BGE 93 I 390 |
50. Auszug aus dem Urteil vom 23. Juni 1967 i.S. Mühle X. gegen Eidg. Getreidekommission. |
Regeste |
Übernahme von Brotgetreide des Bundes. |
2. Eine formell rechtskräftige Zuteilung inländischen Getreides für eine bestimmte Periode darf zu Ungunsten des Müllers abgeändert werden, wenn er die Verwaltung durch unrichtige Meldungen irregeführt hat (Erw. 2). |
3. Verjährung des Anspruchs des Bundes auf Zuteilung: Art. 57 des Getreidegesetzes ist analog anwendbar (Erw. 3). |
4. Verweigerung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor der Eidg. Getreidekommission? (Erw. 5). |
Sachverhalt |
In einer von der Eidg. Getreideverwaltung im Jahre 1962 gegen die Beschwerdeführerin und ihre verantwortlichen Organe eingeleiteten Strafuntersuchung sagten der Obermüller und der Verwaltungsratspräsident aus, dass die Mühle in den Jahren 1960 und 1961 für die Herstellung des Raviolidunstes eine 10 - 15 Gewichtsprozente Inlandweizen enthaltende Getreidemischung verwendet habe. Indessen hatte die Beschwerdeführerin der Getreideverwaltung früher gemeldet, dass sie für diese Fabrikation in der Regel - abgesehen vom ersten Semester 1960 - ausschliesslich Auslandgetreide verarbeitet habe. Sie hatte durch diese Meldungen erwirkt, dass die Verwaltung sie in periodisch getroffenen Verfügungen gestützt auf Art. 21 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Brotgetreideversorgung des Landes vom 20. März 1959 (GG) für die Jahre 1960 und 1961 in einem entsprechenden Umfange von der Pflicht zur Übernahme von Inlandgetreide befreit hatte.
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Die Getreideverwaltung nahm auf Grund der in der Strafuntersuchung erhaltenen Auskünfte an, dass sie diese Befreiung zu Unrecht gewährt habe. Mit Verfügung vom 25. März 1966 verpflichtete sie daher die Beschwerdeführerin, in der Zeit zwischen Anfang April und Ende September 1966 eine zusätzliche Menge von 1491,53 q Inlandgetreide zu übernehmen.
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Eine Beschwerde der Mühle gegen diese Verfügung wurde von der Eidg. Getreidekommission am 30. November 1966 abgewiesen.
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B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Mühle, der Entscheid der Getreidekommission und die durch ihn bestätigte Verfügung der Getreideverwaltung seien vollumfänglich aufzuheben; eventuell sei die Sache zur neuen Untersuchung und Beurteilung an die Getreidekommission zurückzuweisen.
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Es wird geltend gemacht, die Verwaltung sei nicht berechtigt gewesen, ihre früheren Verfügungen, in denen sie die von der Beschwerdeführerin in den Jahren 1960 und 1961 zu übernehmenden Mengen inländischen Getreides festgesetzt hatte, nachträglich abzuändern.
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Überdies sei der streitige Anspruch der Verwaltung mindestens zum Teil verjährt.
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C.- Die Getreidekommission beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: |
Im Verfahren vor der Getreidekommission, welche der letzten kantonalen Instanz entspricht, verlangte die Mühle X., dass sie von der ihr durch die Verfügung der Getreideverwaltung vom 25. März 1966 auferlegten Verpflichtung, in der Zeit von Anfang April bis Ende September 1966 eine zusätzliche Menge von 1491,53 q inländischen Getreides zu übernehmen, befreit werde, während die Verwaltung an dieser Verfügung festhielt.
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Die Getreidekommission hält dafür, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde hier schon deshalb nicht zulässig sei, weil man es nicht mit einer vermögensrechtlichen Streitigkeit im Sinne von Art. 61 Abs. 1 lit. c GG und Art. 46 OG zu tun habe. Sie führt aus, die dem Müller auferlegte Übernahme einheimischen Getreides sei eine der Sicherung der Getreideversorgung des Landes dienende Leistung, die ausschliesslich nach der von der Mühle in der Stichzeit verarbeiteten Getreidemenge, ohne Rücksicht auf die finanziellen Folgen für den Betrieb, bemessen werde. Indessen lässt sich nicht bestreiten und wird von der Getreidekommission auch nicht bestritten, dass der Müller durch die Verpflichtung, ein bestimmtes Quantum inländischen Getreides zu übernehmen, finanziell belastet wird, weil er für dieses Getreide mehr bezahlen muss als für ausländisches, mit dem er sich sonst eindecken könnte. Diese Belastung ist die unmittelbare Folge der Verfügung, durch welche die Übernahmepflicht festgelegt wird. Die vorliegende Streitigkeit ist demnach vermögensrechtlicher Art; es handelt sich um einen Fall mit einem Streitwert, dessen Festsetzung allerdings, mangels eines auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme gehenden Begehrens, dem Ermessen des Richters anheimgegeben ist (Art. 36 Abs. 2 OG; vgl. BGE 87 I 433 Erw. 3).
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Die Beschwerdeführerin betrachtet als Streitwert den Betrag, um den im Zeitpunkte des Erlasses der angefochtenen Verfügung der Getreideverwaltung der Preis für 1491,53 q Inlandgetreide den Preis für die gleiche Menge französischen Weizens überstiegen hat. Diese Differenz beziffert sie auf mindestens Fr. 16 551.--. Dagegen vertritt die Getreideverwaltung den Standpunkt, dass der Streitwert auf jeden Fall weniger als Fr. 8 000.-- betrage. Sie macht geltend, es sei von den heutigen Preisen auszugehen, die höher seien als die Preise, die im März 1966 galten; ausserdem sei der Preis für solches ausländisches Getreide, das dem zu übernehmenden Inlandweizen qualitativ ebenbürtig sei, in Rechnung zu stellen; der französische Weizen genüge aber dieser Anforderung nicht; selbst wenn auf dessen Preis abgestellt werde, erreiche übrigens der Streitwert nicht ganz den erforderlichen Mindestbetrag.
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Allerdings kann für den Preisvergleich nur solches ausländisches Getreide in Betracht gezogen werden, dessen Qualität für die Herstellung des Raviolidunstes genügt. Diese Voraussetzung erfüllt aber nach der nicht widerlegten Darstellung der Beschwerdeführerin der französische Weizen, obwohl er billiger ist als die anderen ausländischen Erzeugnisse, deren Preise die Getreidekommission in Rechnung stellt. Es besteht daher kein Grund, den von der Beschwerdeführerin angestellten Vergleich mit dem Preis französischen Weizens abzulehnen.
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Entgegen der Auffassung der Getreidekommission bemisst sich der Streitwert auch nicht nach den heutigen Verhältnissen. Aus Art. 61 Abs. 1 lit. c GG, wo auf Art. 46 OG verwiesen wird, ist zu schliessen, dass die für die zivilrechtliche Berufung geltende Ordnung sinngemäss anwendbar ist. Das Bundesgericht hat als Berufungsinstanz wiederholt den Wert des Streitgegenstandes zur Zeit der Anhebung der Klage als massgebend erklärt (BGE 87 II 192 und dort zitierte Entscheide); in anderen Fällen hat es auf das Interesse abgestellt, das für die Parteien unmittelbar vor der Entscheidung der Vorinstanz auf dem Spiele gestanden hatte (BGE 89 II 198 und dort angeführtes Urteil). Hier kommen demnach entweder die Verhältnisse in Betracht, die zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Verfügung der Getreideverwaltung und der Einreichung der dagegen gerichteten Beschwerde bestanden haben, oder die Verhältnisse unmittelbar vor der Entscheidung der Getreidekommission. Nach der einen wie nach der anderen Lösung ergibt sich auf Grund der Darlegungen der Parteien mit Sicherheit, dass die Differenz zwischen den Preisen des einheimischen und des französischen Getreides für die in Frage stehende Menge den Betrag von Fr. 8 000.-- überschritten hat.
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Die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit nach Art. 61 Abs. 1 lit. c GG zulässig, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob für die ermessensweise Bestimmung des Streitwertes neben jener Preisdifferenz noch andere Tatsachen berücksichtigt werden könnten.
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Die Beschwerdeführerin hält dieses Vorgehen für unzulässig; sie macht geltend, weder sei es im Gesetz vorgesehen, noch liege einer der Gründe vor, aus denen die Rechtsprechung eine Revision rechtskräftiger Verwaltungsverfügungen zulässt, wenn gesetzliche Vorschriften hierüber fehlen.
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In der Tat enthält die Gesetzgebung über die Getreideversorgung des Landes keine Bestimmung darüber, ob formell rechtskräftige Verfügungen, in denen die von den Handelsmüllern zu übernehmenden Quoten einheimischen Getreides festgelegt sind, nachträglich wegen materieller Unrichtigkeit abgeändert werden dürfen oder nicht, so dass es Sache der zur Anwendung des Gesetzes berufenen Behörde ist, über diese Frage in Abwägung der Interessen, die einerseits an der Verwirklichung des objektiven Rechts und anderseits an der Vermeidung von Rechtsunsicherheit bestehen, zu befinden (BGE 91 I 95 f.). Es mag zutreffen, dass hier dem Postulat der Rechtssicherheit der Vorrang zuzuerkennen, eine formell rechtskräftig gewordene Zuteilungsverfügung also grundsätzlich als unabänderlich zu betrachten ist. Indessen darf in solchen Fällen die Verwaltung ausnahmsweise auf die rechtskräftige Verfügung zurückkommen, wenn einer der Revisionsgründe besteht, welche die Rechtsprechung anerkennt (BGE 78 I 201, BGE 86 I 173). Die Beschwerdeführerin bestreitet dies nicht, erhebt jedoch unter Berufung auf IMBODEN (Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 2. Aufl., Nr. 46 IV a) den Einwand, hier sei die Revision ausgeschlossen, weil die Verwaltung aus Unachtsamkeit oder Irrtum unrichtig verfügt habe.
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Es trifft allerdings zu, dass eine formell rechtskräftige Verfügung, welche für den Bürger deshalb zu günstig ausgefallen ist, weil die Verwaltung aus Unachtsamkeit oder Irrtum den massgeblichen Sachverhalt nicht richtig festgestellt hat, nicht nachträglich zu Ungunsten des Bürgers abgeändert werden darf, wenn der Fehler von der Behörde zu verantworten ist. In diesem Sinne sind die Ausführungen in BGE 78 I 202 zu verstehen, auf die sich IMBODEN an der von der Beschwerdeführerin zitierten Stelle stützt. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn der Fehler, welcher der Behörde unterlaufen ist, nicht von ihr zu vertreten, sondern einem Verhalten des Bürgers zuzuschreiben ist, das es ausschliesst, dass dieser sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben und das Postulat der Rechtssicherheit berufen kann. In einem solchen Falle muss die Revision zu Ungunsten des Bürgers zugelassen werden (vgl. BGE 88 I 227 f.), wie denn anderseits die Revision zu seinen Gunsten statthaft ist, wenn einer ihm nachteiligen Verfügung eine von ihm vorgetragene unrichtige Sachdarstellung, die auf unzutreffenden Auskünften der Behörde beruht, zugrunde liegt (BGE 75 I 311, BGE 76 I 7). Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das Steuerrecht geht fehl; bestimmen doch gerade die Steuergesetze regelmässig, dass der Fiskus auf eine rechtskräftige Veranlagung zurückkommen darf, wenn sich herausstellt, dass sie infolge Verschuldens des Steuerpflichtigen zu niedrig ausgefallen ist.
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Die Beschwerdeführerin legt Gewicht darauf, dass sie der Verwaltung seinerzeit in den Meldungen für die Monate Januar bis Juni 1960 wahrheitsgemäss die teilweise Verwendung inländischen Getreides bei der Herstellung des Raviolidunstes mitgeteilt habe. Sie leitet daraus ab, dass für die Unrichtigkeit der früheren Zuteilungen einheimischen Getreides die Verwaltung einzustehen habe. Dieser Standpunkt ist abwegig. Die Verwaltung hat jene Meldungen berücksichtigt. Sie hat aber auch auf die Meldungen der Beschwerdeführerin für die späteren Monate abgestellt, nach denen die Mühle damals für die Raviolidunstmahlungen ausschliesslich ausländisches Getreide verarbeitet hätte. Diese Meldungen waren unrichtig. Die Beschwerdeführerin war jedoch verpflichtet, der Verwaltung in den monatlichen Rapporten durchweg wahrheitsgetreue Angaben zu machen (Art. 20 GG). Durch ihre unrichtigen Meldungen hat sie die Verwaltung irregeführt und infolgedessen eine Befreiung von der Pflicht zur Übernahme inländischen Getreides in einem der gesetzlichen Ordnung nicht entsprechenden Umfange erwirkt. Gewiss hätte die Verwaltung vor dem Erlass der Verfügungen, in denen sie die Befreiung angeordnet hat, die Meldungen der Beschwerdeführerin überprüfen können, doch war sie dazu nicht verpflichtet. Darin, dass sie damals von einer Überprüfung abgesehen hat, kann nicht eine Nachlässigkeit, welche eine Revision der unrichtigen Verfügungen ausschlösse, gesehen werden. Die Revision war gerechtfertigt, weil der Irrtum, dem die Verwaltung zum Opfer gefallen war, von der Beschwerdeführerin zu verantworten ist.
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Die Getreidekommission vertritt in erster Linie den Standpunkt, dass der Anspruch der Verwaltung auf Zuteilung inländischen Getreides für eine Periode auch nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht der Verjährung unterliege, weil er nicht vermögensrechtlicher Natur sei. Wie in Erwägung 1 hievor ausgeführt ist, hat jedoch die Verpflichtung des Müllers zur Übernahme inländischen Getreides zur Folge, dass er dieses Getreide dem Bund bezahlen muss. Er hat dafür einen vom Bund festgesetzten Kaufpreis zu entrichten. Ob diese Zahlungspflicht zivilrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Art sei oder einen gemischten Charakter habe, kann offen gelassen werden. Auf jeden Fall müssen Ansprüche des Gemeinwesens auf Leistungen des Bürgers mit vermögensrechtlichem Einschlag nach einem allgemeinen Grundsatz einer Verjährung auch dann unterworfen sein, wenn das Gesetz hierüber nichts bestimmt; das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Rechtsunsicherheit und unbilliger Belästigung des Bürgers durch Ansprüche vermögensrechtlichen Charakters aus lange zurückliegender Zeit schliessen eine andere Auffassung aus (BGE 78 I 89 Erw. 4; BGE 85 I 183 Erw. 3).
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Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass die Verjährungsfrist für den vorliegenden Fall in Anlehnung an die in Art. 128 und 130 OR für periodische Leistungen getroffene Ordnung auf fünf Jahre seit der Fälligkeit festzusetzen sei, und wendet demgemäss ein, dass der Anspruch, den die Verwaltung erstmals mit der Verfügung vom 25. März 1966 geltend gemacht hat, insoweit verjährt sei, als er die Übernahmepflicht für die Monate Januar 1960 bis März 1961 betrifft.
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Dagegen erachtet die Getreidekommission - für den Fall, dass die Forderung als verjährbar betrachtet wird - Art. 57 GG als sinngemäss anwendbar. Nach dieser Bestimmung verjähren die dort genannten Ansprüche in fünf Jahren, vom Zeitpunkt an gerechnet, da die zuständigen Organe des Bundes vom Rechtsgrund des Anspruches Kenntnis erlangt haben, spätestens aber in zehn Jahren seit dem Entstehen des Anspruches; wird jedoch der Anspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, so gilt diese. Die Getreidekommission nimmt an, nach dieser Ordnung sei der umstrittene Anspruch des Bundes nicht verjährt; auch die dort vorgesehene fünfjährige Frist sei eingehalten. Die Beschwerdeführerin bestreitet dies.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Dauer und Beginn der Verjährungsfrist für öffentlichrechtliche Ansprüche beim Fehlen besonderer gesetzlicher Bestimmungen in Anlehnung an die Ordnung festzulegen, die der Gesetzgeber für verwandte Ansprüche aufgestellt hat (BGE 78 I 89 Erw. 4, 191/2; BGE 83 I 218 ff.; BGE 85 I 183 Erw. 3). Dem Wesen des Rechts des Bundes, für eine bestimmte Periode die Übernahme inländischen Getreides zu verlangen, entspricht am besten die analoge Anwendung des Art. 57 GG.
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Diese Lösung erlaubt es, den Gründen Rechnung zu tragen, aus denen im Gebiete des Zivilrechts die Verjährungsfrist, die mangels anderer Bestimmung zehn Jahre beträgt (Art. 127 OR), für periodische Leistungen auf fünf Jahre verkürzt worden ist (Art. 128 OR). Diese Ordnung beruht auf dem Gedanken, dass solche Leistungen ihrer Natur nach rasch erbracht werden sollen; der Gesetzgeber wollte einerseits verhüten, dass der Schuldner durch ständiges Anwachsen der Schuldenlast immer mehr bedrückt werde, und anderseits den Gläubiger von unangebrachter Nachsicht abhalten (BGE 69 II 303 Erw. 3; BGE 78 II 149 Erw. 3 a). Auch die Verpflichtung des Müllers, periodisch Inlandgetreide zu übernehmen, sollte jeweils rasch erfüllt werden; es muss vermieden werden, dass Quoten für verschiedene Perioden auflaufen und vom Müller auf einmal übernommen werden müssen, und dementsprechend soll erreicht werden, dass die Verwaltung mit der Geltendmachung ihrer Ansprüche nicht allzu lange zuwartet.
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Es rechtfertigt sich sodann, auch hinsichtlich des Beginns der Verjährung Art. 57 GG analog anzuwenden, also die fünfjährige Frist nicht von der Fälligkeit der Forderung (Art. 130 Abs. 1 OR), sondern vom Zeitpunkt an zu rechnen, da die Verwaltung von den ihren Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Diese Regelung hat nicht nur den Vorteil, dass die Ordnung der Verjährung von miteinander mehr oder weniger verwandten Ansprüchen des Bundes aus dem Getreidegesetz vereinheitlicht wird, sondern sie erscheint auch sachlich als richtig. Im Vertragsrecht kann die Verjährungsfrist recht wohl auch in den Fällen, wo sie verkürzt ist, mit der Fälligkeit der Forderung beginnen. Dagegen gilt für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen als Regel, dass die kürzere Verjährungsfrist von dem Tage hinweg, da der Verletzte vom Schaden Kenntnis erhalten hat, gerechnet wird (Art. 60 OR). An dieses System lehnt sich Art. 57 GG an. Das Recht des Bundes, die Übernahme inländischen Getreides für eine bestimmte Periode zu verlangen, steht aber immer dann, wenn - wie im vorliegenden Falle-die ursprüngliche Zuteilung infolge der Unvollständigkeit der Meldungen der Mühle zu niedrig ausgefallen ist, dem Anspruch aus unerlaubter Handlung näher als dem Anspruch aus Vertrag.
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Hier hat die Verwaltung von den Tatsachen, welche den umstrittenen Anspruch begründen, erst im Laufe der im Jahre 1962 eingeleiteten Strafuntersuchung Kenntnis erhalten. Sie hat den Anspruch mit der Verfügung vom 25. März 1966, also noch vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist, geltend gemacht. Die Einrede der Verjährung ist daher im vollen Umfange unbegründet.
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5. Die Beschwerdeführerin erblickt eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs darin, dass die Getreidekommission ihr nicht Gelegenheit gegeben hat, zu der von dieser Instanz eingeholten Vernehmlassung der Getreideverwaltung und zu den damit eingereichten Akten, insbesondere einer "Neuberechnung der Pflichtquoten", Stellung zu nehmen. Der Einwand ist unbegründet. Das gerügte Vorgehen der Getreidekommission verstösst nicht gegen die Verfahrensordnung, die in Art. 9 der vom Bundesrat am 10. November 1959 erlassenen Vollziehungsverordnung IV zum Getreidegesetz aufgestellt ist. Ebensowenig lässt sich unmittelbar aus Art. 4 BV ableiten, dass die Getreidekommission die Beschwerdeführerin nochmals hätte anhören müssen. Der Grundsatz, dass die durch einen Entscheid bestimmte Rechtsstellung einer Partei nicht zu deren Ungunsten abgeändert werden darf, ohne dass sie angehört wurde, ist nicht verletzt worden. Die Getreideverwaltung hatte in ihrer Vernehmlassung eine Abänderung ihrer Verfügung zu Ungunsten der Beschwerdeführerin nicht verlangt, noch hat die Getreidekommission auf Grund der Vernehmlassung eine solche Abänderung von sich aus vorgenommen. Die der Vernehmlassung beigelegte "Neuberechnung der Pflichtquoten" war kein Beweismittel; sie hätte ebensogut in die Vernehmlassung selber aufgenommen werden können. Sie brauchte der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht vorgelegt zu werden. Es war auch nicht notwendig, die Beschwerdeführerin zum Inhalt der übrigen Beilagen zur Vernehmlassung anzuhören. Diese Schriftstücke waren der Beschwerdeführerin bekannt, und zum Teil hatte sie selbst deren Beizug verlangt.
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