BGE 94 I 613
 
84. Urteil der 1. Zivilabteilung vom 10. Dezember 1968 i.S. Thommen gegen Eidg. Amt für das Handelsregister.
 
Regeste
Art. 944 und 945 OR, Art. 38 und 44 HRegV.
 
Sachverhalt
A.- Felix Thommen führt in Basel ein Geschäft, das sich ausschliesslich mit dem Verkauf von Hosen befasst. Er ersuchte das Eidg. Amt für das Handelsregister, ihm die Eintragung der Firma "F. Thommen's Hosen-Center" zu gestatten.
B.- Das Amt wies das Begehren am 9. August 1968 nach vorangegangenem Meinungsaustausch mit der Basler Handelskammer ab.
C.- Der Gesuchsteller führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er beantragt, den Entscheid aufzuheben und das Handelsregisteramt anzuweisen, die verlangte Eintragung zuzulassen.
Das Eidg. Amt für das Handelsregister beantragt, die die Beschwerde abzuweisen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 945 Abs. 1 OR muss der Einzelkaufmann den wesentlichen Inhalt seiner Firma aus dem Familiennamen mit oder ohne Vornamen bilden. Neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt darf er in seiner Firma eine Bezeichnung aufnehmen, die zur näheren Umschreibung seiner Person dient oder auf die Natur des Unternehmens hinweist oder eine Phantasiebezeichnung darstellt, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem öffentlichen Interesse widerspricht (Art. 944 Abs. 1 OR; Art. 38 HRegV). Kennzeichnende Zusätze dürfen somit nur verwendet werden, wenn sie zur näheren Bezeichnung und damit zur Individualisierung des Unternehmens dienen. Unzulässig sind daher Angaben, die nur auf das Ansehen und die Bedeutung eines Unternehmens hinweisen (vgl.BGE 69 I 123E. 1;BGE 79 I 176). Art. 44 der HRegV bestimmt zudem ausdrücklich, dass Bezeichnungen, die nur der Reklame dienen, in eine Firma nicht aufgenommen werden dürfen.
a) Zu prüfen ist, ob die beanstandete Bezeichnung den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, d.h. sachlich gerechtfertigt ist.
Das Wort "Center", "Centre", "Zentrum", vom lateinischen Ausdruck "Centrum" abgeleitet, bezeichnet in seiner ursprünglichen, geometrisch-örtlichen Bedeutung die Mitte, den Mittelpunkt. Im weitern Sinne verbindet sich mit diesem Begriff die Vorstellung eines Anziehungs- oder Sammelpunktes, was durch verdeutlichende Zusätze (z.B. Geschäfts-Zentrum, Einkaufs-Zentrum, Handels-Zentrum, Industrie-Zentrum usw.) besonders augenfällig wird (vgl. CASSEL'S New German Dictionary, 1962; LANGENSCHEIDT'S Enzyklopädisches Wörterbuch, 1962; ROBERT, Dictionnaire alphabétique et analogique de la langue française, 1965).
Auf wirtschaftliche Unternehmen bezogen, erweckt "Center" im Publikum die Vorstellung, ein bestimmter Geschäftsbetrieb hebe sich durch seine überragende Bedeutung, insbesondere durch den Umsatz und die Grösse, die Verschiedenheit und die Reichhaltigkeit des Warenangebotes, deutlich von der Konkurrenz ab (vgl.BGE 69 I 122f., der sich mit dem Begriff des "Grossimporteurs" auseinandersetzt). Von "Center" inhaltlich verschieden ist, wie der Beschwerdeführer mit Recht einwendet, der sinnverwandte Begriff "Zentrale". Eine solche liegt vor, wenn der Träger einer Firma über ein Unternehmen verfügt, das mehrere Betriebsstätten umfasst oder dank ausgedehnter Organisation und grossen Geschäftsverkehrs seine Leistungen zu Bedingungen anbieten kann, die für den Kunden besonders günstig sind (BGE 63 I 105, BGE 82 I 47).
Ob ein Unternehmen als "Center" angesprochen werden kann, hängt stets von den Umständen des einzelnen Falles ab. Ein Geschäft, das sich auf einen oder mehrere Artikel "spezialisiert", wird dadurch nicht unbedingt zu einem "Center", wie der Beschwerdeführer meint; ansonst müssten Bezeichnungen wie "Kaffee-Center" für ein Kaffeegeschäft, "Parfum-Center" für einen Parfümerieladen, "Schuh-Center" für ein Schuhgeschäft oder "Arznei-Center" für eine Apotheke ohne weiteres zugelassen werden (vgl.BGE 79 I 176, wo die Bezeichnung "Grande pharmacie" wegen des reklamehaften Charakters verweigert wurde).
b) Das Amt ist auf Grund eines Berichtes der Basler Handelskammer zur Auffassung gelangt, das Unternehmen des Beschwerdeführers weise keine "zentrale Funktion" auf und könne nach seiner wirtschaftlichen Bedeutung kaum so eingestuft werden, dass es über andere Firmen der gleichen Warengattung hinausrage. Diese Ansicht wird durch die Tatsache nicht entkräftet, dass der Beschwerdeführer in der Stadt Basel der einzige Geschäftsinhaber ist, der ausschliesslich Hosen zum Kauf anbietet. Er behauptet denn auch nicht, er vermöge den Ansprüchen der Kundschaft durch seine Auswahl besser gerecht zu werden, als die übrigen Kleidergeschäfte der Stadt. Gerade der Umstand, dass er nur einen Artikel führt, spricht in der Bekleidungsbranche eher gegen die dem "Center" eigentümliche Sonderstellung gegenüber der Konkurrenz. Viele Kunden dürften ein Konfektionsgeschäft der herkömmlichen Art vorziehen, weil sie dort nebst der gewünschten Hose auch den passenden Kittel finden oder überhaupt einen ganzen Anzug zu kaufen gedenken. Der beanspruchte Firmenzusatz widerspricht daher den tatsächlichen Verhältnissen; er hat offensichtlich einen reklamehaften Charakter. Somit verstösst er sowohl gegen den Grundsatz der Firmenwahrheit (Art. 944 Abs. 1 OR) wie auch gegen das Reklameverbot (Art. 44 HRegV).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.