BGE 86 II 406
 
61. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. Dezember 1960 i.S. Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Co. gegen Compagnie Générale d'Electricité.
 
Regeste
Mitbenützungsrecht, Art. 8 aPatG. Begriff der besonderen Veranstaltung.
 
Sachverhalt
Aus dem Tatbestand:
Die Compagnie Générale d'Electricité in Paris war Inhaberin des schweiz. Patents Nr. 166 931 vom 31. Januar 1934, mit Priorität deutscher Voranmeldung vom 22. Februar 1932, für einen elektrischen Hochspannungsschalter mit Lichtbogenlöschung durch einen flüssigen oder gasförmigen Strahl.
Die Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Co. stellte ebenfalls solche Schalter her, weshalb die Patentinhaberin am 17. November 1941 gegen sie Patenverletzungsklage erhob und Schadenersatz verlangte.
Die Beklagte machte widerklageweise Nichtigkeit des klägerischen Patents geltend; eventuell behauptete sie, ein Mitbenützungsrecht an der geschützten Erfindung beanspruchen zu können und erhob gegenüber den Schadenersatzansprüchen der Klägerin die Einrede der Verjährung.
Das Handelsgericht Zürich bejahte mit Urteil vom 24. Oktober 1958 die Gültigkeit von zwei Unteransprüchen des klägerischen Patentes, verneinte ein Mitbenützungsrecht der Beklagten an der durch diese geschützten Erfindung und wies die Verjährungseinrede der Beklagten ab.
Das Bundesgericht weist die hiegegen gerichtete Berufung der Beklagten ab.
 
Aus den Erwägungen:
Mitbenützungsrecht.
Nach Art. 8 aPatG tritt die Wirkung des Patents gegenüber demjenigen nicht ein, welcher bereits zur Zeit der Patentanmeldung im guten Glauben die Erfindung im Inland gewerbsmässig benützt oder besondere Veranstaltungen zu solcher Benützung getroffen hat. Besteht für eine Erfindung auf Grund einer ausländischen Anmeldung ein Prioritätsrecht im Sinne des Bundesgesetzes vom 3. April 1914 betr. Prioritätsrechte an Erfindungspatenten usw., so ist gemäss Art. 5 dieses Gesetzes die Erwerbung eines Mitbenützungsrechtes am Gegenstand dieses Patentes während der Prioritätsfrist ausgeschlossen.
Im vorliegenden Fall ist streitig, ob die Beklagte vor dem massgebenden Zeitpunkt der deutschen Prioritätsanmeldung, d.h. vor dem 22. Februar 1932, bereits "besondere Veranstaltungen" zur gewerbsmässigen Benützung der Erfindung getroffen habe.
a) Das Bundesgericht hatte nie Gelegenheit, sich in seiner Rechtsprechung mit dem Begriff der "besonderen Veranstaltung" im Sinne von Art. 8 aPatG auseinanderzusetzen. Ältere Entscheide (BGE 16 S. 422, 20 S. 684, 35 II 651) betrafen das erste Patentgesetz von 1888. Da dieses aber in Art. 4 eine dem Art. 8 des aPatG von 1907 entsprechende Bestimmung enthielt, ist die Rechtsprechung zum PatG von 1888 ebenfalls zu berücksichtigen. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass Art. 8 aPatG weitgehend eine Nachbildung und Übernahme von § 5 des früheren (gleich § 7 des heutigen) deutschen Patentgesetzes darstellt (vgl. BLUM/PEDRAZZINI, PatG Bd. II S. 532); das deutsche Schrifttum zu dieser Bestimmung kann daher zur Auslegung von Art. 8 aPatG ebenfalls herangezogen werden. Da endlich der Wortlaut von Art. 8 aPatG in Art. 35 Abs. 1 rev. PatG unverändert übernommen wurde, ist auch die Literatur zu dieser Bestimmung für die Auslegung von Art. 8 a PatG verwendbar.
b) Erste Voraussetzung für die Entstehung eines Mitbenützungsrechts ist das Vorliegen einer fertigen Erfindung. Ein Mitbenützungsrecht kann nur beanspruchen, wer selber über alle Kenntnisse verfügt, welche die tatsächliche Ausführung der Erfindung ermöglichen. Es muss nach der im Schrifttum gebräuchlichen, aus der Terminologie des Sachenrechts übernommenen Ausdrucksweise Erfindungsbesitz des Ansprechers vorliegen. Versuche, die erst dem Auffinden einer Lösung der gestellten Aufgabe dienen, die insbesondere dem Ansprecher erst Klarheit darüber verschaffen sollen, ob der von ihm eingeschlagene Weg zu dem beabsichtigten technischen Erfolg führe, vermögen dagegen noch kein Mitbenützungsrecht zu begründen (vgl. BLUM/PEDRAZZINI, Art. 35 Anm. 2, S. 534 f; übereinstimmend für das deutsche Recht REIMER, Patentgesetz, 2. Aufl., § 7 Anm. 2 und 6; TETZNER, Patentgesetz, 2. Aufl., § 7 Anm. 8 und 16). Das darf bei der Beurteilung der weiteren Frage, ob im gegebenen Fall der Ansprecher "besondere Veranstaltungen" für die Benützung der Erfindung getroffen habe, nicht aus dem Auge verloren werden.
Hinsichtlich der Frage, was unter einer solchen "besonderen Veranstaltung" zu verstehen sei, ist in BGE 16 S. 423 die auch heute noch beachtenswerte Auffassung geäussert worden, dass als solche Veranstaltungen zwar blosse, noch nicht betätigte Entschliessungen, mehr oder weniger bestimmte Projekte usw. nicht gelten könnten; dagegen sei nicht einzusehen, warum eine solche Veranstaltung nur dann vorliegen sollte, wenn der Ansprecher selbst mit der Herstellung des Gegenstandes der Erfindung oder der für dessen Benützung erforderlichen Einrichtungen begonnen hat, nicht aber auch dann, wenn er in der Absicht dauernder Benützung die erforderlichen Arbeiten durch Werk- oder Lieferungsvertrag einem Dritten verdungen hat. "Durch den Abschluss eines derartigen in allen Teilen bestimmten und bindenden Vertrages werden offenbar ebensowohl die zum Zwecke der Benützung der Erfindung nötigen Veranstaltungen geschaffen, als auch durch eigenen Beginn einer Baute, Fertigstellung eines Modells und dergleichen."
Nach diesem Entscheid müssen also die getroffenen Veranstaltungen objektiv dazu bestimmt sein, die Erfindung auszuführen, es muss eine dauernde Benützung beabsichtigt und für die nächste Zukunft vorgesehen sein. Diese Umschreibung des Begriffes der "besonderen Veranstaltung" geht weiter als die von WEIDLICH und BLUM (PatG Art. 8 Anm. 4) vertretene Ansicht, es müsse sich um Veranstaltungen handeln, "die besonders für die Ausführung der Erfindung getroffen werden, die also in direktem Zusammenhang mit der Ausführung selbst stehen und ausdrücklich für diese bestimmt sind".
Die Auffassung, dass nur Veranstaltungen in Betracht kommen können, die besonders für die Ausführung der Erfindung getroffen wurden, ist jedoch zu eng. Der Begriff der "besonderen Veranstaltung" ist vielmehr in dem Sinne zu verstehen, dass das Mitbenützungsrecht beansprucht werden kann, wenn die im Hinblick auf die Benützung der Erfindung getroffenen Veranstaltungen ein besonderes Ausmass erreicht haben. Das ergibt sich aus dem Grundgedanken, auf dem das Institut des Mitbenützungsrechts beruht, nämlich aus der Überlegung, dass es unbillig wäre, den Unternehmer, der im Hinblick auf die gewerbliche Ausnützung einer von ihm gemachten Erfindung bereits Investitionen in erheblichem Umfang vorgenommen hat, der Gefahr des Verlustes der von ihm aufgewendeten Mittel auszusetzen (BLUM/PEDRAZZINI, Art. 35 Anm. 2, S. 540).
Im gleichen Sinne fasst auch die Literatur zu § 7 des deutschen PatG den Begriff der Veranstaltung auf, indem sie alle Massnahmen genügen lässt, die den ernstlichen Willen des Ansprechers erkennen lassen, die Erfindung alsbald gewerblich zu verwerten, und lediglich vorsorglichen Bemühungen, welche die Möglichkeit einer etwaigen späteren, noch ungewissen Benützung schaffen und vorbereiten sollen, den Charakter von Veranstaltungen im Sinne des Gesetzes abspricht (vgl. REIMER, § 7 Anm. 22; TETZNER, § 7 Anm. 18, 20; BUSSE, Patentgesetz, 2. Aufl., § 7 Anm. 5; BENKARD, Patentgesetz, 3. Aufl., § 7 Anm. 1 d; KRAUSSE/KATLUHN/LINDENMAIER, Patentgesetz, 4. Aufl., § 7 Anm. 7).
c) Die Beklagte beruft sich zum Beweis ihrer behaupteten Vorbenützung auf die Zeichnungen Act. 38/20-23, die alle zwischen dem 17. Januar und dem 17. November 1931, also vor dem Prioritätsdatum vom 22. Februar 1932, angefertigt worden sind. Wie die Vorinstanz auf Grund des Ergänzungsgutachtens der Sachverständigen angenommen hat, handelt es sich indessen bei diesen Zeichnungen um blosse Versuchslokalzeichnungen. Den übereinstimmenden Aussagen der als Zeugen einvernommenen Angestellten der Beklagten hat die Vorinstanz entnommen, dass die Beklagte in diesen Zeichnungen nur den Willen zur experimentellen Weiterentwicklung der Schalter zum Ausdruck gebracht hat, aber noch nicht den Willen, nach dem darin niedergelegten - noch der Entwicklung bedürftigen - Prinzip Schalter für die gewerbliche Benützung zu fabrizieren. Diese Feststellung der Vorinstanz ist tatbeständlicher Natur und daher für das Bundesgericht verbindlich. Sie befasst sich damit, was die Beklagte beabsichtigte, und betrifft somit nicht technische Verhältnisse. Ihre Überprüfung durch das Bundesgericht auf Grund von Art. 67 OG fällt daher ausser Betracht.
Angesichts dieser Feststellung der Vorinstanz kann aber nach den oben dargelegten Grundsätzen in den von der Beklagten getroffenen Vorkehren noch keine "besondere Veranstaltung" im Sinne von Art. 8 aPatG erblickt werden. Denn da die Erfindung noch nicht fertig entwickelt war, konnte die Beklagte noch gar nicht den Willen haben, die gewerbliche Verwendung in nächster Zeit aufzunehmen. Die Vorinstanz hat daher ein Mitbenützungsrecht der Beklagten zutreffend verneint.
Die Vorbringen, mit denen die Beklagte in der Berufung diese Auffassung wiederlegen will, sind nicht stichhaltig.
aa) Die Beklagte weist einmal darauf hin, dass die Vorinstanz offen lasse, ob die Zeichnungen Act. 38/20-23 der Beklagten die streitige Erfindung gemäss Unteranspruch 6 und 7 offenbaren; das Bundesgericht könne daher mangels klarer technischer Verhältnisse die Rechtsfrage der Vorbenützung nicht beantworten, weshalb eine neue Überprüfung durch Sachverständige nötig sei.
Eine neue Begutachtung erübrigt sich jedoch. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, begründet (neben der eigentlichen Vorbenützung der Erfindung) erst das Treffen besonderer Veranstaltungen zu gewerbsmässiger Benützung ein Mitbenützungsrecht, während hiefür die blosse Kenntnis der Erfindung nicht ausreicht. Es ist daher belanglos, ob die Zeichnungen Act. 38/20-23 die streitige Erfindung offenbarten oder nicht. Entscheidend ist, dass es sich um blosse Versuchslokalzeichnungen handelte, die eine gewerbsmässige Verwertung noch nicht gestatteten.
bb) Die Beklagte ficht diese Auffassung der Vorinstanz über den Charakter der Zeichnungen Act. 38/20-23 allerdings an und wirft ihr vor, sie beruhe auf einer unzutreffenden Auslegung des Rechtsbegriffs der besonderen Veranstaltung. Sie beruft sich darauf, dass ihr Direktor Schiesser schon im Jahre 1930 den kategorischen Auftrag zur Entwicklung des Schalters bis zur verkaufsfertigen Reife erteilt habe und dass eigens zu diesem Zwecke eine Kurzschlussanlage gebaut worden sei; darin sei unzweifelhaft eine besondere Veranstaltung zur Benützung zu erblicken.
Gerade diese Ausführungen der Beklagten zeigen jedoch, dass es vor dem Prioritätsdatum vom 22. Februar 1932 an besonderen Veranstaltungen im Sinne des Gesetzes noch fehlte. Der Schalter sollte ja erst noch bis zur verkaufsfertigen Reife entwickelt werden, und zu diesem Zwecke, also für die Fertigentwicklung des Schalters, wurde eine Kurzschlussanlage erstellt. Das waren somit offensichtlich noch Versuchsaufwendungen, nicht solche, die die Benützung der Erfindung, d.h. die Fabrikation des Erfindungsgegenstandes, ermöglichen sollten.
Die Beklagte glaubt zu Unrecht, sich demgegenüber auf TETZNER, § 7 Anm. 24, berufen zu können, wonach die Herstellung von Zeichnungen oder Modellen oder sonstige Vorarbeiten für die Annahme besonderer Veranstaltungen genüge; denn im Anschluss daran führt dieser Autor weiter aus: "Die Herstellung muss aber als Grundlage für die beabsichtigte demnächste Benützung erfolgt sein". Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da die vor dem Prioritätsdatum hergestellten Zeichnungen Act. 38/20-23 blosse Versuchslokalzeichnungen waren und von einer in naher Zukunft stehenden Benützung der Erfindung noch nicht die Rede sein konnte.
cc) Die Beklagte wendet weiter ein, ihr Aufwand für die Entwicklung der Schalter, der mehrere hunderttausend Franken betragen habe, zeige den ernsten Nutzungswillen, wie er in lückenlosem Zusammenhang von der ersten Entwicklungsstufe 1930 bis zum fertigen Verkaufsprodukt zu Tage trete. Der Wille zur Fabrikation bei der Beklagten sei aber von allem Anfang an (1930) gegeben gewesen und nicht erst mit den verbesserten Zeichnungen Act. 38/17-19, wie die Vorinstanz annehme.
Es ist zwar klar, dass ein Unternehmen, das eine Erfindung entwickelt, dies mit dem Willen tut, sie dann auch auszuwerten. Wollte man aber den von der Beklagten daraus gezogenen Schlussfolgerungen beipflichten, so würde damit einem solchen Unternehmen schon der Beginn der Entwicklungsarbeiten den Anspruch auf ein späteres Mitbenützungsrecht verschaffen. Das ist aber nicht der Sinn des Gesetzes. Die "besondere Veranstaltung" muss mit der Benützung der fertig vorliegenden Erfindung im Zusammenhang stehen, und dieser ist erst dann gegeben, wenn der Unternehmer daran geht, den Erfindungsgegenstand gewerbsmässig herzustellen.
dd) Die Beklagte erblickt schliesslich eine Vorbenützung durch Feilhalten darin, dass sie an einer Diskussionstagung an der ETH am 13. Februar 1932 Schalter mit der streitigen Erfindungsidee der Fachwelt gezeigt habe. Unter Feilhalten eines gestützt auf eine Erfindung hergestellten Erzeugnisses kann aber nur ein ernsthaft gemeintes Anbieten zum Kauf verstanden werden. Ein solches behauptet die Beklagte aber nicht. Nach ihren Ausführungen handelte es sich um eine blosse Demonstration vor Fachleuten. Zudem war der Schalter in jenem Zeitpunkt noch gar nicht fertig entwickelt, wie den tatbeständlichen Feststellungen der Vorinstanz zu entnehmen ist. Diese führt nämlich aus, die in den damals allein vorhandenen Zeichnungen Act. 38/20-23 skizzierten Schalter seien nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen "noch nicht fertige gebrauchsfähige Erzeugnisse, sondern nur Versuchseinrichtungen für die weitere Abklärung" gewesen. Die Zeichnung, auf die sich die Beklagte in diesem Zusammenhang beruft (Act. 38/19), datiert nach den eigenen Ausführungen der Beklagten vom 31. Juli 1932, und die Abbildung Act. 38/14 wurde erst am 26. Oktober 1932 veröffentlicht. Beide Daten liegen also wesentlich später als das massgebende Prioritätsdatum vom 22. Februar 1932.
Das von der Beklagten am gültigen Rest des Patents 166 931 beanspruchte Mitbenützungsrecht ist daher mit der Vorinstanz zu verneinen...
Verjährung der Schadenersatzansprüche der Klägerin
a) Die Beklagte hat im kantonalen Verfahren den Standpunkt eingenommen, soweit die Schadenersatzansprüche der Klägerin sich auf Verkäufe patentverletzender Schalter beziehen, die mehr als drei Jahre vor der Klageerhebung vom 17. November 1941 erfolgten, seien sie gemäss Art. 48 aPatG verjährt.
Die Vorinstanz hat die Verjährungseinrede mit der Begründung abgewiesen, die von der Beklagten bis zur Klageerhebung ständig wiederholten Verletzungen der klägerischen Patentrechte seien nicht als einzelne, selbständige Verletzungshandlungen zu betrachten, für die in jedem einzelnen Falle die Verjährung gesondert zu laufen begonnen habe; sie hätten vielmehr eine fortgesetzte, auf einheitlichem Willensentschluss beruhende Patentverletzung im Sinne einer Tateinheit mit einheitlichem Verjährungsbeginn im Zeitpunkt der letzten Begehungshandlung dargestellt, so dass zur Zeit der Klageerhebung die Verjährung noch gar nicht zu laufen begonnen habe.
Die Beklagte ficht mit der Berufung diese Auffassung als bundesrechtswidrig an. Sie macht geltend, der strafrechtliche Begriff der fortgesetzten Handlung könne entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht auf das Zivilrecht übertragen werden. Jede Benützungshandlung bilde eine selbständige Patentverletzung, weshalb für jede einzelne Übertretung die dreijährige Verjährungsfrist erneut zu berechnen sei.
b) Ob sich der strafrechtliche Begriff der fortgesetzten Verletzungshandlung auf die zivilrechtliche Patentverletzung übertragen lasse, ist in der Literatur umstritten. WEIDLICH UND BLUM (aPatG Art. 48 Anm. 2) lehnen eine solche Übertragung ab, während TROLLER (Der Schweizerische gewerbliche Rechtsschutz, S. 234) und BECKER (Der zivilrechtliche Rechtsschutz im Marken-, Muster- und Patentrecht usw., S. 174 ff.) sie als zulässig erachten.
Die Vorinstanz beruft sich zur Begründung für ihre Auffassung unter Hinweis auf MATTER, Kommentar zum MSchG, S. 256, in erster Linie darauf, dass auch im Markenrecht Verletzungen, die infolge Gleichartigkeit und Kontinuität der Begehung eng zusammenhängen, zivilrechtlich ebenfalls als fortgesetztes unerlaubtes Verhalten zu betrachten seien. Nun wird aber in Art. 28 Abs. 4 MSchG ausdrücklich bestimmt, dass die Klage nach zwei Jahren "vom Tage der letzten Übertretung an gerechnet" verjähre, während Art. 48 aPatG eine solche Präzisierung nicht enthält, sondern die Verjährung eintreten lässt, "wenn seit der Übertretung mehr als drei Jahre verflossen sind". Daraus dürfen indessen nicht die von der Beklagten verfochtenen Schlussfolgerungen gezogen werden, da diese Verschiedenheit des Wortlautes, wie die Entstehungsgeschichte von Art. 48 aPatG zeigt, bloss zufälliger Natur ist. Der Entwurf des Bundesrates sah als Zeitpunkt des Beginns der Verjährung gleich wie das MSchG die letzte Übertretung vor. Wie der Berichterstatter im Ständerat, Hoffmann, (Sten. Bull 1906 S. 1523) ausführte, wurde das Wort "letzte" als überflüssig weggelassen, weil selbstverständlich sei, "dass bei fortgesetzten Vergehen der terminus a quo, von welchem an die Verjährungsfrist gerechnet werden muss, derjenige Tag ist, an dem die letzte Einzelhandlung eines fortgesetzten Vergehens begangen worden ist". Dass das nur für die strafrechtliche Verjährung gelten sollte, nicht aber auch für die im selben Artikel gleichfalls geregelte zivilrechtliche Verjährung, ist diesen Ausführungen nicht zu entnehmen. In der Tat würde es, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, einer natürlichen Betrachtungsweise widersprechen, bei gleichartigen Verletzungen eines und desselben Schutzrechtes, die auf einem einheitlichen Willensentschluss beruhen und darum innerlich zusammenhängen, den Gesamtvorgang in einzelne Verletzungshandlungen mit selbständigem Verjährungslauf aufzuspalten. Das würde schon aus praktischen Gründen grosse Schwierigkeiten bereiten. Es drängt sich daher auf, die fortgesetzte Verletzung eines solchen Schutzrechtes als einheitliches schädigendes Ereignis aufzufassen.
Die Beklagte glaubt zu Unrecht, sich demgegenüber darauf berufen zu können, dass nach der in der deutschen Literatur herrschenden Meinung der strafrechtliche Begriff der fortgesetzten Handlung nicht auf das Zivilrecht übertragen werden könne (REIMER, PatG § 48 Anm. 3; TETZNER, PatG, § 48 Anm. 4). Denn im Gegensatz zu Art. 48 aPatG beginnt nach § 48 des deutschen PatG die Verjährungsfrist nicht schon mit der schädigenden Handlung zu laufen, sondern erst mit der Kenntnis des Geschädigten von der Verletzung und von der Person des Verpflichteten, d.h. des Verletzers. Diese wesentlich anders geartete Regelung der Verjährung, die der im schweizerischen Recht für das allgemeine Schadenersatzrecht in Art. 60 OR vorgesehenen Ordnung entspricht, lässt eine Heranziehung des deutschen Schrifttums nicht zu. Übrigens beginnt nach schweizerischer Rechtsauffassung auch die Verjährung gemäss Art. 60 OR bei Tatbeständen, die sich aus einzelnen Teilhandlungen zusammensetzen, einheitlich erst mit dem Überblick über die Gesamterscheinung zu laufen (OSER/SCHÖNENBERGER N. 12 i. f., BECKER, 2. Aufl. N. 7, je zu Art. 60 OR).
c) Bei der Beurteilung der Frage, ob im vorliegenden Fall eine fortgesetzte Patentverletzung im oben dargelegten Sinne anzunehmen sei, ist davon auszugehen, dass nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz die Beklagte zwischen dem 22. Februar 1932 und dem 23. Januar 1933 den Entschluss zur Herstellung des patentverletzenden Schalters fasste und diesen dann von 1935 an unter der Bezeichnung "Druckluftschalter Typ D" verkaufte. Der in Serienfabrikation hergestellte Schalter wurde in der Weise auf dem Markt eingeführt, dass Werbebroschüren gedruckt, Vorführungen für Verkäufer und Kunden veranstaltet und ein Trickfilm zur Erläuterung der Konstruktion und Wirrkungsweise des Schalters hergestellt wurden. In der Zeit vom 16. April 1934 bis zum 18. Februar 1942 verkaufte die Beklagte insgesamt 687 Stück dieses Schalters.
Auf Grund dieses Sachverhalts hat die Vorinstanz rechtlich zutreffend das Vorliegen einer fortgesetzten Patentverletzung bejaht. Die Herstellung, das Anpreisen und Feilbieten sowie die laufenden Verkäufe des Schalters stellten nicht voneinander gesonderte, selbständige Einzelhandlungen dar, sondern beruhten offensichtlich auf einem einheitlichen Willensentschluss der Beklagten. Es geht deshalb nicht an, das Verhalten der Beklagten in 687 oder wenigstens soviele einzelne Patentverletzungen zu zerlegen, als Lieferungsverträge mit Kunden abgeschlossen wurden. Ist aber vom Vorliegen einer fortgesetzten Patentverletzung auszugehen, so ist die Verjährungseinrede der Beklagten mit der Vorinstanz zu verwerfen, da zur Zeit der Klageerhebung die Patentverletzung immer noch andauerte.