BGE 129 I 139 |
15. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Kanton Zürich sowie Obergericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) |
2P.91/2002 vom 27. November 2002 |
Regeste |
Art. 5 Ziff. 5 EMRK; Art. 13b Abs. 1 und Art. 13c Abs. 2 ANAG; Einmaligkeit des Rechtsschutzes; Genugtuungsforderung für eine durch den Haftrichter nicht genehmigte Ausschaffungshaft. |
Das Prinzip der Einmaligkeit des Rechtsschutzes steht einer Überprüfung der Widerrechtlichkeit der Ausschaffungshaft im Staatshaftungsverfahren grundsätzlich nicht entgegen (E. 3). |
Verweigert der Haftrichter im Rahmen von Art. 13c Abs. 2 ANAG die Genehmigung der Ausschaffungshaft, sind Schadenersatz- oder Genugtuungsansprüche gestützt auf Art. 5 Ziff. 5 EMRK ausgeschlossen, wenn die Fremdenpolizei das Vorliegen der Haftvoraussetzungen in vertretbarer Weise bejaht hat (E. 4). |
Sachverhalt |
Der aus Kamerun stammende X. landete am 30. Oktober 1998 von Douala kommend auf dem Flughafen Zürich-Kloten, wo er um Asyl nachsuchte. Das Bundesamt für Flüchtlinge verweigerte ihm tags darauf die Einreise und wies ihm für die Dauer des weiteren Verfahrens den Transitbereich des Flughafens als Aufenthaltsort zu. Am 6. November 1998 lehnte es das Asylgesuch ab und wies X. unter sofortigem Vollzug seines Entscheids aus der Schweiz weg. Einer allfälligen Beschwerde entzog es die aufschiebende Wirkung. Am 8./9. November 1998 nahm die Fremdenpolizei des Kantons Zürich X. in Ausschaffungshaft, deren Genehmigung der Haftrichter am 11. November 1998 verweigerte. Am 18. November 1998 versetzte die Fremdenpolizei X. erneut in Haft, die - nach einem negativ verlaufenen Ausschaffungsversuch - am 21. November 1998 wiederum nicht bestätigt wurde. Am 15. Januar 1999 machte X. für die von ihm zwischen dem 9. und 11. bzw. dem 18. und 21. November 1998 ausgestandene Ausschaffungshaft eine Genugtuungsforderung von Fr. 12'000.- (zuzüglich 5% Zins) geltend, welche der Regierungsrat des Kantons Zürich am 31. März 1999 ablehnte. Eine entsprechende Klage blieb sowohl beim Bezirksgericht Zürich als auch beim Obergericht des Kantons Zürich ohne Erfolg; beide Instanzen verneinten eine haftungsbegründende Widerrechtlichkeit des fremdenpolizeilichen Vorgehens. Das Bundesgericht weist die gegen das Urteil des Obergerichts vom 12. März 2002 eingereichte staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
|
Aus den Erwägungen: |
2. Nach Art. 5 Ziff. 5 EMRK hat jede Person, die von Festnahme oder Freiheitsentzug betroffen ist, Anspruch auf Schadenersatz, falls dabei materielle oder formelle Vorschriften, wie sie sich aus Ziff. 1-4 von Art. 5 EMRK ergeben, verletzt worden sind; ein Verschulden der haftanordnenden Behörde ist nicht erforderlich (BGE 125 I 394 E. 5a S. 398; BGE 119 Ia 221 E. 6a S. 230). Die Europäische Menschenrechtskonvention enthält damit eine eigene Haftungsnorm, die im kantonalen Verfahren gegebenenfalls unabhängig vom materiell strengeren Staatshaftungsrecht anzuwenden ist (ANDREAS ZÜND, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht: Verfahrensfragen und Rechtsschutz, in: AJP 1995 S. 866). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob dieses hier - wie der Beschwerdeführer subsidiär geltend macht - willkürlich ausgelegt wurde. Mit dem Hinweis auf die "gesetzlich vorgeschriebene Weise" des Freiheitsentzugs nimmt Art. 5 EMRK für die Rechtmässigkeit der Haft formell wie materiell auf das innerstaatliche Recht Bezug. Wurden die Bestimmungen des nationalen (Haft-)Rechts missachtet, kann hierin eine Verletzung von Art. 5 EMRK liegen, selbst wenn die entsprechenden Normen inhaltlich über die konventionsmässigen Garantien hinausgehen (BGE 125 I 394 E. 5b S. 400; BGE 119 Ia 221 E. 6a S. 230; Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. Wassink gegen Niederlande vom 27. September 1990, Serie A, Bd. 185-A, Ziff. 24 und 27; i.S. Benham gegen Grossbritannien vom 10. Juni 1996, Ziff. 40, Recueil CourEDH 1996-III S. 738; i.S. Tsirlis gegen Griechenland vom 29. Mai 1997, Ziff. 56 ff., Recueil CourEDH 1997-III S. 909; i.S. Steel gegen Grossbritannien vom 23. September 1999, Ziff. 54 und 56, Recueil CourEDH 1998-VII S. 2719; FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Kehl/Strassburg/Arlington 1996, Rz. 158 zu Art. 5 EMRK; HAEFLIGER/SCHÜRMANN, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1999, S. 87 ff.; MARK E. VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK], 2. Aufl., Zürich 1999, N. 324 ff.). Die Entschädigungspflicht setzt aber immerhin den Nachweis eines tatsächlich relevanten materiellen bzw. hinreichend schweren immateriellen Schadens voraus (vgl. Nichtzulassungsentscheid der Europäischen Kommission für Menschenrechte i.S. B. gegen Schweiz vom 20. Mai 1998, publ. in: VPB 62/1998 Nr. 93 S. 914; Urteil 1P.485/1994 vom 22. Februar 1995, E. 2c).
|
3.1 Der Grundsatz, wonach die Rechtmässigkeit rechtskräftiger Entscheide im Haftungsprozess nicht mehr kontrolliert werden kann, soll sicherstellen, dass im Verwaltungsverfahren abschliessend beurteilte Fragen im Staatshaftungsprozess nicht erneut aufgeworfen werden (vgl. BGE 126 I 144 E. 2a S. 147 f. mit Hinweisen; ""Einmaligkeit des Rechtsschutzes bzw. des Instanzenzuges"). Er setzt regelmässig voraus, dass die am ursprünglichen Verfahren beteiligten Parteien überhaupt die Möglichkeit hatten, den betreffenden Entscheid anzufechten, hiervon jedoch keinen oder erfolglos Gebrauch gemacht haben (vgl. BGE 119 Ib 208 E. 3c; HÄFELIN/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl., Zürich 2002, Rz. 2265 f.). Im vorliegenden Fall waren die kantonalen Behörden zur Beschwerde gegen die umstrittenen Haftentlassungsanordnungen nicht legitimiert (vgl. Art. 103 OG). Dazu befugt wäre einzig das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement oder das Bundesamt für Ausländerfragen gewesen (vgl. BGE 129 II 1 E. 1); von diesen Bundesbehörden kann jedoch nicht erwartet werden, dass sie zum Schutz der Kantone vor Entschädigungsforderungen sämtliche Verweigerungen von Haftgenehmigungen anfechten. Ist ein Rechtsmittel nicht geeignet, zu einer Korrektur des umstrittenen Aktes, sondern bloss noch zur Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit zu führen, bleibt die Überprüfung dieses Aktes im Staatshaftungsverfahren zulässig, auch wenn von der entsprechenden Beschwerdemöglichkeit kein Gebrauch gemacht worden ist (Urteil 1P.75/2000 vom 7. Juni 2000, E. 3a, publ. in: EuGRZ 2001 S. 132 ff.; BGE 100 Ib 8 E. 2b S. 11). Dies muss auch gelten, wo - wie hier - eine Freilassung durch den Richter erfolgt, die Rechtmässigkeit dieses Aktes, um die es einzig noch geht, von den Beteiligten aber mangels Legitimation im Verwaltungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Der von der Haft ursprünglich betroffene, aber inzwischen freigelassene Ausländer hat nicht zuerst im Beschwerdeverfahren eine letztinstanzliche Feststellung der Widerrechtlichkeit zu erwirken; er kann und muss diese bzw. die damit verbundene Verletzung von Art. 5 EMRK vielmehr direkt im Staatshaftungsprozess geltend machen, wo sie unabhängig von der Ausgestaltung des kantonalen Rechts zu prüfen ist (BGE 125 I 394 E. 4a, 5d und e; BGE 110 Ia 140 E. 2a S. 142 f.; vgl. THOMAS HUGI YAR, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax/Münch/Geiser/Arnold, Ausländerrecht, Basel 2002, Rz. 7.132; HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., Rz. 2266). Damit bleibt auch eine vorfrageweise Kontrolle der Widerrechtlichkeit der Ausschaffungshaft zugunsten des beklagten Kantons im Staatshaftungsprozess zulässig. Auf jeden Fall ist eine solche Auslegung von § 21 des Staatshaftungsgesetzes nicht offensichtlich unhaltbar (zum Willkürbegriff: BGE 128 I 177 E. 2.1 S. 182).
|
3.2 Nichts anderes ergibt sich aus dem Entscheid 2P.291/1995 vom 31. Januar 1996, in dem das Bundesgericht zum Schluss gekommen ist, dass die richterliche Feststellung einer Widerrechtlichkeit im Haftprüfungsverfahren unabhängig von der Ausgestaltung des kantonalen Staatshaftungsrechts für das Entschädigungsverfahren verbindlich bleibt, soweit nicht Revisionsgründe geltend gemacht werden (zitiert bei HUGI YAR, a.a.O., Rz. 7.117). Diesem Urteil lag ein bundesgerichtlicher Entscheid zur Frage der fehlenden Vollzugsmöglichkeit der Wegweisung und zur Problematik eines noch schwebenden Weg- bzw. Ausweisungsverfahrens im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK zugrunde, welcher durch den kantonalen Staatshaftungsrichter nicht mehr ohne Verletzung von Art. 5 EMRK in Frage gestellt werden durfte. Das Bundesgericht prüft bei Staatshaftungsprozessen auf staatsrechtliche Beschwerde hin das Vorliegen der Haftvoraussetzungen im Übrigen frei (vgl. BGE 119 Ia 221 E. 8a S. 235 f.). Inwiefern es mit Blick hierauf verfassungswidrig sein sollte, wenn der kantonale Staatshaftungsrichter - bei Fehlen eines im Haftbeschwerdeverfahren ergangenen letztinstanzlichen Urteils - das Vorliegen der Widerrechtlichkeit seinerseits vorfrageweise überprüft, ist nicht ersichtlich, zumal der staatshaftungsrechtliche Widerrechtlichkeitsbegriff sich nicht mit dem ausschaffungshaftrechtlichen zu decken braucht (vgl. HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., Rz. 2259). Letztlich ergibt sich die entsprechende Befugnis bzw. Pflicht bereits daraus, dass nicht jede Freilassung zwangsläufig auch bedeutet, dass die Ausschaffungshaft von Anfang an widerrechtlich war (Urteil 2P.291/1995 vom 31. Januar 1996, E. 2c; HUGI YAR, a.a.O., Rz. 7.117).
|
Erwägung 4.1 |
4.1.1 Nach Art. 13c Abs. 1 ANAG (SR 142.20) wird die Ausschaffungshaft von der Behörde des Kantons angeordnet, der für den Vollzug der Weg- oder Ausweisung zuständig ist. In der Folge hat gestützt auf Art. 13c Abs. 2 ANAG eine richterliche Instanz aufgrund einer mündlichen Verhandlung nicht nur die Rechtmässigkeit, sondern auch die Angemessenheit der Haft obligatorisch und von Amtes wegen innerhalb von 96 Stunden zu prüfen. Die Fremdenpolizei kann eine Ausschaffungshaft zwar nur bei Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 13b ANAG anordnen; im Rahmen der Anwendung dieser Bestimmung steht ihr aber sowohl bezüglich der Rechtsfolge wie der Auslegung der verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe ein Ermessens- und Beurteilungsspielraum zu (vgl. ANDREAS AUER, La Constitution fédérale, les droits de l'homme et les mesures de contrainte à l'égard des étrangers, in: AJP 1994 S. 749 ff., insbesondere S. 751 Ziff. 11). Da der Haftrichter im Rahmen seiner Angemessenheitskontrolle auch die Handhabung dieser Freiräume überprüfen kann, liegt in der Verweigerung der Haftgenehmigung nicht notwendigerweise die Feststellung einer Rechtsverletzung bzw. einer entschädigungsauslösenden Widerrechtlichkeit (vgl. HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., Rz. 460 f.; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 6. Aufl., Basel/Stuttgart 1986, Nr. 67 B. IV.). Ein Entscheid ist unangemessen, wenn er zwar innerhalb des Ermessens- und Beurteilungsspielraums der zuständigen Behörde bleibt, jedoch nicht richtig, d.h. unzweckmässig erscheint (PIERRE MOOR, Droit administratif, Bd. I, 2. Aufl., Bern 1994, S. 375 f.). Ein eigentlicher Ermessens- und damit ein Rechtsfehler liegt dagegen bei Ermessensmissbrauch, Ermessensüberschreitung oder Ermessensunterschreitung vor; bloss in diesen Fällen kann überhaupt von einer widerrechtlichen Inhaftierung und damit möglicherweise staatshaftungsrelevanten Verletzung von Art. 5 EMRK die Rede sein (vgl. AUER, a.a.O., S. 751 Ziff. 11). Sieht das Gesetz ausnahmsweise eine richterliche Angemessenheitskontrolle vor, ist die gerichtliche Überprüfung eines Verwaltungsentscheids zwar auch im Bereich des der anordnenden Behörde zustehenden Ermessens- und Beurteilungsspielraums zulässig, doch kann aus einer Abänderung ihrer Verfügung dabei nicht automatisch auf deren Widerrechtlichkeit geschlossen werden (vgl. HEINER WOHLFART, Die Haftung des Staates für Justizschäden, in: Staatshaftungsrecht, Basel 1998, S. 65).
|
4.1.3 Das vom Gesetzgeber konzipierte, über die Anforderungen von Art. 5 EMRK hinausgehende richterliche Kontrollsystem bei den Zwangsmassnahmen hat nicht zur Folge, dass der betroffene Ausländer immer dann schon Schadenersatz- oder Genugtuungsansprüche erwerben würde, wenn der Haftrichter eine von der Fremdenpolizeibehörde verfügte Ausschaffungshaft innert der gesetzlich kurzen Frist von 96 Stunden nicht genehmigt. Es ging dem Gesetzgeber in erster Linie darum, die Freiheit des Einzelnen durch eine umfassende richterliche Kontrolle möglichst rasch - auch im Ermessens- und Beurteilungsbereich der haftanordnenden Behörde - wirkungsvoll zu schützen (vgl. HUGI YAR, a.a.O., Rz. 7.18 S. 266); hierzu wurde die nachträgliche obligatorische Haftprüfung geschaffen (BGE 122 II 154 E. 2b S. 156; Votum Ständerat Frick, AB 1994 S S. 273). Andere Rechtsfolgen als eine allfällige Entlassung mit der darin enthaltenen Feststellung, dass eine (weitere) Haft ungerechtfertigt erscheint, können in diesem Verfahrensstadium (96-Stunden-Frist) deshalb nur ausnahmsweise eintreten. Das Risiko, dass die Fremdenpolizei eine Ausschaffungshaft verfügt, welche der - darüber obligatorisch innert kurzer Frist entscheidende - Haftrichter wegen einer abweichenden Beurteilung der Sach- oder Rechtslage nicht genehmigt, ist entschädigungslos in Kauf zu nehmen, wenn das Vorliegen der Haftvoraussetzungen von der Fremdenpolizei in vertretbarer Weise bejaht werden durfte.
|
Erwägung 4.2 |
4.2.1 Gemäss Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG kann der Ausländer zur Sicherung eines erstinstanzlichen Wegweisungsentscheids in Haft genommen werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass er sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil sein bisheriges Verhalten darauf schliessen lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung darf die Ausschaffungshaft nicht einfach vorsorglicherweise angeordnet werden, nur weil erfahrungsgemäss eine bestimmte Anzahl der zur Ausreise verpflichteten Ausländer untertaucht; die zuständige Behörde muss vielmehr in jedem konkreten Fall aufgrund der verschiedenen Indizien eine Prognose stellen, was nicht immer leicht fällt (ALAIN WURZBURGER, La jurisprudence récente du Tribunal fédéral en matière de police des étrangers, in: RDAF 1997 I S. 332 f.) und zu abweichenden Einschätzungen zwischen der Fremdenpolizei und dem Haftrichter, der sich aufgrund der obligatorischen mündlichen Verhandlung ein eigenes Bild zu machen hat (vgl. Art. 13c Abs. 2 ANAG; BGE 122 II 154 E. 2b S. 156 f.), führen kann. Das Verhalten des Ausländers ist jeweils in seiner Gesamtheit zu würdigen (Urteile 2A.322/2000 vom 26. Juli 2000, E. 2b; 2A.479/1999 vom 4. Oktober 1999, E. 3b; 2A.22/1998 vom 6. Februar 1998, E. 3; HUGI YAR, a.a.O., Rz. 7.66). Dass der Betroffene illegal in die Schweiz eingereist ist, genügt zur Annahme einer Untertauchensgefahr für sich allein ebenso wenig wie die Tatsache, dass er keine Papiere besitzt und nur mangelhaft an deren Beschaffung mitwirkt. Die Passivität des Ausländers kann jedoch, gleich wie das Fehlen eines festen Aufenthaltsorts oder die Mittellosigkeit, ein weiterer Hinweis dafür sein, dass er bereit sein könnte, sich der Ausschaffung zu entziehen. Nicht bloss passiv verhält sich nach der Rechtsprechung der Ausländer, der unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben über Herkunft, Einreise, Unterkunft oder Ähnliches, so etwa den Verbleib seiner Reisepapiere, macht (BGE 122 II 49 E. 2a S. 51; FELIX ZILTENER, Neues aus der Praxis zur Ausschaffungshaft, in: AJP 2001 S. 499 ff., insbesondere S. 506). Die Erklärung, nicht in den Heimatstaat zurückkehren zu wollen, soll dem Betroffenen regelmässig dann nicht zum Nachteil gereichen, wenn noch ein Asylverfahren hängig ist (Urteile 2A.465/2001 vom 31. Oktober 2001, E. 2c; 2A.322/2000 vom 26. Juli 2000, E. 3b; 2A.22/1998 vom 6. Februar 1998, E. 3b/dd; vgl. ANDREAS ZÜND, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu den Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: ZBJV 132/1996 S. 72 ff., insbesondere S. 84 Fn. 27; HUGI YAR, a.a.O., Rz. 7.67; ZILTENER, a.a.O., insbesondere S. 506).
|
4.2.2 Die Fremdenpolizei stellte im vorliegenden Fall bei ihrer Beurteilung in erster Linie auf die Mittellosigkeit und die gemäss dem Entscheid des Bundesamts für Flüchtlinge vom 6. November 1998 unglaubwürdigen und widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers über seinen Reiseweg und Aufenthalt ab. Das Bundesamt hatte in diesem Zusammenhang festgestellt, dass es die vom Beschwerdeführer genannte Anwaltskanzlei in Limbe nicht gebe und die Kopie seiner Identitätskarte vom 26. April 1997 datiere, obwohl sie nach seinen Angaben vom April 1995 stammen solle; im Übrigen wolle der Beschwerdeführer per Schiff nach Kindu in der Demokratischen Republik Kongo gelangt sein, dabei handle es sich jedoch um eine Stadt im Landesinnern. Schliesslich sei nicht einzusehen, weshalb sich ein angeblich von den Behörden Kameruns Gesuchter durch eine Reise über dieses Land, d.h. über Douala, dem Risiko aussetzen sollte, dort festgenommen zu werden. Der Beschwerdeführer versuche offensichtlich, sich anhand allgemein bekannter Umstände eine Verfolgungslegende ohne jeglichen realen Hintergrund zurechtzulegen. Wenn die Fremdenpolizei gestützt hierauf davon ausging, es könne auf eine Untertauchensgefahr geschlossen werden, war dies vertretbar und nicht bundesrechtswidrig, zumal der Beschwerdeführer bei seiner Befragung am 8. November 1998 erklärte hatte, auf keinen Fall in seine Heimat zurückkehren zu wollen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt den negativen und sofort vollstreckbaren Entscheid des Bundesamts (noch) nicht angefochten hatte. Der Haftrichter berücksichtigte bei seiner Einschätzung, dass der Beschwerdeführer während der Haftverhandlung gewisse vom Bundesamt festgestellte Widersprüche für ihn nachvollziehbar hatte beseitigen können und auf die Erklärung, nicht in die Heimat zurückkehren zu wollen, wegen des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nicht abgestellt werden könne. Damit hielt er nicht die ursprüngliche Widerrechtlichkeit der Haft fest, sondern kam er aufgrund eigener Abklärungen nachträglich zu einer anderen Beurteilung als die Fremdenpolizei. Wie schwer er sich dabei tat, ergibt sich bereits daraus, dass er sich hierfür eine Bedenkzeit von 24 Stunden nahm, während der er die Haft selber aufrechterhielt.
|
4.3.1 Der Haftrichter ging davon aus, dass gegenüber der Einschätzung vom 10./11. November 1998 keine neuen Elemente dazu gekommen seien, die für eine Untertauchensgefahr sprächen, weshalb es nach wie vor an einem Haftgrund fehle; dabei zog er wiederum das Resultat seiner mündlichen Verhandlung, an der die Polizeibehörde nicht teilgenommen hatte, in seine Beurteilung mit ein. Die Fremdenpolizei hatte ihrerseits der (neuen) Tatsache Rechnung getragen, dass sich der Beschwerdeführer trotz des vollziehbaren Wegweisungsentscheids des Bundesamts für Flüchtlinge - nach seiner Haftentlassung in den internationalen Teil des Flughafens - am 12. November 1998 geweigert hatte, ein Flugzeug zu besteigen und in seine Heimat zurückzukehren. Bei seiner erneuten Verhaftung hatte er den Wegweisungsentscheid - auch hinsichtlich des Entzugs der aufschiebenden Wirkung - immer noch nicht angefochten. Wenn die Fremdenpolizei deshalb annahm, der Beschwerdeführer könnte sich bei Kenntnis des für den 21. November 1998 geplanten neuen Ausschaffungsversuchs diesem durch Untertauchen zu entziehen versuchen, war dies wiederum vertretbar und die damit bis zur richterlichen Prüfung verbundene kurze Inhaftierung durch Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG gedeckt. Ihre Einschätzung bestätigte sich in der Folge im Übrigen, wehrte sich der Beschwerdeführer doch nach den glaubwürdigen Darstellungen der Flughafenpolizei an diesem Tag erneut vehement gegen eine Ausschaffung, indem er sich "die Kleider vom Leibe riss" (Version Flughafenpolizei) bzw. weinte und nicht bereit war, sich für einen Rückflug bereit zu machen (Version Beschwerdeführer). In einem jüngeren Entscheid zum Flughafenverfahren hat das Bundesgericht festgestellt, dass es einem Ausländer, dessen Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, im Hinblick auf die Beurteilung der Untertauchensgefahr zwar nicht ohne weiteres zum Nachteil gereichen dürfe, wenn er seinen Wunsch, nicht in sein Heimatland zurückgeschafft zu werden, zum Ausdruck bringe; wer aber - wie hier der Beschwerdeführer - den Vollzug eines von den zuständigen Asylbehörden für vollstreckbar erklärten Wegweisungsentscheids vereitle, gebe "in ganz ausgeprägtem Masse" zu erkennen, dass er nicht bereit sei, für ihn negativen Anordnungen Folge zu leisten. Ein Haftrichter, der einen entsprechenden Zwischenfall bei seiner Beurteilung nicht berücksichtige, lasse ein wesentliches Entscheidelement ausser Acht und verletze insofern Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG (Urteil 2A.241/2002 vom 28. Juni 2002, E. 3).
|
4.3.2 Zu Unrecht macht der Beschwerdeführer geltend, seine zweite Ausschaffungshaft sei zudem widerrechtlich gewesen, da der zu sichernde Wegweisungsentscheid durch seine Entlassung aus dem Transitbereich am 12. November 1998 dahingefallen sei und in der Folge ein ordentliches Asylverfahren habe durchgeführt werden müssen: Im Haftverfahren sind Fremdenpolizei und Haftrichter grundsätzlich an den durch die Haft zu sichernden ausländer- bzw. asylrechtlichen Entscheid gebunden. Sie haben einzig zu prüfen, ob überhaupt ein solcher vorliegt; dessen Rechtmässigkeit können sie - eigentliche Nichtigkeit vorbehalten - nicht in Frage stellen. Das Verfahren vor dem Haftrichter dient nicht der Überprüfung von Wegweisungsentscheiden oder von anderen den Ausländer zur Ausreise verpflichtenden Anordnungen (BGE 128 II 193 E. 2.2.2 S. 198 mit Hinweisen; Urteil 2A.241/2002 vom 28. Juni 2002, E. 2.2.1), wofür andere Behörden zuständig sind. Die Anordnung der Ausschaffungshaft setzt lediglich das Vorliegen eines erstinstanzlichen Wegweisungsentscheids voraus (BGE 128 II 193 E. 2.1 S. 196); dieser muss nicht rechtskräftig sein und kann bei einer Gutheissung der Beschwerde im Asylverfahren nachträglich wegfallen, ohne dass die Ausschaffungshaft deshalb widerrechtlich würde. Die Praxis der Asylrekurskommission zur Frage, wann das Flughafenverfahren und ein in diesem ergangener Wegweisungsentscheid wegen einer "faktischen Einreise" dahinfällt, war am 18. November 1998 noch unklar; ein erster entsprechender Grundsatzentscheid stammte vom 14. August 1998, wobei darin ausgeführt wurde, dass diesbezüglich keine gefestigte Rechtsprechung bestehe (E. 6a; vgl. EMARK 1998 Nr. 30). Selbst heute herrschen insofern nach wie vor gewisse Unsicherheiten. In einem Urteil vom 6. März 2002 räumt die Asylrekurskommission ein, ihre Rechtsprechung bedürfe allenfalls noch der Klärung oder Präzisierung bezüglich der Definition der "faktisch erlangten Erlaubnis zur Einreise" und der Frage, wieweit es sachgerecht erscheine, ein Flughafenverfahren nach einer solchen Einreise "in jedem Stadium des Verfahrens" als hinfällig zu betrachten (vgl. BGE 128 II 193 E. 2.2.3 S. 199). Wenn die Fremdenpolizei in Übereinstimmung mit der Auffassung des zuständigen Bundesamts für Flüchtlinge im vorliegenden Fall davon ausging, die im Flughafenverfahren erlassene, sofort vollziehbare, nicht angefochtene Wegweisung habe am 18. November 1998 noch bestanden und durch eine Ausschaffungshaft gesichert werden können, verstiess sie damit nicht gegen Art. 13b ANAG, auch wenn die Asylrekurskommission im Nachhinein die Durchführung eines ordentlichen Asylverfahrens anordnete. Der Haftrichter hat diese Problematik in seinem Entscheid denn auch nicht thematisiert und die Entlassung nicht mangels eines durch die Haft zu sichernden Wegweisungsentscheids verfügt.
|
4.4 Unabhängig davon, dass das beanstandete Verhalten der Fremdenpolizei - wie dargelegt - keine staatshaftungsrelevante Widerrechtlichkeit darstellte, war die mit der kurzfristigen Festhaltung des Beschwerdeführers verbundene Beeinträchtigung in seinen persönlichen Verhältnissen gestützt auf die konkreten Umstände auch nicht derart schwer, dass über die Haftentlassung hinaus die Zusprechung einer geldwerten Genugtuung verfassungs- oder konventionsmässig hätte geboten sein können: Der Beschwerdeführer gelangte am 30. Oktober 1998 ohne das zur Einreise erforderliche Ausweispapier oder Visum per Flugzeug an die Schweizer Grenze, wo er ein Asylgesuch stellte. Es wurde ihm in der Folge die Einreise vorläufig verweigert (vgl. BGE 123 II 193 E. 4 S. 199 ff.) und für die voraussichtliche Dauer des Verfahrens, längstens aber für 15 Tage, die Transitzone des Flughafens als Aufenthaltsort zugewiesen. Die damit verbundene Freiheitsbeschränkung stützte sich auf eine hinreichende asylrechtliche Grundlage und bildete einen rechtmässigen Eingriff in seine Freiheit zur Verhinderung einer unerlaubten Einreise bzw. zur Sicherstellung des Vollzugs eines schwebenden Aus- bzw. Wegweisungsverfahrens im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK. Die entsprechenden Beeinträchtigungen waren Folge des vom Beschwerdeführer gewählten Vorgehens und Konsequenz daraus, dass er weder in die Schweiz einreisen konnte, noch in seinen Heimatstaat oder einen Drittstaat zurückkehren wollte. Art. 5 EMRK bezweckt, vor willkürlichem Freiheitsentzug zu schützen (vgl. VILLIGER, a.a.O., Rz. 313 und 318). Die sich aus dem Einreiseverbot bzw. den damit verbundenen ausländerrechtlichen Verfahren ergebenden Einschränkungen waren sachinhärent und in erster Linie vom Beschwerdeführer selber zu verantworten. Eine geldwerte Genugtuungsleistung fiele deshalb auch mangels einer hinreichenden Schwere der mit den jeweils kurzen Administrativhaften verbundenen Beschränkungen seiner Freiheit ausser Betracht; diese trafen ihn im Rahmen der entsprechenden Haftmodalitäten (vgl. hierzu BGE 122 II 299 ff.; HUGI YAR, a.a.O., Rz. 7.90 ff. mit zahlreichen Hinweisen) nicht wesentlich anders als die rechtmässige Festhaltung im Transitbereich des Flughafens. Wären die beiden Ausschaffungshaften tatsächlich widerrechtlich gewesen, hätte es im Rahmen von Art. 5 EMRK mit der Haftentlassung deshalb sein Bewenden haben müssen.
|