BGE 88 I 133
 
21. Auszug aus dem Urteil vom 1. Juni 1962 i.S. Eidg. Steuerverwaltung gegen X. und Steuerrekurskommission III des Kantons Zürich.
 
Regeste
Verrechnungssteuer: Besteuerung der Dividende, die nach dem Verkauf der Aktie "ex Coupon" noch der frühere Aktionär bezogen hat.
 
Aus den Erwägungen:
1. Voraussetzung der Verrechnung und Rückerstattung der Verrechnungssteuer ist unter anderm, dass dem Antragsteller "im Zeitpunkt der Fälligkeit der steuerbaren Leistung das Recht zur Nutzung des den steuerbaren Ertrag abwerfenden Vermögenswertes zustand" (VStB Art. 7 Abs. 1, betreffend die Rückerstattung durch den Bund; Art. 8 Abs. 1, betreffend die Verrechnung oder Rückerstattung durch den Kanton). Diese Umschreibung bringt klar zum Ausdruck, dass es nicht auf die Berechtigung am einzelnen steuerbaren Ertrag selbst ankommt, sondern auf die Berechtigung an dem Stammrecht, das ihn abwirft. Sie entspricht dem Zweck der Verrechnungssteuer, die Besteuerung inländischen Wertschriftenvermögens und seines Ertrages sicherzustellen (vgl. Art. 8 Abs. 3 VStB). Sie soll Missbräuchen vorbeugen, welche die Erreichung dieses Zweckes vereiteln würden. Mit solchen Machenschaften wäre nämlich zu rechnen, wenn schon der blosse Anspruch des Antragstellers auf den einzelnen mit der Verrechnungssteuer belasteten Ertrag die Verrechnung oder Rückerstattung zu begründen vermöchte. Insbesondere könnte Missbrauch in der Weise getrieben werden, dass der Eigentümer eines Wertpapiers, der seinen Titelbesitz den Steuerbehörden verheimlicht oder im Ausland wohnt und daher nicht Anspruch auf Verrechnung oder Rückerstattung der Verrechnungssteuer hat, einen einzelnen Coupon vor oder nach dessen Fälligkeit an jemanden, der nach seinen persönlichen Verhältnissen diesen Anspruch hätte, verkauft oder dass umgekehrt der diesen Anspruch besitzende Inhaber des Titels diesen "ex Coupon" an einen Defraudanten oder an eine im Ausland wohnende Person verkauft. Wohl bildet das Recht auf ein einzelnes Erträgnis einen Teil der Berechtigung zur Nutzung des Stammrechts und kann es von den übrigen Teilen abgetrennt werden; aber gerade für den Fall der Loslösung eines solchen Teilanspruches vom Stammrecht bestimmen Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 VStB unzweideutig, dass nicht der Anspruch auf den einzelnen Ertrag, sondern die Berechtigung zur Nutzung des Stammrechts massgebend ist (Zwischenbericht des Bundesrates vom 31. Oktober 1944, BBl 1944 I S. 1212 f.; Urteil vom 14. November 1958, ASA Bd. 28 S. 108 ff.)
Die Vorinstanz beruft sich zu Unrecht auf BGE 84 I 182 ff. (Erw. 2 und 3). Entgegen ihrer Darstellung hat das Bundesgericht in diesem Urteil nicht "anerkannt, dass der Dividendenanspruch zur Zeit des Verfalles zugleich die Nutzung der Aktie im Sinne des Verrechnungssteuerrechtes darstellt". Es hat vielmehr bloss entschieden, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der Dividende jedenfalls nicht die Beschwerdeführerin, die damals zwar Eigentümerin der Aktie, aber vertraglich (gemäss Börsenusanz für den Terminhandel) zur Ablieferung der Dividende an den Gegenkontrahenten verpflichtet war, zur Nutzung der Aktie berechtigt war; dagegen hat es die Frage offen gelassen, wem dieses Recht in jenem Zeitpunkt zugestanden habe. Dieses Urteil steht mit der vorstehenden Erwägung 1 im Einklang.