56. Urteil den I. Zivilabteilung vom 13. Juli 1937 i. S. Dickson gegen "Nordstern" Allgemeine Versicherungs-A.-G.
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Sachverhalt
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A.
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Der Kläger, Farlie Dickson, schickte sich am 10. Dezember 1933 etwa um 23 Uhr vor der Righini-Bar in Zürich 1 an, mit Bekannten in einem Taxameter-Auto der Firma Gebrüder Frey nach Hause zu fahren. Beim Einsteigen (durch die hintere Türe) umfasste er den Mittelbalken der Karosserie. In diesem Moment wurde die vordere Türe zugeschlagen und dadurch dem Kläger der Zeigefinger der rechten Hand zerquetscht ; der Finger musste in der Folge bis auf das Grundglied amputiert werden.
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B.
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Unter Hinweis auf Art. 37 und 49 MFG belangte der Kläger vor Bezirksgericht Zürich die Beklagte, "Nordstern", Allgemeine Versicherungs-A.-G., bei der die Firma Gebrüder Frey für ihre Haftpflicht als Autohalterin versichert war, auf Bezahlung eines Betrages von Fr. 15,000. nebst 5% Zins seit 10. Dezember 1933 als Schadenersatz und Genugtuung, welche Forderung er im Verlaufe des Prozesses auf Fr. 7,000. nebst entsprechendem Zins herabsetzte.
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Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage, weil der Unfall nicht durch den Betrieb des Motorfahrzeugs verursacht worden sei ; eventuell bestritt sie die Forderung der Höhe nach.
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C.
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Das Bezirksgericht Zürich wies die Klage durch Urteil vom 8. November 1935 ab.
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Das Obergericht des Kantons Zürich, an welches der Kläger die Sache weiterzog, bestätigte durch Urteil vom 13. November 1936 das abweisende Erkenntnis des Bezirksgerichtes. Es schloss sich der Auffassung an, die im Kommentar Strebel, N. 8 ff. zu Art. 37, vertreten wird. Obwohl der Ausdruck "Betrieb" in Anlehnung an Art. 1 EHG gewählt worden sei, decken sich die beiden Begriffe nicht. Der Betriebsbegriff des Art. 37 MFG müsse aus dieser Bestimmung selbst und den gesetzgeberischen Motiven gewonnen werden. Dabei komme man grundsätzlich zum sogenannten maschinentechnischen Begriff, wonach das Motorfahrzeug im Betrieb sei, wenn die die Maschine bewegenden Kräfte auf dieselbe einwirken. Um auch praktisch ein befriedigendes Resultat zu erzielen und der ratio legis gerecht zu werden, müsse aber noch etwas über den gewöhnlichen Begriff des Maschinenbetriebs hinaus gegangen werden. Einmal sei der Bewegung des Fahrzeuges durch motorische Kraft die Fortbewegung durch seine eigene Kraft gleichzustellen, sodann könne der Betrieb nicht schon dann als beendet angesehen werden, wenn Fahrzeug und Motor zum Stillstand gekommen seien, sondern erst dann, wenn auch die andern Einrichtungen maschineller Art, welche die charakteristische Gefahrenquellen des Automobilbetriebes darstellen, zu funktionieren aufgehört haben. Darnach bilde also die Haftungsgrenze des Art. 37 nicht der Gegensatz von Gefährlichkeit und Ungefährlichkeit, sondern derjenige von Betriebszugehörigkeit und Betriebsfremdheit. Im vorliegenden Falle sei nicht ganz abgeklärt, ob der Motor im Augenblicke, als der Kläger den Türpfosten erfasst habe, im Gang gewesen sei. Hingegen stehe ausser Frage, dass der Unfall weder auf die Bewegung des Autos nach auf eine solche des Motors zurückzuführen sei. Vielmehr habe der Kläger sich beim Einsteigen bücken müssen und sich dabei am Türpfosten gehalten, worauf beim Zuschlagen der Türe der Finger eingeklemmt worden sei. Diese Tatsachen hätten mit dem Betrieb des Motorfahrzeugs gemäss Art. 37 MFG nichts zu tun, sondern seien lediglich bedingt gewesen durch die Konstruktion des Autos. Die Haftpflicht der Beklagten aus Art. 37 sei daher zu verneinen. Erwägungen darüber, ob eine Haftung aus allgemeinen Verschuldensgrundsätzen in Betracht käme, seien nicht anzustellen, da der Kläger hiefür nichts vorgebracht habe.
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D.
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Gegen das obergerichtliche Urteil hat der Kläger die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Aufhebung des Urteils und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Festsetzung des Quantitativs.
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Die Beklagte hat Abweisung der Berufung beantragt.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
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Der Halter eines Motorfahrzeugs haftet nach Art. 37 Abs. 1 MFG für den Schaden, wenn durch den Betrieb des Fahrzeugs ein Mensch getötet oder verletzt, oder Sachschaden verursacht wird.
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Dieser Betriebsbegriff kann auf jeden Fall nicht identisch sein mit demjenigen des Art. 1 EHG, wenn auch feststeht, dass der Ausdruck aus dieser Bestimmung herübergenommen wurde. Unter Betrieb im Sinne von Art. 1 EHG wird nicht der Betrieb eines Eisenbahnzuges oder eines einzelnen Wagens verstanden, sondern der (technische) Betrieb der ganzen Eisenbahnunternehmung, die Summe der Einzeltätigkeiten, die der Beförderung von Personen und Sachen auf dem Schienenweg oder der unmittelbaren Vorbereitung hiezu dienen (BGE 60 II 373 und dort angeführte Entscheidungen ; Strebel, N. 6 zu Art. 37 MFG). Bei Art. 37 MFG dagegen kommt der Natur der Sache nach überhaupt nur der Betrieb des einzelnen Fahrzeugs in Betracht.
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Mit der Vorinstanz und Strebel, N. 8 ff. zu Art. 37, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Motorfahrzeug sich dann im Betrieb befindet, wenn seine maschinellen Einrichtungen, welche die dem Motorfahrzeugverkehr eigentümliche Gefahrenquelle darstellen, also namentlich Motor und Scheinwerfer, im Gange sind, wobei der Fortbewegung des Fahrzeugs durch den Motor diejenige durch die eigene Schwerkraft zum mindesten bei bewusster Ausnutzung gleichgestellt werden muss. Damit hat aber der vorliegende Unfall nichts zu tun. Er ereignete sich bei stillestehendem Wagen und weist auch sonst weder mit dem Betrieb des Motors sofern dieser überhaupt angelassen war noch einer andern maschinellen Einrichtung des Fahrzeugs irgendwelchen Zusammenhang auf, sondern ist allein darauf zurückzuführen, dass sich der Kläger beim Einsteigen mit der Hand am Türpfosten hielt und ein anderer Wageninsasse in diesem Augenblick die Türe zuschlug. Der Kläger will darin trotzdem einen Betriebsunfall sehen, weil das Einsteigen infolge der im allgemeinen niedern Bauart der Automobile in gebückter Haltung zu erfolgen habe, weil ferner die Türen beim Schliessen "geschletzt" werden müssen und weil sie mit scharfen Kanten versehen seien. Allein die Vorinstanzen weisen mit Recht daraufhin, dass diese Bauart keine Besonderheit der Automobile bilde, sondern z.B. auch, schon bei den Pferdedroschken vorhanden gewesen sei. Aber auch abgesehen hievon, handelt es sich dabei auf jeden Fall nicht um maschinelle Einrichtungen, von denen die für die Motorfahrzeuge charakteristischen und für die Anwendbarkeit des Art. 37 MFG massgebenden Verkehrsgefährdungen ausgehen.
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Die Haftung der Beklagten nach Art. 37/49 MFG ist somit zu verneinen.
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Dass die Beklagte als Haftpflichtversicherer der Taxameterfirma unter irgendwelchen andern Gesichtspunkten für den Unfall einzustehen habe, hat der Kläger auch vor Bundesgericht nicht geltend gemacht.
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Demnach erkennt das Bundesgericht :
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Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 13. November 1936 bestätigt.
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