BGE 96 I 39 |
7. Urteil vom 4. Februar 1970 i.S. Trepp gegen Meliorationsgenossenschaft Hausmatten - Nufenen und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. |
Regeste |
Güterzusammenlegung; Willkür. |
Der Grundsatz, wonach das neuzugeteilte Land auch hinsichtlich der Fläche dem früheren Besitzstand zu entsprechen hat, gilt nur in der Regel und unter dem Vorbehalt, dass seiner Verwirklichung keine technischen Schwierigkeiten entgegenstehen. Lassen sich sachliche Gründe dafür anführen, einem Grundeigentümer eine erheblich geringere Fläche zuzuteilen, dann liegt eine Verletzung von Art. 4 BV nicht vor. |
Sachverhalt |
A.- Durch die Meliorationsgenossenschaft Hausmatten-Nufenen in Nufenen, Kt. Graubünden, wurde eine Güterzusammenlegung durchgeführt. Christian Trepp, Lehrer in Landquart, war vor der Zusammenlegung Eigentümer zweier im Meliorationsgebiet gelegener Grundstücke, nämlich der Parzelle Nr. 80 im Halte von 14,1 a, die in der Bauzone lag, und der Parzelle Nr. 75 im Halte von 29,7 a, die unmittelbar an die Bauzone der Gemeinde Nufenen angrenzte. Im Rahmen der Güterzusammenlegung Hausmatten-Nufenen wurde in einem ersten Zuteilungsentwurf vorgesehen, Trepp diese beiden Parzellen im wesentlichen in Form und Lage zu belassen. Die ausserhalb der Bauzone gelegene Parzelle Nr. 75 erfuhr eine gewisse Verschiebung; flächenmässig ergaben sich indessen keine wesentlichen Änderungen. Mit diesem Neuzuteilungsentwurf war Trepp einverstanden. Da die Einsprache eines anderen Grundeigentümers gutgeheissen wurde, musste der Entwurf abgeändert werden. Nach dem neuen Plan wurde Trepp nur noch eine einzige Parzelle, Nr. 66.1, im Halte von 26,09 a zugeteilt, die vollständig innerhalb der Bauzone liegt, ungefähr am gleichen Ort wie die alte Parzelle Nr. 80, deren Grundfläche sie zu einem erheblichen Teil einschliesst.
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B.- Gegen den abgeänderten Neuzuteilungsplan erhob Trepp beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden Rekurs. Er machte geltend, durch die Abänderung des Neuzuteilungsentwurfes habe sich seine Bodenfläche um 60% verringert. Er könne das nicht akzeptieren, da es ihm genügt habe, innerhalb der Bauzone ein einziges Grundstück, nämlich die Parzelle Nr. 80 im Halte von zirka 14 a, zu besitzen. Er verlange daher, dass seine Zuteilung gemäss dem ersten Entwurf wiederhergestellt werde. Das Verwaltungsgericht wies den Rekurs am 9. April 1969 ab, im wesentlichen mit folgender Begründung: Die Bodenfläche des Rekurrenten habe unter dem alten Zustand insgesamt 43,8 a umfasst, wovon sich 29,7 a ausserhalb und 14,1a innerhalb der Bauzone der Gemeinde befunden hätten. Nach dem abgeänderten Neuzuteilungsplan mache die dem Rekurrenten zugewiesene Bodenfläche nur noch 26,09 a aus, also rund 60% des ursprünglichen Bestandes. Dafür sei die ganze Fläche in einer Parzelle vereinigt, die in der Bauzone und in unmittelbarer Nähe des Dorfes liege. Der Rekurrent wolle mehr Boden, und zwar ausserhalb der Bauzone, zugeteilt erhalten, offenbar in der Annahme, dass dieses Land später ebenfalls in die Bauzone einbezogen werde. Dieses an sich verständliche Bestreben des Rekurrenten könne nicht geschützt werden. Wie von den an der Güterzusammenlegung beteiligten Organen dargetan worden sei, habe sich die jetzige Zuteilung aus verschiedenen schwerwiegenden Gründen aufgedrängt. Eine neuerliche Änderung im Sinne der Rekursbegehren liesse sich nicht verwirklichen, ohne dass der ganze Zuteilungsplan im wesentlichen hinfällig würde. Dem Rekurrenten, der selber keinen Landwirtschaftsbetrieb führe, sondern in Landquart als Lehrer tätig sei, könne es zugemutet werden, eine Verkleinerung der Bodenfläche in Kauf zu nehmen, wenn er dafür eine durchaus gleichwertige, erschlossene Bauparzelle erhalte. Der Einwand des Rekurrenten, bei einer Überbauung wäre der durch das zugeteilte Grundstück verlaufende Kanalisationsstrang hinderlich, sei nicht stichhaltig.
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C.- Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 9. April 1969 hat Christian Trepp gestützt auf Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Deren Begründung ergibt sich, soweit erforderlich, aus den nachfolgenden Erwägungen.
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D.- Das Verwaltungsgericht des Kts. Graubünden und die Meliorationsgenossenschaft Hausmatten-Nufenen beantragen Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
2. Nach den Grundsätzen, wie sie für Güterzusammenlegungsverfahren gelten, soll ein Grundeigentümer in der Regel bei der Neuzuteilung Land erhalten, das in qualitativer und quantitativer Hinsicht seinem ursprünglichen Grundbesitz entspricht, soweit sich das unter Berücksichtigung der technischen Erfordernisse des Unternehmens bewerkstelligen lässt. In diesem Rahmen steht den für die Zuteilung zuständigen Behörden ein weiter Spielraum des Ermessens zu. Hat das Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde zu beurteilen, die in einer Güterzusammenlegungssache wegen Willkür erhoben wird, so kann es darüber nicht wie eine Art Oberverwaltungsgericht befinden. Es urteilt vielmehr als Staatsgerichtshof, dessen Prüfungsbefugnis nicht so weit reicht. Dazu kommt, dass das Bundesgericht bei Beschwerden solcher Art nur mit Zurückhaltung eingreift, und das aus zwei Gründen: Zunächst hängt die Lösung, welche die kantonalen Instanzen getroffen haben, in weitem Mass von den örtlichen Verhältnissen ab, die sie kennen und demnach besser zu würdigen in der Lage sind als das Bundesgericht. Zudem kann - wie es hier zuträfe - die Aufhebung eines Entscheides, der einen einzelnen Grundeigentümer betrifft, weitgehende Wirkungen haben und die kantonalen Behörden dazu zwingen, über die Neuzuteilung im Gesamten oder doch zum grossen Teil neu zu befinden, was beträchtliche Kosten und erheblichen Zeitaufwand verursachen kann. Wenn die kantonalen Behörden bei der Neuzuteilung nicht einem offenbaren Irrtum verfallen sind, beschränkt sich deshalb das Bundesgericht grundsätzlich darauf, die Zuteilung eines bestimmten Grundstücks im Rahmen des ganzen Unternehmens zu würdigen und zu prüfen, ob der Beschwerdeführer bei einem Vergleich zwischen dem alten und dem neuen Besitzstand hinsichtlich Zusammensetzung, Fläche und Wert des Bodens eine solche Änderung auf sich nehmen musste, dass elementare Regeln des Güterzusammenlegungsrechts als verletzt erscheinen und sich der Beschwerdeführer unzweifelhaft in einer Lage befindet, die mit dem Gesetz in völligem Widerspruch ist und sich vernünftigerweise nicht begründen lässt (BGE 90 I 289 /90, BGE 85 I 90 mit Hinweis auf frühere Urteile, nicht veröffentlichte Entscheide vom 16. Oktober 1968 i.S. Dr. Böni und Elsa und Eduard Probst).
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Das einzige Grundstück, welches dem Beschwerdeführer zugeteilt wurde, entspricht dem Flächenmass nach nicht dem Grundbesitz, der ihm vor der Güterzusammenlegung zustand. Die frühere Grundstückfläche machte 43,8 a aus, die neue umfasst 26,09 a, also nur 60% des ursprünglichen Bestandes. Das steht an sich nicht im Einklang mit dem für Güterzusammenlegungen geltenden Grundsatz, dass bei einer Neuzuteilung einem Grundeigentümer nicht nur in qualitativer, sondern auch in quantitativer Hinsicht dem alten Besitzstand entsprechendes Land zuzuweisen ist. Dieser Grundsatz gilt aber, wie sich aus der erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichts ergibt, nicht schlechthin, sondern nur in der Regel und unter dem Vorbehalt, dass seiner Verwirklichung keine technischen Hindernisse entgegenstehen. Es ist deshalb zu prüfen, ob es sachliche Gründe zu rechtfertigen vermochten, dem Beschwerdeführer eine erheblich geringere Grundfläche zuzuteilen. Dabei ist vorweg zu erwägen, dass der Beschwerdeführer im Ausgleich für die flächenmässige Differenz zwischen altem und neuem Besitzstand nicht etwa mit einer Geldentschädigung abgefunden wurde. Hätte der Beschwerdeführer wegen der Differenz der Bodenflächen in erheblichem Mass statt des Landes Geld entgegennehmen müssen, hätte eine solche Lösung Bedenken gerufen, da der Geldausgleich im Zusammenlegungsverfahren grundsätzlich in möglichst engen Grenzen gehalten werden soll (vgl. das erwähnte Urteil vom 16. Oktober 1968 i.S. Dr. Böni). Das Land, welches dem Beschwerdeführer zugeteilt wurde, ist aber trotz der geringern Grundfläche dem frühern Besitzstand gleichwertig, sodass praktisch kein Geldausgleich nötig war, was offensichtlich darauf zurückgeführt werden muss, dass sich der neue Besitz in der Form einer geschlossenen, gut überbaubaren Parzelle vollständig innerhalb der Bauzone befindet, während der frühere Besitz zum weitaus grössern Teil ausserhalb dieser Bauzone lag. Der Beschwerdeführer behauptet denn auch nicht, dass das neu zugeteilte Land wertmässig nicht dem alten Besitzstand entspräche; er macht vielmehr eine Schädigung - mit wenig überzeugender Begründung - bloss unter dem Gesichtspunkt der landwirtschaftlichen Nutzung des Bodens geltend. Es ist nicht zu verkennen, dass dem Beschwerdeführer innerhalb des Baugebietes und in Dorfnähe ein Grundstück zugeteilt wurde, das mehr als doppelt so gross ist als das frühere Grundstück Nr. 80, welches vor der Zusammenlegung dem Beschwerdeführer gehörte und innerhalb der Bauzone lag. Längs der Ostgrenze verläuft zudem ein öffentlicher Weg, und der Beschwerdeführer hält die vor den kantonalen Instanzen vorgebrachte Behauptung, die Kanalisationsleitung stelle ein Hindernis für die Überbauung dar, im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mehr aufrecht, sodass davon auszugehen ist, dem Beschwerdeführer stehe ein für die Erstellung einer Baute gut geeignetes Grundstück zur Verfügung. Dass ihm in dieser Weise unter Reduktion der Bodenfläche eine als Bauland wertvollere Parzelle zugewiesen wurde, lässt sich auch damit rechtfertigen, dass er selber nicht Landwirtschaft betreibt, sondern in Landquart als Lehrer tätig ist. Indem die kantonalen Instanzen das berücksichtigten, haben sie den Beschwerdeführer nicht rechtsungleich behandelt, was er denn auch selber nicht behauptet. Es ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt, bei einer Güterzusammenlegung einem Nichtlandwirt in vermehrtem Mass Bauland zuzuweisen als einem Landwirt, dem viel mehr an einer möglichst grossen landwirtschaftlich nutzbaren Bodenfläche gelegen ist als an einer kleinern Landfläche, mag sie auch ihres Baulandcharakters wegen wertvoller sein. Es mag dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer an der Zuteilung des Landes ausserhalb der Bauzone deshalb interessiert ist, weil es sich um von seinem Vater ererbten Grund und Boden handelt, oder deshalb, weil er, wie das Verwaltungsgericht vermutet, annimmt, dieses Land werde später einmal auch in die Bauzone einbezogen werden. In jedem Fall lässt sich eine so erhebliche Reduktion der Bodenfläche, wie sie hier erfolgte, nur rechtfertigen, wenn dafür sachliche Gründe ins Feld geführt werden können. Gegen die Zuteilung des Grundstücks 86.3 N, wie sie im Neuzuteilungsentwurf vorgesehen war, wurde eine Einsprache erhoben, die sich, vor allem wegen des zu geringen Strassenanstosses, als begründet erwies. Es waren zudem, wie sich aus der Vernehmlassung der Schätzungskommission ergibt, bei der Änderung des Neuzuteilungsentwurfes andere wesentliche Punkte zu berücksichtigen, sodass eine Änderung der ursprünglich vorgesehenen Zuteilung an den Beschwerdeführer als sachlich begründet erscheint. Er beschränkt sich denn auch darauf, die Wiederherstellung des ursprünglichen Zuteilungsentwurfes zu verlangen, ohne zu sagen, auf welche Weise derart eine Lösung gefunden werden könnte, die auch den Interessen der andern Grundeigentümer, vor allem des Eigentümers des Grundstücks Nr. 86.3 N, in genügender Weise Rechnung tragen würde. Wie das Bundesgericht in einem früheren Urteil ausgeführt hat, muss sich im Güterzusammenlegungsverfahren jeder Grundeigentümer mit gewissen Unterschieden zwischen altem und neuem Besitzstand bezüglich Beschaffenheit und Lage abfinden (BGE 90 I 290). Es ist verständlich, dass sich der Beschwerdeführer gegen die Reduktion der ihm zugeteilten Bodenfläche zur Wehr setzt. Angesichts der Tatsachen, dass ihm innerhalb der Bauzone ein dem alten Besitzstand gleichwertiges, gut überbaubares Grundstück zugewiesen wurde, dass er als Nichtlandwirt auf Grundbesitz ausserhalb der Bauzone weniger angewiesen ist und dass sich infolge einer begründeten Einsprache die Änderung des ursprünglichen Neuzuteilungsentwurfes aufdrängte, lässt sich nicht sagen, die kantonalen Instanzen hätten bei der Neuzuteilung ihr Ermessen missbraucht und ihr Entscheid sei geradezu willkürlich. Ob bei freier Prüfung die Zuteilung an den Beschwerdeführer als angemessen erschiene, hat das Bundesgericht, wie ausgeführt, nicht zu entscheiden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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