BGE 96 I 663
 
100. Auszug aus dem Urteil vom 23. Oktober 1970 i.S. H. gegen Rekurskommission des Kantons Bern.
 
Regeste
Wehrsteuer vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit (Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB).
 
Sachverhalt
A.- Der Angestellte H., der Beschwerdeführer, wurde am 18. Mai 1962 kraft Erbrechts zu einem Drittel Eigentümer eines Grundstücks von 6466 m2, das unmittelbar neben dem von ihm erbauten und bewohnten Einfamilienhaus liegt. Am 1. Januar 1963 erhielt er durch Erbteilung einen weiteren Sechstel, so dass er und sein Bruder je zur Hälfte Miteigentümer des geerbten Grundstücks wurden. Der Bruder verkaufte dann seinen Anteil dem Architekten S. Dieser und der Beschwerdeführer erschlossen und parzellierten ihr Grundstück. In den Jahren 1965 und 1966 verkauften sie zwei Parzellen mit Gewinn. Über ihre gemeinsamen Vorkehren führte ein von S. beauftragter Bücherexperte gesondert Buch.
B.- Bei der Veranlagung des Beschwerdeführers für die Wehrsteuer der 14. Periode (Berechnungsjahre 1965/66) wurde sein Anteil an dem durch den Verkauf der beiden Parzellen erzielten Gewinn als Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB erfasst. Dafür wurde ein Betrag von Fr. 18'627.-- (Durchschnitt der Berechnungsjahre) eingesetzt. Im Einspracheentscheid wurde die Anrechnung des Gewinns bestätigt und das steuerbare Einkommen auf Fr. 28'900.-- festgesetzt.
Der Steuerpflichtige focht die Besteuerung des Liegenschaftsgewinns durch Beschwerde bei der kantonalen Rekurskommission an. Diese wies die Beschwerde am 24. April 1970 ab. Sie führte aus, der Steuerpflichtige habe sich den Gewinn durch gewerbsmässige Tätigkeit verschafft. Er habe seinen Anteil an dem Grundbesitz bei der Erbteilung erhöhen lassen und sich anschliessend an der vom Miteigentümer S. durchgeführten Parzellierung und Erschliessung des Grundstücks beteiligt. Das sei ein planmässiges, auf Gewinnerzielung gerichtetes Vorgehen.
C.- Gegen den Entscheid der Rekurskommission erhebt H. Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, das steuerbare Einkommen sei auf Fr. 10'400.-- herabzusetzen. Er macht geltend, der von ihm erzielte Liegenschaftsgewinn unterliege der Wehrsteuer für Einkommen nicht. Er habe den Gewinn nicht durch Erwerbstätigkeit erlangt, sondern im Rahmen einer sorgfältigen Verwaltung geerbten Privatvermögens.
D.- Die kantonalen Behörden und die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen die Abweisung der Beschwerde.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Annahme, dass ein beim Verkauf einer Liegenschaft erlangter Gewinn auf einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen beruht, kann sich aus der Häufung von Grundstückkäufen und- verkäufen oder aus anderen Umständen ergeben, insbesondere aus dem Zusammenhang mit einer selbständigen Berufstätigkeit des Pflichtigen als Architekt, Baumeister und dgl. Sie ist auch bei vereinzelten Verkäufen, die nicht mit einer derartigen Betätigung des Steuersubjektes zusammenhängen, nicht ausgeschlossen. In solchen Fällen ist sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gerechtfertigt, wenn der Gewinn das Ergebnis einer Tätigkeit des Steuerpflichtigen ist, die nach Art und Umfang dem Vorgehen eines Liegenschaftenhändlers gleichgestellt werden kann. Wie das Bundesgericht entschieden hat, kann auf eine Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen auch allein schon daraus geschlossen werden, dass er sich für ein bestimmtes Grundstückgeschäft in einer einfachen Gesellschaft mit einer Person verbindet, die sich in Ausübung ihres Berufes beteiligt und die Geschäftsführung für gemeinsame Rechnung im Einvernehmen mit ihm besorgt (BGE 96 I 658 E. 2).
a) Niemand behauptet, dass der Beschwerdeführer ausser den Verkäufen geerbten Grundbesitzes noch andere gewinnbringende Grundstückgeschäfte getätigt habe. Allerdings wurde jener Besitz nicht als Ganzes verkauft; vielmehr wurden zunächst zwei Parzellen veräussert, und offenbar wurden weitere Verkäufe von Parzellen in Aussicht genommen. Indessen liegt auf seiten des Beschwerdeführers nicht eine Häufung von Grundstückgeschäften vor, wie sie für die Tätigkeit eines Liegenschaftenhändlers charakeristisch ist. Ein Grundeigentümer überschreitet den Rahmen dessen, was ein umsichtiger Vermögensverwalter vorzukehren pflegt, nicht schon dadurch, dass er sein Land stückweise verkauft, um einen höheren Preis als bei gesamthafter Veräusserung erzielen zu können. Daher muss angenommen werden, dass man es hier mit einem vereinzelten Grundstückgeschäft des Beschwerdeführers zu tun hat. Dieses Geschäft hängt auch nicht mit dem vom Beschwerdeführer ausgeübten Beruf zusammen.
b) Der Beschwerdeführer hat seinen Anteil an dem in Frage stehenden Grundbesitz durch Erbgang erworben, also nicht durch Kauf mit der Absicht, einen Gewinn zu erzielen. Die kantonale Rekurskommission und die eidgenössische Steuerverwaltung sind der Meinung, dies sei belanglos, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Verhältnisse im Zeitpunkt der Realisierung des Gewinns massgebend seien. Das von ihnen zitierte Urteil (ASA 33 44) hat jedoch nicht die Tragweite, die sie ihm zuschreiben. Es betrifft einen Liegenschaftenhändler, der behauptete, er habe den bei einem seiner Verkäufe erzielten Gewinn nicht zu versteuern, weil er das Grundstück für private Zwecke erworben habe; er hatte es aber schliesslich zu Geschäftsvermögen gemacht und als solches, im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit, weiterveräussert, wodurch die Steuerpflicht für den Gewinn begründet wurde (im gleichen Sinne: ASA 30 374; BGE 82 I 174). Hier verhält es sich anders; denn der Beschwerdeführer hat die vereinzelten Verkäufe, um die es sich handelt, nicht in Ausübung seines Berufes getätigt. In einem solchen Fall ist der Umstand, dass der Steuerpflichtige das Grundstück im Erbgang erworben hat, nicht ohne Bedeutung; dann liegt es in der Regel besonders nahe anzunehmen, dass der beim Verkauf erzielte Gewinn im Rahmen gewöhnlicher Vermögensverwaltung oder in Ausnützung einer zufälligen Gelegenheit, ohne eigentliche Erwerbstätigkeit, erlangt worden ist.
Allerdings ist H. bei der Eröffnung des Erbganges nur zu einem Drittel Eigentümer des zur Erbschaft gehörenden Grundstücks geworden; einen weiteren Sechstel hat er erst bei der Erbteilung erhalten. Aber auch diesen Sechstel hat er geerbt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er sich ihn durch eine auf Gewinn gerichtete Tätigkeit verschafft hat.
c) Die kantonale Rekurskommission und die eidgenössische Steuerverwaltung legen Gewicht darauf, dass H. und S. das Grundstück in Parzellen aufgeteilt und erschlossen haben. Die Parzellierung und die Erschliessung von Liegenschaften können jedoch Akte blosser Vermögensverwaltung sein (ASA 27 177). Im vorliegenden Fall besteht kein Grund zur Annahme, diese Massnahmen seien mit derart intensiven Bemühungen verbunden gewesen und hätten den Wert des Landes dermassen beeinflusst, dass von einer eigentlichen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers gesprochen werden müsste. Davon kann umsoweniger die Rede sein, als das geerbte Grundstück unmittelbar neben dem vom Beschwerdeführer erstellten und bewohnten Einfamilienhaus liegt; denn als Nachbar hatte er ein persönliches Interesse an der Art der Aufteilung des anstossenden Landes. Wohl dürfte er auch erwogen haben, dass er das Land nach der Parzellierung und Erschliessung zu günstigeren Bedingungen werde verkaufen können; doch lässt dies noch nicht auf eine Erwerbstätigkeit schliessen. Erwerbseinkommen läge allenfalls vor, wenn der Beschwerdeführer für die Finanzierung seines Anteils an den Kosten der Parzellierung und Erschliessung bedeutende fremde Mittel in Anspruch genommen hätte (vgl. BGE 92 I 122). Nichts deutet jedoch darauf hin, dass er das getan hat.
d) Ferner sind die Behörden der Meinung, der Beschwerdeführer müsse sich seinen Anteil am Verkaufsgewinn schon deshalb als Erwerbseinkommen anrechnen lassen, weil er sich für das Geschäft mit dem Architekten S. verbunden und sich dessen berufliche Tätigkeit zunutze gemacht habe. Sie verweisen auf die oben (E. 1 am Ende) erwähnte Rechtsprechung des Bundesgerichts, welche die einfache Gesellschaft betrifft. Hier verhält es sich jedoch anders als in den Fällen, auf die sich diese Rechtsprechung bezieht. Der Beschwerdeführer hat nicht von sich aus ein Miteigentumsverhältnis zum Architekten S. begründet. Diese Beziehung ist unabhängig von seinem Willen entstanden, nämlich dadurch, dass sein Bruder seinen Eigentumsanteil dem Architekten abgetreten hat. Gewiss hätte der Beschwerdeführer alsbald die Aufhebung des Miteigentums verlangen können (Art. 650 f. ZGB), doch hätte er damit nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge seine Interessen eher beeinträchtigt als gefördert. Indem er die Verbindung mit dem Architekten aufrechterhielt und gemeinsam mit ihm vorging, blieb er im Rahmen einer sorgfältigen Verwaltung seines Vermögens. Diesen Rahmen überschritt er auch dadurch nicht, dass er über die gemeinschaftlichen Vorkehren durch den von S. beauftragten Bücherexperten gesondert Buch führen liess (vgl.BGE 70 I 259f.).
e) Die Würdigung der gegebenen Umstände führt zum Schluss, dass der Gewinn, den der Beschwerdeführer durch den Verkauf zweier Parzellen erzielt hat, nicht Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB darstellt. Das steuerbare Einkommen des Beschwerdeführers ist gemäss seinem Antrag herabzusetzen.