31. Urteil vom 18. September 1957 i.S. X. gegen Y. und Regierungsrat des Kantons Aargau.
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Regeste
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Namensänderung, rechtliches Gehör.
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Sachverhalt
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A.- Der in Würenlos (AG) heimatberechtigte und in Ennetbaden (AG) wohnhafte Beschwerdeführer Rudolf X. hatte sich im Jahre 1950 verheiratet. Durch Urteil vom 4. Oktober 1955 wurde die Ehe geschieden und das einzige, am 20. Dezember 1950 geborene Kind Rudolf Josef der Mutter zugeteilt. Diese ging in der Folge mit dem ebenfalls in Würenlos heimatberechtigten Jakob Y. eine neue Ehe ein.
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Am 16. März 1957 ersuchten die in Neuenhof (AG) wohnhaften Eheleute Y. den Regierungsrat des Kantons Aargau, dem Knaben Rudolf Josef X. die Führung des Familiennamens Y. zu gestatten. Da der Knabe in der Familie Y. lebe und demnächst schulpflichtig werde, liege es in seinem Interesse, den Namen seiner Mutter und seines Stiefvaters und nicht denjenigen seines übrigens mehrfach vorbestraften Vaters zu führen.
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Der Regierungsrat holte Berichte der Gemeinderäte von Würenlos und Neuenhof ein und entsprach hierauf mit Beschluss vom 15. Juni 1957 dem Gesuch.
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B.- Rudolf X. hat gegen diesen Entscheid rechtzeitig staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er macht geltend: Der Regierungsrat habe die Namensänderung ohne Wissen und Anhörung des Beschwerdeführers bewilligt. Hierin liege eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs und damit eine Verletzung von Art. 4 BV.
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C.- Der Regierungsrat des Kantons Aargau beantragt die Abweisung der Beschwerde und führt aus: In Namensänderungsfällen wie dem vorliegenden seien die Interessen des leiblichen Vaters und des Kindes gegeneinander abzuwägen. Wenn der Vater, wie hier, wegen Vermögensdelikten wiederholt mit schweren Freiheitsstrafen, insbesondere auch mit Zuchthaus bestraft worden sei, überwiege das Interesse des Kindes so eindeutig, dass sich eine Vernehmlassung des leiblichen Vaters erübrige. Eine Aufforderung an ihn zur Stellungnahme hätte, da auf seinen Einspruch keine Rücksicht genommen werden könnte, nur eine rein formale Tragweite und könnte nur zu unerwünschten, dem Wohl des Kindes abträglichen Interventionen des Vaters führen.
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Frau Y. beantragt gleichfalls Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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In BGE 76 II 342 Erw. 2 hat die zweite Zivilabteilung des Bundesgerichts ausgeführt, es sei nicht nur ein Recht des Kindes, den Namen des Vaters zu führen, sondern auch ein Recht des Vaters, dass seine Kinder keinen andern Namen als den seinigen erhalten; daher sei, wenn für ein Kind ein Gesuch um Namensänderung gestellt werde, auch das Interesse des Vaters in Berücksichtigung zu ziehen und diesem Gelegenheit zu geben, zum Gesuch Stellung zu nehmen. Die staatsrechtliche Abteilung hat sich dieser Auffassung angeschlossen und wiederholt festgestellt, der Vater müsse zu einem für sein Kind gestellten Namensänderungsgesuch angehört werden (nicht veröffentlichte Urteile vom 11. November 1953 i.S. Luisier c. Wallis und vom 6. März 1957 i.S. Nideröst c. Schwyz). Irgendwelche Gründe, die es gestattet hätten, wie in einem kürzlich beurteilten Falle (nicht veröffentl. Urteil vom 2. Mai 1956 i.S. Vogel c. Luzern) ausnahmsweise von diesem Grundsatz abzuweichen, liegen nicht vor; der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers, der seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind regelmässig nachkommt und auch sein Besuchsrecht ausübt, war bekannt und die Behandlung des Namensänderungsgesuchs nicht dringlich. Indem der Regierungsrat dem Gesuch entsprach, ohne den Beschwerdeführer anzuhören, hat er dessen Anspruch auf rechtliches Gehör und damit den Art. 4 BV verletzt.
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Der Einwand des Regierungsrates, die Interessenlage sei so eindeutig, dass der Einspruch des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt werden könnte und nur eine "für das Wohl des Kindes abträgliche Intervention" bedeuten würde, ist unbehelflich. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nach feststehender Rechtsprechung formeller Natur. Seine Verletzung hat die Aufhebung des angefochtenen Entscheids auch dann zur Folge, wenn der Beschwerdeführer ein materielles Interesse hieran nicht nachzuweisen vermag, weshalb nichts darauf ankommt, ob irgendwelche Aussicht besteht, dass der Regierungsrat nach Anhörung des Beschwerdeführers zu einer Änderung seines Entscheids gelangt (BGE 64 I 148/9 und dortige Zitate, BGE 75 I 227, BGE 76 I 182/3, BGE 82 I 71 /2). Inwiefern diese Anhörung dem Kind zum Nachteil gereichen könnte, wird vom Regierungsrat nicht näher ausgeführt und ist unerfindlich.
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Der angefochtene Entscheid ist somit wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufzuheben.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss des Regierungsrates des Kantons Aargau vom 15. Juni 1957 aufgehoben.
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