41. Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. September 1957 i.S. Cadisch gegen Hänny.
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Regeste
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1. Art. 18 Abs. 1 OR. Auslegung einer Vereinbarung zwischen Unternehmer und Besteller, wonach die Versicherung zu Lasten des letztern gehe (Erw. 1).
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Sachverhalt
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A.- Am 23. Februar 1954 versprach Christoffel dem Landwirt Hänny, zu bestimmtem Preise Blockholz aufzurüsten. Die Parteien vereinbarten: "Die Versicherung geht zu Lasten des Arbeitgebers Hänny."
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Am folgenden Tage wandte Hänny sich an die Basler Lebensversicherungsgesellschaft, bei der er wegen seines landwirtschaftlichen Betriebes gegen Unfall und Haftpflicht versichert war. Er versuchte, diese Versicherung gegen Zahlung einer Zuschlagsprämie auf die beim Holzschlag entstehende Unfallgefahr ausdehnen zu lassen, verzichtete dann aber darauf, weil das Taggeld zu niedrig war.
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Christoffel führte die versprochene Arbeit unter anderem mit Hilfe des von ihm angestellten Taglöhners Jakob Cadisch aus. Dieser wurde am 26. Februar 1954 von einem rollenden Baumstamm getroffen und erlitt einen Beinbruch. Eine Unfallversicherung zu seinen Gunsten bestand nicht.
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Nach dem Unfall verhandelte Hänny mit der "Winterthur", um die Arbeiter des Holzschlages gegen Unfall versichern zu lassen.
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B.- Cadisch erhob gegen Christoffel und Hänny Klage mit den Begehren, sie seien jeder allein, eventuell solidarisch zu verurteilen, ihm Fr. 9100.80 Schadenersatz nebst Zins zu bezahlen.
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Das Bezirksgericht Heinzenberg verurteilte Christoffel zur Bezahlung von 2/5 und Hänny zur Bezahlung von 3/5 des eingeklagten Betrages. Es nahm an, die Vereinbarung, wonach die Versicherung zu Lasten des Hänny gehe, sei ein Vertrag zu Gunsten Dritter; die Bemühungen Hännys vor und nach dem Unfall wiesen deutlich darauf hin, dass er die Versicherung aller Arbeiter des Holzschlages als seine Sache betrachtete; auch habe er gewusst, dass der Abschluss einer Versicherung vor Beginn der Arbeit als selbstverständlich angenommen werde, weil er ortsüblich sei.
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Auf Hauptappellation der Beklagten und Anschlussappellation des Klägers wies das Kantonsgericht von Graubünden am 16. Februar 1957 die Klage gegenüber Hänny ab, schützte sie dagegen gegenüber Christoffel im vollen Betrage von Fr. 9100.80 nebst Zins zu 5% von Fr. 2316.80 ab 30. September 1954, von Fr. 249.60 ab 31. Oktober 1954 und von Fr. 6534.40 ab 27. Dezember 1954. Es ist der Auffassung, durch die Vereinbarung, wonach die Versicherung zu Lasten Hännys gehe, sei den Arbeitern nicht die Stellung von Gläubigern eingeräumt worden.
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C.- Der Kläger hat gegen das oberinstanzliche Urteil die Berufung erklärt mit den Begehren, die Beklagten seien solidarisch zur Bezahlung von Fr. 9100.80 nebst Zins zu verurteilen, eventuell Christoffel zur Bezahlung von 2/5 und Hänny zur Bezahlung von 3/5 des eingeklagten Betrages.
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Christoffel hat Anschlussberufung erklärt und beantragt, die Klage sei ihm gegenüber abzuweisen.
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Hänny beantragt, die Berufung sei abzuweisen.
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D.- Durch Entscheid vom 17. Juni 1957 ist das Bundesgericht auf die Berufung des Klägers, soweit sie sich gegen Christoffel richtete, nicht eingetreten und hat festgestellt, dass damit die Anschlussberufung Christoffels dahinfalle und dieser aus dem Berufungsverfahren ausscheide.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Der Wortlaut steht jedoch der gegenteiligen Auffassung des Klägers nicht im Wege. Wenn auch die Wendung, die Versicherung "gehe zu Lasten" des Bestellers, weniger deutlich für dessen Versicherungspflicht spricht, als es in einem andern vom Bundesgericht beurteilten Falle zutraf, wo der Besteller dem Unternehmer die Versicherung der Arbeiter zu "übernehmen" versprochen hatte (nicht veröffentlichtes Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Dezember 1953 i.S. Perrig gegen Volken), so ist doch zu berücksichtigen, dass sie von Laien gebraucht worden ist, die sich nicht so ausgedrückt haben, wie Rechtskundige es täten.
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Dazu kommt, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des Bezirksgerichts, die sich auf die eigenen Anbringen Hännys stützen und vom Kantonsgericht nicht in Frage gestellt werden, der Beklagte sich sowohl vor als auch nach dem Unfalle um den Abschluss einer Versicherung gekümmert hat. Das Bezirksgericht schliesst daraus, ohne Widerspruch des Kantonsgerichts, er sei sich bewusst gewesen, dass der Abschluss eines Versicherungsvertrages seine Sache sei. Damit steht verbindlich fest, dass beide Parteien die Vereinbarung vom 23. Februar 1954 in gleichem Sinne verstanden haben. Nach diesem übereinstimmenden Willen der Parteien, nicht nach den ungenauen Worten, die sie gebraucht haben, bestimmt sich die Verpflichtung des Beklagten (Art. 18 Abs. 1 OR). Dieser war gehalten, die Arbeiter Christoffels gegen die Unfallgefahr zu versichern, der sie beim Holzschlag ausgesetzt waren.
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2. Eine andere Frage ist, ob der Kläger aus der Nichterfüllung dieser Verbindlichkeit Rechte gegen den Beklagten ableiten kann. Dieser bestreitet das mit der Begründung, das Versprechen sei nicht im Sinne des Art. 112 OR zu Gunsten der Arbeiter des Christoffel abgegeben worden. Er stützt sich darauf, dass nur eine sogenannte Erfüllungsübernahme vorliege, die im Zweifel nur als ein dem Schuldner selbst, nicht als ein auch zu Gunsten seines Gläubigers abgegebenes Versprechen auszulegen sei. Ferner macht er geltend, ein Vertrag zu Gunsten Dritter liege auch deshalb nicht vor, weil die vertragsmässige Leistung nicht den Arbeitern zu erbringen gewesen sei, sondern ihnen bestenfalls nur mittelbar habe zugute kommen sollen.
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Letztere Überlegung, die auch das Kantonsgericht macht, hält nicht stand. Die Vorinstanz erwähnt die Tatsache, dass die Prämien der Versicherung, die abzuschliessen Hänny übernommen habe, einer Versicherungsgesellschaft zu bezahlen gewesen und somit den Arbeitern nur mittelbar und nur nach Eintritt eines Unfalles zugute gekommen wären. Dies steht indessen der Annahme, dass Hänny sich zu Gunsten der Arbeiter verpflichtet habe, nicht entgegen. Art. 112 OR schränkt den Vertrag zu Gunsten Dritter nicht auf bestimmte Arten von Leistungen ein. Was der Gegenpartei versprochen werden kann und nicht der Natur der Sache nach durch Leistung an sie erfüllt werden muss, kann auch zu Gunsten eines Dritten versprochen werden. So wie Hänny sich gegenüber Christoffel verpflichten konnte, die Arbeiter gegen Unfall zu versichern, konnte er ihm das daher auch zu Gunsten der Arbeiter versprechen, mit der Wirkung, dass nicht nur Christoffel selber (gemäss Art. 112 Abs. 1), sondern auch jeder Arbeiter (gemäss Art. 112 Abs. 2) einen Erfüllungsanspruch erhielt und im Falle der Nichterfüllung Schadenersatz zu fordern berechtigt war. Aus der Natur der versprochenen Leistung, bestehend im Abschluss eines Vertrages mit einem Vierten, der Versicherungsgesellschaft, folgt nichts anderes. An diesem Abschluss waren die Arbeiter interessiert. Aus der Äusserung bei VON TUHR/SIEGWART, Allgemeiner Teil des schweiz. OR § 82 III Ziff. 11, auf die das Kantonsgericht sich beruft, lässt sich nichts anderes ableiten. Es ist auch nach dieser Literaturstelle in erster Linie eine Frage der Würdigung der konkreten Verhältnisse, ob der Schuldner sich gegenüber dem Dritten habe verpflichten wollen.
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Eine natürliche Betrachtung führt im vorliegenden Falle zum Schluss, dass beide Vertragsparteien ein Forderungsrecht auch den Arbeitern einräumen wollten. Es ist nicht zu ersehen, was Christoffel hätte bewegen können, nicht auch seinen Arbeitern, die der Gefahr von Unfällen ausgesetzt waren und denen der Abschluss des Versicherungsvertrages zugute kommen sollte, einen selbständigen Erfüllungsanspruch gegen Hänny einzuräumen. Er hatte keinerlei Interesse, das gegen ein Forderungsrecht der Arbeiter gesprochen hätte. Ebensowenig ist ersichtlich, was Hänny hätte bestimmen können, ihnen ein solches zu verweigern, wenn Christoffel davon gesprochen hätte. Dass ein Fall von Erfüllungsübernahme vorliege, wie der Beklagte und das Kantonsgericht annehmen, ist nicht richtig. Hänny hat nicht die Erfüllung einer Verbindlichkeit des Christoffel versprochen, sondern sich selbständig zum Abschluss der üblichen Versicherung verpflichtet. Deshalb geht das Kantonsgericht fehl, auf VON TUHR/SIEGWART § 82 III Ziff. 6 zu verweisen, wo gesagt wird, Erfüllungsübernahme sei im Zweifel nur zu Gunsten des Schuldners, nicht zu Gunsten seines Gläubigers gemeint. Wäre es aber noch anders, dann müsste wenigstens im Sinne einer auch von den erwähnten Autoren für möglich gehaltenen Ausnahme doch ein selbständiges Forderungsrecht der Arbeiter angenommen werden. Der Fall steht dem vom Beklagten angeführten Beispiel, wo ein Grossvater dem Enkel verspricht, dessen Schulden zu bezahlen, nicht gleich. Solche oder ähnliche Versprechen unter nahen Verwandten werden in der Regel von den Parteien als eine nur sie persönlich betreffende Angelegenheit betrachtet, in die der Dritte nicht durch Erhebung einer Forderung gegen den Versprechenden soll hineinreden können, zumal dieser gewöhnlich kein Entgelt erhält. Die Versicherung von Waldarbeitern gegen Unfall ist dagegen ein Teil der Gegenleistung, die der Besteller dem Unternehmer für die Ausführung der Arbeit schuldet, und beiden Parteien kann es nur recht sein, dass die Arbeiter ein selbständiges Forderungsrecht gegen ersteren erlangen, weil beiden an ihrer Mitarbeit gelegen ist und beide aus ihr Nutzen ziehen.
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Wie die Auseinandersetzung sich zwischen den beiden Schuldnern zu gestalten habe, ist im gegenwärtigen Verfahren nicht zu entscheiden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Berufung des Jakob Cadisch gegenüber Simon Hänny wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 16. Februar 1957 insoweit aufgehoben und der Berufungsbeklagte Hänny verurteilt, dem Berufungskläger Cadisch neben Niklaus Christoffel Fr. 9100.80 zu bezahlen, nebst Zins zu 5% von Fr. 2316.80 ab 30. September 1954, von Fr. 249.60 ab 31. Oktober 1954 und von Fr. 6534.40 ab 27. Dezember 1954.
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