BGE 122 I 294 |
39. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. September 1996 i.S. Erbengemeinschaft Marcuard gegen Yvonne Hausammann, Einwohnergemeinde Muri, Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern sowie Verwaltungsgericht des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde) |
Regeste |
Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Streitigkeit über "zivilrechtliche Ansprüche" in der Nutzungsplanung. |
Sachverhalt |
Im kommunalen Zonenplan aus dem Jahre 1973 war das gesamte Gebiet Aarwil der Landhauszone zugewiesen mit der Auflage, dass eine Überbauung nicht vor 1987 erfolgen dürfe. 1980 wurde das Gebiet einer Zone mit besonderen Vorschriften zugewiesen und im Einvernehmen mit den Eigentümern mit einem Bausperrvertrag belegt. Im Rahmen der ersten Etappe der Ortsplanungsrevision erfolgte im Jahre 1990 die Einweisung von rund 1,3 ha des Gebiets Aarwil in ein Ortsbildschutzgebiet; für die übrige Fläche wurde eine Landwirtschaftszone festgelegt. Eine Beschwerde der Erbengemeinschaft Marcuard gegen diese Festsetzungen wurde vom Regierungsrat des Kantons Bern am 5. März 1991 mit Rücksicht auf die in der Gemeinde hängige zweite Etappe der Ortsplanungsrevision sistiert.
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An der Urnenabstimmung vom 6. Juni 1993 verabschiedeten die Stimmberechtigten der Einwohnergemeinde Muri die zweite Etappe der Ortsplanungsrevision. Im Gebiet Aarwil wurde für eine Teilfläche entlang des angrenzenden, bereits überbauten Gebiets eine Bauzone mit der Bezeichnung "Zone mit Planungspflicht Aarwil" festgesetzt. Am 20. Juli 1994 genehmigte das kantonale Amt für Gemeinden und Raumordnung die Zonenordnung und wies die Einsprache von Yvonne Hausammann - mit ihrer Parzelle Nr. 1126 direkte nördliche Anstösserin der neu ausgeschiedenen "Zone mit Planungspflicht Aarwil" - als unbegründet ab.
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Gegen diese Plangenehmigung wehrte sich Yvonne Hausammann mit Erfolg bei der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern, welche deren Beschwerde am 17. Oktober 1995 guthiess und der Einzonung der "Zone mit Planungspflicht Aarwil" die Genehmigung verweigerte. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern trat auf eine Beschwerde der Erbengemeinschaft Marcuard gegen den Nichtgenehmigungsentscheid der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion mit Urteil vom 6. Februar 1996 nicht ein, weil es sich bei der umstrittenen Nichteinzonung nicht um einen Fall handle, für welchen Art. 6 Ziff. 1 EMRK "die Beurteilung durch ein unabhängiges Gericht verlange" (Art. 61a Abs. 3 lit. a des kantonalen Baugesetzes vom 9. Juni 1985; BauG).
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Aus den Erwägungen: |
a) Wird mit einer staatsrechtlichen Beschwerde eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK geltend gemacht, so prüft das Bundesgericht vorerst die Auslegung und Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts auf Willkür. Mit freier Kognition beurteilt es daraufhin, ob die als vertretbar erkannte Auslegung des kantonalen Prozessrechts mit den Garantien nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbar ist (BGE 114 Ia 50 E. 2b S. 52; BGE 117 Ia 170 E. 1, mit Hinweisen).
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b) Bei der Überprüfung von Zonenplänen ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts unter Umständen möglich, dass das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde eine Art. 6 Ziff. 1 EMRK genügende richterliche Kontrolle erlaubt (BGE 120 Ia 19 E. 4c S. 30; BGE 119 Ia 411 E. 5 S. 419 ff.; BGE 117 Ia 497 E. 2c-e S. 501 ff.; Urteil des Bundesgerichts vom 11. November 1992 in ZBl 94/1993, S. 476). Diese Rechtsprechung, die auf das in BGE 117 Ia 497 ff. publizierte Urteil betreffend die Gemeinde Oberschrot zurückgeht, steht nach der Praxis der Strassburger Organe mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK im Einklang (VPB 58/1994 Nr. 102; Entscheid der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 11. April 1996 i.S. Fondation Croix-Etoile c. Suisse zur Publikation bestimmt in VPB 60/1996, Heft IV).
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Im vorliegenden Verfahren geht es nicht um die nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK allenfalls erforderliche materielle Prüfung der Angelegenheit durch das Bundesgericht, da der Sachentscheid der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion vom 17. Oktober 1995 damals nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde, sondern lediglich mit kantonaler Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten wurde. Dieses Rechtsmittel ist, wie das Verwaltungsgericht willkürfrei darlegt, nach Art. 61a Abs. 3 lit. a BauG zulässig, wenn Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf die Streitsache Anwendung findet.
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Es ist somit vorliegend mit freier Kognition (s. vorne E. 2a) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf den Nichtgenehmigungsentscheid der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion vom 17. Oktober 1995 zu Recht verneint hat.
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a) Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Urteil aus, die Strassburger Organe wendeten Art. 6 Ziff. 1 EMRK im Bereich der Raumplanung dann an, wenn die von einer Planung betroffenen Grundeigentümer konkrete Beschränkungen bestehender Nutzungsrechte oder mit der Plangenehmigung verbundene Rechtsverluste beanstandeten (RUTH HERZOG, Art. 6 EMRK und kantonale Verwaltungsrechtspflege, Bern 1995, S. 139 ff., insbes. S. 142, 148). Im vorliegenden Verfahren stehe indessen nicht ein Fall zur Diskussion, in welchem der Entscheid der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion über die Nutzungsplanfestsetzung für die betroffenen Grundeigentümer Nutzungseinbussen oder Rechtsverluste zur Folge habe. Die Beschwerdeführer würden denn auch selbst nicht behaupten, das Gebiet Aarwil habe in den vergangenen Jahrzehnten jemals baureifes Land im enteignungsrechtlichen Sinn dargestellt. Eine Nichteinzonung ohne (materielle) Enteignungswirkung wie sie hier vorliege, sei in der Strassburger Praxis jedoch noch nie als Tatbestand, der zivilrechtliche Ansprüche im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK berühre, betrachtet worden. Auch die bundesgerichtliche Praxis habe sich bisher an die Rechtsprechung der Strassburger Organe gehalten und die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK im Zusammenhang mit Nichteinzonungsfällen noch nie ausdrücklich bejaht.
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Sollten - so das Verwaltungsgericht weiter - nicht mehr nur konkrete Einbussen bestehender Nutzungsrechte bzw. Rechtsverluste, sondern auch (theoretisch) mögliche Nutzungsmehrungen, auf welche in der schweizerischen Planungsrechtsordnung kein materieller Rechtsanspruch bestehe, als individuelle vermögenswerte Interessen bzw. als zivilrechtliche Ansprüche im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK anerkannt und der daraus fliessenden Rechtsweggarantie unterstellt werden, so bedinge dies einen Paradigmenwechsel im schweizerischen Planungsrechtsverständnis. Art. 6 Ziff. 1 EMRK dürfe indessen nicht als "Hebel" verwendet werden, um neue innerstaatliche Ansprüche zu schaffen (MARK E. VILLIGER, Probleme der Anwendung von Art. 6 Abs. 1 EMRK auf verwaltungs- und sozialgerichtliche Verfahren, in AJP 2/95 S. 163 ff., MARK E. VILLIGER, Handbuch der EMRK, 1993, S. 225 Rz. 377; ferner HEINER WOHLFAHRT, in AJP 11/95 S. 1421 ff.). Die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf den Nichtgenehmigungsentscheid der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion vom 17. Oktober 1995 sei deshalb zu verneinen.
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b) Dem vorliegenden Verfahren liegt ein Entscheid der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion vom 17. Oktober 1995 zugrunde, mit welchem die von den Stimmberechtigten der Einwohnergemeinde Muri an einer Urnenabstimmung verabschiedete und vom kantonalen Amt für Gemeinden und Raumordnung genehmigte zweite Etappe der kommunalen Ortsplanungsrevision in bezug auf die Festsetzung einer Bauzone mit Planungspflicht im Gebiet Aarwil nicht genehmigt wurde. Es ist unbestritten, dass mit der zweiten Etappe der Ortsplanungsrevision von Muri eine Begrenzung der Bauzone auf das in Art. 15 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700) vorgesehene Mass angestrebt wurde und dass der Nutzungsplan erst mit der Genehmigung durch die zuständige kantonale Behörde verbindlich wird (Art. 26 RPG, Art. 61 BauG). Der Genehmigungsentscheid des Amts für Gemeinden und Raumordnung unterliegt nach Art. 61a Abs. 1 BauG der Beschwerde an die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion, die über die Plangenehmigung unter Vorbehalt der Beschwerde an das Verwaltungsgericht endgültig entscheidet. Die vom kantonalen Amt für Gemeinden und Raumordnung genehmigte Festsetzung der "Zone mit Planungspflicht Aarwil" wurde aufgrund des Nichtgenehmigungsentscheids der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion nicht verbindlich im Sinne von Art. 26 Abs. 3 RPG. Insoweit kann auch dem Verwaltungsgericht darin zugestimmt werden, dass es sich vorliegend nicht um eine Auseinandersetzung über konkrete Einbussen bestehender Nutzungsrechte bzw. Rechtsverluste handelt. Den Beschwerdeführern stand mangels rechtlicher Verbindlichkeit der "Zone mit Planungspflicht Aarwil" jedenfalls noch kein konkreter Rechtsanspruch auf eine dieser Planfestsetzung entsprechende Grundstücksnutzung zu. Dies wird im wesentlichen auch nicht bestritten.
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c) Die Beschwerdeführer vertreten indessen die Ansicht, es bedürfe aufgrund von Art. 6 Ziff. 1 EMRK einer gerichtlichen Überprüfung, ob die "Zone mit Planungspflicht Aarwil" von der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion zu Recht nicht genehmigt wurde. Sie machen geltend, es handle sich entgegen den Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht um eine Streitigkeit über bloss theoretisch mögliche Nutzungsmehrungen, sondern um eine ernsthafte Auseinandersetzung über bauliche Nutzungsmöglichkeiten, die von den Stimmberechtigten der Einwohnergemeinde Muri festgelegt und vom kantonalen Amt für Gemeinden und Raumordnung in erster Instanz genehmigt worden seien. Erst die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion habe die "Zone mit Planungspflicht Aarwil" auf Beschwerde einer Nachbarin hin nicht genehmigt. Damit liege hier eine Streitigkeit über die den Grundeigentümern im Gebiet der "Zone mit Planungspflicht Aarwil" zustehenden Grundstücksnutzungen und folglich über ihre konkreten individuellen zivilrechtlichen Ansprüche im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK vor.
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d) Weder das Bundesgericht noch die Strassburger Organe haben die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK in bezug auf Streitigkeiten über öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkungen generell auf Fälle beschränkt, in welchen konkrete Einbussen bestehender Nutzungsrechte bzw. Rechtsverluste zur Diskussion stehen. Zwar ist dem Verwaltungsgericht darin zuzustimmen, dass die Mehrheit der Angelegenheiten, in denen die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK bejaht wurde, Anordnungen betrafen, die eine Beschränkung bestehender Nutzungsrechte bewirkten (s. ANDREAS KLEY-STRULLER, Der Anspruch auf richterliche Beurteilung "zivilrechtlicher Streitigkeiten" im Bereich des Verwaltungsrechts sowie von Disziplinar- und Verwaltungsstrafen gemäss Art. 6 EMRK, in AJP 1/1994, S. 23 ff., insbes. S. 29 mit Hinweisen). Dies bedeutet jedoch nicht, dass in allen Fällen, die nicht direkt einen Verlust von bestehenden Nutzungsrechten zum Gegenstand haben, das Vorliegen einer Streitigkeit über zivilrechtliche Ansprüche im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK verneint werden müsste. So hat das Bundesgericht in BGE 120 Ib 136 ff. und in BGE 120 Ib 224 ff. hervorgehoben, dass ein Anspruch des Grundeigentümers auf umfassenden gerichtlichen Rechtsschutz auch bei drohender materieller Enteignung besteht (vgl. weiter BGE BGE 118 Ia 372 E. 6 S. 381 ff.; BGE 119 Ia 88 E. 4b S. 94 und die Übersicht über die Rechtsprechung in diesem Urteil E. 3b S. 92 f. sowie in BGE 120 Ia 209 E. 6b S. 213 f.). Eine materielle Enteignung kann nicht nur vorliegen, wenn der bisherige Gebrauch des Grundeigentums wegfällt, sondern auch, wenn eine voraussehbare künftige Nutzung untersagt oder besonders stark eingeschränkt wird (BGE 121 II 417 E. 4a S. 423 mit Hinweisen). So wurde denn auch in BGE 121 II 417 ff. das Vorliegen einer materiellen Enteignung bei einer Nichteinzonung bejaht.
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e) Ein Entscheid über zivilrechtliche Ansprüche im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK liegt vor, wenn eine Zonenplanung direkte Auswirkungen auf die Ausübung der Eigentumsrechte der Grundeigentümer hat. Dass Nichteinzonungen direkte Auswirkungen auf die zivilrechtlichen Ansprüche oder Verpflichtungen der Grundeigentümer haben können, zeigt sich insbesondere in Fällen, in welchen umstritten ist, ob den Grundeigentümern nach dem geltenden Raumplanungsrecht ein Anspruch auf Einzonung ihres Landes in eine Bauzone zusteht. Solche Ansprüche können sich zunächst daraus ergeben, dass Land, das nach den gesetzlichen Vorschriften in die Bauzone gehört, grundsätzlich in eine solche Zone einzuweisen ist. Bei der Festsetzung der Nutzungsplanung haben die Planungsbehörden indessen ungeachtet des Umstands, ob die bisherige Planung den Anforderungen von Art. 15 RPG entspricht, nicht allein der Begriffsumschreibung gemäss Art. 15 RPG zu folgen, sondern auch die übrigen im Bundesrecht und im kantonalen Recht enthaltenen Zonierungsgrundsätze optimal zu berücksichtigen. Sie haben alle Interessen, öffentliche und private, zu beachten und gegeneinander abzuwägen. Der Grundeigentümer hat dabei zwar grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass sein Land im Rahmen einer revidierten Nutzungsplanung in der Bauzone verbleibt (vgl. BGE 119 Ia 362 E. 5a S. 372; 118 Ia 151 E. 4b S. 157, je mit Hinweisen). Als Ausnahme von dieser Regel hat das Bundesgericht jedoch aufgrund der im Planungsrecht anwendbaren Grundsätze schon in verschiedenen Fällen ein Einzonungsgebot bejaht (vgl. BGE 115 Ia 350 E. 3f/dd S. 356 f., 333 ff.; BGE 113 Ia 457 ff.; Urteil des Bundesgerichts vom 10. Dezember 1987 in ZBl 90/1989 S. 363 ff.). Zudem hat sich im Zusammenhang mit Verfahren betreffend materielle Enteignung gezeigt, dass die Beschränkung der baulichen Nutzung von Grundstücken - auch bei Nichteinzonungen - eine Entschädigungspflicht des planenden Gemeinwesens bewirken kann (BGE 121 II 417 ff.; BGE 122 II 326 E. 6c S. 334; Urteil des Bundesgerichts vom 11. November 1992 in ZBl 94/1993 S. 251 ff. E. 6d). Soweit über die Einzonung oder Nichteinzonung von Land in eine Bauzone befunden wird, liegt darin nach dem Gesagten auch ein Entscheid über den Anspruch des Grundeigentümers auf bauliche Nutzungsmöglichkeiten. Insoweit werden somit bereits im Planungsentscheid zivilrechtliche Ansprüche des Grundeigentümers im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK beurteilt. Dass im Anschluss an die Planfestsetzung bzw. -genehmigung in gewissen Fällen ein Anspruch auf Entschädigung wegen materieller Enteignung besteht, ändert nichts am Umstand, dass bereits mit dem Entscheid über die Genehmigung bzw. Nichtgenehmigung der Nutzungsplanung die zulässige Grundstücksnutzung festgelegt und damit auch über ein allfälliges planungsrechtliches Einzonungsgebot entschieden wird. Dies gilt insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden, in welchem ein vom kommunalen Planungsträger und der erstinstanzlichen Plangenehmigungsbehörde anerkanntes, planungsrechtliches Einzonungsgebot umstritten ist.
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f) Diese Beurteilung steht mit der Rechtsprechung der Strassburger Organe im Einklang. Zwar liegt noch kein Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vor, der sich mit der hier vorliegenden Problematik im einzelnen befasst. Die Europäische Menschenrechtskommission (EKMR) geht indessen allgemein davon aus, dass der Ausgang eines Verfahrens über Nutzungspläne auch zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK betrifft, wenn ein Grundeigentümer öffentlichrechtliche Normen anruft, um eine Beeinträchtigung seiner mit dem Grundbesitz verbundenen Eigentumsrechte zu verhindern. Demzufolge wendete die Strassburger Kommission Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf den Zonenplan einer Bündner Gemeinde (vgl. VPB 58/1994 Nr. 102) sowie auf einen Quartierplan nach Waadtländer Recht an (zur Publikation in VPB 60/1996 Heft IV bestimmter Entscheid der EKMR vom 11. April 1996 i.S. Fondation Croix-Etoile c. Suisse, mit Hinweisen auf die Urteile des EGMR vom 25. November 1994 i.S. Ortenberg gegen Österreich, Serie A no 295-B, Ziff. 28, und vom 22. November 1995 i.S. Bryan gegen Vereinigtes Königreich, Serie A no 335-A, Ziff. 31).
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4. a) Wie vorne in E. 3c erwähnt, beanstanden die Beschwerdeführer im vorliegenden Fall, dass die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern am 17. Oktober 1995 die Festsetzung der "Zone mit Planungspflicht Aarwil" nicht genehmigte. Inhaltlich bedeutet diese Nichtgenehmigung, dass das Gebiet der "Zone mit Planungspflicht Aarwil" nach Auffassung der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion aus Gründen des Landschaftsschutzes vor jeder Überbauung freigehalten werden soll und den Grundeigentümern kein planungsrechtlicher Einzonungsanspruch zusteht. Diese Entscheidung hat nach den Ausführungen in E. 3e hiervor direkte Auswirkungen auf die Rechte der Grundeigentümer. Dies gilt unbesehen darum, dass die Bauzone nach dem alten Zonenplan von Muri mit Blick auf die Anforderungen von Art. 15 RPG zu gross war und das bisher nicht überbaute Gebiet der "Zone mit Planungspflicht Aarwil" seit dem 1. Januar 1988 deshalb nicht in einer der Raumplanungsgesetzgebung entsprechenden Bauzone lag (Art. 35 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 36 Abs. 3 RPG; BGE 121 II 417 E. 3b mit Hinweisen). Soweit es in der dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden Auseinandersetzung darum geht, gestützt auf planungsrechtlich relevante Normen eine Beeinträchtigung des von den Beschwerdeführern behaupteten Einzonungsanspruchs zu vermeiden, ist das Vorliegen einer Streitigkeit über zivilrechtliche Ansprüche im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu bejahen. Ob sich die Beschwerdeführer zu Recht auf einen Einzonungsanspruch berufen, ist im Rahmen der materiellen Prüfung der Angelegenheit zu beurteilen.
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b) Es ergibt sich somit, dass die vorliegende Auseinandersetzung über das Einzonungsgebot betreffend die "Zone mit Planungspflicht Aarwil" einer gerichtlichen Überprüfung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK bedarf. Die bernische Rechtsordnung sieht einen gerichtlichen Rechtsschutz auf kantonaler Ebene vor, wenn in Anwendung der EMRK eine Anrufung des Richters ermöglicht werden muss (Art. 61a Abs. 3 lit. a BauG). Ein solcher Anspruch wird noch nicht in allen Kantonen der Schweiz gewährt. Soweit eine entsprechende kantonale Bestimmung (noch) fehlt, gewährleistet das Bundesgericht nach der von der Strassburger Kommission bestätigten "Oberschrot-Praxis" (s. vorne E. 2b) in bestimmten Fällen ausnahmsweise einen Art. 6 Ziff. 1 EMRK genügenden Rechtsschutz. Wenn jedoch, wie hier, das kantonale Recht in Anwendung der EMRK die Beurteilung durch ein unabhängiges kantonales Gericht vorschreibt (s. Art. 61a Abs. 3 lit. a BauG), ist dieses verpflichtet, auf eine Beschwerde wegen Verletzung eines planungsrechtlichen Einzonungsgebots einzutreten.
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5. Zusammenfassend ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht auf die kantonale Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Erben Marcuard zu Unrecht nicht eingetreten ist. Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.
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