BGE 91 I 438
 
69. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Dezember 1965 i.S. Genossenschaft Sporthaus Naturfreunde und Mitbeteiligte gegen Zürich, Direktion der Justiz.
 
Regeste
Handelsregister; Zwangseintragung der Auflösung einer Genossenschaft trotz Widerruf des Auflösungsbeschlusses.
2. Anwendung von Art. 738/739 OR im Falle der Auflösung einer Genossenschaft (Art. 913 Abs. 1 OR). (Erw. 2.)
3. Der Auflösungsbeschluss der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft (Art. 736 Ziff. 2, 911 Ziff. 2 OR) ist unwiderruflich (Art. 739 Abs. 2 OR). (Erw. 2-5.)
 
Sachverhalt
A.- Unter dem Namen "Sporthaus Naturfreunde" besteht gemäss Eintrag im Handelsregister des Kantons Zürich eine Genossenschaft, deren Statuten weder eine persönliche Haftung noch eine Nachschusspflicht der Mitglieder vorsehen und deren Vermögen seit der Auflösung des von ihr betriebenen Sportwarengeschäftes im wesentlichen aus der Liegenschaft Engelstrasse 64 in Zürich 4 besteht.
Auf Antrag der Verwaltung beschloss die Generalversammlung vom 22. August 1964 den Verkauf der Liegenschaft und die Auflösung der Genossenschaft. Die Durchführung dieser Massnahmen wurde der Verwaltung übertragen.
Mit Schreiben vom 15. September 1964 gab die Genossenschaft dem Handelsregisteramte des Kantons Zürich vom Auflösungsbeschlusse Kenntnis und ersuchte um eine Unterredung "zur Regelung der notwendigen Formalitäten". Das Amt sandte ihr darauf eine von ihm vorbereitete Anmeldung zur Eintragung ihrer Auflösung und ersuchte sie, die Anmeldung, wenn für richtig befunden, mit den Unterschriften aller Mitglieder der Verwaltung einzureichen.
Diese Aufforderung wurde nicht befolgt. Eine auf den 30. Januar 1965 einberufene ausserordentliche Generalversammlung beschloss vielmehr, auf den Beschluss vom 22. August 1964 zurückzukommen und die Genossenschaft weiterzuführen, nahm den Rücktritt von vier Mitgliedern der Verwaltung entgegen und wählte ein neues Mitglied.
B.- Nach einem ergebnislosen Briefwechsel forderte das Handelsregisteramt die fünf Mitglieder der im Amte stehenden Verwaltung am 12. April 1965 in Anwendung von Art. 60 Abs. 1 HRegV auf, die Auflösung der Genossenschaft und die damit verbundenen Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, weil der Auflösungsbeschluss vom 22. August 1964 nicht widerruflich sei. Die Direktion der Justiz des Kantons Zürich, der das Amt wegen der gegen diese Aufforderung erhobenen Einwendungen die Sache überwies (Art. 60 Abs. 2 HRegV), setzte den Mitgliedern der Verwaltung mit Entscheid vom 23. Juli 1965 eine zehntägige Frist zur Vornahme der vom Amt verlangten Anmeldung und wies das Amt für den Fall der Nichtbenützung dieser Frist an, "von Amtes wegen einzu tragen, was die Aufgeforderten anmelden sollten".
C.- Die Genossenschaft und die Mitglieder ihrer Verwaltung haben gegen diese Verfügung Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie beantragen dem Bundesegricht, die angefochtene Verfügung aufzuheben und festzustellen, dass sie nicht verpflichtet seien, die Auflösung der Genossenschaft und die damit verbundenen Änderungen zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden.
Die Direktion der Justiz und das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragen die Abweisung der Beschwerde.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Ob der Beschluss der Generalversammlung einer Genossenschaft, diese aufzulösen, widerruflich sei oder nicht, ist eine Frage des materiellen Rechtes. Mit Bezug auf solche Fragen steht den Handelsregisterbehörden und dem Bundesgericht als Verwaltungsgericht in Handelsregistersachen nur eine beschränkte Prüfungsbefugnis zu. Eine nachgesuchte Eintragung aus Gründen des materiellen Rechtes abzulehnen, ist ihnen nur gestattet, wenn offensichtlich ist, dass der Vorgang, dessen Eintragung verlangt wird, diesem Rechte widerspricht (BGE 86 I 107 mit Hinweisen). Entsprechend dürfen sie in einem Verfahren, das darauf gerichtet ist, eine Eintragung, Änderung oder Löschung zwangsweise herbeizuführen, über zivilrechtliche Einwendungen des zur Anmeldung Aufgeforderten nur hinwegschreiten, wenn die Einwendungen zweifellos unbegründet sind (BGE 78 I 450).
2. Die Genossenschaft wird gemäss Art. 913 Abs. 1 OR unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen (d.h. der Bestimmungen der Absätze 2 bis 5 über die Verteilung des Vermögens) nach den für die Aktiengesellschaft geltenden Vorschriften liquidiert. Das OR regelt die Liquidation der Aktiengesellschaft in Art. 739 bis 747. Für die Liquidation der Genossenschaft gilt also u.a. Art. 739 OR, wonach die in Liquidation tretende Gesellschaft bis zum Abschluss dieses Vorganges die juristische Persönlichkeit sowie (mit dem Zusatz "in Liquidation") die bisherige Firma behält (Abs. 1) und die Befugnisse der Gesellschaftsorgane mit dem Eintritt der Liquidation auf die Handlungen beschränkt werden, die für die Durchführung der Liquidation erforderlich sind, ihrer Natur nach jedoch nicht von den Liquidatoren vorgenommen werden können (Abs. 2).
Mit den Wendungen "Tritt die Gesellschaft in Liquidation" (Abs. 1) bezw. "mit dem Eintritt der Liquidation" (Abs. 2) knüpft Art. 739 an Art. 738 OR an, der bestimmt, die aufgelöste Gesellschaft trete unter Vorbehalt der Fälle der Fusion, der Übernahme durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und der Umwandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Liquidation. Auch diese Bestimmung, die nach dem Randtitel die Folgen der Auflösung ordnet und ein notwendiges Zwischenglied zwischen den Vorschriften über die Auflösungsgründe und jenen über den Zustand der Liquidation und deren Durchführung bildet, muss für die Genossenschaft entsprechend gelten. Die aufgelöste Genossenschaft tritt demnach unter Vorbehalt der Fälle der Fusion (Art. 914 OR) und der Übernahme durch eine öffentlichrechtliche Körperschaft (Art. 915 OR) in Liquidation.
Ein gültiger Auflösungsbeschluss der Generalversammlung hat also bei der Genossenschaft in Bezug auf die rechtliche Stellung der Körperschaft und die Befugnisse ihrer Organe die gleiche Bedeutung wie bei der Aktiengesellschaft.
So verhielt es sich angesichts der Tatsache, dass die Auflösung durch Beschluss des zuständigen Organs für die Genossenschaft in den hier in Betracht kommenden Punkten im wesentlichen gleich geregelt war wie für die Aktiengesellschaft (Art. 664 ff. und 709 ff. aoR), auch schon vor der Revision der Titel 24 ff. (Art. 552 ff.) des OR (vgl. BACHMANN in "Das schweiz. OR, Titel 23 bis Schluss", 1915, N. 2 zu Art. 709).
3. Vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1936 über die Revision der Titel 24 - 33 des OR (1. Juli 1937) vertraten das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) und der Bundesrat die Auffassung, der Auflösungsbeschluss der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft löse die Gesellschaft als Erwerbsgesellschaft auf; sie bleibe nur zum Zwecke der Liquidation bestehen; demgemäss habe die Generalversammlung nur noch beschränkte Befugnisse; sie könne keine Beschlüsse mehr fassen, die nicht die Durchführung der Liquidation betreffen, insbesondere nicht deren Aufhebung beschliessen; auch für das schweizerische Recht erscheine die (im französischen Schrifttum vertretene) Auffassung als begründet, "dass eine Erwerbsgesellschaft, wenn sie einmal öffentlich, durch Publikation des Auflösungsbeschlusses im Handelsamtsblatt, aus dem Verkehrsleben ausgeschieden ist und sich nachher wieder daran beteiligen will, die für eine Neugründung vorgesehenen Gesetzesbestimmungen beobachten muss" (Entscheid des EJPD vom 28. Juni 1926 i.S. Steppdeckenfabrik Lesta AG in Liq., BURCKHARDT, Schweiz. Bundesrecht III Nr. 1528 III; Entscheid des Bundesrates vom 9. März 1928 i.S. Pharmex SA, Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden 1928 Nr. 41).
Zur Frage, ob die Generalversammlung einer durch Ablauf der in den Statuten festgesetzten Zeit aufgelösten Aktiengesellschaft nachträglich deren Fortsetzung beschliessen könne, führte das Eidgenössische Amt für das Handelsregister in einem Schreiben vom 17. August 1932 aus, das müsse jedenfalls dann möglich sein, "wenn die tatsächlich nicht liquidierende Gesellschaft ihre Auflösung beim Ablauf der Frist nicht gewollt hat und nur die rechtzeitige Beschlussfassung über die Fortsetzung unterblieben ist" (Die Schweiz. Aktiengesellschaft 1932/33 S. 142).
Bei der Beratung der erwähnten Gesetzesrevision warf THALMANN in der ständerätlichen Kommission die Frage auf, ob ein Liquidationsbeschluss rückgängig gemacht werden könne. Der Vorsteher des EJPD empfahl, diese Frage wie jene des Aktienmantels der Praxis zu überlassen. Die Kommission sprach sich mehrheitlich gegen die Aufnahme einer Bestimmung aus, die den Widerruf des Auflösungsbeschlusses erlaubt hätte (Protokoll der Verhandlungen der III. Session vom 15. April 1929, S. 14, 16/17). Im Ständerat erwähnte THALMANN die bestehende, nach der Auffassung der Kommission von der Praxis zu entscheidende Meinungsverschiedenheit und vertrat persönlich die Ansicht, gegen den Widerruf eines Auflösungsbeschlusses lasse sich zivilrechtlich nichts Triftiges einwenden (Sten. Bull. Ständerat, Herbstsession 1931, S. 18). Nach ihm äusserte sich in beiden Räten niemand zu dieser Frage. Die Bestimmungen des bundesrätlichen Entwurfs über die Auflösung durch Beschluss der Generalversammlung (Art. 726 Ziff. 2 = Art. 736 Ziff. 2 OR) und den Zustand der Liquidation (Art. 728 = 739 Art. OR) wurden ohne weitere Diskussion angenommen. Art. 738 OR entstammt der Vorlage der Redaktionskommission vom 26. November 1936.
Das Bundesgericht, das seit dem 1. März 1929 für die Beurteilung von Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Entscheide des Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister und der kantonalen Aufsichtsbehörden in Handelsregistersachen zuständig ist, erklärte in seinem Urteil vom 14. September 1938 i.S. Arnold, angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes (Art. 738/39 OR), der den Niederschlag schon früher anerkannter Grundsätze bilde, könne kein Zweifel darüber bestehen, dass ein Beschluss auf Widerruf der Liquidation und Fortsetzung der Gesellschaft nicht zulässig sei (Praxis des Bundesgerichts 27 Nr. 153 und Die Schweiz. Aktiengesellschaft 1938/39 S. 68; in BGE nicht erschienen). - Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister vertrat in einem Schreiben vom August 1953 die Ansicht, für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung müsse in dieser Beziehung mit Rücksicht auf Art. 823 OR das gleiche gelten wie für die Aktiengesellschaft (Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden 1953 Nr. 43). - Im Urteil vom 21. Dezember 1954 i.S. Moroge, das eine andere Frage zum Gegenstand hatte, bemerkte das Bundesgericht, es brauche nicht geprüft zu werden, ob an der im Urteil vom 14. September 1938 geäusserten, von den Beschwerdeführern beanstandeten Auffassung festzuhalten sei (BGE 80 I 388).
In der schweizerischen Lehre sind die Meinungen geteilt. Dass der Auflösungsbeschluss widerrufen werden könne, verneinen für die Aktiengesellschaft BACHMANN (a.a.O. N. 1 zu Art. 664), EGGER (Komm., 2. Aufl. 1930, N. 2 zu Art. 76 ZGB), WIELAND (Handelsrecht II, 1931, S. 180), F. v. STEIGER (Das Recht der AG in der Schweiz, 2. Aufl., 1952, S. 341) und GUHL (Das Schweiz. OR, 5. Aufl. 1956, S. 568, 570), für die Genossenschaft F. v. STEIGER (Grundriss des schweiz. Genossenschaftsrechtes, 1963, S. 139). Die Möglichkeit, die Auflösung der Körperschaft durch einen Beschluss ihrer Organe rückgängig zu machen, bejahen dagegen grundsätzlich: für den Verein EGGER (a.a.O.), für die Aktiengesellschaft SCHUCANY (Komm., 2. Aufl. 1960, N. 3 zu Art. 736 OR), für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung WIELAND (a.a.O. S. 332 f.), JANGGEN/BECKER (Komm., 1939, N. 5 ff. zu Art. 820 OR), CARRY (Schweiz. Jur. Kartothek, Karte 804, 1943, I A 2), und W. v. STEIGER (Komm., 1965, N. 29 ff. zu Art. 820 OR). Die Befürworter dieser Möglichkeit sind jedoch (soweit sie diese Fragen überhaupt behandeln) nicht einig darüber, in welchen Fällen ein solcher Beschluss zulässig sei und ob er mit Mehrheit oder nur einstimmig gefasst werden könne.
In Deutschland lässt § 215 Abs. 1 des Aktiengesetzes von 1937, das auch in Oesterreich gilt, in Fortentwicklung der Lehre und Rechtsprechung zu § 307 HGB einen (mit qualifizierter Mehrheit zu fassenden) Beschluss auf Fortsetzung der durch Zeitablauf oder Beschluss aufgelösten Gesellschaft zu, solange noch nicht mit der Verteilung des Vermögens unter die Aktionäre begonnen ist. In Frankreich, wo einschlägige Vorschriften fehlen, herrscht nach DE JUGLART (Sirey 1939 II 97 ff.), den RIPERT anführt (Traité élémentaire de droit commercial, 4. Aufl. 1959, no. 1426 S. 672), und nach VERDIER (Encyclopédie Dalloz, Droit commercial III, Sociétés, 1958, Stichwort Liquidation, no. 44) die Auffassung vor, der Auflösungsbeschluss sei unwiderruflich. In Italien ist nach einem Urteil der Corte di cassazione vom 21. Juli 1960 zulässig, dass die Gesellschaftsversammlung die Anordnung der Liquidation widerruft und die Fortsetzung der Gesellschaftstätigkeit beschliesst, solange die Liquidation nicht abgeschlossen ist (Rivista del diritto commerciale 1961 II 34 ff.; vgl. auch 1947 II 66 unten mit Hinweisen). Umstritten ist, ob es für einen solchen Beschluss der Einstimmigkeit bedürfe (erwähnte Zeitschrift 1947 II 69 ff. u. 1961 II 34 ff., Noten MIGNOLI u. FOSCHINI; bejahend die Corte di cassazione in einem Urteil vom 24. März 1962, erwähnte Zeitschrift 1962 II 420).
4. Wie JANGGEN/BECKER und W. v. STEIGER (N. 6 bezw. 29 zu Art. 820 OR) zutreffend bemerken, lässt sich die Auffassung, die Auflösung sei unwiderruflich, nicht darauf stützen, die nach der Auflösung bestehende Liquidationsgesellschaft sei ein neues Rechtssubjekt und könne aus diesem Grunde am Schicksal der aufgelösten Gesellschaft nichts ändern. Aus Art. 739 Abs. 1 OR ergibt sich klar, dass die Gesellschaft in Liquidation mit der Gesellschaft, die vor Eintritt des Auflösungsgrundes bestand, identisch ist (vgl. BGE 90 II 257). Dass die aufgelöste Gesellschaft fortbesteht, ist heute auch im benachbarten Ausland anerkannt (vgl. die Hinweise bei W. v. STEIGER, N. 1 zu Art. 820 OR; VERDIER, a.a.O. no. 20 ff.; Urteile der Corte di cassazione vom 21. Juli 1960 und 24. März 1962 in Rivista del diritto commerciale 1961 II 37, 1962 II 419ff.).
Das Bundesgericht nahm in seinem Urteil vom 14. September 1938 i.S. Arnold an, die Rückgängigmachung der Auflösung könne unter keinen Umständen zu den für die Durchführung der Liquidation erforderlichen Massnahmen gehören, auf welche die Befugnisse der Gesellschaftsorgane nach Art. 739 Abs. 2 OR mit dem Eintritt der Liquidation beschränkt werden; der Widerruf des Auflösungsbeschlusses sei aus diesem Grunde unzulässig. W. v. STEIGER ist demgegenüber der Ansicht, Art. 739 Abs. 2 OR befasse sich nur mit den Befugnissen der Gesellschaftsorgane im Hinblick auf die Liquidation und bilde keine genügende Grundlage zur Lösung des Problems der "Rückgründung", d.h. der Wiederherstellung der Lage, die vor der Auflösung bestanden hatte (N. 29 zu Art. 820 OR).
a) Art. 739 Abs. 2 OR regelt nach dem deutschen Randtitel den "Zustand der Liquidation" und die - den Gesellschaftsorganen während dieses Zustandes zustehenden - "Befugnisse" (französisch: "La société pendant sa liquidation", "Compétence"; italienisch: "Condizione della società durante la liquidazione"). Der Zustand der Liquidation beginnt gemäss Art. 738 OR, wonach die aufgelöste Gesellschaft in Liquidation tritt, mit dem Eintritt des Auflösungsgrundes, gegebenenfalls also mit dem Auflösungsbeschluss. Er ist die unmittelbare Folge dieses Ereignisses. Die in Art. 737 OR vorgeschriebene Eintragung der (nicht durch Konkurs erfolgten) Auflösung ist für den Übergang in den Liquidationszustand nicht konstitutiv. Vielmehr kommen dieser Eintragung und ihrer Unterlassung nur die in Art. 933 OR vorgesehenen Wirkungen gegenüber Dritten zu (so auch JANGGEN/BECKER und W. v. STEIGER, je N. 1 zu Art. 821 OR). Der Übergang in das Liquidationsstadium hängt nach dem Gesetz auch nicht davon ab, dass mit der Durchführung der Liquidation begonnen wird. Wenn Art. 739 Abs. 2 OR sagt, dass die Befugnisse der Organe der Gesellschaft "mit dem Eintritt der Liquidation", "con l'inizio della liquidazione", auf die zu deren Durchführung erforderlichen Handlungen beschränkt werden bezw. "pendant la liquidation" auf solche Handlungen beschränkt sind, so muss das folglich heissen, diese Beschränkung trete schon mit dem die Gesellschaft auflösenden Ereignis, z.B. also mit dem Auflösungsbeschluss ein.
Der Grundsatz, dass die Befugnisse der Gesellschaftsorgane mit dem Eintritt der Liquidation "auf die Handlungen beschränkt" werden, "die für die Durchführung der Liquidation erforderlich sind", wird in Art. 739 Abs. 2 OR (dessen drei Fassungen einander in diesem Punkte genau entsprechen) vorbehaltlos ausgesprochen. Der Nachsatz: "ihrer Natur nach jedoch nicht von den Liquidatoren vorgenommen werden können", sieht nicht eine Ausnahme von der vorher aufgestellten Regel vor, sondern schränkt die Zuständigkeit der Gesellschaftsorgane noch mehr ein. Das Gesetz enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass Art. 739 Abs. 2 nur die Befugnisse der Gesellschaftsorgane im Hinblick auf die Liquidation behandle, d.h. lediglich den Sinn habe, hinsichtlich der Liquidationsmassnahmen die Befugnisse dieser Organe einerseits und der Liquidatoren anderseits gegeneinander abzugrenzen. Es sagt nicht bloss, die Gesellschaftsorgane seien für die zur Durchführung der Liquidation erforderlichen Handlungen nur insoweit zuständig, als diese Handlungen nicht von den Liquidatoren besorgt werden können, sondern stellt in erster Linie den allgemeinen Grundsatz auf, dass die Befugnisse der Gesellschaftsorgane auf die für die Liquidation notwendigen Handlungen beschränkt werden. Für diese Anordnung wäre in einer Bestimmung, die von vornherein nur die Zuständigkeit für solche Handlungen zum Gegenstand hätte, kein Raum. Art. 739 Abs. 2 ZGB regelt also nicht bloss diese Frage, sondern sagt darüber hinaus abschliessend, welche Befugnisse den Gesellschaftsorganen nach der Auflösung der Gesellschaft noch zustehen.
Dass der Widerruf des Auflösungsbeschlusses nicht eine zur Durchführung der Liquidation erforderliche Handlung ist, steht ausser Zweifel. Es handelt sich vielmehr um eine besonders deutlich auf die Fortsetzung der Gesellschaft abzielende Handlung.
Die vom Bundesgericht im Urteil vom 14. September 1938 i.S. Arnold vertretene Auffassung, dass die Gesellschaftsorgane nicht befugt seien, den einmal gefassten Auflösungsbeschluss zu widerrufen, entspricht also, wie schon damals festgestellt, dem klaren Wortlaut von Art. 738/739 OR.
b) Aus dem von W. v. STEIGER (a.a.O.) angerufenen Art. 939 Abs. 2 OR, wonach bei Widerruf des Konkurses die Eintragung der durch den Konkurs bewirkten Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister zu löschen ist, folgt nur, dass eine gemäss Art. 736 Ziff. 3 OR durch Eröffnung des Konkurses aufgelöste Gesellschaft im Falle des Konkurswiderrufs ohne Zutun der Gesellschaftsorgane in den frühern Zustand zurückkehrt. Mit der Frage, ob die Gesellschaftsorgane befugt seien, die aus einem andern Grunde eingetretene, insbesondere die von ihnen selber beschlossene Auflösung rückgängig zu machen, hat Art. 939 Abs. 2 OR nichts zu tun.
Das Gesetz enthält auch sonst keine Vorschrift, die den aus dem Wortlaut von Art. 738/739 OR zu ziehenden Schlüssen entgegenstünde. Der von den Beschwerdeführern angerufene, aus Art. 55 Abs. 1 ZGB abgeleitete Grundsatz, wonach die Organe der juristischen Person deren Willen im Rahmen ihrer Zuständigkeit frei bilden und ihn daher an sich auch jederzeit frei ändern können (BGE 88 II 104), muss vor der in Art. 738/739 OR enthaltenen, die Befugnisse der Organe der aufgelösten Gesellschaft beschränkenden Sonderregelung zurücktreten.
c) Angesichts der eindeutigen Fassung des Gesetzes wäre unerheblich, wenn nach den Materialien anzunehmen wäre, der Widerruf des Auflösungsbeschlusses sei von den gesetzgebenden Behörden als zulässig betrachtet worden. So verhält es sich im übrigen nicht. Wie in Erwägung 3 hievor dargelegt, wurde die Aufnahme einer dahin gehenden Bestimmung in das Gesetz von der ständerätlichen Kommission ausdrücklich abgelehnt und gingen die Räte auf die für die Zulässigkeit des Widerrufs eintretende Ansichtsäusserung Thalmanns im Ständerat nicht ein.
d) Es kann auch nicht die Rede davon sein, dass die dem Gesetzeswortlaut zu entnehmende Lösung sachlich offensichtlich unhaltbar sei und dass das Gesetz aus diesem Grunde einer andern, vom Wortlaut abweichenden Auslegung bedürfe. Der Blick auf Gesetzgebung, Lehre und Rechtsprechung der Schweiz und ihrer Nachbarstaaten (Erwägung 3 hievor) zeigt, dass in diesem Punkte verschiedene Lösungen vertretbar sind. Der aus dem Wortlaut von Art. 738/739 OR abzuleitende Grundsatz, dass die Gesellschaftsorgane nicht gültig beschliessen können, die Auflösung der Gesellschaft rückgängig zu machen, wird in Frankreich von der herrschenden Meinung vertreten, obwohl dort entsprechende Vorschriften nicht bestehen. Die schweizerische Praxis hat diesen Grundsatz, wenn man vom Schreiben des Eidg. Amtes für das Handelsregister vom 17. August 1932 betreffend die Fortsetzung einer durch Zeitablauf aufgelösten Gesellschaft absieht, schon vor der Revision der Titel 24 ff. des OR und auch seither ständig befolgt. (Die Behauptung Thalmanns im Ständerat, das Schweiz. Handelsamtsblatt 1926 Nr. 254 enthalte eine die Rückgängigmachung eines Auflösungsbeschlusses zulassende Handelsregisterpublikation, stimmt nicht; es wurde dort, S. 1911 rechts unten, nur die durch den Widerruf des Konkurses veranlasste Wiedereintragung einer gemäss Art. 28 Ziff. 1 der HRegV von 1890 infolge Konkurseröffnung gelöschten Gesellschaft veröffentlicht). Diese Praxis hat sich nach der Auffassung der Handelsregisterbehörden bewährt. Auf jeden Fall ist nicht bekannt geworden, dass sie ernsthafte Nachteile verursacht hätte. Unter diesen Umständen darf sich der Richter über den klaren Wortlaut des Gesetzes nicht hinwegsetzen.
Es mag freilich Fälle geben, wo der Widerruf des Auflösungsbeschlusses die Interessen der Öffentlichkeit, auf welche die angeführten Entscheide des EJPD, des Bundesrates und des Bundesgerichts hinwiesen, nicht gefährden würde, und auf der andern Seite mag zutreffen, dass Missbräuche möglich bleiben, auch wenn die sog. Rückgründung einer Aktiengesellschaft allgemein und vorbehaltlos als unzulässig erklärt wird. Das genügt jedoch nicht, um eine vom eindeutigen Gesetzeswortlaut abweichende Auslegung zu rechtfertigen.
Eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung ist um so weniger am Platze, als die grundsätzliche Zulassung des Widerrufs eine Reihe von Fragen aufwerfen würde, die das Gesetz nicht regelt (so die Fragen, bis wann der Widerruf zulässig sei, ob er mit Mehrheit oder nur einstimmig beschlossen werden könne, und welche Vorkehren zu treffen wären, um eine Benachteiligung der Gläubiger zu vermeiden). Dadurch würde die Rechtssicherheit gefährdet.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.