82. Auszug aus dem Urteil vom 13. Dezember 1961 i.S. Kipfer und Mitbeteiligte gegen Gemeinde Bremgarten und Regierungsrat des Kantons Bern.
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Regeste
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Eigentumsgarantie, Art. 4 BV.
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Sachverhalt
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Das Gesetz über die Bauvorschriften (BVG) des Kantons Bern vom 26. Januar 1958 ermächtigt in Art. 5 Ziff. 5 die Gemeinden, unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Regierungsrat Vorschriften aufzustellen über "die Verhütung von wesentlichen Beeinträchtigungen schöner oder geschichtlich wertvoller Landschafts-, Orts- und Strassenbilder ...".
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Unter Berufung auf diese Gesetzesbestimmung und weitere Normen des kantonalen Rechts hat die Gemeindeversammlung von Bremgarten bei Bern am 3. Juni 1959 "Schutzvorschriften" angenommen, die das Hanggebiet vom Hostalenweg über dem Dorfteil Stuckishaus im Westen bis zur Flur Birchi an der Grenze der Gemeinde Zollikofen im Osten betreffen. Die "Schutzvorschriften" lassen die Zuteilung des Hanges zu den einzelnen Zonen des Bauklassenplanes unberührt. Sie schränken die Benutzbarkeit des Landes indes insofern ein, als sie jede Ausbeutung von Kies und Sand untersagen und sie auch alle andern Abgrabungen und Ausfüllungen verbieten, die das Landschaftsbild wesentlich beeinträchtigen würden. Grössere Baumgruppen, Feldgehölze, Lebhecken und Wälder dürfen nur mit Zustimmung des Gemeinderats abgeholzt werden. Von diesen Verboten sind zwei Parzellen ausgenommen, auf denen weiterhin, wenn auch mit gewissen Einschränkungen, Kies und Sand gewonnen werden darf.
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Der Regierungsrat des Kantons Bern hat am 15. Januar 1960 die "Schutzvorschriften" in den erwähnten Punkten genehmigt. Eine Anzahl Grundeigentümer, die über Land im betreffenden Gebiet verfügen, erhoben gegen diesen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV und der Eigentumsgarantie. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen:
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Die Beschwerdeführer wenden ein, nach Sinn und Zweck des Gesetzes sei der in Art. 5 Ziff. 5 BVG verwendete Ausdruck "schön" einschränkend auszulegen, könnte doch andernfalls das ganze Kantonsgebiet unter Schutz gestellt werden. Das Gesetz wolle vielmehr lediglich die Grundlage für die Sicherung von Landschaftsbildern mit besonderem Schönheitswert schaffen. Einen solchen weise das in Frage stehende Hanggebiet nicht auf. Die "Schutzvorschriften" liessen sich deshalb nicht auf Art. 5 Ziff. 5 BVG stützen.
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Richtig ist, dass der unbestimmte Begriff des "schönen Landschaftsbildes" erst im Lichte der Zwecksetzung dieser Bestimmung Umrisse gewinnt. Unter den vielen an sich ansprechenden Landschaftsbildern können nur jene als "schön" geschützt werden, die infolge ihrer besonderen Vorzüge diesen Schutz verdienen. Ob das der Fall sei, hängt von Umständen verschiedener Art ab. Eine Landschaft lässt sich in der Regel nicht ohne Eingriffe in die Rechte Privater schützen. Dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung eines Landschaftsbildes sind diese privaten Interessen gegenüberzustellen. An die Schutzwürdigkeit ist daher ein umso strengerer Massstab anzulegen, je stärker die Schutzvorschriften in die Belange Privater eingreifen. Zu berücksichtigen ist auch, dass ein Landschaftsbild nicht so sehr um seiner selber, als um der Betrachter willen geschützt wird. Ein Schutz drängt sich deshalb umso eher auf, je grösser das Bedürfnis der Bevölkerung nach Erhaltung der Naturschönheiten ist. Dieses Bedürfnis aber wächst mit der Verstädterung. So kann in der Umgebung grosser Siedlungen ein Landschaftsbild als schutzwürdig erscheinen, das in abgelegenen Gegenden kaum besondere Beachtung fände (vgl. Urteil vom 1. November 1961 i.S. Messerli, Erw. 3 a). Bei Abwägung dieser Umstände dürfen die kantonalen Behörden sich nicht auf ihr subjektives Empfinden verlassen; sie haben ihrer Entscheidung vielmehr objektive und grundsätzliche Kriterien zugrunde zu legen. Auch so steht ihrem Ermessen jedoch ein weiter Spielraum zu. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn die kantonalen Instanzen den Rahmen ihres Ermessens offensichtlich überschritten haben (vgl. BGE 82 I 108 mit Verweisungen).
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Wie sich aus den bei den Akten befindlichen Aufnahmen ergibt, entbehrt der unter die "Schutzvorschriften" fallende Hang, für sich allein betrachtet, jedes besonderen Reizes. Es ist indes nicht zu übersehen, dass der Hang ein wesentliches Element im Landschaftsbild des Aaretales bildet. Unterhalb Berns fliesst die Aare in grossen Schlaufen, die sich um teils bewaldete Halbinseln legen, dem Stausee Wohlen zu. Das tief eingeschnittene Flusstal wird von verhältnismässig steil abfallenden Hängen, den "Halen" gesäumt. Mit den Flusswindungen und den Wäldern geben die "Halen" der Landschaft das Gepräge. Da die Hänge von weither sichtbar sind, wirken daran vorgenommene Veränderungen besonders stark auf das Landschaftsbild ein. So erweist sich die bestehende Kiesgrube unterhalb des Burgachers unbestreitbar als Verunstaltung. Würden auch auf den Hang-Grundstücken der Beschwerdeführer, die heute noch landwirtschaftlich genutzt werden, Kies- und Sandgruben eröffnet, so käme die Siedelung Bremgarten-Stuckishaus auf Jahrzehnte hinaus an den Fuss kahler Molassewände zu liegen, die das Bild der ganzen Gegend beherrschen würden. Ein wertvolles Siedelungsgebiet der ständig sich ausdehnenden Stadt Bern würde dadurch seine Eigenart und seinen heute noch unzweifelhaft vorhandenen Reiz verlieren.
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Da das Landschaftsbild des Aaretales als Ganzes mit beachtlichen Gründen als "schön" bezeichnet werden kann, lassen sich die auf die Erhaltung eines wesentlichen Bestandteils desselben gerichteten "Schutzvorschriften" ohne Willkür auf Art. 5 Ziff. 5 BVG stützen. Einem Erlass aber, der auf diese Weise dem Heimatschutz dient, kann auch das öffentliche Interesse nicht abgesprochen werden.
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