BGE 95 I 264
 
38. Auszug aus dem Urteil vom 9. Mai 1969 i.S. Brandversicherungsanstalt des Kantons Basel-Stadt gegen Eidg. Steuerverwaltung.
 
Regeste
Stempelabgabe auf Prämienquittungen der Immobiliarfeuerversicherung.
 
Sachverhalt
Aus dem Tatbestand:
A.- Die Brandversicherungsanstalt des Kantons Basel-Stadt (BVA) ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt, bei der die in diesem Kanton gelegenen Gebäude obligatorisch gegen Brand, Blitzschlag, Explosion und Elementarschaden versichert sind (§§ 1 und 2 des kantonalen Brandversicherungsgesetzes vom 2. Juli 1908, BVG). Die Gebäudeeigentümer haben der Anstalt jährliche Versicherungsprämien zu bezahlen, die in 4 Gefahrenklassen nach Promillesätzen vom Versicherungswert der Gebäude abgestuft sind (§ 30). Als Versicherungswert ist bei der Einschätzung "die Summe festzusetzen, welche bei Berücksichtigung des Durchschnitts der Baupreise der letzten 10 Jahre nötig wäre, um das zu schätzende Gebäude herzustellen, jedoch mit Abrechnung des Minderwertes, der sich infolge Alters, Abnutzung, Baufälligkeit und dergleichen ergibt" (§ 6). Eine Revision der Schatzung findet von Amtes wegen nach 10 Jahren, auf Antrag des Eigentümers schon nach 5 Jahren und auf Verlangen des Justizdepartements in jedem andern Zeitpunkt statt (§ 15). Im Jahre 1949 wurden alle Versicherungswerte auf 160% der Vorkriegsschatzung "stabilisiert"; auch die neuen Schätzungen erfolgen seither auf der Basis von 160% des Vorkriegswertes. Der so stabilisierte Versicherungswert bildet gleichzeitig die Grundlage für die Bemessung der Prämie.
Bei gänzlicher Zerstörung eines Gebäudes ist der ganze Versicherungswert (unter Abzug des Verkaufswertes der noch verwertbaren Materialien und Zurechnung der Abräumungskosten) als Schaden zu vergüten (§ 18). Genügt das nicht für die Wiederherstellung des Gebäudes, so ist die Entschädigungssumme auf den Betrag der mutmasslichen Wiederherstellungskosten zu erhöhen (§ 19 a). Totalschäden waren in den letzten Jahren sehr selten (von 1957 bis 1967 nur 6 Fälle).
B.- Nach Art. 45 Abs. 1 lit. c StG beträgt die Stempelabgabe auf Quittungen für Versicherungsprämien der Immobiliarfeuerversicherung jährlich 1/20‰ der Versicherungssumme. Als solche betrachtete die BVA seit 1949 grundsätzlich den auf 160% des Vorkriegswertes stabilisierten Versicherungswert und berechnete die von ihr entrichtete Stempelabgabe entsprechend; hievon abweichend legte sie in den Jahren, in denen ein - nach ihrer Auffassung - für den Versicherungsbestand repräsentativer Totalschaden tatsächlich eintrat und die dafür ausgerichtete Entschädigung die Schatzungssumme überstieg, die Mehrentschädigung auf das gesamte Versicherungskapital um und entrichtete die Abgabe von dem so erhöhten Kapital. Mit Schreiben vom 20. Oktober 1956 beanstandete die eidg. Steuerverwaltung (EStV) jene Berechnung und machte geltend, Versicherungssumme sei der Höchstbetrag, zu dessen Leistung der Versicherer verpflichtet sei, also hier der Betrag der mutmasslichen Wiederherstellungskosten gemäss § 19 a BVG; sie forderte die BVA auf, ab 1. Januar 1957 die Stempelabgabe durchweg "vom Versicherungskapital, das nach dem jeweiligen Baukostenindex auf den Wiederherstellungswert umgerechnet wird, zu entrichten". Die BVA war hiemit nicht einverstanden und schlug vor, "es bei der geltenden, im gegenseitigen Einvernehmen getroffenen Regelung zu belassen". Darauf setzte die EStV das Verfahren bis zur Erledigung eines ähnlichen Streites mit der Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern aus.
Nach Eröffnung des bundesgerichtlichen Urteils vom 24. November 1961 i.S. Brandversicherungsanstalt Bern forderte die EStV die BVA auf, die Stempelabgaben für die Jahre 1957-1961 nach der Berechnung gemäss ihrem Schreiben vom 20. Oktober 1956 nachzuentrichten. Da hierüber keine Einigung zustande kam, erliess sie am 2. Juni 1965 einen Entscheid, worin sie für die Jahre 1957-1963 Abgaben von insgesamt Fr. 800'246.70 nachforderte; für die Umrechnung des stabilisierten Versicherungswertes auf den Wiederherstellungswert erklärte sie den jeweiligen Zürcher Baukostenindex als massgebend. Am 31. Oktober 1968 hiess sie eine Einsprache der BVA dahin teilweise gut, dass sie statt auf die letzte Indexzahl auf das Mittel des Erhebungsjahres abstellte und einen Abzug von 5% für Alter und Abnützung anerkannte. Gestützt hierauf setzte sie die Nachforderung für die Jahre 1957-1967 auf Fr. 1'531,505.85 fest.
C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die BVA in erster Linie:
"1. Es sei der Einspracheentscheid der EStV aufzuheben.
2. Es sei festzustellen, dass die Stempelabgabe vom ausgewiesenen Versicherungskapital der Beschwerdeführerin zu bemessen ist und dass die Beschwerdeführerin demgemäss für die Jahre 1957-1967 keine Stempelabgabe mehr schuldet."
D.- Die EStV beantragt Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht folgt diesem Antrag.
 
Aus den Erwägungen:
Diese Ordnung beruht auf dem Gedanken, dass die Vermögenswerte insoweit besteuert werden sollen, als sie unter dem Schutz der Versicherung stehen. Bei den meisten Versicherungsarten ist Grundlage der Abgabebemessung die für die Versicherung zu entrichtende Prämie, weil in ihr der angemessene Ausdruck des Wertes der versicherten Gegenstände erblickt wird. Bei der Feuerversicherung aber wird nicht auf die Prämie, sondern direkt auf die Versicherungssumme abgestellt, weil angenommen wird, dass der durch diese Versicherung geschützte Wert in der Prämie aus sozialpolitischen Gründen nicht immer einen zutreffenden Ausdruck findet (Botschaft des Bundesrates zum Entwurf des Stempelgesetzes, BBl 1917 III S. 128 und 133).
Das basel-städtische BVG kennt den Begriff "Versicherungssumme" nicht, und die heutigen Parteien streiten darüber, was nach seiner Ordnung als solche zu betrachten ist. Nach der Auffassung der BVA ist es der "Versicherungswert", der bei der Einschätzung der versicherten Gebäude festgesetzt wird und seit 1949 auf 160% des Vorkriegswertes "stabilisiert" ist. Die EStV dagegen erachtet - in Anlehnung an Art. 69 Abs. 1 VVG - als massgebend den Höchstbetrag der Leistung, die der Versicherer allenfalls zu erbringen hat, also gemäss § 19 a BVG den Betrag der mutmasslichen Wiederherstellungskosten.
Die gleiche Frage stellte sich in dem von den Parteien zitierten Urteil des Bundesgerichts vom 24. November 1961 i.S. Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern; denn auch die bernische Ordnung kennt einen - dort auf 130% des Vorkriegswertes - "stabilisierten" Versicherungswert, der die Grundlage der Prämienbemessung bildet, sieht aber im Falle des Wiederaufbaus zerstörter Gebäude als - höhere - Versicherungsleistung den Ersatz der Wiederaufbaukosten vor. (Dass die Differenz in Bern in Form einer Zulage zu entrichten ist, während Basel-Stadt eine einheitliche Leistung vorsieht, stellt keinen grundsätzlichen Unterschied dar.)
In jenem Urteil hat das Bundesgericht in E. 1 zunächst auf den oben erwähnten Grundgedanken der Berechnung der Stempelabgabe hingewiesen und weiter ausgeführt: Die Versicherungssumme erfüllt zwei Funktionen, indem sie einerseits die obere Grenze für die Leistung des Versicherers und anderseits die Grundlage der Bemessung der Prämie bildet. Diese Funktionen können auseinanderfallen und in verschiedenen Beträgen zum Ausdruck kommen, namentlich wenn die erste durch den Ersatzwert der versicherten Sache, die zweite aber durch den bei ihrer Einschätzung ermittelten Wert ausgeübt wird. Dann bildet, wenn es sich um eine Feuerversicherung handelt, der Ersatzwert als Höchstbetrag der Versicherungsleistung die Versicherungssumme im Sinne des Art. 45 StG und damit die Grundlage für die Bemessung der Stempelabgabe; gleichgültig ist hiefür, wie hoch die Prämie ist und nach welchen Regeln sie berechnet wird. Das gilt auch für die öffentlichrechtliche Gebäudebrandversicherung, und wenn hier eine Versicherungssumme nicht von vornherein festgelegt ist, richtet sich die Abgabe nach dem Höchstbetrag der Leistung des Versicherers.
Diese Erwägungen sind auch auf den heutigen Fall anzuwenden. Da das basel-städtische BVG und die gestützt darauf abgeschlossenen Versicherungen keine "Versicherungssumme" nennen, ist zu prüfen, was nach seiner Ordnung diesem von Art. 45 StG verwendeten Begriff entspricht. Das Stempelgesetz hat ihn offensichtlich aus Art. 69 Abs. 1 VVG übernommen, wonach er die Haftung des Versicherers nach oben begrenzt. Das entspricht auch der ratio legis von Art. 45 StG, weil zur Steuerleistung das Kapital herangezogen werden soll, das in der Versicherung Schutz sucht und damit sein Vermögensinteresse dokumentiert (s. die oben zitierte Botschaft, S. 128). Dieses Kapital und dieser Schutz kommen zum Ausdruck in dem höchsten Werte, der im Schadensfalle vom Versicherer ersetzt wird. Nach dem basel-städtischen BVG ist das nicht der bei der Einschätzung gemäss § 6 festgesetzte "Versicherungswert", der die andere Funktion der Versicherungssumme erfüllt, indem er als Grundlage für die Bemessung der Prämie dient, und der gemäss den §§ 18 und 19 bei gänzlicher Zerstörung ohne Wiederherstellungsmöglichkeit und bei Teilschäden der Entschädigung zugrunde gelegt wird, sondern der höhere Betrag der mutmasslichen Wiederherstellungskosten, der nach § 19 a im Falle des Wiederaufbaues zu ersetzen ist. Als Versicherungssumme auf Grund des BVG sind somit die mutmasslichen Kosten des Wiederherstellung der versicherten Gebäude im Falle ihrer gänzlichen Zerstörung zu betrachten. Von ihnen ist die Stempelabgabe zu berechnen.
2. Demgegenüber vermögen die Argumente der Beschwerdeführerin, welche das Urteil vom 24. November 1961 kritisiert und seine Überprüfung verlangt, nicht durchzudringen.
a) Sie wendet sich vor allem dagegen, dass der Begriff der Versicherungssumme nach Art. 45 StG in Anlehnung an Art. 69 VVG ausgelegt wird, und macht geltend, die Übereinstimmung verstehe sich nicht von selbst, sondern solche Begriffe seien im Steuerrecht unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Bedeutung zu interpretieren, wenn sich dies aus steuerrechtlichen Überlegungen rechtfertige. Gerade das aber trifft hier nicht zu. Wie oben dargetan, verwendet Art. 45 StG den Begriff "Versicherungssumme" in bewusster Anlehnung an Art. 69 Abs. 1 VVG im Sinne der oberen Begrenzung der Versicherungsleistung und entspricht das auch seiner ratio legis. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das wirtschaftliche Interesse des Versicherungsnehmers komme in der Prämie zum Ausdruck, die neben dem Wert der versicherten Gegenstände auch die Höhe des Risikos berücksichtige. Nach Art. 45 StG ist jedoch bei der Feuerversicherung die Abgabe gerade nicht nach der Prämie, sondern allein nach dem in der "Versicherungssumme" ausgedrückten Wert der versicherten Gegenstände zu bemessen, und an diese gesetzliche Regelung ist das Bundesgericht gemäss Art. 114bis Abs. 3 BV gebunden.
Freilich will die Beschwerdeführerin nicht auf die Prämie selbst abstellen, sondern auf das - auf Grund der Schätzungen - "ausgewiesene Versicherungskapital", das zusammen mit dem in den vier Gefahrenklassen ausgedrückten Risiko für die Berechnung der Prämien dient. Sie hat es jedoch in der Hand, diese Berechnung durch Manipulierung ihrer beiden Faktoren zu steuern, indem z.B. eine Einschätzung zu Fr. 100'000.-- mit einem Prämiensatz von 1‰ das gleiche Resultat ergibt wie eine Einschätzung zu Fr. 200'000.-- mit einem Prämiensatz von 0,5‰. So könnte die Beschwerdeführerin, wenn ihrer Auffassung gefolgt würde, selbst bestimmen, von welchem Betrage die Abgabe zu bemessen sei. Verschiedene kantonale Brandversicherungsanstalten haben den Versicherungswert in unterschiedlicher Weise "stabilisiert": Bern auf 130%, Basel-Stadt auf 160%, Schaffhausen und Zug auf 200% des Vorkriegswertes. Nach dem von der Beschwerdeführerin befürworteten System hätten diese Anstalten - bei gleich hohen von ihnen zu ersetzenden Wiederherstellungskosten - entsprechend verschiedene Stempelabgaben zu entrichten und würden diejenigen mit "stabilisierten" Versicherungswerten gegenüber den übrigen und allen privaten Feuerversicherungen steuerlich bevorzugt. Aber auch abgesehen von dieser Erwägung stellt das "ausgewiesene Versicherungskapital" nicht die Höchstgrenze der Versicherungsleistung und damit nicht die Versicherungssumme im Sinne des Art. 45 StG dar.
b) Die Beschwerdeführerin weist weiter darauf hin, dass nach Art. 69 Abs. 1 VVG die Versicherungssumme die Haftung des Versicherers nur nach oben begrenzt, "soweit der Vertrag oder dieses Gesetz (Art. 70) nicht anders bestimmt", und dass es somit den Parteien freisteht, auf die Festsetzung einer Versicherungssumme überhaupt zu verzichten oder die Vergütung des vollen Wiederbeschaffungswertes auch für den Fall zu vereinbaren, dass er die festgesetzte Versicherungssumme übersteigen sollte. Nach dem BVG - dessen Ordnung an die Stelle der vertraglichen bei der Privatversicherung tritt - ist keine Versicherungssumme vorgesehen, wohl aber der Ersatz der Wiederherstellungskosten, falls diese höher sind als die Leistungen, die sich nach den §§ 18 und 19 auf Grund des Versicherungswertes ergeben würden. Damit ist die Versicherungsleistung im Falle des Wiederaufbaus auf den höchsten in Frage kommenden Wert festgesetzt, was - wie die Beschwerdeführerin zutreffend bemerkt - sowohl im Interesse der Eigentümer als auch im öffentlichen Interesse liegt (Erhaltung bzw. Wiederherstellung des Baubestandes, Schutz des Hypothekarkredites). Zugleich ist damit die obere Grenze der Versicherungsleistung festgelegt, die als Versicherungssumme zu betrachten ist. Wieso es sich in dieser Beziehung bei der öffentlichen Feuerversicherung anders verhalten sollte als bei der privaten, ist nicht einzusehen, da beide in gleicher Weise der Stempelabgabe unterliegen.
c) Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, sowohl das VVG als auch das StG verständen unter Versicherungssumme einen bestimmten oder doch ohne weiteres arithmetisch bestimmbaren Zahlenwert, und hieran fehle es bei den "mutmasslichen Wiederherstellungskosten". Ausser Zweifel steht, dass sich diese bei jedem einzelnen Gebäude, das - ganz oder teilweise - zerstört wurde und wieder aufzubauen ist, bestimmen lassen und nach Art. 19 a BVG auch bestimmt werden müssen. Schwieriger ist dagegen ihre Bestimmung für den ganzen Versicherungsbestand, die notwendig ist, um die Stempelabgabe danach zu berechnen. Sie beruht nicht, wie die Beschwerdeführerin kritisch bemerkt, auf einer mit dem Wesen der Versicherung nicht vereinbaren Vorstellung einer Zerstörung des gesamten Versicherungsbestandes, sondern dient lediglich der Berechnung der Abgabe, für welche das versicherte Vermögen und damit die - freilich theoretische - obere Grenze der Versicherungsleistung massgebend ist; das Risiko und die Frage der Schadenswahrscheinlichkeit hat damit nichts zu tun.
Das gleiche Problem stellte sich in dem am 24. November 1961 beurteilten Falle der bernischen Brandversicherungsanstalt: Da die obere Grenze der Haftung nicht von vornherein durch eine feste Versicherungssumme, sondern durch den jeweiligen Ersatzwert im Falle des Wiederaufbaus bestimmt war, war es schwierig, sie für den ganzen Versicherungsbestand zu berechnen. Die Schwierigkeit betraf zwei Grössen, den Baukostenindex und die Entwertung seit der letzten Einschätzung. Das Gericht holte deshalb zwei Gutachten ein, und die Experten stellten fest, dass sich beide Grössen für den gesamten Versicherungsbestand periodisch in einem Durchschnitt ermitteln lassen. Eine alljährliche Neubewertung jeder einzelnen versicherten Baute ist praktisch nicht durchführbar; doch genügt es zur Bestimmung der Versicherungssumme, dass sich sowohl der Baukostenindex als auch die Entwertung seit der letzten Einschätzung für den gesamten Versicherungsbestand periodisch in einem Durchschnitt feststellen lassen. Damit ist die zur Anwendung des Art. 45 StG erforderliche zahlenmässige Bestimmbarkeit der Versicherungssumme gegeben. Im heutigen Falle haben sich übrigens die Parteien dahin geeinigt, dass für den durchschnittlichen Wertabgang infolge Alters und Abnützung seit der letzten Einschätzung ein Abzug von 5% zu machen ist. Sie sind dagegen verschiedener Meinung über die andere zur Ermittlung der Wiederaufbaukosten erforderliche Grösse, den Baukostenindex, und namentlich über die Verwendung des Zürcher Baukostenindex.
3. Während sich die mutmasslichen Wiederherstellungskosten, die bei gänzlicher Zerstörung und Wiederaufbau eines bestimmten Gebäudes zu ersetzen sind, konkret ermitteln lassen, z.B. durch die Einholung von Unternehmerofferten, ist das nicht möglich für die - theoretischen - Kosten der Wiederherstellung des gesamten Versicherungsbestandes, die als Versicherungssumme der Stempelabgabe zugrunde zu legen sind. Daraus erklärt sich die im Jahre 1944 oder (nach der Darstellung der EStV) 1945 getroffene Vereinbarung der Parteien, wonach in den Jahren, in denen sich ein für den Versicherungsbestand repräsentativer Totalschaden tatsächlich ereignete und die dafür ausgerichtete Entschädigung die Schatzungssumme überstieg, die Mehrentschädigung auf das gesamte Versicherungskapital umzulegen und die sich daraus ergebende Mehrabgabe nachzuzahlen war. Diese Lösung führt aber nur für die genannten Jahre zu einem brauchbaren Ergebnis; doch bestimmt sich die Versicherungssumme auch dann, wenn keine Totalschäden eintreten, nach der oberen Grenze der in Frage kommenden Versicherungsleistung. Wie unbefriedigend jene Lösung ist, zeigt sich darin, dass in den Jahren 19571967 bei der BVA nur sechs Totalschäden eintraten, von denen sie einen einzigen als repräsentativ anerkennt. Nach ihrer These wäre die Stempelabgabe nur für eines dieser elf Jahre auf Grund der Versicherungssumme zu berechnen. Richtiger wäre es wohl, die Umlegung auf lückenlose Zeiträume vorzunehmen, z.B. hier auf die elf Jahre. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Berechnung der Abgabe für mehrere Jahre auf Grund eines einzigen Totalschadenfalles zu Zufallsergebnissen führen könnte und viel grössere Fehlerquellen enthielte als das Abstellen auf Durchschnittswerte, wie sie im Baukostenindex berücksichtigt werden. (Hier hat übrigens die BVA gerade in dem einen von ihr als repräsentativ anerkannten Fall die ersetzten Wiederaufbaukosten auf Grund des Zürcher Baukostenindex berechnet; würde die Abgabe für die elf Jahre auf dieser Grundlage nachbezahlt, so wäre das Ergebnis gleich wie nach dem angefochtenen Entscheid.)
Weil es sich darum handelt, die Wiederherstellungskosten für den gesamten Versicherungsbestand zu schätzen und ihre Abweichung von der Summe der Einschätzung festzustellen, drängt es sich auf, von dieser Summe auszugehen und den Baukostenindex zu berücksichtigen, der die Abweichung der Baukosten im Abgabejahr von denjenigen angibt, die den Einschätzungen zugrunde liegen. Auch diese sollen ja nach § 6 BVG auf den Baukosten beruhen, die allerdings seit 1949 - im Bestreben, alle Gebäudeschätzungen auf die gleiche Preisgrundlage zu stellen - einheitlich auf 160% der Vorkriegskosten "stabilisiert" wurden. Die Wiederaufbaukosten sind deshalb - wie das im Einspracheentscheid geschah - für jedes Abgabejahr nach folgender Formel zu berechnen:
(Stabilisierter Versicherungswert x Baukostenindex) / 160
(Sie entspricht der Formel, die - mit anderer Terminologie und dem Divisor 130 statt 160 - von der bernischen BVA zur Lösung des gleichen Problems aufgestellt und dem Urteil vom 24. November 1961 zugrunde gelegt wurde. Dass die baselstädtische BVA keine solche Vorschrift aufgestellt hat, ändert nichts daran, dass auch sie die Wiederherstellungskosten richtig, also nach der genannten Formel, zu berechnen hat.)
Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Zürcher Baukostenindex sei für die Berechnung der Wiederaufbaukosten ungeeignet, und sie werde durch seine Anwendung benachteiligt. Sie stützt sich dafür auf ein von ihr eingeholtes Gutachten des Basler Kantonsstatistikers Dr. Wunderle. Darin wird gegen jenen Index eingewendet, er gebe nur die eigentliche Verteuerung wieder, berücksichtige aber die Änderungen der Baumethoden nicht, die sich eher verbilligend auswirkten; immerhin wird auch festgestellt, dass er periodisch durch die Wahl neuer, moderner Indexhäuser an die veränderten Bauweisen angepasst wird. Die Kritik richtet sich nicht speziell gegen den Zürcher, sondern im Grunde gegen jeden Baukostenindex. Gegen die Verwendung des Zürcher Index selbst wendet sich die Behauptung der Beschwerdeführerin, in Zürich sei das Bauen teurer als in Basel; sie wird jedoch in keiner Weise untermauert, und die von der EStV angestellten Erhebungen über die Taglohntarife der Zürcher und Basler Fachverbände haben nur geringe Unterschiede - bald zugunsten des einen, bald des anderen Platzes - ergeben. Weder die Beschwerdeführerin selbst noch ihr Experte vermag eine Methode anzugeben, die zu richtigeren Resultaten führt. (Die Beschwerdeführerin hat das durch von ihr angestellte "Kontrollrechnungen" versucht, die aber von ihrem eigenen Experten ebenfalls abgelehnt werden.) Anderseits hat die Beschwerdeführerin bis zum jetzigen Streitfall den Zürcher Baukostenindex selbst vielfach verwendet. Namentlich hat sie in ihren Jahresberichten die "Haftungssumme" - die nichts anderes ist als die Versicherungssumme aller versicherten Bauten - jeweils anhand der Entwicklung dieses Index berechnet. Ferner hat sie sowohl bei der Einschätzung als auch bei der Ermittlung der Wiederaufbaukosten in konkreten Fällen auf den Zürcher Baukostenindex gegriffen, wenn keine anderen Mittel zur Verfügung standen. Dieses ihr Verhalten wie auch der Umstand, dass Anstalten anderer Kantone ohne eigenen Baukostenindex den Zürcher Index verwenden, spricht für dessen Brauchbarkeit für die Berechnung der Wiederaufbaukosten; diese ist ja nicht für jeden Einzelfall möglich, sondern muss generell für den ganzen Versicherungsbestand erfolgen und sich daher mit Durchschnittsresultaten begnügen.
Der Experte Wunderle bezeichnet "die Annahme, eine einzige Ziffer könne genügen, um den Vorkriegswert von Gebäuden der verschiedensten Bauperioden und der mannigfaltigsten Bauausführungen auf den jeweils gültigen Ersatzwert umzurechnen", als "besonders kühn". Das gilt in vermehrtem Masse für das Vorgehen der BVA, die den Versicherungswert sämtlicher Gebäude für alle Jahre ab 1949 einheitlich auf 160% der Vorkriegsbaukosten "stabilisiert" und gestützt darauf 20 Jahre lang die Stempelabgabe entrichtet hat. Es handelt sich darum, diese richtig zu berechnen, indem an die Stelle jenes Wertes die mutmasslichen Wiederherstellungskosten gesetzt werden. Indem die EStV durch die oben wiedergegebene Formel den Faktor 160 durch den jeweiligen Baukostenindex des Abgabejahres ersetzt hat, hat sie lediglich die notwendige Korrektur an der Berechnung der BVA vorgenommen.
Damit entfällt auch der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zum erstenmal erhobene Einwand, die Schätzungen der BVA hätten in Wirklichkeit nicht 160% der Vorkriegswerte, sondern mehr betragen. (Die BVA errechnet als Beispiel für das Jahr 1967 194,8%, indem sie die Kubikmeterpreise für dieses Jahr und für 1939 aus der jeweiligen Gesamtsumme der Schatzungen und dem Bauvolumen ermittelt und miteinander in Beziehung setzt. Die EStV führt verschiedene Gründe an, aus denen sich die Bauvolumen der Jahre 1939 und 1967 nicht miteinander vergleichen lassen. Wie es sich damit verhält, braucht nicht geprüft zu werden, da jene Rechnung ohnehin unerheblich ist.) Die Beschwerdeführerin hat nie bestritten, dass sie die Stempelabgabe auf Grund des auf 160% der Vorkriegsbaukosten "stabilisierten" Versicherungswertes entrichtet hat. Dass sie diesen bewusst niedrig gehalten hat, ergibt sich aus ihrem Jahresbericht 1963, wo sie auf S. 4 ausführt: "Mit der Einführung der Stabilisierung der Versicherungswerte im Jahre 1948 auf den jetzt noch geltenden Kostenindex von 160% wurde bewusst die bestehende Spanne zwischen der angenommenen Kostenbasis und dem damaligen Baukostenindex von 198% in Kauf genommen, in der Meinung, die Baukosten würden sich mit der Zeit sukzessive zurückbilden." Entsprechend niedrig waren die von ihr auf dieser Grundlage bezahlten Stempelabgaben.
Endlich weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass nach der Berechnungsmethode der EStV die von ihr zu leistenden Stempelabgaben in den Jahren 1957-1967 nicht weniger als 12,30-17,83% des Prämiensolls ausmachten; sie ist der Meinung, ein solches Missverhältnis zu den 5% der Barprämie, welche andere Versicherungszweige nach Art. 45 StG maximal zu entrichten hätten, lasse sich mit einer vernünftigen Gesetzesauslegung nicht vereinen. Dieser Vergleich geht jedoch fehl, weil das Gesetz bei der Feuerversicherung die Abgabe gewollt nicht von der Prämie berechnet. Wie richtig das ist, zeigt gerade das Beispiel der Beschwerdeführerin, die ihre Prämien dank ihren ausserordentlich niedrigen Schadenquoten besonders tief halten konnte. Nach ihrer eigenen Darstellung hat sie die Prämiensätze seit 1908 nie verändert und liegen ihre Schadenquoten ungefähr um die Hälfte unter dem schweizerischen Durchschnitt. Das dürfte auf den bei ihr vorliegenden besonderen Verhältnissen, insbesondere auf dem rein städtischen Charakter ihres Versicherungsbestandes, beruhen; nach ihren Angaben machen die Holzbauten, die ein erhöhtes Risiko darstellen, bei ihr weniger als 1% aus - gegenüber ca. 35% im Kanton Bern, wie im Gutachten Saxer festgestellt ist.
Aus diesen Gründen ist der Berechnungsmethode der EStV und der Verwendung des Zürcher Baukostenindex grundsätzlich zu folgen und der Hauptantrag der Beschwerdeführerin abzuweisen.