BGE 72 II 91 - Koller und Genossen |
19. Urteil der I. Zivilabteilung |
vom 5. März 1946 |
i.S. Koller und Genossen gegen Dr. Heller und Genossen, sowie die Immobiliengenossenschaft Gewerbegebäude der Stadt Luzern. |
Regeste |
Genossenschaftsrecht. Klagelegitimation: Nur Genossenschaftsmitglieder sind zu Klagen betr. die Rechtsgültigkeit von Beschlüssen über die interne Organisation der Genossenschaft legitimiert (Erw. 1 u. 2). Intertemporales Recht: Selbst nach einem grundsätzlichen Beschluss auf Anpassung der Statuten an das revOR gelten bis zur Annahme der neuen Statuten durch die Generalversammlung in Bezug auf das Stimmrecht die Vorschriften der bisherigen Statuten weiter. Der Richter ist nicht befugt, gestaltend in die Genossenschaft einzugreifen (Erw. 3-6). Auslegung statutarischer Vorschriften über die Bestellung des Vorstandes und den Ausschluss von Mitgliedern (Erw. 7). Ausgabe und Zuteilung neuer Anteilscheine: Nichtigkeit derselben wegen Verstosses gegen die guten Sitten, liegend in irreführender Anbietung der neuen Anteilscheine durch den Vorstand (Erw. 8 a). Übertragung von Anteilscheinen: Zulässigkeit derselben, obwohl sie lediglich erfolgt, um einer Gruppe von Genossenschaftern bei den Beschlüssen über die Anpassung an das revOR eine erhöhte Stimmkraft zu verschaffen ; Frage der Verletzung der Treuepflicht des Genossenschafters (Erw. 8 b). Abberufung von Vorstandsmitgliedern wegen Pflichtverletzung (Erw. 10). |
Sachverhalt |
A. |
§ 5 der Statuten lässt als Genossenschafter sowohl physische als juristische Personen zu, wobei jedoch Kleinhandwerker den Vorzug geniessen. Nach § 11 werden die erforderlichen Mittel durch Ausgabe von Anteilscheinen zu je Fr. 500.-- beschafft, die auf den Namen lauten und nur mit Genehmigung des Vorstandes übertragbar sind ; die Zahl der Anteilscheine ist nicht beschränkt. Gemäss § 20 der Statuten berechtigt der Besitz eines Anteilscheines zur Abgabe einer Stimme an der Generalversammlung ; für je zwei weitere Anteilscheine kann eine Stimme mehr abgegeben werden, jedoch darf ein Mitglied höchstens 1/5 aller Stimmen auf sich vereinigen.
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Der Vorstand besteht nach § 23 aus zwei bis drei für die Dauer von zwei Jahren gewählten Genossenschaftern ; er organisiert sich selbst und ist befugt, von Fall zu Fall oder für die Dauer des Geschäftsjahres zwei bis fünf Mitglieder als Beisitzer beizuziehen. § 24 bestimmt, dass alle nicht ausdrücklich der Generalversammlung vorbehaltenen Geschäfte in die Kompetenz des Vorstandes fallen.
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Gemäss § 33 erhalten die Gründer vom Nettogewinn der Genossenschaft vorweg 10 %, die nach Massgabe ihres Anteilscheinbesitzes unter ihnen zu verteilen sind.
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Die Genossenschaft errichtete im Jahre 1933 auf einem von der Stadt Luzern erworbenen Grundstück ein neues Gewerbegebäude. Die Stadt Luzern gewährte der Genossenschaft hiefür ein zu 4 % verzinsliches Darlehen von Fr. 60,000.--, das durch ein Grundpfand im 2. Rang sichergestellt wurde. Zu den Mietern des Gebäudes, das im September 1933 bezogen wurde, gehörten auch die heutigen Kläger Koller, Hürzeler, Willi, Zettel, Haas, Furrer, Stofer und Ryser.
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2. Im Hinblick auf die Umgestaltung des Genossenschaftsrechts durch das revOR erhob sich die Frage, in welcher Weise die Genossenschaft den Bestimmungen des neuen Rechts angepasst werden solle. Zur Prüfung dieser Frage und Vorberatung der erforderlichen Statutenrevision wählte die Generalversammlung vom 31. März 1937 eine Spezialkommission, die dann aber aus verschiedenen Gründen ihres Amtes nicht walten konnte. Im Jahre 1941 beschloss der Vorstand, dem damals der Kläger Koller, sowie die Beklagten Dr. Heller und Mossdorf angehörten, der Generalversammlung die Umwandlung der Genossenschaft in eine GmbH zu beantragen. Dieser Antrag wurde an der Generalversammlung vom 25. September 1941 behandelt. Vor der Abstimmung hörten die Genossenschafter ein Referat von Rechtsanwalt Dr. Gysin an, der auf Veranlassung einiger Mitglieder beigezogen worden war. Dr. Gysin befürwortete die Beibehaltung der genossenschaftlichen Grundlage. In der hierauf vorgenommenen Abstimmung lehnte die Generalversammlung mit 12 gegen 9 Stimmen den Antrag des Vorstandes ab. Gegen die Umwandlung in eine GmbH sprachen sich sozusagen alle der Genossenschaft angehörenden Handwerker aus, nämlich die Kläger Hürzeler, Willi, Zettel, Kretz, Haas, Furrer, Stofer und Ryser, ferner die Firma A. J. Eggstein Söhne & Cie. Weiter schloss sich auch der Präsident Koller, der bis dahin die von Dr. Heller betriebenen Bestrebungen auf Umgestaltung der Genossenschaft in eine GmbH gebilligt hatte, bei der Abstimmung der Auffassung der übrigen Handwerker an. Die 9 für die Umgestaltung abgegebenen Stimmen entfielen auf die heutigen Beklagten Dr. Heller, Mossdorf und Augustin.
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Die Kläger behaupten, an dieser Versammlung sei weiterhin positiv die Anpassung an das neue Genossenschaftsrecht beschlossen worden und die Generalversammlung habe Dr. Gysin den Auftrag erteilt, einen Statutenentwurf in diesem Sinne auszuarbeiten. Die Beklagten bestreiten, dass diese Beschlüsse von der Generalversammlung gefasst worden seien.
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3. In der Folge erfuhr die Verteilung der Anteilscheine der Genossenschaft verschiedene Änderungen. So trat der Kläger Haas am 28. September 1941 seinen einzigen Anteilschein dem Beklagten Dr. Heller ab. Ferner gab der Vorstand im Oktober/November 1941 vier neue Anteilscheine zu je Fr. 500.-- aus und teilte je zwei derselben den Beklagten Dr. Heller und Mossdorf zu. Sodann wurde an der Vorstandssitzung vom 3. November 1941 davon Vormerk genommen, dass der Beklagte Augustin von Dr. Heller drei und von Mossdorf zwei Anteilscheine erworben habe. Alle diese Änderungen wurden im Anteilscheinverzeichnis eingetragen.
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Der neue Präsident Mossdorf berief auf den 14.April 1942 die IX. ordentliche Generalversammlung der Genossenschaft ein, hauptsächlich zur Abnahme des Jahresberichts und der Rechnung pro 1941. Zu Beginn nahmen an der Versammlung nur die Beklagten Dr. Heller, Mossdorf und Augustin, sowie ein Revisor teil. Im Verlaufe der Sitzung traten mehrere Kläger in Begleitung ihres heutigen Anwalts sowie eines weiteren Nichtmitglieds ins Lokal. Im Namen sämtlicher Kläger gab Koller die Erklärung zu Protokoll ab, dass er nach wie vor Präsident der Genossenschaft sei ; nicht unter seinem Vorsitz gefasste Generalversammlungsbeschlüsse seien daher nicht anzuerkennen. Das Protokoll der Generalversammlung vom 25. September 1941 sei dahin zu berichtigen, dass drei Beschlüsse gefasst worden seien, nämlich die Ablehnung der Umwandlung in eine GmbH, die Beibehaltung der Genossenschaftsform und Anpassung an das neue Genossenschaftsrecht, und endlich die Beauftragung von Dr. Gysin mit der Ausarbeitung eines Statutenentwurfs. Aus den Beschlüssen vom 25. September 1941 folge, dass die seither vorgenommenen Verschiebungen von Anteilen ungültig und nach dem Kopfstimmrecht vorzunehmen seien.
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Da die Aufforderung an die Nichtmitglieder, das Lokal zu verlassen, keinen Erfolg hatte, erklärte Präsident Mossdorf die Fortsetzung der Versammlung als unmöglich und schloss sie.
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Mit Vorstandsbeschluss vom 24. Juli 1942 wurde Koller "in Anwendung der §§ 24 und 10 der Statuten" als Mitglied aus der Genossenschaft ausgeschlossen. Gegen diesen ihm am 27. Juli 1942 zugestellten Beschluss rekurrierte Koller am 5. August 1942 vorsorglich an die Generalversammlung.
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B. |
Mit ihrer am 10. September 1942 eingereichten Klage haben die Kläger die folgenden Begehren gestellt :
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2. Es sei gerichtlich festzustellen, dass seit der ausserordentlichen Generalversammlung vom 25. September 1941 durch die Handlungen der Beklagten Ziff. I keinerlei rechtsgültige Veränderung in der Zusammensetzung des Genossenschaftsvorstandes und des Mitgliederbestandes eingetreten sei ; der Eintrag im Handelsregister des Kantons Luzern gemäss Publikation im SHAB No. 91 vom 22. April 1942 sei rückwirkend zu annulieren, bezw. dahin zu berichtigen, dass Genossenschaftspräsident, wie bis anhin, der Erstkläger sei. Sodann sei festzustellen, dass der Zweitkläger Hürzeler wie bis anhin Beisitzer im Vorstand und die Kläger Ziff. 1 (Koller) und 6 (Haas) nach wie vor Mitglieder seien.
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d) über die Anpassung an das revidierte Genossenschaftsrecht sei nach Kopfstimmrecht aller Mitglieder abzustimmen, und es sei festzustellen, dass sämtlichen Klägern das Stimmrecht zusteht ; eventuell sei festzustellen, dass die Kläger für diese Anpassungsbeschlüsse keine durch die Beklagten Ziff. I seit dem 25. September 1941 bewirkten Änderungen in der Vorstands-, Stimmrechts- und Mitgliederzusammensetzung anzuerkennen haben.
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Die Beklagten beantragten Abweisung der Klage, und zwar hinsichtlich des Klägers Haas mangels Aktivlegitimation, hinsichtlich des Beklagten Augustin mangels Passivlegitimation, hinsichtlich der übrigen Kläger wegen sachlicher Unbegründetheit der Klagebegehren.
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C. |
Da die Genossenschaft durch den Kampf der beiden Mitgliedergruppen aktionsunfähig und infolgedessen in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet wurde, beauftragte das Amtsgericht Luzern mit Verfügung vom 3. August 1944 den Sachwalter Johann Rey als gerichtlich bestellten Sequester für die Dauer des Prozesses mit der Leitung, Verwaltung und Vertretung der Genossenschaft.
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D. |
Mit Urteil vom 27. Oktober 1944 stellte das Amtsgericht Luzern-Stadt fest, dass der Kläger Koller noch Mitglied der Genossenschaft sei ; im übrigen wies es die Klage ab, soweit auf sie eingetreten wurde. In der Urteilsbegründung gelangte das Amtsgericht jedoch zum Schluss, dass auch der Kläger Haas noch Mitglied der Genossenschaft sei ; die Abweisung auch des auf Feststellung der Mitgliedschaft des Haas abzielenden Klagebegehrens im Urteilsdispositiv beruhte somit offensichtlich auf einem Versehen.
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E. |
Gegen dieses Urteil appellierten die Kläger an das Obergericht Luzern mit dem Begehren um Schutz der Klage im vollen Umfang.
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Die Beklagten schlossen sich der Appellation an und beantragten gänzliche Abweisung der Klage.
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F. |
Das Obergericht änderte mit Entscheid vom 4. Juli 1945 das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass das Klagebegehren Ziffer 1 auf Abberufung der Beklagten Dr. Heller und Mossdorf aus dem Vorstand gutgeheissen und der gerichtlich bestellte Sequester angewiesen wurde, die durch diese Abberufung notwendigen Massnahmen zu treffen (Einberufung einer Generalversammlung. zur Behandlung des Rekurses des Klägers Koller gegen seinen Ausschluss und zur Neuwahl des Vorstandes), und insbesondere bis zur Neubestellung des Vorstandes die Genossenschaft zu vertreten. Im übrigen wies das Obergericht die Klage ab, soweit es darauf eintrat.
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G. |
Gegen das Urteil des Obergerichts haben beide Parteien die Berufung ergriffen. Die Kläger beantragen, es seien ausser dem von der Vorinstanz gutgeheissenen Klagebegehren Ziffer 1 auch die Begehren Ziffer 2-7 zu schützen. Die Beklagten ersuchen um gänzliche Abweisung der Klage.
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Erwägungen |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
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Erwägung 1 |
Haas hat seinen einzigen Genossenschaftsanteil am 28. September 1941 an den Beklagten Dr. Heller abgetreten. In der Berufungsschrift der Kläger, S. 19, wird geltend gemacht, diese Abtretung sei rechtsunwirksam, weil Dr. Heller dabei die finanzielle Abhängigkeit des Haas von ihm missbraucht habe. Daraus ist zu schliessen, dass der Kläger Haas offenbar behaupten will, das zwischen ihm und Dr. Heller abgeschlossene Rechtsgeschäft sei als solches wegen Übervorteilung im Sinne von Art. 21 OR, nämlich wegen Ausnützung seiner Notlage durch den Vertragsgegner Heller, ungültig. Allein mit dieser Behauptung kann der Kläger im Berufungsstadium deshalb nicht gehört werden, weil sie neu und darum nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG unzulässig ist. Der Kläger hat zwar schon in der Replikschrift vor 1. Instanz (S. 23 f.) beiläufig bemerkt, er habe seinen Anteilschein nie in Händen gehabt, sondern dieser habe sich immer im Besitz von Dr. Heller befunden, der ihm ein Darlehen gewährt habe. Allein aus diesen Ausführungen konnte die Behauptung einer Ungültigkeit des Abtretungsgeschäftes wegen Übervorteilung nicht herausgelesen werden ; daraus erklärt sich denn auch, dass weder die 1. noch die 2. kantonale Instanz die Frage unter diesem Gesichtspunkt geprüft haben.
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Es kann sich daher höchstens fragen, ob die Abtretung nach Massgabe der Bestimmungen des Genossenschaftsrechtes im allgemeinen oder der Statuten der beklagten Genossenschaft im besonderen gültig erfolgt sei oder nicht. Das Obergericht hat die Prüfung dieser Frage als überflüssig betrachtet mit der Begründung, Gegenstand der Klage sei nicht, ob Haas trotz seines Anteilscheines die Mitgliedschaft mangels einer Kündigung im Sinne von § 9 der Statuten auch weiterhin behalten habe. Wie jedoch die Beklagten zutreffend bemerken, haben sie von Anfang an die Aktivlegitimation des Klägers Haas bestritten, weil dessen Mitgliedschaft infolge der Abtretung erloschen sei. Dieser Rechtsstandpunkt der Beklagten erheischt aber eine Prüfung der erwähnten Frage.
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Nach § 6 lit. c der Statuten ist die Erwerbung mindestens eines Anteilscheines Voraussetzung für die Erlangung der Mitgliedschaft. § 11 lit. c, e und f bestimmen, dass die Anteilscheine nur mit Genehmigung des Vorstandes übertragbar sind, die "auf der Zession selbst" verurkundet sein muss, und dass der Erwerber die Mitgliedschaftsrechte -- abgesehen vom Recht auf Zinsbezug und Rückzahlung des Anteilscheins -- erst mit der Aufnahme in die Genossenschaft erlangt, über die nach § 5 lit. d der Vorstand entscheidet. Das Aufnahmebegehren ist gemäss § 7 innert drei Monaten seit Antritt der Rechtsnachfolge zu stellen.
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Die zwischen dem Kläger Haas und dem Beklagten Dr. Heller vereinbarte Anteilscheinsabtretung ist vom Vorstand in seiner Sitzung vom 3. November 1941 genehmigt und die Genehmigung auf dem Anteilschein verurkundet worden, so dass den Anforderungen der Statuten nach dieser Richtung genügt ist. Die 1. Instanz hat sich jedoch auf den Standpunkt gestellt, es fehle die weiter erforderliche Aufnahme des Erwerbers in die Genossenschaft ; eine solche falle aber, da Dr. Heller bereits Mitglied sei, ohne weiteres dahin. Infolgedessen seien lediglich die Vermögensrechte aus dem Anteilschein auf Dr. Heller übergegangen, die persönlichen Mitgliedschaftsrechte aber beim Kläger Haas verblieben.
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Diese Auffassung ist jedoch abwegig. Das Erfordernis der Aufnahme des Erwerbers eines Anteilscheines ist vielmehr vernünftigerweise ausser Betracht zu lassen, wenn dieser bereits der Genossenschaft angehört, und der Rechtsübergang ist mit der Genehmigung der Übertragung durch den Vorstand und deren statutengemässe Verurkundung als perfekt anzusehen. Sonst wäre ja eine auch die persönlichen Mitgliedschaftsrechte umfassende Übertragung von Anteilscheinen unter Mitgliedern der Genossenschaft überhaupt ausgeschlossen. Eine derartige Regelung darf aber nicht als gewollt vorausgesetzt werden. Die mit dem abgetretenen Anteilschein verbundenen persönlichen Mitgliedschaftsrechte, insbesondere das Stimmrecht, sind daher auf den Beklagten Dr. Heller übergegangen und gleichzeitig ist die Mitgliedschaft des Klägers Haas, der nur einen einzigen Anteilschein besass, erloschen. Dem kann nicht etwa entgegengehalten werden, es fehle an einer Kündigung im Sinne von § 9 der Statuten durch Haas. Indem er seinen einzigen Anteilschein an Dr. Heller abtrat, gab er implicite auch die Erklärung ab, aus der Genossenschaft austreten zu wollen ; diesem Begehren gab der Vorstand mit der Genehmigung und Verurkundung der Abtretung statt. Einer ausdrücklichen Kündigung im Sinne von § 9 der Statuten bedarf es nur, wenn ein Mitglied aus der Genossenschaft austreten will, ohne gleichzeitig seinen Anteilschein auf einen Dritten zu übertragen, sowie wenn der Vorstand die Genehmigung einer ihm zur Kenntnis gebrachten Abtretung verweigert.
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War somit Haas zur Zeit der Klageerhebung nicht mehr Mitglied der Genossenschaft, so ist das auf Feststellung seiner Mitgliedschaft gerichtete Klagebegehren abzuweisen. Als Nichtmitglied fehlt ihm sodann die Aktivlegitimation in Bezug auf die übrigen Klagebegehren ; denn diese betreffen durchwegs interne Rechtsbeziehungen der Genossenschaft, die Frage, ob bestimmte Organhandlungen für die übrigen Genossenschafter verbindlich seien, die Auslegung von Beschlüssen über die interne Verfassung der Genossenschaft usw. Zur Stellung solcher Begehren kann aber der Natur der Sache nach nur legitimiert sein, wer Mitglied der Genossenschaft ist. Dass dem Kläger Haas sonst ein Rechtsanspruch gegen die Beklagten zustehe, für den eines der Klagebegehren von präjudizieller Bedeutung wäre, behauptet er selber nicht. Seine Klage ist deshalb auf der ganzen Linie abzuweisen.
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Erwägung 2 |
Abgesehen davon, dass beim Fehlen der Passivlegitimation die Klage materiell abzuweisen und nicht nur das Eintreten darauf abzulehnen wäre, ist jedoch die Einrede der mangelnden Passivlegitimation offensichtlich unbegründet. Augustin, der unbestrittenermassen der Genossenschaft als Mitglied angehört, ist jedenfalls insoweit passivlegitimiert, als ihm die Kläger das Stimmrecht aus den Anteilscheinen, die er nach dem 25. September 1941 von Dr. Heller und Mossdorf erworben hat, absprechen wollen.
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Erwägung 3 |
Nach Art. 2 SchI. u. ÜBest. zu dem am 1. Juli 1937 in Kraft getretenen revOR haben Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Genossenschaften des alten Rechts, die den Vorschriften des neuen Gesetzes nicht entsprechen, innert der Frist von 5 Jahren ihre Statuten dem neuen Recht anzupassen. Diese Anpassungsfrist ist in der Folge bis zum 1. Juli 1947 erstreckt worden.
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Die Statuten der beklagten Genossenschaft stehen mit den Bestimmungen des revOR hauptsächlich insofern nicht im Einklang, als sie eine Abstufung des Stimmrechts nach der Zahl der Anteilscheine vorsehen. Nach der zwingenden Vorschrift des Art. 885 revOR hat aber jeder Genossenschafter eine Stimme ; im Zusammenhang mit Art. 854 revOR, wonach die Genossenschafter in gleichen Rechten und Pflichten stehen, soweit sich aus dem Gesetz nicht eine Ausnahme ergibt, folgt hieraus, dass die Genossenschafter im Stimmrecht gleichberechtigt sein müssen. Anteilscheine mit bestimmten Kapitalbeiträgen sind zwar auch bei der Genossenschaft zulässig (Art. 832 Ziff. 2, Art. 333 Ziff. 1 revOR), und nach Art. 853 Abs. 2 kann ein Mitglied, sofern die Statuten diese vorsehen, mehrere Anteilscheine erwerben. Allein im Gegensatz zu der Regelung bei den Kapitalgesellschaften hat die Verschiedenheit der Kapitalbeteiligung auf das Stimmrecht des Mitgliedes keinen Einfluss. Diese Ordnung hat ihren Grund darin, dass im revOR der grundlegende Unterschied zwischen den Kapitalgesellschaften und der Genossenschaft weit schärfer herausgearbeitet ist als dies im aOR der Fall war. Die Form der Genossenschaft ist nach Art. 828 revOR beschränkt auf Körperschaften, die in der Hauptsache die Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder in gemeinsamer Selbsthilfe bezwecken. Das Schwergewicht liegt auf der persönlichen Beteiligung des Mitgliedes am genossenschaftlichen Zusammenwirken, im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften, bei denen die Kapitalbeteiligung als solche im Vordergrund steht und die Struktur der Gesellschaft bestimmt.
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Um ihre bisherige Rechtsform beibehalten zu können, muss die beklagte Genossenschaft daher ihre Statuten durch Beseitigung des abgestuften Stimmrechts den neuen gesetzlichen Bestimmungen anpassen. Soll dagegen das Stimmrecht in der bisherigen Weise mit dem Anteilschein verknüpft bleiben, so ist sie gezwungen, eine andere Rechtsform zu wählen, die eine solche Regelung zulässt.
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Während der Übergangszeit, d.h. bis nach vollzogener Anpassung an das neue Recht, untersteht die Genossenschaft gemäss Art. 2 Schl. u. ÜBest. dem bisherigen Recht, soweit die Statuten den neuen Bestimmungen widersprechen. Soweit dies nicht der Fall ist, gilt dagegen das neue Recht, es sei denn, dessen Anwendung setze besondere statutarische Anordnungen voraus (vgl. STAUFFER, Kommentar zu den Schl. u. ÜBest., Art. 2 N. 7-9, 33). Für das Stimmrecht und die Kompetenzen der Genossenschaftsorgane sind somit die bisherigen, mit der jetzt geltenden gesetzlichen Ordnung unvereinbaren Vorschriften der Statuten massgebend.
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Erwägung 4 |
4. a) Wie der Darstellung des Tatbestandes zu entnehmen ist, lehnte die Generalversammlung vom 25. September 1941 einen Antrag des Vorstandes auf Umwandlung der Genossenschaft in eine GmbH ab. Nach der Meinung der Kläger hat sich damit die Genossenschaft grundsätzlich dem neuen Recht unterstellt mit der Folge, dass darauf nicht mehr zurückgekommen werden könne und über die weitere Gestaltung der Anpassung nach dem Grundsatze des Kopfstimmrechts abgestimmt werden müsse. Alle Beschlüsse, die der Vorstand nach dem 25. September 1941 auf Betreiben der Beklagten Dr. Heller und Mossdorf zum Zwecke der Verschiebung des Stimmenverhältnisses zwischen Anhängern und Gegnern der Umwandlung in eine GmbH gefasst habe, seien daher ungültig.
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Nicht anders verhielte es sich, wenn die Versammlung vom 25. September 1941 gemäss der Behauptung der Kläger überdies die Anpassung an das neue Recht positiv beschlossen und dem Anwalt der Kläger den Auftrag erteilt haben sollte, einen Statutenentwurf in diesem Sinne auszuarbeiten. Gerade die Erteilung eines solchen Auftrages hätte vielmehr den Willen der Versammlung noch deutlicher zum Ausdruck gebracht, dass über die konkrete Gestaltung der Statuten erst später an Hand des Entwurfes entschieden werden sollte. Ob die beiden von den Klägern behaupteten Beschlüsse gefasst worden sind oder nicht, ist deshalb ohne Bedeutung und kann dahingestellt bleiben.
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c) Der Anwalt der Kläger arbeitete einen Entwurf für neue, dem revidierten Genossenschaftsrecht angepasste Statuten aus, den die Kläger an einer von ihnen auf den 21. April 1942 einberufenen Versammlung annahmen und unterzeichneten. Zu der Versammlung waren auch die Beklagten Dr. Heller, Mossdorf und Augustin eingeladen worden, aber nicht erschienen. Die Kläger vertreten nun die Ansicht, mit der Unterzeichnung des Statutenentwurfs durch sie sei die Anpassung an das neue Genossenschaftsrecht vollzogen. Sie stellen daher mit Ziffer 4 ihres Rechtsbegehrens den Antrag, die Statuten seien auch für die Beklagten als rechtsverbindlich zu erklären. Diesem Begehren kann jedoch nicht entsprochen werden. Die Abänderung der Statuten fällt in die Kompetenz der Generalversammlung. Diese kann gemäss § 16 der Statuten nur vom Vorstand einberufen werden, sei es aus eigener Initiative, sei es auf Begehren von mindestens drei Genossenschaftsmitgliedern. Die Versammlung vom 21. April 1942 ist jedoch nicht vom Vorstand einberufen worden, und die Kläger haben ihm auch kein Begehren darum unterbreitet. Die Versammlung war somit keine Generalversammlung, sondern lediglich eine private Zusammenkunft einer Anzahl von Genossenschaftern, an der überhaupt keine für die Genossenschaft verbindlichen Beschlüsse gefasst werden konnten. Es war deshalb auch keine Anfechtung der an dieser Versammlung gefassten Beschlüsse durch die Verwaltung oder einzelne Genossenschafter notwendig (Art. 891 revOR). Dass die Annahme neuer Statuten durch eine Mehrheit sowohl der Anteilschein- wie der Kopfstimmen die nach Gesetz und Statuten erforderliche Form für die Abänderung der Statuten nicht zu ersetzen vermochte, bedarf keiner weiteren Erörterung. Soweit die Berufung der Kläger sich gegen die Abweisung von Ziffer 4 ihres Rechtsbegehrens durch die Vorinstanz richtet, ist sie daher als unbegründet abzuweisen.
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Erwägung 5 |
Die Kläger sind offenbar der Meinung, dem Richter stehe die Möglichkeit zu, zur Vermeidung eines solchen Resultates im Sinne des Generalversammlungsbeschlusses vom 25. September 1941 rechtsgestaltend einzugreifen und festzusetzen, was unter Anpassung an das neue Genossenschaftsrecht als Statut zu gelten habe. Eine solche Überwälzung korporativen Gestaltungsrechts auf den Richter ist aber mit der gesetzlichen Regelung des Übergangsrechts nicht vereinbar. Danach hat der Handelsregisterführer an Hand der ihm eingereichten Anmeldungen und Belege zu untersuchen, ob eine mit dem neuen Recht in Einklang stehende Ordnung der Statuten erfolgt sei. Dabei hat er die rechtliche Tragweite der über die Statutenrevision gefassten Beschlüsse zu prüfen und darüber zu entscheiden, unter Vorbehalt des Rekurses an die kantonale Aufsichtsbehörde (Art. 3 HRegV) und der verwaltungsgerichtlichen Beschwerde an das Bundesgericht (Art. 99 I lit. b OG). Sind Bestand und Inhalt gefasster Beschlüsse zwischen den Beteiligten streitig, so ist denkbar, dass der Registerführer ihnen eine Frist zur gerichtlichen Abklärung des Sachverhaltes setzt. Ebenso kann ein Streit über die rechtliche Tragweite von Anpassungsbeschlüssen von den Interessenten vor Ablauf der Anpassungsfrist vor den Richter gebracht werden. Unter allen Umständen ist der Richter aber nur berufen, die von der Körperschaft gefassten Beschlüsse festzustellen und auszulegen. Dagegen steht ihm nach dem geltenden Recht niemals die Befugnis zu, sich selber an Stelle des für die Statutenrevision zuständigen Organs zu setzen und über den Willen der nach den Statuten erforderlichen Mehrheit hinweg die Art und Weise der Anpassung zu verfügen. Hiezu bedürfte es vielmehr einer ausdrücklichen Ermächtigung durch das Gesetz. Im vorliegenden Falle sind daher die Gerichte mit dem Entscheid, dass eine Änderung der Statuten zum Zweck der Anpassung noch nicht stattgefunden habe, ihrer Aufgabe nachgekommen. Sache der Genossenschafter ist es nun, bis zum Ablauf der oben erwähnten Frist die erforderlichen Vorkehren für die Anpassung zu treffen, wenn sie die Auflösung der Genossenschaft nach Massgabe von Art. 2 Abs. 3 Schl. u. üBest. vermeiden wollen.
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Zu Unrecht glauben die Kläger, eine Befugnis des Richters zu gestaltendem Eingreifen in die Genossenschaft daraus herleiten zu können, dass die Handwerker-Mitglieder, die sich wirklich genossenschaftlich betätigen, zahlreicher sind, als die für eine Umwandlung der Genossenschaft eintretenden, nicht kooperierenden Mitglieder, und dass diese auf Grund der vorgenommenen Verschiebungen im Stimmrecht nur die Liquidation der Genossenschaft herbeizuführen, nicht dagegen eine Umwandlung in eine GmbH zu erzwingen vermögen. Aus der Anweisung an den Registerführer, bei Nichtzustandekommen einer Anpassung an das revidierte Recht die Körperschaft kurzerhand als aufgelöst zu erklären, ergibt sich mit Deutlichkeit, dass kein rechtspolitisches Interesse besteht an der Aufrechterhaltung von Körperschaften, die von der Möglichkeit der Anpassung nicht Gebrauch zu machen im Stande sind. Ist das Nichtzustandekommen einer Anpassung die Folge der bisherigen Struktur der Genossenschaft, so liegt darin eben der Beweis, dass deren kapitalgesellschaftlicher Einschlag ein Mass aufweist, das die Genossenschaftsform nicht mehr als gerechtfertigt erscheinen lässt.
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Unstichhaltig ist auch der weitere Standpunkt der Kläger, das Weiterbestehen der umstrittenen Genossenschaft, die dem Schutz mittelständischer Existenzen diene, liege im öffentlichen Interesse, was durch die Mitwirkung der Einwohnergemeinde Luzern bei der Finanzierung, sowie durch die Beteiligung des Bewerbeverbandes zum Ausdruck komme. Wohl sieht das rev. OR in Art. 926 für Genossenschaften, an denen Körperschaften des öffentlichen Rechts ein öffentliches Interesse besitzen, nach gewissen Richtungen ein Sonderrecht vor. Das ist aber nicht der Fall hinsichtlich des Übergangsrechtes. Ob von einer im öffentlichen Interesse liegenden Beteiligung im Sinne des Art. 926 deswegen gesprochen werden könne, weil die Einwohnergemeinde Luzern der Genossenschaft ein Darlehen gewährt hat, braucht deshalb nicht geprüft zu werden. Auf jeden Fall vermöchte dieses Darlehen am Grundcharakter der Genossenschaft, die in erster Linie die privaten Interessen ihrer Mitglieder zu fördern bestimmt ist, nichts zu ändern.
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Erwägung 6 |
Erwägung 7 |
7. Im weiteren ist zu prüfen, ob die einzelnen, in den Rechtsbegehren Ziffer 2 und 5 aufgeführten Massnahmen aus andern Gründen rechtsunwirksam seien.
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In Bezug auf Rechtsbegehren Ziffer 2 ist in dieser Hinsicht zu bemerken :
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In der Verteilung der Chargen war der Vorstand an keine besonderen Vorschriften gebunden. Er konnte sie also jederzeit ändern. Von dieser Möglichkeit hat er an seiner Sitzung vom 27. März 1942 Gebrauch gemacht und an Stelle des langjährigen Präsidenten Koller das Mitglied Mossdorf mit der Leitung der Genossenschaft betraut. Erfolgte somit diese Umbesetzung im Rahmen der statutarischen Befugnisse des Vorstandes, so kann der Kläger Koller das Amt des Präsidenten heute nicht für sich beanspruchen.
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Bei dieser Rechtslage kann auch Rechtsbegehren Ziffer 3 der Klage nicht geschützt werden, mit dem die Feststellung verlangt wird, dass die vom Vorstand in seiner neuen Zusammensetzung auf den 14. April einberufene Generalversammlung nicht rechtmässig einberufen und geleitet worden sei und dass die von dieser Versammlung gefassten Beschlüsse betr. Abnahme der Jahresrechnung und der Berichte dazu nicht zu Recht bestehen. Da die Umbesetzung des Vorstandes im Rahmen der Statuten in zulässiger Weise erfolgt war, ist auch die Einberufung der Generalversammlung und deren Leitung durch den Beklagten Mossdorf als Präsidenten nicht zu beanstanden und infolgedessen können auch die von der Versammlung gefassten Beschlüsse nicht aus formellen Gründen als ungültig angesehen werden.
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b) Im weiteren verlangen die Kläger in Rechtsbegehren Ziffer 2 die Feststellung, dass der Kläger Hürzeler nach wie vor Beisitzer sei, weil seine mit Vorstandsbeschluss vom 27. März 1942 erfolgte Ersetzung keine rechtliche Wirkung gehabt habe. Auch dieses Begehren ist jedoch unbegründet. Hürzeler war vom Vorstand auf Grund von § 23 der Statuten als Beisitzer bezeichnet worden. Diese Vorschrift räumt dem Vorstand die Befugnis ein, entweder von Fall zu Fall oder für die Dauer eines Geschäftsjahres 2-5 Genossenschafter als Beisitzer beizuziehen. Dass Hürzeler für ein bestimmtes Geschäft zugezogen worden sei, wird von keiner Seite behauptet. Seine Amtsdauer erstreckte sich somit auf ein Geschäftsjahr, das mit dem Kalenderjahr zusammenfällt. Dagegen verschaffte ihm die Zugehörigkeit zum Vorstand im Jahre 1941 keinen Anspruch auf eine Wiederwahl für das Jahr 1942. Der Vorstand ist vielmehr in der Auswahl seiner Beisitzer frei. Er hat somit in keiner Weise gegen Gesetz oder Statuten verstossen, wenn er andere Beisitzer bezeichnete, selbst wenn er sich dabei von deren Einstellung in der Frage der Anpassung leiten liess.
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Bei der Prüfung dieses Streitpunktes ist davon auszugehen, dass nach § 10 lit. a der Statuten der Vorstand befugt ist, unter bestimmten Voraussetzungen ein Mitglied nach vorgängiger, auf 10 Tage befristeter Mahnung auszuschliessen. Der Ausgeschlossene kann innert 10 Tagen gegen den Ausschluss an die nächste ordentliche Generalversammlung rekurrieren. Da diese Regelung mit der in Art. 846 revOR übereinstimmt, gelangt gemäss Art. 2 Schl. u. ÜBest. auf den Ausschluss von Mitgliedern und die damit zusammenhängenden Fragen das neue Recht zur Anwendung. Danach steht dem Ausgeschlossenen zwar das Recht zu, gegen den Ausschluss den Richter anzurufen. Allein nach der zwingenden Vorschrift des Gesetzes ist dies erst zulässig, wenn die Generalversammlung den vom Vorstand verhängten Ausschluss bestätigt hat. Die Möglichkeit oder sogar Wahrscheinlichkeit, dass die Generalversammlung gleich entscheide wie der Vorstand, kann nicht dazu führen, dem Ausgeschlossenen die direkte Anrufung des Richters zu gestatten. Die Anfechtung des Ausschlusses durch den Kläger Koller muss deshalb als verfrüht abgewiesen werden.
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Koller hat innert nützlicher Frist den Rekurs an die Generalversammlung erklärt, dazu aber bemerkt, dies geschehe nur vorsorglich, da er schon damals den im vorliegenden Prozess vertretenen, nun als unzutreffend erklärten Standpunkt einnahm, der Vorstand habe nach dem 25. September 1941 keine Änderungen in der Vorstands-, Mitglieder- und Stimmrechtszusammensetzung vornehmen können. Trotz diesem Vorbehalt Kollers wäre es jedoch die Pflicht des Vorstandes gewesen, den Rekurs der Generalversammlung vorzulegen. Er hat aber in dieser Hinsicht nichts vorgekehrt. Dies ist um so mehr zu beanstanden, als nach den Statuten bis zum Entscheid der Generalversammlung alle Mitgliedschaftsrechte des ausgeschlossenen Genossenschafters ruhen, während doch das korporative Leben gleichwohl seinen Fortgang nehmen muss und die Generalversammlung daher unter Umständen weittragende Beschlüsse zu fassen hat. Zieht man in Betracht, dass der Ausschluss Kollers offenbar in erster Linie auf seine Haltung in der Anpassungsfrage zurückzuführen ist und vor allem dazu dienen sollte, den Einfluss der Beklagten Dr. Heller und Mossdorf zu stärken, so ist die Verschleppung der Angelegenheit durch den Vorstand mit dem daraus folgenden Stimmrechtsentzug für den Kläger Koller während eines ungebührlich langen Zeitraums als rechtsmissbräuchlich zu bezeichnen.
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Erwägung 8 |
8. a) Mit Rechtsbegehren 5 verlangen die Kläger die Feststellung, dass die Erhöhung des Genossenschaftskapitals Fr. 18,000.-- auf Fr. 20,000.-- sowie die Ausgabe und Übertragung von 4 neuen Anteilscheinen im August 1941 rechtsungültig seien. Zur Begründung machen sie im wesentlichen geltend, die Zuteilung der neuen Anteilscheine an Dr. Heller und Mossdorf sei mit unredlichen Mitteln herbeigeführt worden und habe unlauteren Zwecken gedient. Wie diese Begründung zeigt, beanstanden die Kläger nicht so sehr die Erhöhung des Genossenschaftskapitals an sich, als vielmehr die Zuteilung der neu ausgegebenen Anteilscheine an die Beklagten Dr. Heller und Mossdorf. Es ist daher in erster Linie auf diese Frage einzutreten.
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"Traktanden :
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1. ...
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2. Grundsätzliche Beschlussfassung betr. Anpassung der auf Grund von Art. 2 der bundesrätlichen Verordnung vom 29. Dezember 1939 mit einem Stammkapital von Fr. 20,000.--, OR Art. 737 (recte : 773).
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4. ...
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Der Vorstand nimmt bis zum 20. August 1941 Erklärungen auf Übernahme von neuen Anteilscheinen entgegen zu Fr. 500.-- pro Anteilschein (Neuausgabe von insgesamt 4 Anteilscheinen zwecks Erhöhung des Kapitals von Fr. 18,000.-- auf Fr. 20,000.--)."
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Auf Grund dieser Einladung lag es für die Genossenschafter nahe, den Schlussatz mit Ziffer 2 in Zusammenhang zu bringen und anzunehmen, die Erhöhung des Genossenschaftskapitals durch Ausgabe von 4 neuen Anteilscheinen diene der Vorbereitung der Umwandlung der Genossenschaft in eine GmbH. Da bekannt war, dass gegen die Umwandlung eine erhebliche Gegnerschaft bestand, musste es von vorneherein als ungewiss erscheinen, ob es überhaupt zur Ausgabe der neuen Anteilscheine kommen werde. Die Beklagten anerkennen denn auch selber, dass diese Form der Anbietung keine glückliche war und zu Missverständnissen Anlass geben konnte.
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Die Generalversammlung vom 25. August 1941 verschob die Beschlussfassung über die Frage der Umwandlung auf den 25. September, wo die Umwandlung dann bekanntlich abgelehnt wurde. Über die Erhöhung des Genossenschaftskapitals wurde weder am 25. August noch am 25. September gesprochen, und der Vorstand erstattete auch keinen Bericht über die eingegangenen Anmeldungen. Erst an der Vorstandssitzung vom 3. November 1941 wurde laut dem vom Beklagten Dr. Heller verfassten Protokoll davon Kenntnis genommen, dass innert der am 20. August 1941 zu Ende gegangenen Frist nur von Dr. Heller und Mossdorf Anmeldungen auf die Übernahme von je 2 Anteilscheinen eingegangen seien und dass der Ausweis über die Einzahlung von je Fr. 500.-- pro Anteilschein vorliege. Gegenüber Bedenken, die der Beisitzer Hürzeler gegen dieses Vorgehen äusserte, machte Dr. Heller geltend, dass ihm und Mossdorf als den einzigen, die innert der gesetzten Frist Übernahmeofferten eingereicht hätten, ein klarer Rechtsanspruch auf Zuteilung der neuen Anteilscheine zustehe. Ein förmlicher Vorstandsbeschluss wurde über die Zuteilung nicht gefasst. Die 4 Anteilscheine wurden ausgestellt, ohne dass der damalige Präsident Koller dabei mitwirkte, indem drei von einer früheren Anteilscheinausgabe noch vorhandene, bereits unterzeichnete Anteilscheine und ein von der Genossenschaft zurückgekaufter Anteilschein verwendet wurden.
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Das Vorgehen der Beklagten Dr. Heller und Mossdorf kann nun nicht anders denn als eine arglistige Erschleichung und bösgläubige Aneignung der neuen Anteilscheine bezeichnet werden. Wie die Vorinstanz auf Grund der gesamten Umstände feststellt, hatten die beiden Beklagten schon bei der Beschlussfassung über die Ausgabe der neuen Anteilscheine die Absicht, ihre Stimmenzahl im Hinblick auf die erwarteten Schwierigkeiten bei der Abstimmung über die Umwandlung zu verbessern. Nach der Ablehnung der Umwandlung durch die Generalversammlung gingen sie darauf aus, die durch die irreführende Anbietung der neuen Anteilscheine geschaffene Situation in illoyaler Weise zu ihren Gunsten auszunützen. Sich einen auf redliche Weise nicht erreichbaren Vorteil auf solch arglistige Weise zu verschaffen, verstösst aber gegen die guten Sitten und macht gemäss Art. 20 OR die zur Erreichung dieses Zwecks abgeschlossenen Rechtsgeschäfte, hier also die Zuteilung der 4 neuen Anteilscheine durch den Vorstand an die Beklagten Dr. Heller und Mossdorf, nichtig. Die Nichtigkeit ist von Amteswegen zu beachten, sie kann von jedermann geltend gemacht werden, dessen Rechtsstellung durch sie beeinflusst wird, und wirkt gegenüber jedem, der aus dem nichtigen Geschäft Rechte ableitet. Aus diesem allgemeinen Rechtsgrund ist daher sowohl die Passivlegitimation der Beklagten wie die Aktivlegitimation der als Mitglieder der Genossenschaft ausgewiesenen Kläger gegeben.
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b) Die Übertragung von Anteilscheinen durch Dr. Heller und Mossdorf an den Beklagten Augustin, welche die Kläger in diesem Zusammenhang weiter beanstanden, bildet nicht Gegenstand eines besonderen Rechtsbegehrens. In Rechtsbegehren Ziffer 5 d wird lediglich allgemein verlangt, dass die Kläger keine durch die Beklagten seit dem 25. September 1941 bewirkten Änderungen in der Vorstands-, Stimmrechts- und Mitgliederzusammensetzung anzuerkennen haben. Soweit dieses Begehren auch die Übertragung der Anteilscheine von Dr. Heller und Mossdorf an Augustin im Auge haben sollte, ist es jedoch unbegründet. Mit dieser Übertragung, die nach den Statuten zulässig war, gemäss den eingangs gemachten grundsätzlichen Ausführungen auch während des Übergangsstadiums vorgenommen werden durfte und von der Neuausgabe der 4 Anteilscheine unabhängig ist, haben die Beklagten weder gegen das Gesetz oder die Statuten, noch gegen die gute Sitte verstossen. Insbesondere liegt darin entgegen der Auffassung der Kläger auch keine Verletzung der durch Art. 866 revOG den Genossenschaftern obliegenden Pflicht, die Interessen der Genossenschaft in guten Treuen zu wahren. Diese Treuepflicht beurteilt sich in erster Linie nach dem von der Genossenschaft angestrebten Zweck und den dafür von den Statuten vorgesehenen Mitteln. Die hier in Frage stehende Genossenschaft zum Zweck des Baus und Betriebs eines Werkstättengebäudes war nun nicht so gestaltet, dass nur Mitglied werden konnte, wer selber eine Werkstätte bezog, sondern es war von vorneherein auch der Beizug von bIossen Kapitalinteressenten beabsichtigt durch die Ausgabe von Anteilscheinen und die Möglichkeit zum Erwerb einer Mehrzahl von solchen. Es geht deshalb nicht an, schon darum eine Verletzung der Treuepflicht anzunehmen, weil ein Mitglied an der bisherigen Funktion der Anteilscheine festhalten und nur einer Anpassung zustimmen will, welche deren Beibehaltung gestattet. Zur Geltendmachung dieses legitimen Interesses darf es sich im Rahmen des Gesetzes und der Statuten auch des Mittels der Übertragung von Anteilscheinen und der dadurch bewirkten, statutarisch zulässigen Verstärkung seines Stimmrechts bedienen.
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Als unzulässig könnte die Übertragung der Anteilscheine allenfalls angesehen werden, wenn sie dem Erwerber nicht das volle Recht aus dem Titel verschaffen sollte, sondern nur simuliert wäre und einzig den Zweck verfolgt hätte, das Stimmrechtsverhältnis zu Gunsten des wahren Berechtigten zu beeinflussen. Dann würde sich mit Rücksicht auf die Funktion, die nach den Statuten dem Anteilschein zukommt, eine analoge Anwendung der in Art. 691 Abs. 1 revOR für das Aktienrecht aufgestellten Vorschrift aufdrängen, wonach die Überlassung von Aktien zum Zwecke der Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung unstatthaft ist, wenn damit die Umgehung einer Stimmrechtsbeschränkung beabsichtigt wird. Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Übertragung an Augustin bloss simuliert gewesen wäre.
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Erwägung 9 |
Erwägung 10 |
Wie die Vorinstanz zutreffend entschieden hat, beurteilt sich dieses Begehren gemäss der in Art. 2 Schl. u. üBest. aufgestellten Regel nach dem revOR, da die Statuten nach dieser Richtung keine Bestimmungen enthalten. Nach Art. 890 Abs. 2 revOR kann der Richter auf Antrag von wenigstens einem Zehntel der Genossenschafter die Abberufung von Vorstandsmitgliedern verfügen, wenn wichtige Gründe vorliegen, insbesondere wenn die betreffenden Vorstandsmitglieder die ihnen obliegenden Pflichten vernachlässigt haben. Im Gegensatz zu der für den Ausschluss von Mitgliedern in Art. 846 Abs. 3 revOR getroffenen Regelung kann die Abberufung von Vorstandsmitgliedern beim Richter verlangt werden, ohne dass vorerst die Generalversammlung dazu Stellung genommen hat.
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Da im vorliegenden Fall das vom Gesetz geforderte Quorum erreicht ist, kann auf das Abberufungsbegehren materiell eingetreten werden.
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Dabei erhebt sich zunächst die Frage, ob dieses Begehren nicht gegenstandslos sei. Nach § 23 lit. a der Statuten wird der Vorstand auf die Dauer von 2 Jahren gewählt. Die letzte Bestellung fand in der Generalversammlung vom 27. März 1941 statt, so dass die Amtsdauer der Beklagten Dr. Heller und Mossdorf also am 26. März 1943 zu Ende ging. Die gerichtliche Abberufung, die nur ex nunc erfolgen kann, wird also in einem Zeitpunkt wirksam, in dem die Amtsdauer der angefochtenen Vorstandsmitglieder längst abgelaufen ist. Die Vorinstanz hat aber das Abberufungsbegehren gleichwohl materiell behandelt, offenbar deshalb, weil die Klage vor Ablauf der Amtsdauer eingereicht worden war. Ein rechtliches Interesse der Kläger an einer nachträglichen Entscheidung der Abberufungsfrage besteht übrigens schon im Hinblick auf die Frage der Auferlegung der Prozesskosten.
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Nach § 24 der Statuten hat der Vorstand über die Innehaltung der Statuten, sowie über die Beobachtung der Beschlüsse und Anordnungen der Generalversammlung zu wachen. Angesichts der von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen über die Vorgänge bei der Ausgabe und Zuteilung der 4 neuen Anteilscheine kann nun kein Zweifel darüber bestehen, dass die beiden Beklagten die ihnen auf Grund von § 24 der Statuten obliegenden Pflichten verletzt haben. Statt pflichtgemäss im Sinne des Beschlusses vom 25. September 1941 die erforderlichen Vorbereitungen für die Anpassung der Statuten an das neue Recht zu treffen, haben sie sich über diesen Beschluss hinweggesetzt und sich illoyaler Mittel bedient, um diesem Beschluss gegenüber ihren Willen durchzusetzen. Damit haben sie das Vertrauen, die notwendige Grundlage im Verhältnis zwischen Generalversammlung und Vorstand, untergraben. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, ist die Verfolgung eigennütziger Interessen durch ein Vorstandsmitglied anders zu beurteilen, als diejenige eines gewöhnlichen Genossenschafters. Insbesondere darf er die ihm kraft seiner OrgansteIlung zustehenden vermehrten Kompetenzen, die ihm zur Besorgung der Geschäfte der Genossenschaft übertragen worden sind, nicht zur Verfolgung seiner privaten, mit denjenigen anderer Genossenschafter im Widerstreit liegender Interessen ausnützen. Das Abberufungsbegehren der Kläger ist daher begründet.
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Die Verwendung von bereits unterzeichneten Anteilscheinen, die die Kläger als betrügerisches Vorgehen bezeichnen, hätte an sich zur Schaffung eines wichtigen Grundes nicht ausgereicht. Dieses Vorgehen hat wegen der dabei möglichen Ausschaltung des widerstrebenden Vorstandsmitglieds Koller die Ausführung des Planes erleichtert. An sich wäre aber eine solche Verwendung bei unanfechtbarem Vorgehen bei der Ausgabe und Zuteilung nicht unstatthaft gewesen.
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Die Vorinstanz hat ferner zur Begründung der Abberufung die Korrespondenz herangezogen, welche der Beklagte Dr. Heller namens der Genossenschaft im Jahre 1938 mit der Justizabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements über die Frage der Anpassung geführt hat. Heller habe dort unter etwas starker Hervorhebung seiner persönlichen Auffassung und unter der unrichtigen Angabe, die Generalversammlung habe im Jahre 1937 beschlossen, keine Anteilscheine mehr herauszugeben, eine für ihn günstige Antwort der Justizabteilung erwirkt, die geeignet gewesen sei, bei den Genossenschaftern eine unrichtige Vorstellung über die Anpassungsmöglichkeit zu erwecken. Aus der Antwort der JustizabteiIung ist aber ersichtlich, dass sie ihrem Bericht die Statuten selber zu Grunde gelegt hat. Es ist nicht anzunehmen, dass die Ausführungen Dr. Hellers auf das Gutachten einen entscheidenden Einfluss ausgeübt haben. Die von den Beklagten in diesem Zusammenhang gerügten sog. Aktenwidrigkeiten sind deshalb für die Entscheidung ohne Belang, so dass auf sie nicht eingetreten zu werden braucht.
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Im Falle der Abberufung hat gemäss Art. 890 Abs. 2 revOR der Richter, soweit notwendig, eine Neuwahl durch die zuständigen Genossenschaftsorgane zu verfügen und für die Zwischenzeit die geeigneten Anordnungen zu treffen. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Neuwahl sind im vorliegenden Falle in Übereinstimmung mit der Vorinstanz als erfüllt anzusehen, da von den drei Vorstandsmitgliedern zwei abberufen worden sind und das Dritte infolge Ausschlusses seine Mitgliedschaftsrechte nicht ausüben kann. Ebenso ist der Vorinstanz darin beizupflichten, dass der vom Amtsgericht bestellte Sequester, der nach der Sachlage weiterhin mit der Führung der Geschäfte der Genossenschaft beauftragt bleiben muss, mit tunlichster Beschleunigung eine Generalversammlung einzuberufen hat, die vorerst den Rekurs des Klägers Koller gegen seinen Ausschluss zu behandeln und sodann die Neuwahlen für den Vorstand zu treffen haben wird.
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Erwägung 11 |
Dispositiv |
Demnach erkennt das Bundesgericht : |
2. In teilweiser Gutheissung der Berufung der Kläger wird die Übertragung von 4 neuen Anteilscheinen an die Beklagten Dr. Heller und Mossdorf im Herbst 1941 als rechtsungültig erklärt.
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