BGE 134 I 257 |
30. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Egli-Oberholzer gegen Genossame Lachen (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_717/2007 vom 18. Juni 2008 |
Regeste |
Weitergabe des Korporationsbürgerrechts (Art. 8 BV). |
Sachverhalt |
Charlotte Egli-Oberholzer, geboren 1941, ist seit ihrer Geburt wohnhaft in Lachen. Ihr Grossvater mütterlicherseits war Mitglied der Genossame Lachen. Ihre Mutter, Gertrud Oberholzer-Spieser, geboren 1905, war ebenfalls Genossenbürgerin, verlor jedoch infolge Heirat in den 30er Jahren ihre Zugehörigkeit zur Genossame Lachen. Sie verstarb 1970.
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Am 10. Februar 2006 ersuchte Charlotte Egli-Oberholzer um Aufnahme in die Genossame Lachen. Der Genossenrat der Genossame Lachen wies das Gesuch am 28. Februar 2007 ab. Gegen diesen Beschluss gelangte Charlotte Egli-Oberholzer an den Regierungsrat des Kantons Schwyz, welcher die Sache an das Verwaltungsgericht überwies. Die Beschwerde wurde am 30. Oktober 2007 abgewiesen.
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Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 30. November 2007 ist Charlotte Egli-Oberholzer (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht gelangt. Sie beantragt, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 30. Oktober 2007 aufzuheben und die Genossame Lachen zu verpflichten, sie als Mitglied aufzunehmen, so dass ihr rückwirkend ab 1. Januar 2006 die Nutzungsrechte und ab sofort die Mitwirkungsrechte zustehen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde (als Beschwerde in Zivilsachen) ab.
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Aus den Erwägungen: |
Erwägung 2 |
"§ 4 Der Genossame Lachen gehören Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Lachen, Altendorf und Galgenen als Genossenbürger an, die infolge Geburt, Abstammung oder Adoption einen nachbezeichneten Familiennamen tragen und gleichzeitig Mitglieder oder Nachkommen der bisher im Genossenregister eingetragenen Familien sind.
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Die Familiennamen sind Schwiter (Schwyter), Stählin, Marty, Hegner, Rauchenstein, Spieser, Schwander, Kessler und Gruber.
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§ 5 Der Verlust des angestammten Gemeindebürgerrechts von Lachen, Altendorf oder Galgenen hat den Verlust der Zugehörigkeit zur Genossame zur Folge.
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Ausgenommen hiervon sind die von Genossenbürgern abstammenden Töchter, welche infolge Heirat vor dem 1.1.1998 das Bürgerrecht der Gemeinde Lachen, Altendorf oder Galgenen verloren und dieses nicht wiedererlangt haben.
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§ 6 Genossenbürger behalten das Genossenbürgerrecht, auch wenn sie durch Heirat oder Namenswahl (Art. 30 und Art. 160 Abs. 2 ZGB) nicht mehr Träger eines Genossengeschlechtes sind.
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"§ 5 Mitglieder der Genossame Lachen sind
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a) Personen, die im Genossenregister der Genossame Lachen als passive oder aktive GenossenbürgerInnen eingetragen sind.
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b) Personen, welche unmittelbar von einer Person abstammen, die im Genossenregister der Genossame Lachen als passiver/e oder aktiver/e GenossenbürgerIn eingetragen ist.
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Passive GenossenbürgerInnen sind diejenigen Genossenbürger, welche nicht mitverwaltungs- und nutzungsberechtigt sind."
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Die Aufnahmebedingungen lauten neu:
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"§ 6 [Abs. 1] Personen, welche neu ins Genossenregister aufgenommen werden wollen, haben beim/bei der GenossenpräsidentIn ein schriftliches Gesuch einzureichen und darin den Nachweis zu erbringen, dass sie in einem Kindsverhältnis im Sinne von Art. 252 ZGB zu einer im Genossenregister eingetragenen Person stehen."
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In den Übergangsbestimmungen wurde überdies festgelegt:
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"§ 35 Im Rahmen einer Übergangsregelung überprüft der Genossenrat bis Ende 2010 jährlich die Richtigkeit und Vollständigkeit des Genossenregisters.
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Bei der Überprüfung des Registers auf Richtigkeit und Vollständigkeit hält er sich an folgende Regel:
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a) Der Genossame Lachen gehören Bürgerinnen und Bürger der Gemeinden Lachen, Altendorf und Galgenen an, die infolge Geburt und Adoption einen nachbezeichneten Familiennamen tragen und gleichzeitig Mitglieder oder Nachkommen der bisher im Genossenregister eingetragenen Familiennamen sind.
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Die Familiennamen sind Schwiter (Schwyter), Stählin, Marty, Hegner, Rauchenstein, Spieser, Schwander, Kessler und Gruber.
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Der Regierungsrat genehmigte die Statutenänderung im Sinne der Erwägungen. Dabei hielt er insbesondere fest:
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"5.2 Mit dem Erfordernis der unmittelbaren Abstammung von einem im Register eingetragenen passiven oder aktiven Genossenbürger (weiblich oder männlich; § 5 Abs. 1 lit. b [der Statuten]), wird die Aufnahmemöglichkeit auf eine Generation beschränkt. Diese Regelung erscheint insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und der Verwaltungsökonomie vertretbar (...). Ausgeschlossen ist damit die Weitergabe der Mitgliedschaft von Grosseltern an Enkel bzw. von Urgrosseltern an Urenkel. Immerhin wird in der Übergangsbestimmung § 35 der Abstammung von eingetragenen Genossenbürgern bis zurück zum Stichtag 14. Juni 1981 Rechnung getragen."
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3. Da die Beschwerdeführerin aus der Berufung auf Art. 14 EMRK keinen über Art. 8 Abs. 2 BV hinausgehenden Rechtsschutz ableitet, ist ihre Rüge einzig aus bundesverfassungsrechtlicher Sicht zu prüfen. Zudem kommt dem in Art. 14 EMRK verankerten Diskriminierungsverbot - im Gegensatz zu Art. 8 Abs. 2 BV (vgl. BGE 129 I 217 E. 1.1 S. 220) - kein selbständiger Charakter zu, sondern es setzt die Anwendbarkeit einer andern Grundrechtsgarantie der EMRK voraus (BGE 130 II 137 E. 4.2 S. 146). Dies ist vorliegend nicht der Fall (nicht publ. E. 4).
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3.1 Das Gebot rechtsgleicher Behandlung nach Art. 8 Abs. 1 BV ist ein selbständiges verfassungsmässiges Recht. Demnach ist Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Jede Ungleichbehandlung ist durch sachliche Gründe zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, soweit die massgeblichen tatsächlichen Verhältnisse, die einer Regelung oder Entscheidung zugrunde liegen, auch aus verfassungsrechtlicher Sicht verschieden sind. Die hierfür notwendige Wertung richtet sich nach der herrschenden Rechtsauffassung und Wertanschauung. Gemäss Art. 8 Abs. 2 BV darf niemand diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. Die Diskriminierung stellt eine qualifizierte Art der Ungleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Situationen dar (BGE 132 I 68 E. 4.1 S. 74; BGE 129 I 392 E. 3.2.2 S. 397).
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3.4 Zu entscheiden ist einzig, ob der Beschwerdeführerin ungeachtet der statutarischen Anforderungen und direkt gestützt auf Art. 8 Abs. 2 BV ein Anspruch auf Erwerb der Genossenbürgerschaft zusteht.
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3.4.2 Diese Ausgangslage unterscheidet sich wesentlich von derjenigen der Altersgenossen der Beschwerdeführerin, die von einem Genossenbürger oder einer Genossenbürgerin abstammen und damit selber Mitglied sind oder den Eintrag ins Register beanspruchen können, wie dies die Statutenrevision der Beschwerdegegnerin vom 10. November 2006 denn sogar ausdrücklich vorsieht. Auch kann der vorliegende Fall keineswegs mit der vom Bundesgericht am 3. Februar 2006 beurteilten Konstellation verglichen werden. Damals stand die verfassungsmässige Beurteilung der Aufnahmekriterien, nämlich die zivilstandsabhängige Weitergabe von Namen und Bürgerrecht und die damit einhergehende Benachteiligung von Kindern verheirateter Genossenbürgerinnen und lediger Genossenbürgern zur Diskussion (BGE 132 I 68 E. 4.3.4 S. 79); zudem war in jenem Fall das Genossenbürgerrecht der Mutter nicht erloschen. Im vorliegenden Fall geht es um die Abfolge der Generationen, die es zuweilen mit sich bringt, dass bestehende Rechte nicht ohne weiteres und unbegrenzt übertragen werden. Können sie von einem Inhaber nicht weitergegeben werden, so gehen sie verloren, sofern der Gesetzgeber keine entsprechende Rückwirkung anordnet oder kein Eintrittsrecht des Nachkommen vorsieht, wie dies beispielsweise im Erbrecht der Fall ist (Art. 457 Abs. 3 ZGB), oder die gesetzlichen Voraussetzungen zur Wiedererlangung untergegangener Rechte nicht erfüllt sind (vgl. Art. 8b SchlT ZGB betreffend Bürgerrecht der nach altem Eherecht verheirateten Frauen).
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3.4.3 Es besteht somit ein wesentlicher Unterschied zwischen der unmittelbaren und der bloss mittelbaren Abstammung von einem Genossenbürger oder einer Genossenbürgerin. Das verfassungsmässige Diskriminierungsverbot setzt indes eine tatsächliche Ungleichbehandlung voraus, welche im hier zu beurteilenden Fall zwischen Kindern mittelbarer und solchen von unmittelbarer Abstammung von einem Genossenbürger oder von einer Genossenbürgerin gerade nicht gegeben ist. Die Berufung auf die Verfassung kann der Beschwerdeführerin daher nicht zur angestrebten Mitgliedschaft bei der Beschwerdegegnerin verhelfen. Eine Prüfung der weiteren im Rahmen von Art. 8 BV erhobenen Rügen erübrigt sich damit.
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