53. Urteil vom 14. Dezember 1955 i.S. Bloch gegen Kanton Solothurn.
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Regeste
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Willkürliche Annahme eines realisierten Kapitalgewinns.
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Sachverhalt
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A.- Das solothurnische Gesetz betreffend die direkte Staats- und Gemeindesteuer vom 24. September 1939 (StG) enthält u.a. folgende Vorschriften:
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§ 15 Abs. 1:
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"Als Einkommen wird angesehen der geldwerte Ertrag des eigenen und des Nutzniessungsvermögens, der Unternehmung, der Berufs- und Lohnarbeit, der Pensionen und Renten, sowie der Gewinn aus einer Spekulationstätigkeit, Lotteriegewinne, der realisierte Kapitalgewinn und der aus irgendwelchen andern Einnahmequellen fliessende Gewinn.
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§ 17:
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"Erbschaften, Vermächtnisse, Schenkungen und ähnliche einmalige Zuwendungen gelten für den Empfänger nicht als steuerbares Einkommen."
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Die vom Kantonsrat des Kantons Solothurn erlassene Vollziehungsverordnung vom 25. Oktober 1939 zum StG (VV) enthält folgenden
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§ 18:
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"Als Kapitalgewinne beziehungsweise -verluste im Sinne der §§ 15 und 16 des Gesetzes fallen nur die beim Vermögen des Steuerpflichtigen auf Liegenschaften, Wertpapieren oder andern Vermögensobjekten und Rechten in dem für die Steuerveranlagung massgebenden Jahre tatsächlich eingetretenen Gewinne und Verluste in Betracht.
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Eine Kapitalgewinnsteuer kann nicht erhoben werden bei Handänderungen auf Grund einer Erbfolge oder Erbteilung, sowie bei Handänderungen zufolge Begründung, Anderung oder Aufhebung des ehelichen Güterstandes."
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B.- Die Beschwerdeführerin erwarb gemäss Inventar vom 27. Januar 1930 gemeinsam mit ihren acht Geschwistern durch Erbgang die Grundstücke GB Nr. 88, 144, 165, 756, 1191 und 1203 in Trimbach. Die Erben besassen diese Grundstücke während 23 Jahren zu gesamter Hand. Im Dezember 1952 teilten sie sie in neun ungefähr gleichwertige Parzellen. In der Folge lösten sie das Gesamthandsverhältnis auf, und am 31. März 1953 übernahm jeder Erbe eine der neun neu gebildeten Parzellen zu alleinigem Eigentum.
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C.- Die Steuerkommission Trimbach stellte fest, dass der wahre Wert aller Grundstücke beim Erbanfall im Jahre 1930 Fr. 83'000.-- betragen habe. Bis zum Zeitpunkte der Erbteilung sei der Wert des ganzen Grundeigentums auf Fr. 292'816.-- angestiegen. Die Erben hätten also einen Kapitalgewinn von Fr. 209'816.-- realisiert. Frau Bloch sei daran mit einem Neuntel = Fr. 23'312.-- beteiligt. Nach Abzug der Handänderungskosten wurde sie mit einem reinen Kapitalgewinn von Fr. 23'000.-- veranlagt.
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Frau Bloch erhob Einsprache, jedoch ohne Erfolg. Die Steuerkommission stellte im Einspracheentscheid fest, dass § 18 Abs. 2 VV gesetzwidrig sei.
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Die Kantonale Rekurskommission (KRK) bestätigte den Einspracheentscheid. Sie stellte unter Hinweis auf einen früheren Entscheid (RB 1949 Nr. 27) fest, dass "die Teilung des Gesamteigentums, sofern nicht wieder ein Gesamteigentumsverhältnis begründet werde, einen Realisationsakt im Sinne des Kapitalgewinnsteuerrechts darstelle". Wenn mehr als ein Erbe vorhanden sei, vollziehe sich der Erbgang durch zwei Handänderungen. Im Kapitalgewinnsteuerrecht müsse vom Erbanfall ausgegangen werden.
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Durch die Auflösung des Gesamteigentums hätten die bisherigen Gesamthänder Alleineigentum erworben und einen Gewinn im Sinne von § 15 StG realisiert.
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D.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde ficht Frau Bloch das Urteil der KRK wegen Verletzung des Art. 4 BV an. Sie macht geltend, die Argumentation der KRK und namentlich ihre Auslegung der §§ 15 und 17 StG und des § 18 VV seien schlechterdings unhaltbar und daher willkürlich. Sie habe keinen steuerpflichtigen Kapitalgewinn realisiert. Nur die "Verwertung oder Veräusserung" eines Vermögensgegenstandes sei Entstehungsgrund eines Kapitalgewinns. Das habe die KRK im Jahre 1946 selber entschieden (RB 1946 Nr. 20). Durch den angefochtenen Entscheid stelle sie sich in Gegensatz zu ihrer bisherigen Auffassung. Sie knüpfe zu Unrecht an die Überführung der ideellen Eigentumsquote in Alleineigentum steuerrechtliche Folgen. Die blosse Wertsteigerung eines Vermögensgegenstandes bilde kein versteuerbares Einkommen. Eine Besteuerung komme erst in Betracht, wenn feststehe, dass auf dem Objekt beim Ausscheiden aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen ein Gewinn realisiert worden sei. Das der Beschwerdeführerin bei der Erbteilung zugewiesene Grundstück sei aber aus ihrem Vermögen noch nicht ausgeschieden. Es sei nicht sicher, ob sie für das übernommene Grundstück je den angerechneten Wert lösen werde.
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Wenn beim Erwerb einer Erbschaft durch einen einzigen Erben keine Kapitalgewinnbesteuerung der vorliegenden Art möglich sei, dürfe diese auch in Fällen, in denen mehrere Erben eine Erbschaft antreten und Erbanfall und Erbteilung zeitlich auseinanderfallen, nicht stattfinden. Daher verbiete § 17 StG die Besteuerung realisierter Erbansprüche als Einkommen, ebenso § 18 VV. Die KRK habe zwar im genannten Entscheid vom Jahre 1949 diese Bestimmung als gesetzwidrig befunden, soweit dabei der Begriff der Erbteilung verwendet werde. Damals sei aber ein Kapitalgewinn infolge Erbauskaufs in Frage gestanden.
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Der Erbe habe damals seinen Gesamteigentumsanteil an seinen Bruder veräussert. Der Ausscheidende sei auf Grund der damaligen Wertverhältnisse abgefunden, ausgekauft worden. Er habe einen Kapitalgewinn realisieren können. Im vorliegenden Falle stehe aber weder eine Veräusserung noch eine Verwertung in Frage, höchstens eine Veräusserung durch einen Erben an sich selbst, die aber keine steuerrechtlichen Wirkungen haben könne. § 18 VV sei nur in dem Umfange gesetzwidrig, als mit der Erbteilung ein Erbauskauf, ein Veräusserungs- oder Verwertungsakt verbunden sei.
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E.- Die KRK beantragt die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Sie macht geltend, die Beschwerdeführerin habe nichts an sich selbst veräussert. Vielmehr habe sie ihre ideellen Gesamteigentumsanteile an allen jenen Grundstücken, die sie nicht selbst übernommen habe, veräussert und deren Wert realisiert, indem sie dafür ein Grundstück zu alleinigem Eigentum erhalten habe. Der Wert dieses Grundstückes sei der Gegenwert der aufgegebenen Gesamteigentumsanteile. Soweit dieser Wert den Einstandspreis (Wert 1930) übersteige, habe die Beschwerdeführerin einen Kapitalgewinn realisiert. Nach § 17 StG würden zwar "Erbschaften" nicht als steuerbares Einkommen gelten. Daraus, dass § 15 "Erbschaften" mit "einmaligen Zuwendungen" in Parallele setze, ergebe sich aber, dass darunter nur der Erbanfall zu verstehen sei. Der Gewinn, der bei einer weiteren Handänderung - anlässlich der Erbteilung - realisiert werde, müsse versteuert werden.
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Durch diese Auslegung des Gesetzes werde eine ungleiche Behandlung des vorliegenden Falles gegenüber demjenigen des Alleinerben vermieden. Wenn die Beschwerdeführerin das jetzt zu Alleineigentum erworbene Grundstück veräussere, werde sie bei der Kapitalgewinnberechnung vom Wert im Zeitpunkt des Erwerbes des Alleineigentums (1953) ausgehen. Die Wertsteigerung in der Zeit von 1930 (Erbanfall) bis 1953 bliebe also unversteuert. Beim Alleinerben, der 1930 geerbt hätte, müsste aber vom Wert von 1930 ausgegangen werden. Gleichbehandlung sei nur möglich, wenn in beiden Fällen der Wert beim Erbanfall als Einstandspreis angenommen werde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1. Die KRK erachtet die Voraussetzungen eines Einkommens im Sinne von § 15 Abs. 1 StG als erfüllt, indem sie annimmt, die Erben hätten durch Umwandlung der ideellen Gesamteigentumsanteile an der ganzen Liegenschaft in Alleineigentum an einzelnen Parzellen einen Kapitalgewinn realisiert. Unbestritten ist, dass in der Zeit vom Erbanfall bis zur Erbteilung der Wert der Liegenschaft um Fr. 209'816.-- gestiegen ist. Der Wertzuwachs auf einem Vermögensobjekt wird aber erst realisiert, wenn dieses veräussert und der sich damit als endgültig erweisende Mehrwert als Gewinn liquidiert wird (BGE 78 I 421, BGE 79 I 12), wenn sich eine Umwandlung der Wertform, beispielsweise in einen Veräusserungspreis, vollzieht, wenn die Wertvermehrung irgendwie äusserlich in Erscheinung tritt (Urteile der staatsrechtlichen Kammer vom 14. September 1949 i.S. Brand, vom 4. Oktober 1950 i.S. Spahn und vom 28. Januar 1953 i.S. Oeri; auch die Urteile vom 27. Mai 1953 i.S. Ritter und vom 10. März 1954 i.S. Salathé gehen von diesen Voraussetzungen aus). Im vorliegenden Falle hat sich eine Umwandlung der neun ideellen Gesamteigentumsquoten an der ganzen Liegenschaft in Alleineigentum an je einem Neuntel derselben vollzogen. Das bedeutet aber keine Umwandlung der Wertform, sondern lediglich der rechtlichen Form der Eigentumsanteile der Erben, ohne dass die Wertvermehrung irgendwie äusserlich in Erscheinung getreten wäre. Es hatte also nach wie vor bei einem bloss latenten Wertzuwachs sein Bewenden. Ein solcher erfüllt aber niemals die Voraussetzungen eines realisierten Kapitalgewinns im Sinne von § 15 Abs. 1 StG. Seine Besteuerung erscheint daher als willkürlich, weshalb die Beschwerde gutzuheissen ist.
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2. Unter diesen Umständen kann die Frage offen bleiben, ob die Beschwerde auch auf Grund von § 17 StG und § 18 Abs. 2 VV gutzuheissen wäre.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Beschwerde wird gutgeheissen.
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