BGE 88 I 1
 
1. Auszug aus dem Urteil vom 31. Januar 1962 i.S. Bau- & Verwaltungs-AG und Höchli gegen Regierungsrat des Kantons Aargau.
 
Regeste
Sperrfrist für die Veräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke (Art. 218 OR).
 
Sachverhalt
A.- Am 6. Mai 1960 verkaufte Walter Vogelsang drei zusammen 195,57 a haltende, bisher landwirtschaftlich genutzte Parzellen in Gebenstorf zum Preis von Fr. 400'000.-- an Traugott Suter und Siegfried Küng als Miteigentümer zu je 1/2. Am 24. Oktober 1960 bewilligte die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Aargau eine über den Schätzungswert hinausgehende hypothekarische Belastung der Grundstücke mit der Begründung, diese lägen im generellen Kanalisationsprojekt und seien mit Weg, Wasser und Elektrizität erschlossen, und die Eigentümer Suter und Küng hätten sie zur unmittelbaren Überbauung erworben und sich verpflichtet, die Kanalisation auf eigene Kosten zu erstellen.
Am 8. Februar 1961 verkauften Suter und Küng die drei Grundstücke zum Preis von Fr. 520'000.-- an die Bau- & Verwaltungs-AG und an Josef Höchli als Miteigentumer zu je 1/2, wobei die Genehmigung des Kaufes durch die Landwirtschaftsdirektion vorbehalten wurde. Diese verweigerte indessen die Genehmigung durch Verfügung vom 1. Mai 1961.
Die Käufer führten hiegegen Beschwerde, wurden aber vom Regierungsrat durch Entscheid vom 15. September 1961 abgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Als Bauland im Sinne von Art. 218 Abs. 2 OR seien Grundstücke zu betrachten, die zur unmittelbaren Überbauung erworben werden und im Zeitpunkt der Handänderung entweder im Perimeter eines rechtskräftigen Überbauungs- oder Zonenplanes liegen oder für eine Überbauung mit Wegen, Wasser, Kanalisation und Elektrizität voll erschlossen seien. Die fraglichen Grundstücke seien aber eindeutig nicht erschlossen; vor allem fehle die Kanalisation. Dass die Grundstücke im Gebiete des generellen Kanalisationsprojektes liegen, vermöge die fehlende Kanalisation nicht zu ersetzen und genüge für die Qualifikation als Bauland nicht. Ein wichtiger Grund im Sinne von Art. 218 bis OR für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung liege nicht vor. Es handle sich um ein Spekulationsgeschäft, bei dem die jetzigen Verkäufer einen Zwischengewinn von Fr. 120'000.-- erzielt und ihre im Verfahren betreffend Belastung der Grundstücke der Landwirtschaftsdirektion abgegebenen Zusicherungen nicht eingehalten hätten.
B.- Gegen diesen Entscheid des Regierungsrates führen die Bau- & Verwaltungs-AG und Josef Höchli staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV durch formelle Rechtsverweigerung, Willkür und rechtsungleiche Behandlung. Die einzelnen Rügen und ihre Begründung sind, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich.
C.- Der Regierungsrat des Kantons Aargau beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1./2. - (Prozessuales.)
a) Die Beschwerdeführer machen geltend, der Landwirtschaftsdirektion sei bekannt gewesen, dass schon Suter und Küng das Land zur Überbauung erworben haben; sie habe denn auch am 24. Oktober 1960 einer den Schätzungswert übersteigenden hypothekarischen Belastung zugestimmt, was sie nicht hätte tun dürfen, wenn es sich nicht um Bauland gehandelt hätte. Darin, dass sie nun das Land beim Weiterverkauf an die Beschwerdeführer nicht als Bauland anerkenne, liege ein unmotiviertes, widersprüchliches Verhalten, ein Verstoss gegen Treu und Glauben und eine rechtsungleiche Behandlung der Beschwerdeführer.
Diese Rüge richtet sich gegen den Entscheid der Landwirtschaftsdirektion vom 1. Mai 1961, mit dem die Genehmigung des Kaufvertrags vom 8. Februar 1961 verweigert worden ist. Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde ist aber ausschliesslich der Beschwerdeentscheid des Regierungsrates vom 15. September 1961, da der Regierungsrat die Sache frei überprüft hat und sein Entscheid daher an die Stelle desjenigen der Landwirtschaftsdirektion getreten ist (vgl. BGE 80 I 308 Erw. 1, BGE 85 I 2 Erw. 1). Auf diese Rüge ist daher nicht einzutreten.
Soweit sie sich auch gegen den Entscheid des Regierungsrates richten sollte, wäre sie als unbegründet abzuweisen, da der Regierungsrat sich mit der Bewilligung der Mehrbelastung der Grundstücke nicht befasst hat, ihm also kein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden kann (vgl. BGE 80 I 322 Erw. 2 mit Verweisungen). Davon abgesehen lässt sich aus der Bewilligung der Mehrbelastung auch deshalb kein Anspruch auf Anerkennung des Landes als Bauland im Sinne von Art. 218 Abs. 2 OR ableiten, weil diese Bewilligung nur erteilt wurde im Hinblick auf die Zusicherung der Käufer Suter und Küng, die Grundstücke sofort zu überbauen und die fehlende Kanalisation auf eigene Kosten zu erstellen. Diese Zusicherungen wurden nicht eingehalten, ja es zeigte sich, dass Suter und Küng das Land schon vor Abgabe derselben, durch Vertrag vom 27. Mai 1960 (der in der Folge durch denjenigen vom 8. Februar 1961 ersetzt wurde) an die Beschwerdeführer weiter verkauft hatten. Angesichts dieser veränderten Sachlage, die nicht widerlegt ist, besteht kein Widerspruch zwischen den Verfügungen der Landwirtschaftsdirektion vom 24. Oktober 1960 und 1. Mai 1961 und kann noch weniger von einem Verstoss gegen Treu und Glauben und den Grundsatz der Rechtsgleichheit die Rede sein.
b) Der Begriff "Bauland" wird weder im EGG, durch das die Art. 218-218ter OR ihre heutige Fassung erhielten, noch in der übrigen Landwirtschaftsgesetzgebung des Bundes definiert, sodass es Sache der mit der Anwendung des Gesetzes betrauten Behörden ist, diesen Begriff zu bestimmen und auf Grund der konkreten Verhältnisse zu entscheiden, ob ein Grundstück als Bauland zu gelten habe (BGE 84 I 3 Erw. 4).
aa) Der aargauische Regierungsrat hat den Begriff "Bauland" in § 10 der VV zum EGG vom 8. Dezember 1952 umschrieben, diese Bestimmung aber mit Wirkung ab 1. Januar 1959 wieder aufgehoben, sodass sie entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer für die Beurteilung des vorliegenden Falles nicht mehr in Betracht kommt.
bb) Die aargauischen Behörden haben bei der Bestimmung des Begriffs "Bauland" zunächst auf die objektive Voraussetzung der baulichen Erschliessung abgestellt, und das Bundesgericht hat in mehreren nicht veröffentlichten Urteilen (vgl. die Zitate in BGE 84 I 4) entschieden, dass und weshalb diese Praxis mit Wortlaut und Sinn von Art. 218 OR vereinbar und nicht willkürlich sei. In der Folge haben die aargauischen Behörden ihre Praxis verschärft und den Begriff des Baulandes enger gefasst, indem sie die bauliche Erschliessung nicht genügen liessen, sondern ausserdem forderten, dass das Land zur unmittelbaren Überbauung erworben werde, seine Überbauung in nächster Zeit zu erwarten sei. Dass auch diese weitere subjektive Voraussetzung aus dem Gesichtswinkel der Willkür nicht zu beanstanden sei, ist in den nicht veröffentlichten Urteilen vom 28. Januar 1959 i.S. Keller und Trüeb (abgedruckt in ZBGR 1959 S. 251 ff.) und vom 18. Mai 1960 i.S. Bon entschieden worden. Soweit die weitschweifigen Ausführungen der Beschwerde, die sich trotz der gelegentlichen Verwendung des Ausdrucks "willkürlich" im wesentlichen in einer appellatorischen Kritik des angefochtenen Entscheids erschöpfen, sich überhaupt mit der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtes befassen, sind sie nicht geeignet, diese zu erschüttern und eine Änderung derselben zu veranlassen.
Dass die Verkäufer das Land von einem Bauern erhalten haben, es aber nicht landwirtschaftlich nutzen, ist noch kein zwingender Grund, es als Bauland zu betrachten. Das Bundesgerischt hat bereits im Urteil vom 30. Mai 1956 i.S. Lüscher (S. 8/9) ausgeführt, zur landwirtschaftlichen Nutzung sich eignendes Land könne auch dann noch ohne Willkür als landwirtschaftlich betrachtet werden, wenn es zur Zeit nicht landwirtschaftlich genutzt werde, denn diese Auffassung entspreche dem Zweck des Gesetzes, den bäuerlichen Grundbesitz der Landwirtschaft zu erhalten und die Spekulation damit zu bekämpfen, und sei geeignet, die Umgehung des Gesetzes durch einstweilige Brachlegung landwirtschaftlicher Grundstücke zu vereiteln. Kein ausschlaggebendes Kriterium für die Qualifizierung als Bauland ist ferner der vom Käufer bezahlte Preis. Sonst hätten es die Vertragspartner in der Hand, durch Vereinbarung eines entsprechend hohen Kaufpreises bäuerliches Land der Bodenspekulation zuzuführen, was das Gesetz aber gerade verhindern will.
cc) Es ist unbestritten, dass auf den fraglichen Grundstücken keine Kanalisation besteht. Sie sind also noch nicht voll erschlossen, was nach der dargelegten Rechtsprechung für sich allein schon genügt, um ihnen ohne Willkür den Charakter von Bauland abzusprechen. Die Beschwerdeführer wenden zwar ein, dass sie als Erwerber bereit und auch in der Lage seien, die fehlende Erschliessung vorzunehmen. Wie jedoch schon in BGE 84 I 4 ausgeführt wurde, vermag die blosse Absicht, ein Grundstück zu überbauen, ihm, wie ohne Willkür angenommen werden kann, den Charakter von Bauland noch nicht zu verleihen, da es der Eigentümer sonst in der Hand hätte, die Sperrfrist dadurch zu umgehen, dass er behauptet, er beabsichtige zu bauen; diese Absicht könnte höchstens genügen, wenn ein konkretes Bauprojekt vorliege, dessen Ausführung unmittelbar bevorsteht und als gesichert erscheint (ähnlich nicht veröffentl. Urteil vom 15. Juni 1960 i.S. Elliker c. Thurgau S. 8/9). Das Gleiche muss auch für die Erstellung der Kanalisation gelten. Dass aber bereits ein konkretes Kanalisationsprojekt für die fraglichen Grundstücke vorliege, haben die Beschwerdeführer nicht behauptet und noch weniger dargetan.
dd) Davon abgesehen durfte diesen Grundstücken der Baulandcharakter auch deshalb abgesprochen werden, weil sie weder im Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrags (8. Februar 1961) noch im Zeitpunkt des regierungsrätlichen Entscheids (15. September 1961) im Perimeter eines rechtskräftigen Überbauungs- oder Zonenplanes lagen (wobei dahingestellt bleiben mag, welcher Zeitpunkt als massgebend zu betrachten ist). Der Zonenplan der Gemeinde Gebenstorf, der die Grundstücke in die Mehrfamilienhauszone einbezieht, wurde erst im Verlaufe des staatsrechtlichen Beschwerdeverfahrens, in der Einwohnergemeindeversammlung vom 17. November 1961, angenommen. Vorher bestand lediglich ein Projekt. Es ist aber jedenfalls nicht willkürlich, wenn eine Behörde bei ihrem Entscheid nicht auf den Entwurf eines Zonenplans abstellt, von dem noch nicht feststeht, ob er angenommen wird und einmal in Kraft tritt. Die Beschwerdeführer bezeichnen es freilich als willkürlich, dass der Regierungsrat ihrem Gesuch um Sistierung des Verfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft des Zonenplans nicht entsprochen habe, tun aber nicht dar, gegen welche gesetzliche Vorschrift oder allgemeinen Rechtsgrundsatz er dadurch verstossen habe. Unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür ist es nicht zu beanstanden, wenn eine Behörde ihren Entscheid nicht aussetzt, bis die zur Zeit der Einreichung eines Gesuches noch fehlenden gesetzlichen Voraussetzungen für dessen Gutheissung vorliegen. Mit dem Antrag, das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren bis zum Inkrafttreten des Zonenplans zu sistieren, weil dann die Beschwerde "glattweg" gutgeheissen werden müsse, verkennen die Beschwerdeführer die Natur der Willkürbeschwerde. Da diese auf Grund der kantonalen Akten zu beurteilen ist (BGE 73 I 181Erw. 2,BGE 75 I 238a, BGE 84 I 164 Erw. 1), ist die Berücksichtigung von Tatsachen, die erst nach dem angefochtenen Entscheid eingetreten sind, ausgeschlossen. Der inzwischen angenommene Zonenplan kann daher auch vom Bundesgericht nicht berücksichtigt werden.
ee) Mit dem zwischen den gleichen Parteien abgeschlossenen Kaufvertrag vom 27. Mai 1960, der dann durch denjenigen vom 8. Februar 1961 ersetzt worden ist, hat sich das Bundesgericht nicht zu befassen, da Gegenstand des angefochtenen Entscheids nur der Vertrag vom 8. Februar 1961 ist.
c) Unbehelflich ist der Einwand, die Verkäufer Suter und Küng hätten ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Beschwerdeführern nicht erfüllt, Treu und Glauben verletzt, ja sich geradezu "deliktisch" verhalten und verdienten daher keinen Rechtsschutz. Es fragt sich einzig, ob die Annahme des Regierungsrates, dass die fraglichen Grundstücke kein Bauland im Sinne von Art. 218 Abs. 2 OR seien und daher unter die Sperrfrist von Abs. 1 dieser Bestimmung fallen, dem Vorwurfe der Willkür standhalte. Dagegen war weder vom Regierungsrat noch ist vom Bundesgericht zu prüfen, ob das Fehlen der Baulandeigenschaft auf ein vertragswidriges oder sonst gegen Treu und Glauben verstossendes Verhalten der Verkäufer zurückzuführen sei. Die Frage, welche Kaufvertragspartei an der Verweigerung der Genehmigung "schuld" sei, steht hier nicht zur Entscheidung.
Zu Unrecht wenden die Beschwerdeführer auch ein, durch die Nichtgenehmigung des Kaufvertrages werde die vom Gesetz bekämpfte Bodenspekulation erst recht gefördert, weil nun Suter und Küng die Grundstücke zu einem noch höheren Preise an Dritte verkaufen könnten. Unter den Verhältnissen, wie sie bis zum angefochtenen Entscheid bestanden, wäre auch ein Verkauf an Dritte nicht genehmigt worden. Sollte aber auf Grund des seither in Kraft getretenen Zonenplanes oder wegen allfälliger Erstellung der bisher fehlenden Kanalisation das Land in der Folge als Bauland betrachtet und ein späterer Weiterverkauf als nicht genehmigungsbedürftig bezeichnet werden, so läge hierin, angesichts der veränderten Verhältnisse, keine rechtsungleiche Behandlung der Beschwerdeführer.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.