BGE 80 II 378 |
59. Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Oktober 1954 i. S. von Grünigen gegen Imobersteg und Mitbeteiligte. |
Regeste |
Ermittlung der Grundstücksgrenzen beim Fehlen von Grundbuchplänen (Art. 668 ZGB). |
Abgraben von Quellen. Voraussetzungen des Schadenersatzes (Art. 706 ZGB) und der Wiederherstellung des frühern Zustandes (Art. 707 Abs. 1 und 2 ZGB). Umfang des Schadenersatzanspruchs bei absichtlichem Abgraben einer erheblich benutzten Quelle (Art. 706 ZGB). |
Sachverhalt |
A.- Südöstlich der Bahnstation Saanenmöser liegen am Abhang der Saanerslochfluh in einer Höhe von 1500 bis 1600 m die Alpen Hasenloch und Kübeli. Die erste ist im Grundbuch von Saanen als Eigentum des Theodor von Grünigen eingetragen, die zweite, die im Osten an die erste angrenzt, im Grundbuch von Zweisimmen als Miteigentum von Rosette Imobersteg-Zeller, Alfred Zeller und Elise Zeller. Die Schranke der beidseitigen Bewirtschaftung bildet ein Zaun, der westlich der Gemeindegrenze zwischen Saanen und Zweisimmen, also auf Saanerboden, ungefähr in der Fallrichtung des Abhangs von Süden nach Norden verläuft. Einem vertieften Wiesengrunde auf der Westseite dieses Zauns entsprang in zwei Aufstössen die sog. Hasenlochquelle, deren Wasser wenig unterhalb des Austritts durch einen quergelegten Baumstamm zu einem Teichlein gestaut wurde, bevor es in einem natürlichen Graben auf der Westseite des Zauns zu Tal floss. Vereinzelte Messungen der Wassermenge ergaben 80 bis über 190 Minutenliter.
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B.- Im Jahre 1948 zeigten die Gemeindebehörden von Saanen Interesse für den Erwerb der Hasenlochquelle. Sowohl bei Theodor von Grünigen als auch bei Hans Imobersteg, dem Ehemann von Frau Rosette Imobersteg-Zeller, erfolgten Sondierungen, die aber einstweilen nicht zum Ziel führten.
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Anfangs November 1948 hob Imobersteg, von einem Brunnengraber und mehreren Arbeitern unterstützt, in der Nähe der Quelle wenig östlich des Zauns einen Graben aus und erstellte eine Quellfassung. Aus dem nicht wieder zugedeckten untern Teil des Grabens leitete er das Wasser unter dem Zaun hindurch in den alten Abflussgraben. Infolge dieser Arbeiten ging die Wasserführung der Hasenlochquelle stark zurück.
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C.- Am 15. September 1949 reichte Theodor von Grünigen beim Appellationshof des Kantons Bern gegen die drei Miteigentümer der Kübelialp Klage ein, mit der er u.a. geltend machte, dass die Beklagten auf Saanerboden kein Eigentum besitzen und dass die streitige Quelle auf seinem Lande entspringe, und die Verurteilung der Beklagten zur Wiederherstellung des frühern Zustandes, eventuell zu Schadenersatz verlangte.
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Der Appellationshof nahm einen Augenschein, verhörte zahlreiche Zeugen und holte mehrere Gutachten ein (bei Ing. Peter ein quellentechnisches Gutachten, bei Viehzüchter Küng und hernach bei Landwirt Abbühl und Ing. agr. Luterbacher betriebswirtschaftliche Gutachten). Am 23. Februar 1954 hat der Appellationshof erkannt:
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1. Es wird davon Akt genommen und dem Kläger Akt gegeben, dass Fürsprecher Maurer in der heutigen Hauptverhandlung namens der Beklagtschaft erklärt hat, "die Beklagten seien ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereit, von der streitigen Quelle ein Quantum von 15 Minutenlitern Wasser der Klägerschaft zuzuleiten und auf Kosten der Beklagtschaft eine entsprechende Anlage zu errichten, nämlich einen Teilstock, von welchem 15 Minutenliter abgetrennt und dem Kläger zugeführt werden. Die Beklagten seien ferner bereit, der Gegenpartei ein dingliches Quellenrecht in dem Sinne einzuräumen, dass sie berechtigt sein soll, aus der streitigen Quelle diese 15 Minutenliter zu beziehen. Diese 15 Minutenliter stellen die Gesamtmenge dar, die abgegeben wird, inclusive das bereits fliessende Wasser."
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2. Sofern weitergehend, wird die Klage abgewiesen.
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D.- Gegen dieses Urteil hat der Kläger die Berufung an das Bundesgericht erklärt.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
(1.-3. Vorfragen).
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Nach Art. 668 Abs. 1 ZGB werden die Grenzen durch die Grundbuchpläne und die Abgrenzungen auf dem Grundstück selbst angegeben. Widersprechen sich die bestehenden Grundbuchpläne und die Abgrenzungen, so wird nach Abs. 2 von Art. 668 die Richtigkeit der Pläne vermutet.
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Grundbuchpläne stehen im vorliegenden Falle nicht zur Verfügung, weil im fraglichen Gebiet die Grundbuchvermessung noch nicht durchgeführt ist. Von den in Art. 668 genannten Grenzbezeichnungen kommen also nur die Abgrenzungen auf dem Grundstück selbst in Betracht. Daneben sind, wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, die im Grundbuch und in Erwerbsurkunden enthaltenen Liegenschaftsbeschreibungen und das Wissen der Ortsbevölkerung zu berücksichtigen.
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In Kaufbriefen über den "Kübeliberg" aus den Jahren 1813, 1845, 1852 und 1855 findet sich neben der Angabe, dass dieser an den Hasenlochberg grenze, auch die Angabe, dass er teils (zum grössern Teil) im Amt Obersimmental (oder im Untergerichtsbezirk Zweisimmen, in der Gemeinde Zweisimmen), teils (zum kleinern Teil) im Amte (oder Untergerichtsbezirk) Saanen liege. Er reichte also seinerzeit sicher auf Saanergebiet hinüber. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich an diesem Zustande (der übrigens, wie ein Blick auf die Karte zeigt, der natürlichen Geländegestaltung entspricht) seither etwas geändert habe. Da die Liegenschaften Kübeliberg und Hasenlochberg heute noch aneinander stossen, könnten die Beklagten oder ihre Rechtsvorgänger das Eigentum am streitigen Boden westlich der Gemeindegrenze nur dadurch verloren haben, dass der Kläger oder einer seiner Rechtsvorgänger dieses Land erworben hätte. Dass dies geschehen sei, wagt der Kläger selber nicht positiv zu behaupten. Im Gegenteil hat er noch am 15. März 1948 bei Gelegenheit einer Auseinandersetzung, die dadurch entstanden war, dass er an der östlichen Böschung des Grabens unterhalb der Hasenlochquelle Tannen gefällt hatte, dem Beklagten Alfred Zeller geschrieben, zwischen Hasenloch und Kübelialp bilde entgegen der Ansicht Zellers nicht der Graben, sondern nach wie vor der Zaun die Grenze, und diese dem Ostrand des Grabens folgende Abschrankung steht eben nicht auf der Gemeindegrenze, sondern westlich davon. Im Prozess suchte er dann allerdings diese ihm unbequem gewordene Erklärung mit der Behauptung zu entkräften, er habe von seinem Vater gehört, dass die Liegenschaftsgrenze der Amts- (und Gemeinde-) Grenze entlang verlaufe, und irrtümlich angenommen, der Zaun stehe auf der Amtsgrenze. Dies ändert aber nichts daran, dass er das Land östlich des ihm bekannten Zauns vor dem Prozess immer als Bestandteil der Liegenschaft Kübeliberg betrachtete. Dieser Auffassung war auch sein Vater; denn nach den Aussagen des Zeugen Müller, auf welche die Vorinstanz abstellt, sagte Vater von Grünigen immer, der Zaun bilde die March zwischen Hasenloch und Kübelialp. Auf Grund einlässlicher Beweiswürdigung hat die Vorinstanz ausserdem die für das Bundesgericht verbindliche Feststellung getroffen, dass der Zaun "seit Menschengedenken und soweit die unmittelbare Überlieferung zurückreicht, stets die Grenze der Bewirtschaftung der beiden Grundstücke gebildet" hat und dass ein anderer Verlauf der Grenze nicht nachgewiesen sei. Aus alledem konnte sie ohne Bundesrechtsverletzung schliessen, dass jedenfalls im Bereich der Quelle der im Plan B (Situationsplan 1:100 der Hasenlochquelle) eingezeichnete, dem Zaun folgende Grenzverlauf der wirkliche sei, m.a.W. dass hier der Zaun Grenzzaun sei. Wenn die nach dem Jahre 1855 erstellten Urkunden und das Grundbuch das Hinübergreifen der Liegenschaft Kübeliberg auf Saanerboden nicht mehr erwähnen, so muss dies bei der gegebenen Sachlage auf ein blosses Versehen zurückgeführt werden.
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Vergeblich beruft sich der Kläger darauf, dass beim Grundbuchamt Saanen für die Liegenschaft Kübeliberg kein Grundblatt vorhanden ist, auf dem die Beklagten als Eigentümer eingetragen wären. Dieser Umstand verbietet es keineswegs, die Beklagten als Eigentümer von Land auf Saanerboden anzuerkennen. Liegt ein Grundstück in mehrern Kreisen, so ist es nach Art. 952 ZGB in jedem Kreis in das Grundbuch aufzunehmen. Die Anmeldungen und rechtsbegründenden Eintragungen erfolgen nach Abs. 2 dieser Bestimmung in dem Grundbuch des Kreises, in dem der grössere Teil des Grundstücks liegt. Abs. 3 schreibt schliesslich vor, dass die Eintragungen in diesem Buch den andern Ämtern vom Grundbuchverwalter mitzuteilen sind. Der grössere Teil der Liegenschaft Kübeliberg liegt in der Gemeinde Zweisimmen. Die Beklagten haben also mit der Eintragung ihres Erwerbs im Grundbuch von Zweisimmen nach Art. 952 Abs. 2 (in Verbindung mit Art. 656 Abs. 1) ZGB das Eigentum an dieser Liegenschaft erworben. Der Umstand, dass im Grundbuch von Saanen entgegen Abs. 1 kein Blatt für den "Kübeliberg" besteht und der Grundbuchverwalter von Zweisimmen an das Grundbuchamt Saanen keine Mitteilung im Sinne von Abs. 3 erlassen hat, bedeutet eine Ordnungswidrigkeit, die nichts daran ändern kann, dass die Liegenschaft teilweise auf dem Gebiet der Gemeinde Saanen liegt und den Beklagten gehört.
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Art. 971 ZGB, den der Kläger anruft, hat mit dem vorliegenden Falle nichts zu tun. Es ist nicht zu entscheiden, welche dinglichen Rechte den Beklagten an der Liegenschaft Kübeliberg zustehen, sondern der Streit geht darum, wie weit diese unstreitig im Eigentum der Beklagten stehende Liegenschaft sich erstrecke.
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Es kann schliesslich auch keine Rede davon sein, dass die Beklagten das Ersitzungsverfahren nach Art. 662 ZGB einleiten sollten, auf das der Kläger sie verweisen möchte. Die Beklagten besitzen nicht ein Grundstück, das nicht im Grundbuch aufgenommen ist oder dessen Eigentümer aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist oder bei Beginn der Ersitzungsfrist tot oder für verschollen erklärt war, sondern das in Frage stehende Grundstück, der "Kübeliberg", ist im Grundbuch (wenn auch nur in demjenigen von Zweisimmen) als ihr Eigentum eingetragen.
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Es bleibt also dabei, dass im Gebiet der streitigen Quelle der Zaun die Grenze zwischen den Liegenschaften der Parteien bildet.
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5. Da somit feststeht, dass die streitige Quelle auf der Liegenschaft des Klägers entsprang und die Beklagten die Grabung, die dieser Quelle Wasser entzog, auf ihrem Boden vorgenommen haben, beurteilen sich die auf Wiederherstellung oder Schadenersatz gerichteten Klagebegehren nach Art. 706/707 ZGB. Diese Bestimmungen ordnen die Rechtsfolgen einer solchen Grabung abschliessend. Die Bestimmungen über den Besitzesschutz (Art. 926 ff.), auf die der Kläger sich beruft, sind nicht anwendbar, weil fliessendes Wasser kaum Gegenstand des Besitzes sein kann und der Besitz am Quellgrundstück auf jeden Fall nicht die die Quelle speisenden unterirdischen Wasserläufe ergreift, die durch die Grabung auf dem Nachbargrundstück abgeleitet wurden. Wenn die Auffassung des Klägers richtig wäre, dass das Vorgehen der Beklagten angesichts der nicht vollständigen Erfassung des im Quellgebiet vorhandenen Wassers und der Ableitung des gewonnenen Wassers auf sein Grundstück gar keine Abgrabung im Sinne von Art. 706 f. darstelle, würden also seine Ansprüche auf Wiederherstellung oder Schadenersatz jeder Grundlage entbehren. Seine Auffassung ist jedoch ohne Zweifel unrichtig. Es handelt sich um einen klassischen Fall der Abgrabung. Dass derjenige, der nach Wasser gräbt, dieses vollständig fasst und nutzt, ist nicht Voraussetzung für die Anwendung von Art. 706/707 ZGB.
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Unter einer Fassung ist nach BGE 44 II 477 eine künstliche Einrichtung zu verstehen, die aus dem Erdinnern Wasser zutage fördert, es zum Zwecke der Weiterleitung sammelt und weiterführt. Zum mindesten muss es sich um eine Vorrichtung handeln, die aus dem Erdinnern kommendes Wasser zusammenfasst, um es einem bestimmten Orte zuzuleiten. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Damit, dass in einer Entfernung von 7-11 m von den Quellaufstössen ein Baumstamm über den Wasserablauf gelegt wurde, ist keine solche Vorrichtung erstellt worden. Das Wasser wurde durch diese Massnahme nicht zum Zwecke der Weiterleitung zusammengefasst, sondern nur in primitiver Weise gestaut und dann sich selber überlassen. Im Falle BGE 64 II 340ff. hat denn auch niemand daran gedacht, dass es sich beim "bassin" in der Nähe der Quelle, von dem noch Trümmer vorhanden waren, um eine Fassung gehandelt haben könnte.
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Hinsichtlich der Benutzung hat die Vorinstanz verbindlich festgestellt, dass der durch den Baumstamm aufgestaute Tümpel dem auf der Hasenlochalp weidenden Vieh zur Tränke diente. Dabei handelte es sich zweifellos um eine Benutzung der Hasenlochquelle (wogegen die Messungen und die Verkaufsverhandlungen, auf die der Kläger sich ausserdem beruft, bei Beurteilung der Frage, ob die Quelle vor der Abgrabung benutzt worden sei, keine Rolle spielen). Ob diese Benutzung als erhebliche im Sinne von Art. 706 zu betrachten sei, beurteilt sich nach der Intensität des Bedürfnisses, dem die Quelle diente (LEEMANN, 2. Aufl., N. 11, und HAAB N. 7 zu Art. 706/707). Künftige Bedürfnisse, insbesondere solche, die sich aus einer bessern Bewirtschaftung des durch die Quelle mit Wasser versorgten Grundstücks ergeben, sind nicht zu berücksichtigen. Bei Prüfung der Frage, ob das bisher befriedigte Bedürfnis so intensiv gewesen sei, dass die Benutzung als erhebliche bezeichnet zu werden verdient, darf dagegen billigerweise kein zu strenger Massstab angelegt werden. Durch Fassung oder bisherige Nutzung bekundete Interessen des Quelleigentümers sollen nach der Meinung des Gesetzes grundsätzlich geschützt werden. Mit der Wendung, dass die Benutzung eine erhebliche sein müsse, wollte nur gesagt werden, dass eine bloss gelegentliche Benutzung, wie z.B. gelegentliches Nehmen eines Trunkes im Vorbeigehen, nicht genüge. Dass die Benutzung der Hasenlochquelle in diesem Sinne erheblich war, lässt sich nach dem Gutachten Abbühl und Luterbacher, dem die Vorinstanz folgt, nicht verneinen. Über die Bedeutung dieser Quelle für die bisherige Bewirtschaftung der Hasenlochalp haben diese Experten nämlich festgestellt, "dass die Quelle für die Bewirtschaftung ... vor ... dem Abgraben nötig war ..., da die andern Weidbrunnen unzuverlässig sind." Später schwächten sie diese Feststellung allerdings etwas ab, indem sie erklärten, angesichts der vorhandenen Brunnen könne nicht gesagt werden, das Wasser der Hasenlochquelle sei für die Bewirtschaftung der Alp direkt unentbehrlich, doch wäre die Alp ohne die Quelle weniger wirtschaftlich; man müsste eben sehen, wie man sich sonst behelfen könnte. Auch wenn man sich an diese Äusserungen hält, bleibt es jedoch dabei, dass die Benutzung der Hasenlochquelle zum Tränken des Viehs einem ernstzunehmenden Bedürfnis entsprach.
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Die Beklagten haben dem Kläger daher Schadenersatz zu leisten, sofern sie nicht gemäss Art. 707 zur Wiederherstellung des frühern Zustands angehalten werden können. Da sie die Quelle gemäss Feststellung der Vorinstanz "planmässig", also absichtlich, abgegraben haben und den Kläger selbst kein Verschulden trifft, steht es nicht im Ermessen des Richters, ob und in welchem Umfang Ersatz zu leisten sei, wie es nach Art. 706 Abs. 2 bei Schuldlosigkeit des Abgrabenden oder bei Selbstverschulden des Geschädigten zutrifft. Vielmehr wird, wenn nicht der frühere Zustand wiederherzustellen ist, unter allen Umständen voller Ersatz geschuldet.
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a) Die Vorinstanz hat aus dem Gutachten Abbühl und Luterbacher geschlossen, die Hasenlochquelle sei für die Bewirtschaftung der Hasenlochalp nicht unentbehrlich im Sinne von Art. 707. Im einzelnen führte sie zu diesem Punkte aus, die Quelle sei sicher ein Vorteil für die Bewirtschaftung, aber nicht eine Voraussetzung dafür in dem Sinne, dass sie ohne dieses Wasser aufgegeben werden müsste oder nur sehr unzulänglich oder gestützt auf unzumutbaren sonstigen Aufwand durchgeführt werden könnte. Aus diesen Feststellungen, die im wesentlichen tatsächlicher Natur sind, konnte die Vorinstanz ohne Bundesrechtsverletzung schliessen, dass die Quelle im Sinne des Gesetzes für die gegenwärtige Bewirtschaftung der Alp, die auch hier massgebend ist, nicht unentbehrlich sei.
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b) Wann besondere Umstände im Sinne von Art. 707 Abs. 2 vorliegen, ist eine Frage des Ermessens, die der Richter gemäss Art. 4 ZGB "nach Recht und Billigkeit" zu entscheiden hat.
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In der Lehre wird die Auffassung vertreten, dieser Fall sei dann gegeben, wenn die Wiederherstellung nicht mit grossen Kosten verbunden sei, während sich der Schaden schwer liquidieren lasse (WIELAND N. 3 c zu Art. 706/707), wenn die Wiederherstellung einerseits ohne grosse Kosten sich bewirken lasse, anderseits den wirtschaftlichen Bedürfnissen entspreche, oder wenn die Schädigung eine besonders störende sei (BLASS, Das Quellen- und Brunnen recht, 1910, S. 86, und LEEMANN, 2. Aufl., N. 28 zu Art. 706/707), bezw. wenn sich die Wiederherstellung ohne wesentliche Schwierigkeiten bewerkstelligen lasse oder ein ausnehmend grosser Schaden entstanden sei (HAAB N. 24 zu Art. 706/707). Auf die wirtschaftliche Zweckmässigkeit nahm auch das Bundesgericht in seinem Urteil vom 19. Dezember 1918 i.S. Schnyder gegen Tuchfabrik Wädenswil Rücksicht (Bl. Z. R. 18 Nr. 42 S. 85/86; in BGE 44 II 473ff. ist die fragliche Stelle nicht abgedruckt). Betrachtet man diesen Gesichtspunkt als massgebend, so erscheint im vorliegenden Falle die Wiederherstellung des frühern Zustandes nicht als gerechtfertigt. Sie liesse sich, wenn überhaupt, nicht ohne Schwierigkeiten durchführen (Bericht Peter), und es wäre, wirtschaftlich betrachtet, auch nicht vernünftig, die nun einmal bestehende Fassung zu beseitigen, um eine nur in primitiver Weise genutzte Quelle wieder im frühern Umfang fliessen zu lassen(Falls die Gemeinde sich heute noch für das Wasser interessiert, bestünde die vernünftigste, aber freilich nicht erzwingbare Lösung wohl darin, dass die bestehende Fassung entsprechend der Anregung des Experten Peter durch eine solche auf dem Boden des Klägers ergänzt würde, die das restliche Wasser auffinge, und dass das Wasser beider Fassungen nach einer gemeinsamen, von der Gemeinde zu erstellenden Brunnstube geleitet und die von der Gemeinde aufzuwendende Totalentschädigung zwischen den Parteien geteilt würde.)
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Um das Vorhandensein besonderer Umstände im Sinne von Art. 707 Abs. 2 darzutun, beruft sich der Kläger denn auch weniger auf die wirtschaftliche Zweckmässigkeit als darauf, dass die Beklagten die auf seinem Lande entspringende und von ihm genutzte Quelle planmässig abgegraben haben, um das Wasser der Gemeinde zu verkaufen, mit der er bereits Verhandlungen über einen Verkauf geführt habe, und dass für die Ableitung des - von den Beklagten einstweilen nicht genutzten - Wassers sein Land in Anspruch genommen worden sei. Die Vorinstanz führte hiezu aus, das Abgraben habe einen "unangenehmen Beigeschmack", doch hätten sich die Beklagten dabei innerhalb ihrer Rechte als Grundeigentümer bewegt, sodass darin besondere Umstände im Sinne von Art. 707 Abs. 2 nicht zu erblicken seien. Man kann in der Tat finden, das Vorgehen der Beklagten sei nicht freundnachbarlich, wenn auch zu ihren Gunsten zu berücksichtigen ist'dass sie dem Kläger, bevor sie zur Grabung schritten, gewisse Vorschläge für ein gemeinsames Vorgehen gemacht hatten, die der Kläger ablehnte. Ein Grund zur Anwendung von Art. 707 Abs. 2 ist in ihrem Verhalten aber, wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, nicht zu sehen. Dass die Abgrabung planmässig, d.h. absichtlich erfolgte, hat nur zur Folge, dass voller Schadenersatz geschuldet wird (Art. 706 Abs. 2 e contrario; oben Erw. 6 am Ende). Der Zweck, der mit der absichtlichen Abgrabung verfolgt wurde, würde die weitergehende Sanktion der Wiederherstellung höchstens dann rechtfertigen, wenn es den Beklagten nur darum zu tun gewesen wäre, den Nachbarn zu schädigen. Dies war nicht der Fall. Die Abgrabung erfolgte zu dem an sich legitimen Zwecke des Verkaufes des gewonnenen Wassers. Dass die Beklagten dem Kläger mit dieser Verwertung zuvorzukommen suchten, kann ebenfalls kein Grund dafür sein, sie zur Wiederherstellung des frühern Zustandes zu verurteilen. Das Gesetz erlaubt grundsätzlich jedem Eigentümer, auf seinem Lande nach Wasser zu graben, soweit dadurch nicht dem Nachbarn bereits gefasstes oder in erheblicher Weise benutztes Wasser entzogen wird. Es stellt also den Grundsatz der Priorität auf (BGE 64 II 342). Im Rahmen dieses gesetzlichen Systems kann darin, dass ein Nachbar dem andern bei der Auswertung eines Wasservorkommens den Rang abzulaufen sucht, kein besonderer Umstand im Sinne von Art. 707 Abs. 2 erblickt werden. Ebensowenig ist in dieser Hinsicht der Umstand von Bedeutung, dass die Beklagten das gewonnene Wasser einstweilen in den alten Abflussgraben zurückfliessen lassen (wodurch dem Kläger offenbar kein Schaden entsteht).
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Das Begehren um Wiederherstellung des frühern Zustandes ist daher abzuweisen, ohne dass noch untersucht werden müsste, ob eine solche Wiederherstellung überhaupt möglich sei.
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9. Der Schadenersatzanspruch, auf den der Kläger demnach angewiesen bleibt, geht, wie schon bemerkt, auf Ersatz des vollen Schadens. Als Schaden kommt aber nur die Beeinträchtigung der bisherigen Wassernutzung in Frage. Da die Fassung oder erhebliche Benutzung eine Voraussetzung des in Art. 706 vorgesehenen Schadenersatzanspruchs ist, kann der Schadenersatz nicht über den Ersatz für die wirklich gefasste oder benutzte Wassermenge hinausgehen (vgl. LEEMANN, 2. Aufl., N. 12, und HAAB N. 7 zu Art. 706/707). Der Kläger hat also nicht etwa Anspruch auf Ersatz des Betrags, den er durch Verkauf der Hasenlochquelle vielleicht hätte lösen können, sondern nur auf Ausgleich der Schädigung, die in der Verunmöglichung oder Schmälerung der bisherigen Benutzung liegt. Wieviel Wasser die bisherige Benutzung erforderte, ist eine Tatfrage. Die Annahme der Vorinstanz, dass 15 Minutenliter hiefür ausreichten, ist daher für das Bundesgericht verbindlich. Die Beklagten erklärten sich bereit, dem Kläger diese Wassermenge zu überlassen. Diesen Realersatz anzunehmen, konnte die Vorinstanz dem Kläger ohne Bundesrechtsverletzung zumuten.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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