127. Urtheil vom 16. August 1875 in Sachen Schwarzenbach gegen Nordostbahn.
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Sachverhalt
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A.
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Durch Antrag der Instruktionskommission wurde der Rekurs des I. I. Schwarzenbach, Expropriat, wegen Verspätung verworfen.
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B.
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Diesen Antrag nahm Expropriat insofern an, als auch das Plenum des Bundesgerichtes finde, daß sein Rekurs verspätet eingegeben worden sei. In dieser Hinsicht stellte derselbe das Begehren, daß die Frage der Verspätung vorausgehend, ohne mündliche Parteiverhandlung, durch Beschluß entschieden werde und bemerkte im Weiteren, es sei irrthümlich, daß er das Urtheil der Schatzungskommission am 17. Januar erhalten habe; vielmehr habe die Zustellung desselben erst am 18. gleichen Monats stattgefunden, indem, wie aus einem amtlichen Zeugnisse des Gemeindeammanns von Wädensweil hervorgehe, letztere Behörde amtliche Zustellungen nie an einem Sonntag besorge, der 17. Januar d.Js. aber ein Sonntag gewesen sei. Im Ferneren sei konstatirt, daß der Rekurs am 16. Februar d.J. auf die Post in Wädensweil gelegt worden sei, und hätte derselbe also nach dem gesetzlichen Postenlaufe am folgenden Tag in Lausanne abgegeben werden sollen.
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C.
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Das Gemeindammannamt Wädensweil bestätigte mittelst Zeugniß vom 25. Juni d.J., daß es an Sonn- und Festtagen keinerlei Anlegungen von Urtheilen etc. vornehme, das Urtheil der eidgen. Schatzungskommission dem Schwarzenbach somit an einem anderen Wochentage zugestellt worden sein müsse.
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D.
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Die Nordostbahngesellschaft beantragte Aufrechthaltung des Entscheides der Instruktionskommission, gestützt darauf, daß
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1. der entscheidende Akt, das Insinuationsdokument, das Datum vom 17. Januar trage und nach dem Zeugnisse des Gemeindeammannamtes Wädensweil die Zustellung ebensogut am 16. wie am 18. Januar stattgefunden haben könne;
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2. selbst wenn die Insinuation erst am 18. Januar erfolgt wäre, die Rekursfrist dennoch nicht inne gehalten worden, und
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3. die Einwendung gegen die von der Nordostbahn behauptete Verspätung gemäß Art. 98 des Bundesgesetzes über das Verfahren vor Bundesgericht in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten verwirkt sei.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Erwägung 1
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Erwägung 2
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2. Der Zeitpunkt der Anlegung des erstinstanzlichen Entscheides wird zunächst durch das auf dem Insinuationsdokument enthaltene Datum festgestellt und es ist dasselbe dann um so eher als richtig anzunehmen, wenn es, wie hier, von der betreffenden Partei selbst geschrieben ist. Indessen ist der Gegenbeweis, daß die Anlegung früher oder später, als das Insinuationsdokument besagt, erfolgt sei, nicht ausgeschlossen und im vorliegenden Falle erscheint nun allerdings der Gegenbeweis geleistet, beziehungsweise die Annahme, daß die Insinuation des Schatzungsurtheiles erst am 18. Januar d.J. erfolgt sei, gerechtfertigt, wenn berücksichtigt wird, daß
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a) das Gemeindeammannamt Wädensweil bezeugt, daß Anlegungen von Urtheilen nie an Sonntagen erfolgen, während der 17. Januar d.J. in der That auf einen Sonntag fiel;
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b) der Expropriationskommissär der Nordostbahn, laut dem Vormerk auf seiner Ausfertigung des Schatzungsurtheiles, dasselbe erst am 17. Januar d.J. erhalten hat und nun, da ohne Zweifel beide Ausfertigungen gleichzeitig versendet worden sind, nicht angenommen werden kann, daß Expropriat die seinige schon früher, also etwa schon am 16. Januar, empfangen habe, und endlich
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c) das von Schwarzenbach unterzeichnete Insinuationsdokument nach dem vorhandenen Postzeichen erst am 19. Januar der Post in Wädensweil übergeben worden ist und wohl die Annahme begründet erscheint, daß der Gemeindeammann dasselbe ohne Verzug zurückgesandt habe.
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Erwägung 3
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3. Hievon ausgegangen und den 18. Januar d.J. als Tag der Anlegung angenommen, ist die dreißigtägige Rekursfrist dem Expropriaten, gemäß Art. 35 des Bundesgesetzes über die Abtretung von Privatrechten, mit dem 17. Februar d.J. abgelaufen. Nun ist zwar die Rekursschrift dem Bundesgerichtspräsidenten erst am 18. Februar zugekommen; allein aus dem von S. eingelegten Postscheine geht hervor, daß die Uebergabe derselben an die Post schon am 16. Februar stattgefunden hat und kann es somit, mit Rücksicht auf die bestehenden Postverbindungen, kaum einem begründeten Zweifel unterliegen, daß dieselbe spätestens am 17. Februar, Abends 6 1/2 Uhr, in Lausanne angelangt und lediglich aus einem Grunde, welcher dem Expropriaten nicht zur Schuld zugerechnet werden kann, dem Präsidenten nicht gleichen Tages, sondern erst am 18. Februar zugekommen ist. Unter diesen Umständen kann aber der verspätete Eingang der Beschwerdeschrift beim Bundesgerichtspräsidenten dem Rekurrenten nicht zum Nachtheil gereichen, sondern ist die Rekursfrist als gewahrt zu betrachten.
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Erwägung 4
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Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
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Der von I. I. Schwarzenbach gegen den Entscheid der Schatzungs kommission vom 25. November v.J. eingereichte Rekurs wird, als rechtzeitig eingereicht, zugelassen und demnach die Instruktionskommission beauftragt, auf denselben einzutreten.
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