BGE 89 I 253
 
41. Urteil vom 5. Juni 1963 i.S. Allgöwer und Mitbetelligte gegen Frigo St. Johann AG und Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt.
 
Regeste
Staatsrechtliche Beschwerde.
Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung im allgemeinen und zur Beschwerde dagegen, dass das fakultative Referendum durch einen Erlass oder Verwaltungsakt des Regierungsrates umgangen wird (Erw. 5).
Grundsatz der Gewaltentrennung. Fakultatives Referendum.
Beschluss des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt, durch welchen einer privaten Firma eine Baurechtsdienstbarkeit eingeräumt wird an einem staatlichen Grundstück, auf dem sich bereits ein Gebäude befindet. Anfechtung dieses Beschlusses durch Stimmberechtigte, weil der Baurechtsvertrag nach § 39 lit. e und f KV der Genehmigung durch den Grossen Rat und der Genehmigungsbeschluss des Grossen Rates gemäss § 29 KV dem fakultativen Referendum unterliege. Schutz der Beschwerde, weil der Baurechtsvertrag
a) die "Veräusserung einer Liegenschaft" im Sinne von § 39 lit. e KV in sich schliesst (Erw. 10-12),
b) als "wichtiger Vertrag" im Sinne von § 39 lit. f KV zu betrachten ist (Erw. 13-16), und
c) im Widerspruch zu einem mangels Ergreifung des Referendums rechtskräftig gewordenen Grossratsbeschluss über die Verwendung des betreffenden Grundstücks und Gebäudes steht (Erw. 17).
 
Sachverhalt
A.- Die Verfassung des Kantons Basel-Stadt (KV) bestimmt in
"§ 29. Gesetze, sowie endgültige Grossratsbeschlüsse, die weder persönlicher noch dringlicher Natur sind, sollen der Gesamtheit der Stimmberechtigten zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt werden, wenn es von tausend Stimmberechtigten verlangt oder vom Grossen Rate beschlossen wird (fakultatives Referendum).
Sie treten in Kraft, wenn binnen sechs Wochen vom Tage der Veröffentlichung an gerechnet dieses Verlangen nicht gestellt wird.
§ 39. Der Grosse Rat hat folgende Befugnisse:
e) die Bewilligung zur Veräusserung oder Verpfändung von Liegenschaften, insofern deren Wert einen durch Gesetz zu bestimmenden Betrag übersteigt;
f) die Ratifikation von wichtigen Verträgen, insofern dieselbe nicht aus besondern Gründen dem Regierungsrat überlassen wird;
Ferner bestimmt das Gesetz betreffend Organisation und Geschäftsführung des Regierungsrates vom 9. April 1908 in § 4 f (Fassung gemäss Gesetz vom 13. Mai 1954):
"Der Regierungsrat kann die Veräusserung von staatlichen Liegenschaften von sich aus beschliessen und vollziehen, sofern der Wert Fr. 50 000.-- nicht übersteigt; bei höherem Betrage steht der Entscheid dem Grossen Rate zu."
B.- Am 1. September 1938 beschloss der Grosse Rat, auf einem rund 7 ha haltenden Grundstück "im Wasenboden" einen neuen Schlachthof nach Massgabe der vorgelegten Pläne zu bauen. Der Beschluss unterlag dem Referendum und ist, da dieses nicht ergriffen wurde, in Kraft getreten. Das Projekt, dem das sog. Zentralhallensystem zugrunde lag, umfasste u.a. ein zentrales Kühlhaus. Dieses wurde im Jahre 1951 fertiggestellt. Dagegen wurden die weiteren geplanten Anlagen des neuen Schlachthofes nicht ausgeführt, zunächst wegen der Kriegsereignisse, später wegen der mit Rücksicht auf die Konjunktur im Baugewerbe geübten Zurückhaltung bei der Erteilung staatlicher Bauaufträge sowie deshalb, weil Kreise der Metzgerschaft das Projekt als durch die technische Entwicklung überholt ablehnten und verlangten, es sollte durch ein auf dem sog. Gruppenhallen- oder Pavillonsystem beruhendes Projekt ersetzt werden. Der Regierungsrat schloss sich dieser Auffassung an und erklärte sich durch Beschluss vom 19. Mai 1959 grundsätzlich damit einverstanden, das nach der neuen Konzeption nicht mehr benötigte Kühlhaus zum Preis von Fr. 3'500,000.-- an die zu gründende Frigo St. Johann AG (im folgenden kurz "Frigo" genannt) zu veräussern und ihr das Areal im Baurecht abzugeben. In der Folge kam der Regierungsrat indes auf diesen Beschluss zurück und beschloss am 3. Oktober 1960, das Finanzdepartement zu ermächtigen,
1. das Kühlhaus zu den in einem Bericht des Sanitätsdepartements genannten Bedingungen sofort an die Frigo im Baurecht abzugeben,
2. anstelle des mit Regierungsratsbeschluss vom 19. Mai 1959 genehmigten Kaufpreises von Fr. 3'500,000.-- den Wert des Kühlhausgebäudes durch einen während 20 Jahren um Fr. 250'000.-- jährlich erhöhten Baurechtszins tilgen zu lassen,
3. sich am Aktienkapital der Frigo mit Fr. 15'000.-- zu beteiligen.
Durch Vertrag vom 8. November 1960 bestellte hierauf das Finanzdepartement der Frigo an einem Abschnitt von 11'827.5 m2 ein selbständiges und dauerndes, als Grundstück in das Grundbuch aufzunehmendes Baurecht im Sinne von Art. 779 ZGB zum Betrieb eines Kühl-, Gefrier- und Lagerhauses. Der Vertrag ist auf die Dauer von 50 Jahren fest abgeschlossen mit Anspruch der Bauberechtigten auf zweimalige Verlängerung um je 25 Jahre. Die Veräusserung und Belastung des Baurechts bedarf der Genehmigung des Regierungsrates. Der für die Einräumung des Baurechts zu entrichtende jährliche Baurechtszins beträgt während der ersten 20 Jahre Fr. 280'400.50, dann Fr. 30'400.50 und ist im Falle der Verlängerung des Baurechts über 50 Jahre hinaus neu festzusetzen. Die Bauberechtigte ist verpflichtet, die bestehenden Gebäude nach den vom Finanzdepartement genehmigten Plänen um- und auszubauen und ordnungsgemäss zu unterhalten. Mit dem Erlöschen des Baurechts gehen alle Gebäulichkeiten und festen Anlagen entschädigungslos in das Eigentum der Einwohnergemeinde der Stadt Basel über. Dieser Baurechtsvertrag wurde vom Regierungsrat durch Beschluss vom 15. November 1960 genehmigt und hierauf am 18. November 1960 im Grundbuch eingetragen.
An der Sitzung des Grossen Rates vom 15. Dezember 1960 ersuchte der Beschwerdeführer Allgöwer den Regierungsrat durch eine Interpellation um Auskunft über diese Angelegenheit. Nachdem die Auskunft erteilt und in der anschliessenden Diskussion die Kompetenz des Regierungsrates zum Abschluss des Baurechtsvertrages bezweifelt worden war, lud der Grosse Rat sein Bureau ein, über die Sache zu berichten. Am 9. Februar 1961 beschloss der Grosse Rat auf Antrag des Bureaus, die Frage der Kompetenz zur Bestellung von Baurechten durch die Kommission für die Abänderung der Geschäftsordnung des Regierungsrates überprüfen zu lassen, während er den die Veräusserung des Kühlhauses betreffenden Teil des Berichtes an sein Bureau zurückwies "zur erneuten Stellungnahme nach Vorliegen der Gerichtsentscheide".
C.- Am 23. Dezember 1960 hatten nämlich Max Schärer und 5 weitere Stimmberechtigte die Beschlüsse des Regierungsrates vom 3. Oktober und 15. November 1960 mit einem Rekurs beim Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht angefochten. Sodann hatten diese Rekurrenten sowie W. Allgöwer mit 5 andern Stimmberechtigten am 14. Januar 1961 beim Bundesgericht zwei staatsrechtliche Beschwerden gemäss Art. 84 lit. a und 85 lit. a OG gegen jene Beschlüsse des Regierungsrates eingereicht.
Das Appellationsgericht ist mit Entscheid vom 27. Juni 1962 auf den Rekurs nicht eingetreten, da die angefochtenen Beschlüsse des Regierungsrates keine "Verfügungen" im Sinne von § 1 Abs. 2 und § 10 des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes seien und den Rekurrenten zudem die Legitimation zur Rekurserhebung fehlen würde.
Mit den staatsrechtlichen Beschwerden wird beantragt, die Beschlüsse des Regierungsrates vom 3. Oktober und 15. November 1960 aufzuheben (Beschwerde Allgöwer) bzw. sie aufzuheben, insofern sie ohne den Vorbehalt der Genehmigung durch den Grossen Rat und des Referendums gefasst worden seien (Beschwerde Schärer) und (bzw. eventuell) den Regierungsrat anzuweisen, den mit der Frigo abgeschlossenen Baurechtsvertrag dem Grossen Rat zur Genehmigung unter Vorbehalt des Referendums vorzulegen. Die Beschwerdeführer werfen dem Regierungsrat Missachtung der in der KV niedergelegten Kompetenzordnung durch Verletzung der §§ 29 und 39 lit. e und f KV sowie Verletzung von Art. 4 BV vor.
D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt und die Frigo St. Johann AG beantragen, auf beide Beschwerden nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Mit den vorliegend angefochtenen Beschlüssen hat der Regierungsrat das Finanzdepartement zum Abschluss eines Baurechtsvertrages mit der Frigo ermächtigt (3. Oktober 1960) und den hierauf abgeschlossenen Vertrag nachträglich genehmigt (15. November 1960). Obwohl ein solcher Vertrag privatrechtlicher Natur ist, stellt die behördliche Willenserklärung, die seinen Abschluss bewirkt, einen Verwaltungsakt im weiteren Sinne dar und gehört insofern dem öffentlichen Recht an, als dieses bestimmt, welche Behörde zuständig ist zur Abgabe der Erklärung (IMBODEN, Der nichtige Staatsakt S. 14, Der verwaltungsrechtliche Vertrag ZSR 1958 S. 49/50 a). Erst recht stellen die Beschlüsse, mit welchen eine obere Verwaltungsbehörde eine untere zum Abschluss des Vertrages ermächtigt bzw. diesen Abschluss nachträglich genehmigt, Verwaltungsakte dar. Und zwar handelt es sich um Hoheitsakte, da die Oberbehörde dabei nicht als Subjekt des Privatrechts, sondern als Träger öffentlicher Gewalt handelt. Sollten hieran hinsichtlich der vorliegend angefochtenen Beschlüsse noch Zweifel bestehen, weil diese Beschlüsse, wie der Regierungsrat einwendet, die Ermächtigung zum Abschluss und die "Perfektionierung" eines privatrechtlichen Vertrags zum Gegenstand haben, so wären solche Zweifel nur insoweit möglich, als sich die Beschlüsse auf den Inhalt des Baurechtsvertrages beziehen. Indem der Regierungsrat in seinen Beschlüssen die Genehmigung des Grossen Rates nicht vorbehielt, hat er indes auch die abschliessende Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden zum Abschluss des Vertrages in Anspruch genommen und damit (entgegen seiner Bestreitung in der Beschwerdeantwort) über eine Frage der Kompetenzabgrenzung zwischen den Verwaltungsbehörden und dem Grossen Rate entschieden. Dieser Entscheid über die Zuständigkeit kann keine private Willenserklärung, sondern nur ein Hoheitsakt sein. Gerade gegen diesen Entscheid aber richten sich die vorliegenden Beschwerden, nicht gegen den Inhalt der Beschlüsse als solche wie in den FällenBGE 60 I 369undBGE 72 I 15und 280, wo das Vorliegen eines mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbaren Hoheitsaktes verneint worden ist.
Richtig ist freilich, dass die angefochtenen Beschlüsse niemanden zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden verpflichten und insofern keine "Verfügungen" sind. Ein solches Anfechtungsobjekt ist jedoch nur Voraussetzung der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 84 lit. a OG). Die vorliegenden Beschwerden sind aber auch, ja in erster Linie solche nach Art. 85 lit. a OG wegen Verletzung des mit der Stimmberechtigung verbundenen Rechts des Bürgers auf Mitwirkung bei den der Volksabstimmung vorbehaltenen Akten der Rechtsetzung und Verwaltung. Eine solche Beschwerde kann sich auch gegen einen Verwaltungsakt im weiteren Sinne, der keine Verfügung enthält, richten, sofern damit geltend gemacht wird, dass er nach der KV unter das Referendum fällt.
Das Erfordernis der Verletzung in der persönlichen Rechtsstellung gilt auch für die Beschwerde wegen Verletzung der Gewaltentrennung. Zur Erhebung der Rüge, dass ein Erlass oder eine Verfügung von einer andern als der nach der verfassungsmässigen Kompetenzordnung zuständigen Behörde ausgegangen sei, ist daher nur legitimiert, wer durch den Akt persönlich betroffen ist (BGE 71 I 311, BGE 82 I 97; KIRCHHOFER, Legitimation zum staatsrechtlichen Rekurs, ZSR 1935 S. 152). Würde mit den vorliegenden Beschwerden lediglich geltend gemacht, dass der Regierungsrat den Baurechtsvertrag mit der Frigo in Missachtung von § 39 lit. e und f KV in eigener Kompetenz genehmigt habe, statt ihn dem Grossen Rate zur Genehmigung zu unterbreiten, so würde den Beschwerdeführern die Legitimation fehlen, da sie durch die angefochtenen Beschlüsse nicht persönlich betroffen werden. Es ist ausschliesslich Sache des Grossen Rates und nicht seiner einzelnen Mitglieder oder gar des Stimmbürgers, sich gegen Übergriffe des Regierungsrates in die Kompetenz des Grossen Rates zu wehren (BGE 82 I 98, BGE 89 I 39).
Nun beanstanden die Beschwerdeführer aber nicht nur, dass die angefochtenen Beschlüsse nicht gemäss § 39 lit. e und f KV dem Grossen Rate zur Genehmigung unterbreitet worden sind, sondern auch, dass die Beschwerdeführer dadurch an der Ausübung des fakultativen Referendums (§ 29 KV) gehindert würden und in ihrem Stimmrecht verletzt seien. Zu dieser Rüge sind sie legitimiert. Die in der KV vorgesehene Teilnahme der Stimmberechtigten am Erlass von Rechtssätzen oder Verwaltungsakten begründet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ein politisches Individualrecht, das mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht werden kann. Dieses Recht ist verletzt, wenn ein Akt der Rechtsetzung oder Verwaltung, der nach der Kantonsverfassung der Volksabstimmung unterliegt, dieser entzogen wird, und der Stimmberechtigte ist legitimiert, sich dagegen mit der staatsrechtlichen Beschwerde zu wehren (BGE 89 I 39). Diese Legitimation ist vom Bundesgericht stets vorbehaltlos anerkannt worden, wenn die gesetzgebende Behörde einen unter das obligatorische oder fakultative Referendum fallenden Beschluss diesem nicht unterstellte (BGE 74 I 113Erw. 1 und 175 Erw. 3,BGE 76 I 24Erw. 1 mit Verweisungen). Dagegen äusserte das Bundesgericht gelegentlich Zweifel und liess die Frage offen für den Fall, dass der angefochtene Akt von einer andern als der gesetzgebenden Behörde ausgehe und daher als solcher dem Referendum nicht unterliege (BGE 71 I 311/12 und dort angeführte frühere Urteile). Diese Zweifel sind indessen unbegründet, wie auch die Rechtslehre mehrheitlich angenommen hat (GIACOMETTI, Verfassungsgerichtsbarkeit S. 169; BLOCHER, Berechtigt das politische Stimmrecht zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung der Gewaltentrennung? Festgabe für Fritz Goetzinger S. 15 ff.; KIRCHHOFER a.a.O. S. 153 ff.; a.M. OSWALD, Die Gewaltentrennung, ZSR 1943 S. 444/45 a). Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, dem Stimmberechtigten die Legitimation abzusprechen, wenn anstelle der gesetzgebenden Behörde, die zuständig gewesen und deren Beschluss dem Referendum unterstanden wäre, eine unzuständige Behörde handelt, deren Beschluss als solcher dem Referendum nicht untersteht. Es macht für den Stimmberechtigten keinen Unterschied, ob sein Recht auf Mitwirkung bei der staatlichen Willensbildung dadurch verletzt wird, dass die gesetzgebende Behörde selber einen von ihr gefassten Beschluss in Verletzung der KV dem obligatorischen oder fakultativen Referendum entzieht, oder ob der Regierungsrat dieses Ergebnis dadurch herbeiführt, dass er die dem Referendum unterstehende Beschlussfassung durch die gesetzgebende Behörde verhindert, indem er den nach der verfassungsmässigen Kompetenzordnung der gesetzgebenden Behörde zustehenden Beschluss in eigener Zuständigkeit fasst. Im einen wie im andern Falle wird der Stimmberechtigte um die Ausübung des ihm zustehenden Rechts auf Mitwirkung bei der staatlichen Willensbildung gebracht und ist er insofern in seiner Rechtsstellung betroffen; ja die Umgehung des Referendums durch den Regierungsrat erscheint als ein noch schwererer Eingriff in die Rechte des Stimmbürgers als die Umgehung durch die volksvertretende und gesetzgebende Behörde. Auch in diesem Falle muss dem Stimmberechtigten daher die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde zuerkannt werden. Das Bundesgericht hat diese Legitimation, trotz der geäusserten Zweifel, übrigens noch nie verneint, auch nicht in dem in der Beschwerdeantwort des Regierungsrates erwähnten Urteil BGE 82 I 93, wo nicht, wie im vorliegenden Falle, geltend gemacht worden ist, der angefochtene Beschluss sei der Volksabstimmung entzogen worden (S. 97). Im Gegenteil hat das Bundesgericht bei der Beurteilung von Beschwerden gegen regierungsrätliche Verordnungen, mit denen die Umgehung des Referendums durch Erlass eines Rechtssatzes auf dem Verordnungswege statt in einem dem Referendum unterliegenden Gesetz gerügt worden war, wiederholt erklärt, die Legitimation der Beschwerdeführer folge aus deren Eigenschaft als stimmberechtigte Kantonseinwohner, ohne dass es eines weiteren persönlichen Interesses an der Aufhebung der angefochtenen Verordnung bedürfe (nicht veröffentl. Erw. 2 der Urteile vom 3. April 1944 i.S. Bühler c. Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt [BGE 70 I 5ff.] und vom 21. März 1962 i.S. Rohner c. Regierungsrat des Kantons St. Gallen [BGE 88 I 31 ff.]). Das gleiche muss gelten, wenn sich die Beschwerde nicht gegen einen allgemein verbindlichen Erlass, sondern wie hier gegen eine Verwaltungsmassnahme des Regierungsrates richtet.
Die Legitimation der Beschwerdeführer wäre selbst dann zu bejahen, wenn der Grosse Rat in der streitigen Zuständigkeitsfrage mit dem Regierungsrat einig gehen würde, was übrigens noch nicht feststeht, da er seine Stellungnahme bis nach Vorliegen der Gerichtsentscheide verschoben hat. Der Stimmbürger muss zur Geltendmachung seines Rechts auf Mitwirkung bei der staatlichen Willensbildung auch dann befugt sein, wenn die gesetzgebende Behörde und der Regierungsrat übereinstimmend eine Zuständigkeitsvorschrift der KV in einer Weise auslegen, die nach der Behauptung der Beschwerdeführer auf eine Umgehung des Referendums hinausläuft, denn dies ändert nichts an der behaupteten Verletzung der Rechte des Stimmbürgers. Die Beschwerdeführer sind daher insoweit, als sie eine Verletzung dieses Mitwirkungsrechtes durch Missachtung der §§ 29 und 39 lit. e und f KV rügen, zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert.
Ihre Legitimation lässt sich auch nicht etwa mit der Begründung verneinen, dass der ohne den Vorbehalt der Genehmigung durch den Grossen Rat abgeschlossene Baurechtsvertrag mit der Frigo durch Eintragung im Grundbuch erfüllt worden sei und die Beschwerdeführer daher daran, dass der Vertrag dem Grossen Rat zur Genehmigung unterbreitet werde, kein aktuelles praktisches Interesse mehr hätten. Die Beschwerdeführer streben diese Beschlussfassung des Grossen Rates an, weil damit der Abschluss des Baurechtsvertrages dem fakultativen Referendum unterstellt wird, über dessen Umgehung sie sich beschweren. Daran, dass die Ergreifung des Referendums ermöglicht werde, haben sie als Stimmbürger ein Interesse, das unabhängig ist von den zivilrechtlichen Folgen, die eine allfällige Verweigerung der Genehmigung durch den Grossen Rat oder, nach Zustandekommen des Referendums, durch die Volksabstimmung hätte. Welches diese zivilrechtlichen Folgen sind, ist nicht im vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren, in dem es einzig um das Recht des Stimmbürgers auf Mitwirkung bei der staatlichen Willensbildung geht, zu prüfen, sondern wird gegebenenfalls vom Zivilrichter zu entscheiden sein. Übrigens würde selbst das Fehlen eines aktuellen Interesses dem Eintreten auf die Beschwerde nicht entgegenstehen, da nach der Rechtsprechung (BGE 87 I 245 mit Verweisungen) von diesem Erfordernis abgesehen wird, wenn es sich um ein Verhalten der Behörden handelt, das sonst überhaupt nie vom Bundesgericht auf seine Verfassungsmässigkeit überprüft werden könnte und sich anderseits jederzeit wiederholen könnte, was hier zweifellos zutrifft.
6./7. - (Substantiierung und kassatorischer Charakter der Beschwerden.)
A.- Verletzung von § 29 K V.
9. Nach dem in beiden Beschwerden angerufenen § 29 KV unterstehen endgültige Grossratsbeschlüsse, die weder persönlicher noch dringlicher Natur sind, dem fakultativen Referendum. Als Verletzung dieser Bestimmung werfen die Beschwerdeführer dem Regierungsrat vor, dass er in Missachtung von § 39 lit. e und f KV den vom Finanzdepartement abgeschlossenen Baurechtsvertrag mit der Frigo nicht dem Grossen Rate zur Genehmigung unterbreitet und durch diese Unterlassung die Möglichkeit der Stimmbürger, gegen den Genehmigungsbeschluss des Grossen Rates das fakultative Referendum zu ergreifen, vereitelt habe. § 29 KV kann daher nicht unmittelbar verletzt sein, sondern höchstens mittelbar durch Verletzung von § 39 lit. e und f KV, weshalb der Berufung auf § 29 keine selbständige Bedeutung zukommt.
Das Bundesgericht hat bereits im Urteil vom 9. September 1953 i.S. Bolliger (Erw. 5 c) geprüft, ob die Einräumung eines Baurechts unter § 39 lit. e KV falle. Es hat dies verneint, weil dabei das Eigentum am Boden nicht auf den Bauberechtigten übertragen, sondern lediglich mit einer Dienstbarkeit zu seinen Gunsten belastet werde und nur die vom Bauberechtigten gestützt auf das Baurecht errichteten Bauten für die Dauer dieses Rechts sein Eigentum würden. Die Ausführungen der Beschwerdeführer geben keinen Anlass, auf diese Rechtsprechung zurückzukommen.
Die Bestellung eines Baurechts ist rechtlich keine Veräusserung des Grundstücks, sondern dessen Belastung mit einer Dienstbarkeit (Art. 779 ZGB,BGE 52 II 37, HAAB N. 2 und MEIER-HAYOZ N. 8 zu Art. 675 ZGB). Der Einwand in der Beschwerde Allgöwer (S. 16), § 39 lit. e KV unterstelle nicht die Eigentumsübertragung, sondern die "Veräusserung" der Genehmigung durch den Grossen Rat, ist unbehelflich. Die "Veräusserung" ist allerdings ein weiterer Begriff als der in § 16 des Gemeindegesetzes allein genannte "Verkauf" und umfasst jede Übertragung des Eigentums vom bisherigen Inhaber an einen Dritten, gleichgültig, ob sie auf Grund eines Kaufs oder eines andern Vertrages erfolgt. Durch die blosse Bestellung eines Baurechts am Boden geht dieser aber nicht in das Eigentum des Bauberechtigten über, wird also nicht veräussert, sondern lediglich mit einer Dienstbarkeit belastet. Auch lassen sich die rechtlichen und wirtschaftlichen Wirkungen dieser Belastung derjenigen der Veräusserung nicht einfach gleichsetzen, da der Eigentümer den Boden auch während der Dauer des Baurechts veräussern und belasten kann und der Baurechtszins nicht die gleiche Funktion wie der Kaufpreis hat, sondern einem Miet- oder Pachtzins ähnlich ist (BGE 82 II 384 Erw. 3). Ebensowenig lässt sich die Bestellung eines Baurechts der Verpfändung gleichsetzen; es handelt sich um zwei voneinander verschiedene Rechtsinstitute mit verschiedenen rechtlichen Wirkungen und ungleichen Risiken für den Grundeigentümer.
Darin, dass § 39 lit. e KV das Baurecht nicht erwähnt, liegt auch keine Lücke der KV, die ausgefüllt werden müsste. Beim Erlass der KV im Jahre 1889 kannte der Kanton Basel-Stadt das Institut des Baurechts freilich so wenig wie die andern Kantone; es wurde erst durch das ZGB eingeführt (CHRISTEN, Das Baurecht nach dem ZGB, Diss. 1909 S. 20). Dagegen waren Dienstbarkeiten von jeher bekannt, und zwar auch solche, die wie teilweise oder gänzliche Bauverbote die Benützung und damit den Wert des Grundstücks erheblich beschränken. Indem der Verfassungsgesetzgeber in § 39 lit. e KV nur die Veräusserung und Verpfändung von Liegenschaften, nicht auch deren Belastung mit Dienstbarkeiten erwähnte, hat er keineswegs eine lückenhafte Ordnung geschaffen, sondern die Errichtung von Dienstbarkeiten von der Genehmigungspflicht ausgenommen. Hätte er nach dem Erlass des ZGB das damit eingeführte Baurecht im Gegensatz zu andern Dienstbarkeiten der Genehmigungspflicht unterstellen wollen, dann hätte er lit. e entsprechend ergänzen müssen. Nachdem er dies nicht getan hat, muss es mit Bezug auf das Baurecht bei der bisherigen Ordnung für die Dienstbarkeiten bleiben und kann von einer Lücke, die ausgefüllt werden müsste, nicht die Rede sein. Das Gesetz betreffend Verwaltung der Rheinhafenanlagen vom 13. November 1919 erklärt denn auch den Regierungsrat als zuständig zur Abgabe von Hafengelände im Baurecht, ohne diese ausschliessliche Kompetenz durch eine Wertgrenze im Sinne von § 39 lit. e KV zu beschränken. Daraus geht hervor, dass auch der Gesetzgeber der Auffassung ist, dass Baurechtsverträge im Gegensatz zur Veräusserung und Verpfändung nicht unter diese Bestimmung fallen, wäre das Gesetz doch sonst insofern verfassungswidrig, als es die Zuständigkeit des Regierungsrates durch keine Wertgrenze beschränkt. ...
a) § 39 lit. e KV bezieht sich offensichtlich auf zivilrechtliche Verträge über staatliche Liegenschaften. Die darin verwendeten Begriffe "Veräusserung" und "Verpfändung" sind daher im Sinne des (jeweils geltenden) Zivilrechts zu verstehen, haben also heute die Bedeutung, die ihnen im ZGB und OR zukommt. Diese Gesetze aber (vgl. z.B. Art. 648, 811, 832/33, 846, 868 und 890 ZGB, 218, 259 und 281 OR) wie übrigens auch der allgemeine Sprachgebrauch verstehen unter "Veräusserung" einer Sache die Übertragung des Eigentums an dieser (vgl. OSER-SCHÖNENBERGER N. 3 zu Art. 259, während HAAB N. 9 zu 647 den Begriff ohne weiteres als "klar" bezeichnet und nicht definiert). Und zwar gilt als Veräusserung, wie bereits in Erw. 11 ausgeführt, jede Eigentumsübertragung, gleichgültig ob sie auf Grund eines Kaufs oder eines andern Vertrags erfolgt, also auch eine solche auf Grund eines Tausch-, Schenkungs- oder Baurechtsvertrages. Nun gehört es zum Wesen des Baurechts, dass seine Begründung das Akzessionsprinzip (Art. 667 Abs. 2 ZGB) durchbricht, indem das auf dem Grundstück bereits bestehende oder später errichtete Bauwerk nicht dem Bodeneigentümer gehört, sondern für die Dauer des Baurechts Eigentum des Bauberechtigten wird (Art. 675 Abs. 1 ZGB; HAAB N. 4, 8 und 9 sowie MEIER-HAYOZ N. 10 zu Art. 675 ZGB; vgl. BGE 85 I 279 Erw. 2). Mit der Eintragung des der Frigo eingeräumten Baurechts ist somit das Kühlhaus aus dem Eigentum des Staates in dasjenige der Frigo übergegangen, an diese "veräussert" worden. Dabei kann es auch nicht zweifelhaft sein, dass eine "Liegenschaft" im Sinne von § 39 lit. e KV veräussert worden ist, obwohl ein Bauwerk im allgemeinen nicht als Liegenschaft bezeichnet wird. Wenn die Bestimmung von Veräusserung von "Liegenschaften" spricht, so muss darunter vernünftigerweise nicht nur die Veräusserung einer Liegenschaft als Ganzes, sondern auch diejenige von Teilen fallen, seien es Teilflächen oder seien es Dauerbauten, die bisher Bestandteil der Liegenschaft waren.
Dass die vorliegende Baurechtsbestellung nicht nur rechtlich, wegen der damit verbunden Eigentumsübertragung, sondern auch wirtschaftlich durchaus als Veräusserung des Kühlhauses zu gelten hat, ergibt sich daraus, dass der Regierungsrat zunächst im Beschluss vom 19. Mai 1959 den Verkauf des Kühlhauses in Aussicht genommen und sich dann im Beschluss vom 3. Oktober 1960 zwar mit der Abgabe im Baurecht einverstanden erklärt hat, jedoch verlangte, dass der "Wert" des Kühlhauses durch einen während 20 Jahren um Fr. 250'000. - jährlich erhöhten Baurechtszins zu "tilgen" sei. Mit dem Erlöschen des Baurechts wird das Kühlhaus (samt den von der Frigo errichteten weiteren Bauten) freilich entschädigungslos in das Eigentum der Einwohnergemeinde Basel übergehen. Diese zeitliche Beschränkung des Eigentums, wie sie auch beim Verkauf unter Vorbehalt eines Rückkaufsrechts vorkommt, ändert jedoch nichts daran, dass das Eigentum am Kühlhaus für die Dauer des Baurechts, d.h. für 50-100 Jahre, auf die Frigo übergeht, also eine Veräusserung vorliegt. An der Stellung der Frigo als Eigentümerin des Kühlhauses wird auch dadurch, dass sie nach dem Baurechtsvertrag für bauliche Veränderungen der Zustimmung des Finanzdepartements und für die Veräusserung und Belastung des Baurechts der Genehmigung des Regierungsrates bedarf, nichts geändert, ganz abgesehen davon, dass jedenfalls die Veräusserungs- und Belastungsbeschränkung nur obligatorische Wirkung hat.
Schliesst demnach der Baurechtsvertrag mit der Frigo die Veräusserung einer Liegenschaft in sich, so bedarf er nach § 39 lit. e KV der Bewilligung des Grossen Rates, sofern die gesetzliche Wertgrenze von Fr. 50'000. - überschritten ist, was angesichts des Wertes des Kühlhauses zweifellos zutrifft.
b) Der Regierungsrat legt mit der Beschwerdeantwort eine Reihe von Baurechtsverträgen vor, mit denen er dartun will, dass er sich an eine langjährige Übung gehalten habe, wenn er auch den Baurechtsvertrag mit der Frigo nicht dem Grossen Rat zur Bewilligung unterbreitet habe. Er behauptet indes nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich, dass diese Übung ein Gewohnheitsrecht begründet habe, wogegen die Frigo erklärt, eine allfällige Lücke in § 39 lit. e KV wäre längst kraft Gewohnheitsrechts, d.h. durch die jahrzehntelange unangefochtene Übung des Regierungsrates ausgefüllt worden. Die Berufung auf diese Praxis ist indessen unbehelflich. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts anerkennt zwar das Gewohnheitsrecht grundsätzlich auch auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts als Rechtsquelle, übt dabei aber grosse Zurückhaltung (BGE 83 I 247 und dort angeführte frühere Urteile, BGE 84 I 95). Insbesondere vermag das Gewohnheitsrecht das geschriebene Verfassungsrecht nicht abzuändern oder einzuschränken, sondern nur Lücken desselben auszufüllen (BGE 74 I 176, nicht veröffentl. Urteile vom 7. Dezember 1949 i.S. Affolter Erw. 7 und vom 23. Dezember 1959 i.S. Hofer Erw. 7 a). § 39 lit. e KV weist aber, wie bereits in Erw. 11 ausgeführt wurde, keine Lücke auf und ist, wie in Erw. 11 und 12 lit. a weiter dargelegt wurde, dahin auszulegen, dass darunter die Bestellung von Baurechten zwar nicht an unüberbautem Boden, wohl aber an Grundstücken, auf denen sich bereits Gebäude befinden, fällt. Die vom Regierungsrat und der Frigo behauptete Praxis ist somit, jedenfalls was Baurechtsbestellungen an überbauten Liegenschaften betrifft, verfassungswidrig und könnte dem geschriebenen Verfassungsrecht selbst dann nicht entgegengehalten werden, wenn die für die Bildung von Gewohnheitsrecht erforderlichen Voraussetzungen erfüllt wären. Es braucht daher nicht untersucht zu werden, ob alle oder nur einzelne der vom Regierungsrat vorgelegten 9 Baurechtsverträge eine bereits überbaute Liegenschaft betreffen und die Wertgrenze übersteigen, was die Beschwerdeführer für die Mehrzahl der Verträge bestreiten, noch braucht geprüft zu werden, inwieweit der Grosse Rat diese Praxis kannte und billigte. Anderseits kann offen bleiben, wie es sich mit den zahlreichen, in den Repliken genannten Baurechtsverträgen verhält, die der Regierungsrat auf Grund eines Grossratsbeschlusses bzw. unter Vorbehalt der Genehmigung des Grossen Rates und des Referendums abgeschlossen haben soll.
Noch weniger als mit seiner eigenen Praxis kann der Regierungsrat die Verfassungsmässigkeit seines Vorgehens mit der in der Beschwerdeantwort dargestellten Praxis der Land- und Bürgergemeinden zu den § 39 lit. f KV analogen Bestimmungen in § 16 Ziff. 6 des Gemeindegesetzes und § 24 der Geschäftsordnung des Bürgerrates dartun, zumal es in den Fällen, die zu Auseinandersetzungen Anlass gegeben haben, nicht um die Kompetenzabgrenzung zwischen Exekutive und Legislative ging, sondern um den Umfang der Aufsichtsgewalt der Bürgergemeinde über die Zünfte und die Christoph Merian'sche Stiftung. Übrigens zeigen die Ausführungen im Bericht des Bürgerrates vom 29. April 1958, dass mit Bezug auf die Genehmigungspflicht für Baurechtsverträge in Basel Unsicherheit herrscht und von einer gefestigten einheitlichen Praxis nicht die Rede sein kann.
Diese Verschiedenheit der Ausdrücke ist indes nicht schlüssig. Sie dürfte ihren Grund ausser in der verschiedenen Entstehungszeit ("Ratifikation" findet sich schon in der KV von 1833, "Bewilligung" erst in der KV von 1889), darin haben, dass mit "Bewilligung" die zum voraus einzuholende Zustimmung gemeint ist, wie sie bei dinglichen Verfügungen am Platze ist, mit "Ratifikation" dagegen die nachträgliche Genehmigung, wie sie auch in rein privatrechtlichen Verträgen im Falle des Abschlusses durch Stellvertreter oder durch Organe juristischer Personen häufig vorbehalten wird. Dass aber eine feste Praxis im Sinne der vom Regierungsrat vertretenen Auslegung bestände, vermag der Hinweis auf einige vom Grossen Rat ratifizierte Verträge mit Gemeinwesen und öffentlichrechtlichen Körperschaften nicht darzutun, da daraus noch nicht folgt, dass nur solche Verträge als "wichtig" im Sinne von § 39 lit. f KV behandelt wurden. Der Regierungsrat hat denn auch im Ratschlag vom 16. Mai 1955, der Baurechtsverträge mit der Christoph Merian'schen Stiftung betrifft, selber ausgeführt, dass allein schon die Vertragsdauer von 99 Jahren, aber auch die Wichtigkeit des Vertragswerks an sich die Ratifikation durch den Grossen Rat gemäss § 39 lit. f KV erfordere, und in ähnlichem Sinne hat sich der Regierungsrat im Ratschlag vom 14. Oktober 1926 inbezug auf einen Baurechtsvertrag mit Angelo Villa und das Justizdepartement in seinem Rechtsgutachten vom 21. Mai 1954 zum Baurechtsvertrag der Rebleutenzunft mit der Globus AG geäussert, während es an einer früheren Äusserung im Sinne der in der Beschwerdeantwort vertretenen Auslegung von § 39 lit. f KV fehlt. Von einer dahingehenden einheitlichen Auffassung und ständigen Praxis kann somit nicht die Rede sein. Nicht anders verhält es sich mit der angeblichen Praxis der Bürgergemeinden zu der analogen Bestimmung in § 16 Ziff. 8 des Gemeindegesetzes; aus den zum Nachweis dieser Praxis vorgelegten Berichten und Gutachten geht vielmehr hervor, dass Unsicherheit darüber besteht, was wichtige Verträge sind und inwieweit Baurechtsverträge darunter fallen 16. - Für den Fall, dass sich die Wichtigkeit des Vertrages nicht nach der Natur des Vertragspartners, sondern nach dem Vertragsinhalt bestimmen sollte, macht der Regierungsrat geltend, dass der Baurechtsvertrag nur "wichtig" sein könnte, wenn er "Grundlagen der staatlichen Aufgaben berührt, wenn er Verpflichtungen auferlegt, die ihrem Inhalt und ihrer Natur nach die Entscheidung über künftige Aufgaben des Staates in fühlbarem Masse präjudizieren". Damit will der Regierungsrat offenbar sagen, dass es für die Frage, ob ein Vertrag wichtig sei, nicht auf seine wirtschaftliche Tragweite, sondern auf seine staatsrechtliche Bedeutung ankomme.
a) Dass ein Vertrag selbst bei grösster wirtschaftlicher Tragweite für den Kanton nicht "wichtig" sei und ein Baurechtsvertrag aus diesem Grunde nicht unter diese Bestimmung fallen könne, erscheint als zweifelhaft. Eine Praxis in diesem Sinne ist nach dem in Erw. 15 Gesagten jedenfalls nicht dargetan. Ebensowenig schlüssig ist der Hinweis auf § 6 Abs. 3 des Gesetzes betreffend Verwaltung der Rheinhafenanlagen vom 13. November 1919, wonach der Regierungsrat zuständig ist zur Abgabe von Hafengelände im Baurecht. Die Anwendung dieser Bestimmung auf bereits überbautes Hafengelände wäre, soweit die gesetzliche Wertgrenze überschritten wird, wohl mit § 39 lit. e KV unvereinbar und verfassungswidrig. § 39 lit. f aber schreibt die Ratifikation des Grossen Rates nur vor, "insofern dieselbe nicht aus besonderen Gründen dem Regierungsrat überlassen wird". Von dieser Möglichkeit kann nicht nur der Grosse Rat in einem konkreten Einzelfall Gebrauch machen, sondern auch der Gesetzgeber für bestimmte Kategorien von wichtigen Verträgen, und mit einer solchen generellen Ausnahmebestimmung dürfte man es hier zu tun haben, wobei der "besondere Grund" darin läge, dass das Hafengelände seiner Natur nach von vorneherein für die Vermietung, Verpachtung und Abgabe im Baurecht bestimmt ist.
Ob und wann Verträge und insbesondere Baurechtsverträge im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Tragweite als "wichtige Verträge" im Sinne von § 39 lit. f KV zu gelten haben und inwieweit das Ermessen des Regierungsrates und des Grossen Rates bei der Anwendung dieses unbestimmten Begriffs geht, kann indessen dahingestellt bleiben, da der Baurechtsvertrag mit der Frigo jedenfalls wegen seiner staatsrechtlichen Bedeutung unter diese Bestimmung fällt.
b) Der Betrieb öffentlicher Schlachthäuser gehörte im Kanton Basel-Stadt von jeher zu den Aufgaben des Gemeinwesens. Da die bisherigen Anlagen den steigenden Anforderungen immer weniger genügten, hat der Grosse Rat am 1. September 1938 unter Vorbehalt des (in der Folge nicht ergriffenen) fakultativen Referendums beschlossen, im Wasenboden einen neuen Schlachthof nach Massgabe der vorgelegten Pläne zu erstellen. Diese Pläne umfassten u.a. ein zentrales Kühlhaus, das im Jahre 1951 als erste Anlage des neuen Schlachthofs fertiggestellt wurde und nun zusammen mit unbebautem Land Gegenstand des Baurechtsvertrags mit der Frigo ist.
Der Regierungsrat anerkennt, dass dieser Baurechtsvertrag "die Preisgabe des ursprünglichen Schlachthofprojekts" bedeutet (Beschwerdeantwort S. 44), und bestreitet mit Recht nicht, dass dieses auf dem sog. Zentralhallensystem beruhende Projekt so, wie es in dem mangels Ergreifung des Referendums rechtskräftig gewordenen Grossratsbeschluss vom 1. September 1938 festgelegt worden ist, nicht mehr ausgeführt werden kann. Ein Vertrag, durch den dergestalt die Ausführung eines vom Grossen Rat beschlossenen und von den Stimmberechtigten stillschweigend gebilligten Bauprojektes für den Betrieb eines öffentlichen Werkes von der Bedeutung und vom Umfange des in den ursprünglichen Plänen vorgesehenen Schlachthofs verunmöglicht wird, kann nicht anders denn als "wichtiger Vertrag" im Sinne von § 39 lit. f KV bezeichnet werden. Sofern und soweit dem Regierungsrat beim Entscheid darüber, ob ein solcher Vertrag vorliege, ein Spielraum des Ermessens einzuräumen ist, wären dessen Grenzen durch die Annahme, der Vertrag sei nicht wichtig, offensichtlich überschritten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerden werden, soweit darauf einzutreten ist, gutgeheissen und die Beschlüsse des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt vom 3. Oktober und 15. November 1960 insoweit, als sie die Genehmigung durch den Grossen Rat nicht vorbehalten, aufgehoben.