BGE 86 I 86
 
16. Urteil vom 16. März 1960 i.S. X. und Konsorten gegen Generalprokurator und Obergericht des Kantons Bern.
 
Regeste
Kantonaler Zivilprozess; Zeugnisverweigerungsrecht.
2. Auslegung einer Vorschrift, wonach die Partei und die mit ihr nahe verwandten Zeugen die Antwort auf Fragen über solche Tatsachen verweigern können, welche die Ehre der Partei berühren. Die Annahme, ausserehelicher Geschlechtsverkehr sei für eine ledige Frau auf keinen Fall ehrenrührig, ist unhaltbar und willkürlich (Erw. 3).
 
Sachverhalt
A.- Die bern. ZPO enthält über den Zeugenbeweis und das Parteiverhör unter anderm folgende Bestimmungen:
"Art. 245. Der Ehegatte, der Verlobte ... die Verwandten oder Verschwägerten einer Partei in der geraden Linie und im zweiten Grade der Seitenlinie können die Beantwortung von Fragen über Tatsachen verweigern, über welche die Partei selber nicht auskunftspflichtig ist (275) .....
Art. 247. Überdies kann der Zeuge die Aussage verweigern, wenn er glaubwürdig versichert, dass die Aussage über die an ihn gestellte Frage seiner Ehre nachteilig sei oder ihn persönlich verantwortlich machen würde.
Art. 248. Über die Zulässigkeit der Verweigerung des Zeugnisses entscheidet der Richter: Der Zeuge kann sofort nach Eröffnung des Entscheides dessen Überprüfung durch den Appellationshof verlangen. Macht er von diesem Rechte Gebrauch, so sendet der Richter die Akten mit seinem motivierten Entscheide dem Appellationshofe ein. Die Weiterziehung hat aufschiebende Wirkung.
Art. 252. Die Abhörung des Zeugen erfolgt durch den Richter unter Austritt der übrigen Zeugen. Nach Feststellung der Identität, Befragung über Alter, Beruf und Wohnort ... macht der Richter den Zeugen auf die Zeugenpflicht und deren Umfang (243, 245, 246, 247, 250), sowie auf die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage aufmerksam; er ermahnt ihn, nichts anderes als die volle Wahrheit auszusagen.
Art. 274. Die Parteien sind verpflichtet, die gestellten Fragen nach bestem Wissen und Gewissen der Wahrheit gemäss zu beantworten. ....
Art. 275. Eine Partei kann die Beantwortung von Fragen über Tatsachen, die ihre Ehre berühren, verweigern."
B.- Die 1932 geborene ledige Therese X. unterhielt vom August bis Ende Dezember 1953 ein intimes Verhältnis mit S. Am 13. August 1954 gebar sie ein aussereheliches Kind. In dem beim Zivilamtsgericht von Bern eingeleiteten Vaterschaftsprozess erhob S. die Einrede des Mehrverkehrs, indem er behauptete, Therese X. habe in der Silvesternacht 1953/54 mit M. in der Mansarde ihres Bruders X.-Y. genächtigt und Anfangs Januar 1954 auch mit N. geschlechtlich verkehrt. Therese X. bestritt dies und berief sich auf ihren Vater, ihren Bruder und dessen Ehefrau sowie auf N. als Zeugen, nachdem sie diese überredet hatte, wahrheitswidrig zu ihren Gunsten auszusagen. Bei der Einvernahme am 5. April 1956, bei der diese Zeugen zur Wahrheit ermahnt und auf die Folgen des falschen Zeugnisses aufmerksam gemacht, aber nicht über das Zeugnisverweigerungsrecht belehrt wurden, erklärten die Ehegatten X.-Y. wahrheitswidrig, dass M. in der Silvesternacht 1953/54 allein in ihrer Mansarde genächtigt habe und Therese X. in die väterliche Wohnung zurückgekehrt sei, was ihr Vater bestätigte, während N., der Therese X. Anfangs Januar 1954 zu einer Autofahrt eingeladen und auf dieser mit ihr intim verkehrt hatte, bestritt, je Geschlechtsverkehr mit ihr gehabt zu haben. Angesichts dieses Beweisergebnisses schloss S. einen gerichtlichen Vergleich, durch den er sich zu Vermögensleistungen an Therese X. und ihr Kind verpflichtete und die Kosten des Vaterschaftsprozesses übernahm.
C.- Am 6. Oktober 1958 reichte S. gegen die Ehegatten X.-Y. Strafanzeige wegen falschen Zeugnisses ein. Im Laufe des Strafverfahrens, das auf Therese X., ihren Vater Ernst X. und N. ausgedehnt wurde, gaben alle Angeschuldigten ihre Verfehlungen zu, bestritten aber ihre Strafbarkeit, da die Zeugen nicht über das Zeugnisverweigerungsrecht belehrt worden und ihre Aussagen daher ungültig gewesen seien. Das Strafamtsgericht Bern wies diesen Einwand zurück und verurteilte am 17. April 1959 die Ehegatten X.-Y., Ernst X. und N. wegen falschen Zeugnisses und Therese X. wegen Anstiftung dazu zu bedingten Gefängnisstrafen.
Das Obergericht des Kantons Bern, an das alle Angeschuldigten mit Ausnahme von Ernst X. appellierten, bestätigte mit Urteil vom 18. September 1959 den erstinstanzlichen Schuldspruch und verurteilte Therese X. zu 6 und die übrigen Angeschuldigten zu je 2 Monaten Gefängnis unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges. Den Erwägungen dieses Urteils ist zu entnehmen:
Der Tatbestand des falschen Zeugnisses (Art. 307 StGB) sei nur erfüllt, wenn ein nach kantonalem Prozessrecht gültiges Zeugnis vorliege. Nach Art. 252 bern. ZPO sei der Richter verpflichtet, den Zeugen über das Zeugnisverweigerungsrecht zu belehren. Dabei handle es sich entgegen LEUCH N. 2 nicht um eine blosse Ordnungs-, sondern um eine Gültigkeitsvorschrift. Indessen liege nach der Praxis trotz fehlender Belehrung ein gültiges Zeugnis vor, wenn der Zeuge keinen Zeugnisverweigerungsgrund anrufen durfte, wenn er das ihm zustehende Zeugnisverweigerungsrecht kannte oder wenn aus den Umständen zwingend zu schliessen sei, dass er trotz Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht falsch ausgesagt hätte. Im vorliegenden Falle hätten die Ehegatten X.-Y. nach Art. 245 ZPO das Zeugnis nur verweigern dürfen, wenn Therese X. darüber, dass sie die Silvesternacht 1953/54 mit M. in deren Mansarde zugebracht habe, weil ihre Ehre berührend, gemäss Art. 275 ZPO die Auskunft hätte verweigern dürfen. "Eine solche Tatsache ist indessen nicht ehrenrührig - Therese X. war damals (1956) noch ledig - und es bestand für sie kein Grund, die Aussage über diesen Punkt zu verweigern. Die Eheleute X.-Y. konnten sich mithin nicht auf Art. 245 ZPO berufen; ihr Zeugnis ist gültig". Dagegen hätte N. als verheirateter Mann die Aussagen über seine intimen Beziehungen zu Therese X. gemäss Art. 247 ZPO verweigern können, da er durch wahrheitsgemässe Aussage nicht nur in seiner Ehre getroffen worden wäre, sondern sich sogar der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung (Art. 214 StGB) ausgesetzt hätte. Indessen habe er das ihm zustehende Zeugnisverweigerungsrecht gekannt, und da er in Kenntnis dieses Rechts falsch ausgesagt habe, sei anzunehmen, dass er auch dann falsches Zeugnis abgelegt hätte, wenn ihn der Richter auf sein Recht aufmerksam gemacht hätte. Sein Zeugnis sei daher ebenfalls gültig. Therese X. habe ihren Vater, ihren Bruder, ihre Schwägerin und N. vorsätzlich zu falschem Zeugnis bestimmt. Da alle Angeschuldigten der falschen Zeugenaussagen schuldig gesprochen worden seien, sei sie wegen Anstiftung zu verurteilen, wobei eine Strafe von 6 Monaten Gefängnis angemessen erscheine. Wenn die andern Angeschuldigten mangels gültigen Zeugnisses nicht bestraft werden könnten, so wäre sie der erfolglosen Anstiftung schuldig zu sprechen und in die gleiche Strafe zu verfällen, denn ihr Verschulden wäre nicht geringer, wenn die Angestifteten wegen einer prozessualen Bestimmung straflos ausgegangen wären.
D.- Gegen dieses Urteil des Obergerichts des Kantons Bern haben die Ehegatten X.-Y., N. und Therese X. beim Bundesgericht sowohl Nichtigkeitsgeschwerde gemäss Art. 268 ff. BStP als auch staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV erhoben.
Der Kassationshof ist auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingetreten, da sie nicht mit der Verletzung von Bundesrecht begründet war.
E.- Der Generalprokurator des Kantons Bern und S. beantragen die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Bern hat auf Stellungnahme verzichtet und auf die Begründung des angefochtenen Urteils verwiesen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Ein nach Art. 307 StGB strafbares falsches Zeugnis liegt nicht vor, wenn die Aussage ungültig ist (BGE 69 IV 219,BGE 71 IV 43). Die Eheleute X.-Y. und N. sind vor ihrer Einvernahme als Zeugen im Vaterschaftsprozess gegen S. nicht über das Zeugnisverweigerungsrecht belehrt worden. Ob ihre Aussgagen gleichwohl gültig sind, ist ausschliesslich eine Frage des kantonalen Prozessrechts, dessen Verletzung nicht mit der Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationshof gerügt werden kann. Auf die staatsrechtliche Beschwerde, mit der vor allem die Annahme des Obergerichts, jene Zeugenaussagen seien gültig, als willkürlich angefochten wird, ist daher einzutreten.
2. Nach Art. 252 bern. ZPO hat der Richter die Zeugen auf die Zeugnispflicht und deren Umfang aufmerksam zu machen. Dazu gehört, wie nicht streitig ist, auch die Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht. Das Obergericht erblickt hierin eine Gültigkeitsvorschrift, nimmt aber an, eine Aussage könne unter gewissen Voraussetzungen trotz Nichtbeachtung der Vorschrift gültig sein. Diese Auslegung wird in der Beschwerde zu Unrecht als mit Art. 252 ZPO unvereinbar und willkürlich beanstandet. Diese Bestimmung verpflichtet zwar den Richter zur Belehrung des Zeugen über das Zeugnisverweigerungsrecht, spricht sich aber über die Folgen der Unterlassung der Belehrung nicht aus. Es war daher mit dem Wortlaut von Art. 252 ZPO vereinbar und nicht willkürrlich, wenn Rechtsprechung und Lehre die Bestimmung zunächst als blosse Ordnungsvorschrift verstanden haben (LEUCH N. 2 und dort erwähnter Beschluss der Obergerichtskammern vom 11. November 1942). Ebensowenig ist es willkürlich, wenn das Obergericht sie nun im angefochtenen Entscheid zwar grundsätzlich als Gültigkeitsvorschrift betrachtet, ihr aber nicht absolute Geltung zuerkennt, sondern gewisse Ausnahmen macht. Der Einwand der Beschwerdeführer, dass dies zu einer willkürrlichen Ungleichbehandlung der Zeugen führe, ist nicht begründet, da sich die einzelnen Ausnahmen mit ernsthaften sachlichen Gründen vertreten lassen. So leuchtet es ein, dass ein Zeugnis gültig sein soll, wenn der Zeuge trotz Unterlassung der vorgeschriebenen Belehrung weiss, dass er das Zeugnis verweigern kann, aber trotzdem aussagt. Als vertretbar erscheint aber auch die Auffassung, die Unterlassung der Belehrung schade nicht, wenn der Zeuge keinen Zeugnisverweigerungsgrund anrufen könne oder wenn anzunehmen sei, er hätte trotz Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht falsch ausgesagt. Nicht zu übersehen ist freilich, dass bei Unterlassung der Belehrung der Strafrichter nachträglich auf Grund umfassender Erhebungen über das Vorliegen eines Zeugnisverweigerungsgrundes befindet, während im Falle der Belehrung der Zivilrichter nach der damaligen Prozess- und Sachlage darüber entscheidet und sein Entscheid vom Zeugen an den Appellationshof weitergezogen werden kann (Art. 248 ZPO). Welche Bedeutung dieser Verschiebung der Zuständigkeit beizumessen ist, kann jedoch dahingestellt bleiben, da die Beschwerdeführer in dieser Beziehung keine Rügen erheben. Sie bestreiten nur, dass das Obergericht die streitigen Zeugenaussagen aus den von ihm angenommenen Gründen als gültig betrachten durfte. Diese Gründe sind für die Ehegatten X.-Y. und für N. nicht die gleichen, weshalb die Frage der Gültigkeit ihrer Zeugenaussagen getrennt zu prüfen ist.
a) Die Gesetzesbestimmungen, welche den Parteien und Zeugen die Aussage über für sie ehrenrührige Tatsachen erlassen, nehmen auf ihre Persönlichkeit und Geheimsphäre Rücksicht und wollen sie vor der inbezug auf solche Tatsachen besonders grossen Versuchung bewahren, nicht die Wahrheit zu sagen. Der in diesen Bestimmungen verwendete Begriff der Ehre, der nicht ohne weiteres dem strafrechtlichen Ehrbegriff gleichzusetzen ist, umfasst das Ehrgefühl des Betroffenen und seinen Ruf als ehrbarer Mensch (sog. innere und äussere Ehre). Seine nähere Auslegung wird durch sich widerstreitende Interessen erschwert. Das Interesse der Wahrheitserforschung und der Verwirklichung des materiellen Rechts (vgl. BGE 84 I 221) lässt eine enge Auslegung als geboten erscheinen (vgl. auch Art. 42 lit. a BZP, wonach das Zeugnis nur verweigert werden kann über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder seinen Verwandten die Gefahr einer schweren Benachteiligung der Ehre zuziehen kann). Der Zweck der Bestimmungen, die Betroffenen vor Gewissenskonflikten zu bewahren, ruft dagegen nach einer weiten Auslegung. Sodann entspricht es diesem Zweck, die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen möglichst weitgehend zu berücksichtigen, während das Bedürfnis nach einfacher und einheitlicher Anwendung der Bestimmungen eine Beurteilung nach objektiven Gesichtspunkten nahe legt.
b) Das Obergericht hat sich nicht darüber ausgesprochen, nach welchen Grundsätzen die Art. 245, 247 und 275 bern. ZPO auszulegen sind. Sein Entscheid beruht auf der Annahme, dass eine ledige Person, gleichgültig welchen Geschlechts, als Partei oder Zeuge die Auskunft über ausserehelichen Geschlechtsverkehr (mit andern ledigen Personen) keinesfalls verweigern dürfe, da ein solcher Verkehr nicht ehrenrührig sei. Diese Auffassung muss indessen, soweit sie sich auf ledige Frauen bezieht, als unhaltbar bezeichnet werden.
Es erscheint schon als fraglich, ob es angeht, allgemein zu sagen, das Zugeständnis ausserehelichen Geschlechtsverkehrs berühre die Ehre eines ledigen Mannes nicht, wie LEUCH (N. 1 zu Art. 247) und das bernische Obergericht (ZBJV 88 S. 118) vorbehaltlos annehmen. Wenn auch, wie Leuch bemerkt, weite Kreise hierüber eine freiere Auffassung haben, so gilt ausserehelicher Geschlechtsverkehr doch allgemein als moralisch verwerflich (LEUCH, a.a.O., und GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht S. 361 N. 24 d) und gibt es zweifellos noch immer zahlreiche ledige Männer, deren Ehr- und Schamgefühl durch ein vor Dritten abgelegtes Geständnis solchen Verkehrs so stark betroffen wird, dass ihnen dieses nicht zuzumuten ist. Verschiedene Gerichte haben denn auch dem unverheirateten Manne, der über intime Beziehungen zu einer ledigen Frau als Zeuge auszusagen hatte, das Recht der Zeugnisverweigerung zugestanden oder doch ihren Entscheid hierüber auf Grund der konkreten Umstände und der persönlichen Verhältnisse des Zeugen getroffen (Rekurskommission des st.-gall. Kantonsgerichts, Amtsbericht 1926 Nr. 24; Appellationsgericht Basel-Stadt, SJZ 1951 S. 143/44; Kassationsgericht Zürich, SJZ 1956 S. 92/93).
Lässt sich somit schon für den ledigen Mann nicht allgemein sagen, dass ausserehelicher Geschlechtsverkehr seine Ehre auf keinen Fall berühre und er daher als Partei oder Zeuge die Auskunft darüber nicht verweigern dürfe, so geht dies noch weniger an für die unverheiratete Frau. Bei der Frau ist nicht nur das Schamgefühl im allgemeinen feiner und zugleich stärker entwickelt als beim Manne, sondern werden auch aussereheliche Geschlechtsbeziehungen von der Moral schärfer missbilligt. Soweit ersichtlich, hat denn auch bisher noch kein schweizerisches Gericht die Auffassung vertreten, dass eine unverheiratete Frau vor Gericht als Partei oder Zeugin stets verpflichtet sei, über intime Beziehungen zu Männern Auskunft zu geben, während LEUCH, der inbezug auf den ledigen Mann einer freieren Auffassung folgt, ausdrücklich erklärt, dass die Kindsmutter im Vaterschaftsprozess die Aussagen über den Verkehr mit noch andern Männern unbedingt verweigern könne (ebenso für das deutsche Recht STEIN/JONAS/SCHÖNKE, 18. Auflage, und BAUMBACH/LAUTERBACH, 24. Auflage, zu § 384 Ziff. 2 d ZPO). Die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Annahme, dass eine ledige Frau in keinem Falle berechtigt sei, unter Berufung auf ihre Ehre die Auskunft über ihre sexuelle Lebensweise und über ein Verhalten wie dasjenige der Therese X. in der Silvesternacht 1953/54 zu verweigern, ist mit den in der Schweiz herrschenden Auffassungen von Recht und Sitte unvereinbar und muss als schlechterdings unhaltbar, geradezu willkürlich bezeichnet werden.
Damit soll nicht gesagt sein, dass es nicht Fälle geben könne, wo es auch einer ledigen Frau ausnahmsweise zuzumuten ist, als Partei oder Zeugin über aussereheliche Geschlechtsbeziehungen Auskunft zu geben, weil sie dadurch nach den Umständen und nach ihren persönlichen Verhältnissen nicht in ihrer Ehre (im Sinne der Art. 245, 247 und 275 ZPO) betroffen wird. Unter welchen Voraussetzungen das angenommen werden darf, hat das Bundesgericht vorliegend nicht zu untersuchen. Der Entscheid hierüber bleibt den zuständigen kantonalen Gerichten vorbehalten.
Die Verurteilung der Ehegatten X.-Y. wegen falschen Zeugnisses beruht auf der Annahme, sie seien zur Verweigerung des Zeugnisses deshalb nicht berechtigt gewesen, weil eine ledige Frau auf keinen Fall befugt sei, als Partei oder Zeugin die Auskunft über ausserehelichen Geschlechtsverkehr zu verweigern. Diese Annahme ist nach dem Gesagten unhaltbar und willkürlich, weshalb die Beschwerde der Eheleute X.-Y. gutzuheissen und der angefochtene Entscheid insoweit, als er sich auf sie bezieht, wegen Verletzung von Art. 4 BV aufzuheben ist.
4. Der Beschwerdeführer N. war, wie auch das Obergericht annimmt, nach Art. 247 ZPO berechtigt, die Antwort auf die Frage nach intimen Beziehungen zu Therese X. zu verweigern, weil er verheiratet ist und durch wahrheitsgemässe Aussage nicht nur in seiner Ehre getroffen worden wäre, sondern sich sogar der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung (wegen Ehebruchs; Art. 214 StGB) ausgesetzt hätte. Das Obergericht ist jedoch der Auffassung, sein Zeugnis sei, obwohl er über das Zeugnisverweigerungsrecht nicht belehrt wurde, deshalb gleichwohl gültig, weil er das ihm zustehende Zeugnisverweigerungsrecht gekannt habe und anzunehmen sei, dass er auch falsch ausgesagt hätte, wenn ihn der Richter auf sein Recht aufmerksam gemacht hätte. Diese Betrachtungsweise wird in der Beschwerde lediglich mit der bereits in Erw. 2 widerlegten Begründung als willkürlich angefochten, die Belehrung der Zeugen über das Zeugnisverweigerungsrecht sei ein unbedingtes Gültigkeitserfordernis, von dem es keine Ausnahmen gebe. Nicht bestritten und noch weniger als willkürlich angefochten wird dagegen die Annahme, dass N. sein Zeugnisverweigerungsrecht kannte und auch im Falle der Belehrung darüber falsch ausgesagt hätte. Von Willkür kann auch nicht die Rede sein, da seinen Äusserungen vor Strafamtsgericht zu entnehmen ist, dass er das ihm zustehende Zeugnisverweigerungsrecht tatsächlich kannte, jedoch davon auf Ersuchen von Therese X. keinen Gebrauch machte, weil sie befürchtete, dies könnte zu ihren Ungunsten ausgelegt werden. Wenn hieraus überdies geschlossen wird, N. hätte auch im Falle der Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht falsch ausgesagt, so kann dieser Schluss, mag er auch nicht zwingend sein, doch jedenfalls nicht als offensichtlich unrichtig, geradezu willkürlich bezeichnet werden. Die Beschwerde des N. ist daher abzuweisen.
5. Vater X. hat gegen seine Bestrafung wegen falschen Zeugnisses durch das Strafamtsgericht nicht appelliert, so dass dessen Urteil, soweit es ihn betrifft, rechtskräftig geworden ist. Anderseits hat Therese X. in der Strafuntersuchung zugegeben, ihren Vater zu falschen Aussagen veranlasst zu haben. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Obergericht sie wegen Anstiftung des Vaters zu falschem Zeugnis verurteilt hat. Da sie ferner auch N. angestiftet hat und dessen Verurteilung sich als unanfechtbar erweist, ist sie auch zu Recht wegen Anstiftung des N. verurteilt worden. Dagegen ist zufolge Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde der Ehegatten X.-Y. das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als Therese X. der Anstiftung derselben schuldig erklärt worden ist. Das Obergericht hat im angefochtenen Urteil freilich erklärt, dass es Therese X. in die gleiche Strafe verfällt hätte, wenn die Aussagen aller Zeugen ungültig gewesen wären und Therese X. daher nur wegen erfolgloser Anstiftung (bzw. Anstiftungsversuchs, Art. 24 Abs. 2 StGB) zu bestrafen wäre. Das ändert aber nichts daran, dass jedenfalls der Schuldspruch aufzuheben ist, was zur Folge hat, dass das Obergericht in seinem neuen Entscheid nochmals zu prüfen haben wird, ob die gegenüber Therese X. ausgesprochene Strafe nicht zu mildern sei.