68 GG den 15. Deutschen Bundestag auf und setzte Neuwahlen für den 18. September 2005 fest (BGBl. I S. 2169 f.).
4. Mit der Verordnung über die Abkürzung von Fristen im Bundeswahlgesetz für die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag vom 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2179) bestimmte das Bundesministerium des Innern unter anderem, dass die Kreiswahlvorschläge und die Landeslisten spätestens am 34. Tag vor der Wahl, mithin bis zum 15. August 2005, einzureichen sind.
II.
Die Antragstellerin nahm nach ihrer Gründung am 17. Oktober 1981 in den Jahren 1987, 1998 und 2002 an den Wahlen zum Deutschen Bundestag teil. Bei den letzten beiden Wahlen erzielte sie jeweils 0,1 v.H. der Zweitstimmen. Bei den Europawahlen kam sie auf einen Stimmenanteil von 0,0 v.H. (1994 und 1999) sowie 1,0 v.H. (2004). Die Zahl ihrer Mitglieder beträgt nach eigenen Angaben derzeit rund 600.
III.
Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2005 hat die Antragstellerin Organklage mit den im Rubrum wiedergegebenen Anträgen erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG.
1. Die Antragstellerin hält sich hinsichtlich ihres Hauptantrags, mit welchem sie die Verfassungswidrigkeit der Auflösungsentscheidung des Bundespräsidenten rügt, für antragsbefugt, weil sie durch die Entscheidung gezwungen werde, die Unterstützungsunterschriften in einem verkürzten Zeitraum von maximal zwei Monaten beizubringen. Darin liege eine Verletzung ihres Rechts auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb nach Art. 3, Art. 21 und Art. 38 GG, weil ihr die Beibringung der Unterschriften in diesem Zeitraum kaum möglich sei. Dies könne jedenfalls dann nicht hingenommen werden, wenn die Auflösungsentscheidung des Bundespräsidenten verfassungswidrig sei.
2. Auch die Hilfsanträge seien zulässig.
a) Die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG sei hinsichtlich der angegriffenen Vorschriften über das Unterschriftenquorum in § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 27 Abs. 1 Satz 2 BWahlG gewahrt. Es gehe um eine Inzidentprüfung der aus der streitigen Entscheidung des Bundespräsidenten folgenden Konsequenzen. Bei Verfassungsbeschwerden sei für mittelbare Prüfungen im strukturell gleich gelagerten Fall des § 93 Abs. 3 BVerfGG anerkannt, dass die Frist nicht gelte. Entsprechend müsse auch hier verfahren werden, weil es die Anordnung des Bundespräsidenten sei, die die Verletzung der Chancengleichheit konkretisiere oder jedenfalls bedinge. Mit ihr sei eine Maßnahme innerhalb der Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG angefochten worden. Es könne einer kleinen Partei im Übrigen nicht zugemutet werden, die wahlrechtlichen Bestimmungen im Vorhinein für den Ausnahmefall einer Bundestagsauflösung anzugreifen.
b) Jedenfalls könne an die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 17. Oktober 1990 (BVerfGE 82, 353) angesprochene Kontrollpflicht des Wahlgesetzgebers angeknüpft werden. Danach sei dieser verpflichtet, auf die Schwierigkeiten in einer besonderen Situation mit geeigneten Korrekturen des Wahlrechts zu reagieren. Dementsprechend habe er angesichts der sich abzeichnenden Entscheidung des Bundespräsidenten eine Ausnahmevorschrift hinsichtlich der Unterstützungsvorschriften erlassen müssen.
3. Die Auflösungsentscheidung des Bundespräsidenten vom 21. Juli 2005 sei verfassungswidrig, weil der Bundeskanzler über eine Mehrheit im Deutschen Bundestag verfüge. Der Verstoß gegen Art. 68 Abs. 1 GG beeinträchtige die Antragstellerin in ihrem Recht auf Chancengleichheit bei den Wahlen gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 GG. Sie müsse sich nun unvorbereitet und innerhalb kürzester Frist um die Beibringung der Unterstützungsunterschriften bemühen. Eine solche Beeinträchtigung könne ihr jedenfalls dann nicht zugemutet werden, wenn es an einem rechtfertigenden Grund für die Auflösungs- und Neuwahlentscheidung fehle, der den Maßstäben des Art. 68 Abs. 1 GG entspreche.
4. Unabhängig von der Frage, ob die Auflösungsentscheidung den Voraussetzungen des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 GG genüge, führe die Aufrechterhaltung des Quorums dazu, dass der Antragstellerin die Teilnahme an der Wahl übermäßig erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht werde. Hierauf habe der Gesetzgeber reagieren und das Quorum aufheben, jedenfalls aber absenken müssen.
5. Für den Fall der Abweisung des gegen die Entscheidungen des Bundespräsidenten gerichteten Antrags zu 1. begehrt die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, diejenigen Parteien, die an der staatlichen Parteienfinanzierung teilhaben, bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag vom Erfordernis der Unterstützungsunterschriften zu befreien. Hilfsweise beantragt sie, im Wege der einstweiligen Anordnung die Anzahl der einzureichenden Unterschriften für diese Parteien abzusenken.
IV.
Die Ökologisch-Demokratische Partei (ödp) ist dem Verfahren mit Schriftsatz vom 28. Juli 2005 beigetreten.
V.
Dem Bundespräsidenten, der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
1. Für die Bundesregierung hat sich das Bundesministerium des Innern geäußert. Es ist der Ansicht, die Anträge seien unzulässig und darüber hinaus auch unbegründet.
a) Soweit sich die Antragstellerin gegen die Auflösungsentscheidung des Bundespräsidenten wehre, sei sie nicht antragsbefugt. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG schütze die Mitwirkung der Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes einschließlich ihrer Teilnahme an Wahlen. Sei die Wahl jedoch abgeschlossen und ein neuer Bundestag gewählt, könnten politische Parteien keine Rechte mehr geltend machen, die sich auf das Parlament bezögen. Gegen den Deutschen Bundestag gerichtete Maßnahmen anderer Verfassungsorgane könnten nur diesen selbst, seine Untergliederungen oder einzelne Abgeordnete betreffen, nicht aber die Antragstellerin in eigenen Rechten. Dies gelte auch für die Anordnung des Bundespräsidenten, den Deutschen Bundestag aufzulösen.
b) Der gegen die Vorschriften des Bundeswahlgesetzes gerichtete Antrag zu 2. wahre nicht die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG. Die maßgeblichen Regelungen des Gesetzes seien in der gegenwärtig geltenden Fassung im Jahr 2001 oder früher verkündet worden. Auch dann, wenn man für den Fristbeginn nicht auf den Erlass des Gesetzes, sondern auf die Gründung der Antragstellerin und der Beigetretenen im Jahr 1981 abstelle, sei der Antrag verfristet. An die Auflösungsentscheidung könne bereits deshalb nicht angeknüpft werden, weil sie nicht zulässiger Antragsgegenstand sei.
c) Auch hinsichtlich des Antrags zu 3. sei die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG abgelaufen. Die Antragstellerin rüge, die Antragsgegner zu 2. bis 4. hätten es unterlassen, das Bundeswahlgesetz dahingehend zu ändern, für den Fall einer vorzeitigen Auflösung des Deutschen Bundestages die Zulassungsschranken für Wahlvorschläge abzusenken. Bei einem Unterlassen des Gesetzgebers werde die Antragsfrist spätestens dadurch in Lauf gesetzt, dass er sich erkennbar weigere, in der von der Antragstellerin begehrten Weise tätig zu werden. Dies sei vorliegend mit der Einfügung von § 21 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 BWahlG durch das Gesetz vom 24. Juni 1975 (BGBl. I S. 1593) und von § 52 Abs. 3 BWahlG mit Gesetz vom 8. März 1985 (BGBl. I S. 521) geschehen. Mit diesen Änderungen habe der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er den Besonderheiten der Bundestagsauflösung zwar durch die Aufhebung und Verkürzung von Fristen, nicht aber durch den Verzicht auf die Unterschriftenquoren oder deren Verringerung Rechnung tragen wolle.
d) Darüber hinaus verletze das Erfordernis der Beibringung von Unterstützungsunterschriften die Antragstellerin auch im Fall von vorzeitigen Neuwahlen nicht in ihren Rechten aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG. Hierdurch werde gewährleistet, dass nur Wahlvorschläge zugelassen würden, hinter denen eine ernstzunehmende Gruppe stehe oder die in der Öffentlichkeit eine gewisse Anhängerschaft unter den Wahlberechtigten gefunden habe.
2. Der Deutsche Bundestag hat ausgeführt, er halte die gegen ihn gerichteten Hilfsanträge für unbegründet. Äußerst kurze Fristen zur Beibringung der Unterstützungsunterschriften habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung BVerfGE 82, 353 [368] als zulässig angesehen, wenn sie, wie im Fall einer vorzeitigen Auflösung des Deutschen Bundestages, für alle betroffenen Parteien in gleicher Weise gälten.
 
B.
Die Organklage ist unzulässig.
I.
Hinsichtlich des Hauptantrags, die Verfassungswidrigkeit der Entscheidung über die Auflösung des Deutschen Bundestages festzustellen, fehlt der Antragstellerin die nach § 64 Abs. 1 BVerfGG erforderliche Antragsbefugnis.
Diese liegt nur dann vor, wenn nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass der Antragsgegner Rechte des Antragstellers, die ihm aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erwachsen, durch die beanstandete Maßnahme verletzt oder unmittelbar gefährdet hat (vgl.BVerfGE 94, 351 [362 f.]; 99, 19 [28]; 102, 224 [231 f.]). Die Antragstellerin hat nicht die Möglichkeit dargelegt, dass ein vermeintlicher Verstoß gegen Art. 68 Abs. 1 GG sie in eigenen Rechten verletzt.
1. Die Entscheidung, den Bundestag gemäß Art. 68 Abs. 1 GG aufzulösen, begründet zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner zu 1. kein verfassungsrechtliches Rechtsverhältnis. Die Norm dient nicht dem Schutz politischer Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind. Sie ist vielmehr darauf angelegt, zu politischer Stabilität im Verhältnis von Bundeskanzler und Bundestag beizutragen (vgl. BVerfGE 62, 1 [39 ff.]).
Art. 68 GG bezweckt dagegen nicht, den im Deutschen Bundestag nicht vertretenen Parteien eine hinreichend lange Wahlvorbereitungszeit zu gewährleisten. Die Vorschrift begründet keine verfassungsrechtliche Positionen dieser Parteien. Sie können durch eine etwaige verfassungswidrige Auflösung des Parlaments folglich nicht in eigenen Rechten verletzt werden.
2. Die Antragstellerin kann die Auflösungsentscheidung auch nicht auf dem Umweg der Rüge einer Verletzung ihres Rechts auf Chancengleichheit gemäß Art. 3, Art. 21 und Art. 38 GG zur verfassungsgerichtlichen Prüfung stellen.
Zwischen Art. 68 GG und dem aus Art. 3, Art. 21 und Art. 38 GG folgenden Recht auf Chancengleichheit besteht kein Zusammenhang dergestalt, dass aus einem Verstoß gegen Art. 68 GG zugleich eine Verletzung des Rechts auf Chancengleichheit folgte. Die Auswirkungen sind für die Antragstellerin vielmehr im Fall der verfassungswidrigen wie der grundgesetzkonformen Auflösungsentscheidung die gleichen (vgl. BVerfGE 114, 105). Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der mit dem Unterschriftenquorum gegebenenfalls verbundenen Belastungen kommt es mithin nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des Art. 68 GG erfüllt sind.
II.
Die beiden Hilfsanträge wahren nicht die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG, innerhalb deren eine Organklage erhoben werden muss.
1. Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag zu 2. unmittelbar gegen die Obliegenheit parlamentarisch nicht vertretener Parteien, Wahlvorschlägen nach § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 27 Abs. 1 Satz 2 BWahlG auch dann eine bestimmte Zahl von Unterstützungsunterschriften beizufügen, wenn der Deutsche Bundestag zuvor nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 GG aufgelöst worden ist und Neuwahlen innerhalb der 60-Tage-Frist des Art. 39 Abs. 1 Satz 4 GG stattzufinden haben. Da sie damit ein Gesetz als Maßnahme im Sinne des § 64 Abs. 1 BVerfGG angreift (vgl. BVerfGE 1, 208 [220]; 82, 322 [335] ; stRspr), beginnt die Sechsmonatsfrist des § 64 Abs. 3 BVerfGG grundsätzlich mit dessen Verkündung. Mit der Verkündung gilt das Gesetz als allgemein bekannt geworden (vgl. BVerfGE 13, 1 [10]; 24, 252 [258]; 64, 301 [316]).
a) Der Bundesgesetzgeber hat bereits in § 21 Abs. 2 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 20 BWahlG in der Fassung vom 7. Mai 1956 (BGBl. I S. 383) das Erfordernis von Unterstützungsunterschriften für parlamentarisch nicht vertretene Parteien geregelt. Die damals festgelegte Höhe des Quorums und die Anforderung an die Parteien, auch im Fall des vorzeitigen Endes der Wahlperiode die Vorgaben ohne Erleichterungen zu erfüllen, haben bis heute Gültigkeit. Die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG war damit im Zeitpunkt der Erhebung der Organklage am 28. Juli 2005 verstrichen.
b) Dem kann die Antragstellerin nicht entgegenhalten, ihr habe bislang nicht zugemutet werden können, die seit langem in Kraft befindlichen Bestimmungen zum Unterschriftenquorum ohne konkrete Anhaltspunkte für eine drohende Auflösung des Deutschen Bundestages anzugreifen; vielmehr dürfe eine politische Partei zur Abwehr der drohenden verfassungswidrigen Auswirkungen eines seltenen Staatsorganisationsakts abwarten, ob der Ausnahmefall auch tatsächlich eintrete. Dieser Argumentation steht der Sinn und Zweck des § 64 Abs. 3 BVerfGG entgegen. Die Bestimmung soll sicherstellen, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist im Organstreitverfahren angreifbare Maßnahmen im Interesse der Rechtssicherheit außer Streit gestellt werden (vgl. BVerfGE 80, 188 [210]; 92, 80 [87] m.w.N.; stRspr).
Sehen sich die politischen Parteien durch das Wahlrecht in ihrem Recht auf Gleichheit verletzt oder unmittelbar gefährdet, so haben sie dies im Organstreit geltend zu machen, ohne dass ein konkreter Zusammenhang mit einer bestimmten Wahl bestehen müsste (vgl. BVerfGE 67, 65 [70]; 92, 80 [88] ; stRspr). Wahlvorbereitungen und die Durchführung der Wahl nach Maßgabe der geltenden wahlrechtlichen Bestimmungen berühren demgegenüber den Status der Parteien nicht, sie bringen lediglich die im Wahlrecht angelegten Vor- und Nachteile zur Wirkung (vgl. BVerfGE 92, 80 [88 f.]).
c) Das Siebzehnte Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 11. März 2005 (BGBl. I S. 674), das im Wesentlichen die Wahlkreise neu abgrenzt und beschreibt, setzte die Antragsfrist des § 64 Abs. 3 BVerfGG nicht neuerlich in Lauf. Zwar kann die Frist, innerhalb deren eine Rechtsnorm zulässigerweise angegriffen werden kann, unter bestimmten Voraussetzungen neu zu laufen beginnen, obwohl der Gesetzgeber bei der Änderung des Gesetzes den Wortlaut der Norm unverändert gelassen hat (vgl. BVerfGE 111, 382 [411]). Dies betrifft aber nur die Fälle, in denen die Gesetzesänderung die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Norm erst begründet oder verstärkt. Nach diesen Grundsätzen bleibt der Antrag zu 2. verfristet. Die im Zuge der letzten Änderung des Bundeswahlgesetzes vorgenommenen Wahlkreiszuschnitte stehen erkennbar nicht in einem derartigen Wirkungszusammenhang mit den Vorschriften über das Erfordernis von Unterstützungsunterschriften.
d) Die Verordnung über die Abkürzung von Fristen im Bundeswahlgesetz für die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag vom 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2179) setzte die Antragsfrist des § 64 Abs. 3 BVerfGG nicht neuerlich in Gang.
Der Antrag zu 2. zielt inhaltlich unmittelbar gegen § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 27 Abs. 1 Satz 2 BWahlG, die keine Erleichterung vom Unterschriftenerfordernis für den Fall vorsehen, dass der Deutsche Bundestag aufgelöst wird und Neuwahlen nach Art. 39 Abs. 1 Satz 4 GG innerhalb von 60 Tagen stattfinden müssen.
Die besondere Belastung, durch die die Antragstellerin ihr Recht auf chancengleiche Teilnahme an der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag verletzt sieht, entsteht -- neben der fehlenden Ausnahmeregelung zum Unterschriftenerfordernis im Bundeswahlgesetz -- vor allem durch den Zeitdruck, unter dem die Wahlvorbereitung steht. Maßgeblich hierfür ist Art. 39 Abs. 1 Satz 4 GG mit seiner strikten zeitlichen Vorgabe, die im wahlvorbereitenden Verfahren einzuhalten ist. Die Verordnung des Bundesministeriums des Innern hat in diesem Zusammenhang sicherzustellen, dass der zeitliche Ablauf der einzelnen Verfahrensschritte, die das Bundeswahlgesetz im Vorfeld der Bundestagswahl anordnet, abgekürzt und so die Einhaltung der 60-Tage-Frist des Art. 39 Abs. 1 Satz 4 GG gewährleistet wird. Damit fehlt der Verordnung insoweit ein gegenüber der Vorgabe des Art. 39 Abs. 1 Satz 4 GG eigenständiger belastender Gehalt, der es rechtfertigen könnte, mit ihrem Erlass die Regelungen des Bundeswahlgesetzes zu den Unterschriftenquoren neu anzugreifen.
2. Mit ihrem Antrag zu 3. macht die Antragstellerin geltend, der Gesetzgeber habe es pflichtwidrig unterlassen, für den Fall einer Auflösung des Deutschen Bundestages Ausnahmen vom Unterschriftenquorum -- etwa in Form seiner Absenkung oder Suspendierung -- zu regeln. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein bloßes Unterlassen des Gesetzgebers im Wege eines Organstreitverfahrens angreifbar ist (vgl. BVerfGE 92, 80 [87]; 103, 164 [168 f.]; 107, 286 [294]; 110, 403 [405]). Der Antrag ist jedenfalls unzulässig, weil die Antragstellerin auch insoweit die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG nicht eingehalten hat.
a) § 64 Abs. 3 BVerfGG enthält eine gesetzliche Ausschlussfrist, nach deren Ablauf Rechtsverletzungen im Interesse der Rechtssicherheit nicht mehr geltend gemacht werden können (vgl. BVerfGE 71, 299 [304]; 80, 188 [210]). Dies rechtfertigt eine Frist für die Einleitung eines Organstreits auch dann, wenn das Angriffsziel ein Unterlassen des Gesetzgebers ist und dieser die angeblich verletzte gesetzgeberische Handlungspflicht nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern fortdauernd nicht befolgt hat (sog. fortdauerndes Unterlassen, vgl. BVerfGE 92, 80 [89]; 103, 164 [170]; 107, 286 [296 f.]; 110, 403 [405]).
Wann unter solchen Umständen die Frist für die Erhebung einer Organklage beginnt, lässt sich nicht generell und für alle Fallgestaltungen einheitlich festlegen. Sie wird spätestens aber dadurch in Lauf gesetzt, dass sich der Antragsgegner erkennbar weigert, in der Weise tätig zu werden, die der Antragsteller zur Wahrung der Rechte aus seinem verfassungsrechtlichen Status für erforderlich hält (vgl. BVerfGE 92, 80 [89] m.w.N.; 103, 164 [171]; 107, 286 [297]; stRspr). Mit einer derartigen Weigerung gilt das Unterlassen zugleich als bekannt geworden; an sie knüpft der Beginn der Ausschlussfrist an.
b) aa) Nach diesen Maßstäben haben die Antragsgegner zu 3. und 4. bereits mit dem Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 24. Juni 1975 (BGBl. I S. 1593) zum Ausdruck gebracht, an dem Erfordernis eines Unterschriftenquorums ausnahmslos -- und damit auch im Fall der Wahlvorbereitung nach einer Auflösung des Deutschen Bundestages -- festhalten zu wollen. Durch die Einführung des heutigen § 21 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 BWahlG hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung in Bezug auf die Frist des § 21 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 1 BWahlG für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode des Deutschen Bundestages geschaffen. Danach gelten die Fristen, nach deren Ablauf die Parteien frühestens mit der Aufstellung von Parteibewerbern beginnen dürfen, nicht im Fall des vorzeitigen Endes der Wahlperiode. Mit dieser auch auf den Auflösungsfall nach Art. 68 GG anzuwendenden Sonderregelung (vgl. BTDrucks 7/2873, S. 39) hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er die wahlrechtlichen Folgen einer Bundestagsauflösung nach Art. 68 GG, die aus der Fristverkürzung des Art. 39 Abs. 1 Satz 4 GG resultieren, bedacht hat. Dabei hat er es unterlassen, entsprechende Ausnahmetatbestände zum Erfordernis der Unterstützungsunterschriften zu schaffen. Bereits diese erkennbare Weigerung des Gesetzgebers war geeignet, die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG in Lauf zu setzen.
bb) Folgte man der Rechtsauffassung der Antragstellerin, so hätte der Antragsgegner zu 3. spätestens nach seiner Auflösung am 6. Januar 1983 und den Neuwahlen am 6. März 1983 Anlass gehabt, die Beibehaltung der Bestimmungen des Bundeswahlgesetzes über die erforderlichen Unterstützungsunterschriften gerade im Fall des vorzeitigen Endes der Wahlperiode zu überprüfen. Wenn der Deutsche Bundestag und der Bundesrat mit der darauf folgenden Änderung des Bundeswahlgesetzes durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes am 15. März 1985 (BGBl. I S. 521) dennoch von Änderungen am Unterschriftenquorum absahen, kann dies nur dahin verstanden werden, dass sie gesetzgeberische Regelungen zur Erleichterung der Zulassung von Wahlvorschlägen bei vorgezogenen Neuwahlen nicht erlassen wollten.
Diese Schlussfolgerung gilt um so mehr, als der Gesetzgeber im Zuge des Siebten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes die Verordnungsermächtigung des § 52 Abs. 3 in das Bundeswahlgesetz eingefügt hat. Diese Regelung ermächtigt das Bundesministerium des Innern zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Abkürzung von Fristen und Terminen im Fall einer Auflösung des Deutschen Bundestages. Die Ermächtigung erstreckt sich hingegen nicht auf die Regelungen über die Unterstützungsunterschriften für die Wahlvorschläge. Mit der Einführung der Verordnungsermächtigung des § 52 Abs. 3 BWahlG machte der Gesetzgeber somit deutlich, dass er den Besonderheiten bei der Wahlvorbereitung im Fall der Auflösung des Deutschen Bundestages zwar durch die Verkürzung von Fristen, nicht aber durch den Verzicht auf die Unterschriftenquoren oder durch deren Absenkung Rechnung tragen wollte.
c) Der Annahme der Verfristung des auf das gesetzgeberische Unterlassen gerichteten Antrags stünde auch eine Kontrollpflicht des Bundeswahlgesetzgebers, die sich auf die Wahlvorbereitung erstreckte, nicht entgegen.
aa) Das Bundesverfassungsgericht hat eine Überwachungspflicht des Gesetzgebers im Vorfeld der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl für möglich gehalten und damit begründet, dass es sich bei dem Bundestagswahlrecht, dessen strikte Einhaltung wesentliche Bedingung für die Wahrung der verfassungsrechtlich verbürgten Chancengleichheit sei, um eine äußerst sensible Materie handele, deren Abwicklung innerhalb eines relativ knapp bemessenen Zeitraums zu erfolgen habe. Lege der Gesetzgeber diese in die Hände einer Verwaltung, die eine reibungslose und fehlerfreie Wahlvorbereitung wegen ihres Organisationsstandes und angesichts insoweit fehlender Vollzugserfahrung nicht ohne weiteres gewährleiste, gehe er -- mit Blick auf die folgenschweren Auswirkungen von Verletzungen der Chancengleichheit bei der Wahlvorbereitung -- ein nicht unbeträchtliches Risiko ein. Ein solches Vorgehen könne Kontroll- und Überwachungspflichten des Gesetzgebers mit Blick auf den zeitlichen Stand der Wahlvorbereitung begründen, damit er auf erkennbar werdende und schwer zu beseitigende Mängel notfalls durch zusätzliche gesetzgeberische Maßnahmen reagieren könne (vgl. BVerfGE 82, 353 [366 f.]).
bb) Auf die Nichterfüllung einer so definierten Kontrollpflicht, die gegebenenfalls die Annahme einer Verfristung nach § 64 Abs. 3 BVerfGG ausschließen könnte, kann sich die Antragstellerin hier nicht berufen. Die vom Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung für möglich gehaltene Kontrollpflicht des Gesetzgebers bezieht sich auf die mit der Vorbereitung der Wahl betraute Exekutive, nicht hingegen auf parlamentarisches Handeln, wie die Antragstellerin es mit ihrem Antrag zu 3. einfordert. Weiterhin erging die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts anlässlich der Wahlvorbereitungen zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl. Mit dieser einmaligen, schwierigen Situation ist der zu beurteilende Sachverhalt nicht vergleichbar. Die Wahlorgane und Wahlbehörden sind auf die Vorbereitung und Durchführung der Bundestagswahl innerhalb der durch Art. 39 Abs. 1 Satz 4 GG gesetzten Frist vorbereitet. Anhaltspunkte dafür, dass sie dieser organisatorischen Herausforderung nicht gewachsen sind, sind von der Antragstellerin weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Regelungen des Bundeswahlgesetzes über das Erfordernis von Unterstützungsunterschriften sind mithin nicht innerhalb der Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG unmittelbar angreifbar; sie unterliegen nur noch der inzidenten Kontrolle im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens nach Art. 41 GG.
 
C.
Mit der Verwerfung der Organklage erledigen sich die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Hassemer, Jentsch, Broß, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Gerhardt