BGE 88 II 116
 
18. Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. Februar 1962 i.S. Rudolf gegen Rudolf.
 
Regeste
Vorkaufsrecht nach EGG; Anspruch auf einen Anteil am Gewinn im Falle des Weiterverkaufs der Liegenschaft vor Ablauf von 15 Jahren.
2. Der Anspruch steht ausser dem frühern Verkäufer allen Personen zu, die zur Zeit des frühern Verkaufs nach Art. 6 Abs. 1 EGG neben dem Erwerber vorkaufsberechtigt waren. Sind auch die Personen gewinnanteilsberechtigt, auf welche der betreffende Kanton das Vorkaufsrecht in Anwendung von Art. 6 Abs. 2, Art. 7 und Art. 8 EGG ausgedehnt hat? (Frage offen gelassen).
3. Die Frist von 15 Jahren beginnt mit der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch.
 
Sachverhalt
A.- Im Jahre 1945 trat der Landwirt Karl Rudolf-Abt, geb. 1879, sein landwirtschaftliches Heimwesen im Ausmass von 15 ha (Grundbuch Sitterdorf Parz. Nr. 671) zum Anrechnungswerte von Fr. 62'000.-- an seinen Sohn Hans, geb. 1918, das jüngste seiner elf Kinder, ab. Später starb er.
B.- Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 30. Dezember 1959 verkaufte Hans Rudolf das mit Fr. 117'000.-- belastete Heimwesen, für das die Belastungsgrenze (Art. 84 und 5 des Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen vom 12. Dezember 1940 = LEG) im Jahre 1959 auf Fr. 118'400.-- festgesetzt worden war, zum Preise von Fr. 275'000.-- an den Baumeister Xaver Nauer in St. Gallen. Im Kaufpreis inbegriffen waren das lebende und tote landwirtschaftliche Inventar im Gesamtschätzungswerte von Fr. 56'175.-- sowie der Futter-, Stroh- und Düngervorrat bei Antritt der Liegenschaft (1. April 1960).
Nachdem das Grundbuchamt Zihlschlacht am 16. Februar 1960 die in Art. 13 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG) vorgeschriebenen Mitteilungen erlassen hatte, erklärte die Mutter des Verkäufers, Frau Anna Maria Rudolf-Abt, geb. 26. November 1882, mit Schreiben an das Grundbuchamt vom 8./15. Februar 1960, sie mache das ihr nach dem EGG zustehende Vorkaufsrecht zum Schätzungswert, eventuell zum Betrage der hypothekarischen Belastung geltend (Art. 12 Abs. 1 und 2 EGG). Sie bemerkte dabei: "Ich werde die Liegenschaft selber bewirtschaften, wobei meine Nachkommen sicher mithelfen werden."
Am 17. Februar 1960 gab die Ehefrau des Verkäufers, Frau Frieda Rudolf-Graf, geb. 1915, ihrerseits die Erklärung ab, dass sie das Vorkaufsrecht nach EGG ausübe.
Am 25. Februar 1960 schrieb der damalige Vertreter der Frau Rudolf-Abt dem Grundbuchamt, diese beharre auf ihrem Vorkaufsrecht und bestreite, dass Frau Rudolf-Graf das Vorkaufsrecht richtig geltend gemacht habe; Frau Rudolf-Graf habe hinsichtlich des fraglichen Kaufs auf dieses Recht verzichtet.
Mit Schreiben vom 26. Februar 1960 teilte das Grundbuchamt Frau Rudolf-Abt und ihrem Vertreter mit, Frau Rudolf-Graf habe die Anzeige vom 16. Februar 1960 laut Bestätigung der Post erst am 18. Februar erhalten und das Vorkaufsrecht somit rechtzeitig ausgeübt; da sie gemäss Art. 11 EGG gegenüber Frau Rudolf-Abt den Vorrang besitze, werde sie im Grundbuch eingetragen werden; sie habe dem Amte gegenüber nie eine Verzichterklärung abgegeben.
Der Vertreter der Frau Rudolf-Abt ersuchte das Grundbuchamt am 14. März 1960 um Zustellung der erwähnten Postbestätigung und machte neuerdings geltend, Frau Rudolf-Graf habe gegen Zusicherung eines bestimmten Betrags auf das Vorkaufsrecht zum voraus verzichtet.
Am 30. März 1960 schrieb ihm das Grundbuchamt, der Kaufvertrag zwischen Hans Rudolf und seiner Ehefrau (nämlich der Abtretungsvertrag vom 24. Februar 1960, wonach Hans Rudolf seiner Frau das streitige Heimwesen ohne lebendes und totes Inventar zum Schätzungswerte von Fr. 118'400.-- überliess) sei nach Genehmigung durch die Vormundschaftsbehörde Zihlschlacht und nach Eintragung im Güterrechtsregister des Kantons Thurgau am 29. März 1960 im Grundbuch eingetragen worden. Die gewünschte Bestätigung sei direkt bei der Post zu verlangen.
Hierauf ersuchte der heutige Vertreter der Frau Rudolf-Abt das Grundbuchamt mit Schreiben vom 6. April 1960, die Eintragung der Frau Rudolf-Graf, die zu Unrecht erfolgt sei, im Einvernehmen mit den Eheleuten Rudolf-Graf rückgängig zu machen. Er gab der Erwartung Ausdruck, dass Frau Rudolf-Abt als vorkaufsberechtigt anerkannt und deshalb als Eigentümerin des Heimwesens eingetragen werde. Für den Fall, dass dies nicht geschehen sollte, stellte er das (nach seinen Angaben bereits am 4. April 1960 telefonisch geäusserte) Begehren, im Grundbuch sei der Anspruch der Frau Rudolf-Abt auf einen verhältnismässigen Anteil am Gewinn bei einer spätern Weiterveräusserung der Liegenschaft vorzumerken (Art. 12 Abs. 5 EGG).
Das Grundbuchamt antwortete dem Vertreter der Frau Rudolf-Abt am 12. April 1960, es könne an der Eintragung der Frau Rudolf-Graf nichts ändern; bezüglich des Gewinnanteilsrechts solle er sich an Frau Rudolf-Graf wenden; wenn diese mit einer Vormerkung gemäss Art. 12 Abs. 5 EGG einverstanden sei und auch ihr Ehemann zustimme, so stehe der Vormerkung nichts im Wege.
C.- Da eine Einigung nicht zustandekam, leitete Frau Rudolf-Abt gegen ihre Schwiegertocher (die das Heimwesen auf den 1. April 1960 an Xaver Nauer verpachtet hatte und mit ihrem Ehemann und ihren Kindern nach Uzwil gezogen war) am 17. August/17. Oktober 1960 Klage ein mit den Begehren:
"1. Es sei gerichtlich festzustellen, dass bezüglich der Liegenschaft der Beklagten in Neugut-Degenau/Sitterdorf (Parzelle Nr. 671) im Grundbuch der Anspruch der Klägerin auf einen verhältnismässigen Gewinnanteil gemäss Art. 12 Abs. 5 EGG vorzumerken ist, für den Fall, dass die Liegenschaft oder ein Teil derselben bis zum 29. März 1975 weiterveräussert wird.
2. Das Grundbuchamt Zihlschlacht sei gerichtlich anzuweisen und zu ermächtigen, diese Vormerkung im Grundbuch vorzunehmen.
3. Eventuell seien die Beklagte und ihr sie gesetzlich vertretender Ehemann zu verpflichten, dem Grundbuchamt Zihlschlacht ihr Einverständnis mit der Vormerkung des Gewinnanteilsrechts der Klägerin gemäss Art. 12 Abs. 5 EGG bezüglich der Liegenschaft in Neugut-Degenau/Sitterdorf... schriftlich zu erklären."
Am 26. Mai 1961 wies das Bezirksgericht Bischofszell die Klage gemäss Antrag der Beklagten ab mit der Begründung, die Klägerin habe die Vormerkung zwar entgegen der Auffassung der Beklagten rechtzeitig verlangt, könne aber das Gewinnanteilsrecht im Sinne von Art. 12 Abs. 5 EGG nicht beanspruchen, weil sie wegen ihres hohen Alters nicht in der Lage gewesen wäre, die Liegenschaft im Sinne von Art. 12 Abs. 1 EGG zur Selbstbewirtschaftung und damit zum Schätzungswert zu übernehmen.
Das Obergericht des Kantons Thurgau, an das die Klägerin appellierte, hat die Klage mit Urteil vom 5. Oktober 1961 gutgeheissen in der Erwägung, die nach Art. 6 Abs. 1 EGG vorkaufsberechtigten Personen, zu denen die Klägerin als Mutter des Verkäufers gehöre, seien nach Art. 12 Abs. 5 EGG ohne Rücksicht darauf gewinnanteilsberechtigt, ob sie das Vorkaufsrecht nach Art. 12 Abs. 1 EGG zum Schätzungswert hätten ausüben können und ob ihnen nach Art. 11 Abs. 1 EGG gegenüber andern Bewerbern der Vorrang zugekommen wäre.
D.- Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht beantragt die Beklagte (die während des kantonalen Verfahrens die Gütertrennung erwirkt hat und heute in Scheidung steht) die Abweisung der Klage. Die Klägerin schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
"Wird eine Liegenschaft, die Gegenstand des Vorkaufsrechts bildete, binnen der folgenden 15 Jahre weiterveräussert, so können der frühere Verkäufer und die damals vorkaufsberechtigten Personen einen verhältnismässigen Anteil am Gewinn beanspruchen, sofern dieser Anspruch bei der Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch vorgemerkt worden ist."
Die Vorinstanzen haben mit Recht angenommen, dass der Ausdruck "bei der Ausübung des Vorkaufsrechts" (lors de l'exercice du droit, al momento in cui è stato esercitato) so wenig wie der in Art. 619 ZGB verwendete Ausdruck "bei der Teilung" (vgl. hiezu BGE 86 I 123 Erw. 5) einschränkend ausgelegt werden darf. Das Gewinnanteilsrecht im Sinne von Art. 12 Abs. 5 EGG kann wie dasjenige gemäss Art. 619 ZGB nicht vorgemerkt werden, bevor der Erwerber der Liegenschaft, gegen den es sich richtet, als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Art. 12 Abs. 5 EGG kann daher nicht bedeuten, dass die Vormerkung schon im Zeitpunkt, da die Ausübungserklärung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 EGG gegenüber dem Grundbuchverwalter abgegeben wird, oder doch unmittelbar, nachdem diese Erklärung den in Art. 12 Abs. 5 EGG genannten Personen bekannt geworden ist, erfolgen müsse. Diese Bestimmung ist aber auch nicht dahin auszulegen, dass wenigstens das Gesuch um Vormerkung bei Gefahr der Verwirkung sogleich nach dem Bekanntwerden der Ausübungserklärung gestellt werden müsse. Den Berechtigten ist nicht zuzumuten, dieses Gesuch schon zu einer Zeit zu stellen, da die Vormerkung noch nicht möglich ist. Jeder, der das Vorkaufsrecht nach EGG geltend macht, muss darauf gefasst sein, dass Vormerkungen im Sinne von Art. 12 Abs. 5 EGG erfolgen. Der Übernehmer hat kein rechtliches Interesse daran, bereits im Zeitpunkt seiner Eintragung im Grundbuch zu wissen, welche Personen eine solche Vormerkung verlangen. Dies kann ihm vielmehr einstweilen gleichgültig sein, es wäre denn, er habe die Liegenschaft erworben, um sie möglichst bald mit Gewinn weiterzuverkaufen, was den Zwecken des Gesetzes (Art. 1 EGG) zuwiderliefe. Die Vormerkung muss daher auch nach der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch noch verlangt werden können. Ob hiefür eine bestimmte Frist gelte (vgl. JOST, N. 11 b dd zu Art. 12 EGG, S. 72, der die analoge Anwendung von Art. 14 Abs. 1 EGG befürwortet, aber nicht angibt, von wann an die nach seiner Auffassung massgebende Monatsfrist laufen soll), kann dahingestellt bleiben; denn ein Vormerkungsgesuch, das wie das vorliegende binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch gestellt worden ist, kann keinesfalls als verspätet angesehen werden. Es kann der Klägerin aber auch nicht schaden, dass sie nicht versucht hat, die von ihr rechtzeitig beantragte Vormerkung auf dem Wege der Grundbuchbeschwerde zu erreichen, nachdem das Grundbuchamt das Einverständnis der Beklagten als erforderlich bezeichnet hatte. Selbst wenn man annehmen will, sie hätte wie die Gesuchstellerin im Falle BGE 86 I 114 ff. auf diesem Wege zum Ziel gelangen können, so stand es ihr doch frei, sich zunächst entsprechend der Empfehlung des Grundbuchamtes um die Zustimmung der Beklagten zu bemühen und dann, nachdem diese Verhandlungen gescheitert waren, an den Richter zu gelangen. Dass sie eine für die gerichtliche Klage geltende Frist versäumt habe, macht die Beklagte mit Recht nicht geltend.
a) Der Ausdruck: "die damals vorkaufsberechtigten Personen" umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Personen, die damals, d.h. beim frühern Verkauf, vorkaufsberechtigt waren, also auf jeden Fall alle in Art. 6 Abs. 1 EGG genannten Personen. Der Wortlaut von Art. 12 Abs. 5 EGG enthält nichts, was darauf schliessen liesse, dass nur einzelne dieser Personen, z.B. nur diejenigen, die das Vorkaufsrecht gemäss Art. 12 Abs. 1 zum Schätzungswert ausüben konnten, auf einen Gewinnanteil Anspruch hätten.
b) Ein solcher Schluss lässt sich auch nicht aus der Stellung von Art. 12 Abs. 5 im Gesetz ziehen, wie die Beklagte dies zu tun versucht, indem sie geltend macht, diese Bestimmung bilde einen Bestandteil des Art. 12 EGG; Abs. 1 handle nur von den privilegierten Vorkaufsberechtigten, die das Vorkaufsrecht zum Schätzungswert ausüben können, und in Abs. 2 - 4 sei nur von den Folgen dieser Privilegierung die Rede, so dass unerklärlich sei, wieso Abs. 5 "wiederum von allen Vorkaufsberechtigten des Art. 6 sprechen sollte". Richtig ist zwar, dass Abs. 1 nur einem Teil der nach Art. 6 EGG vorkaufsberechtigten Personen, nämlich den Blutsverwandten in gerader Linie, welche die Liegenschaft zur Selbstbewirtschaftung beanspruchen, und dem Ehegatten des Verkäufers die Befugnis verleiht, das Vorkaufsrecht zum Schätzungswert auszuüben. Dagegen trifft nicht zu, dass auch die Absätze 2 - 4 sich nur mit den Rechten und Pflichten dieser privilegierten Vorkaufsberechtigten befassen. Der zweite Satz von Abs. 2, wonach die Art. 75 - 79 LEG Anwendung finden, wenn es sich um ein entschuldetes Heimwesen handelt, muss vielmehr auch dann gelten, wenn ein nicht privilegierter Vorkaufsberechtigter die Liegenschaft übernimmt. Die Vorschrift von Abs. 3, die eine Erhöhung des Übernahmepreises nach richtlichem Ermessen gestattet, falls "Verwandte, die vom Vorkaufsrecht nicht Gebrauch machen, dem Verkäufer finanzielle Leistungen zukommen" liessen, nimmt unzweifelhaft nicht bloss auf die privilegierten Vorkaufsberechtigten im Sinne von Abs. 1 Rücksicht. Ebenso gilt Abs. 4, der bestimmt, "im übrigen" (pour le surplus, per il rimanente) habe der Vorkaufsberechtigte die Liegenschaft zu den im Kaufvertrag festgelegten Bedingungen zu übernehmen, nicht bloss für die in Abs. 1 genannten Personen. Dass für den Vorkaufsberechtigten "im übrigen", nämlich soweit die Vorschriften der Absätze 1 - 3 nicht eingreifen, die im Kaufvertrag mit dem Dritten festgelegten Bedingungen massgebend sind, ist vielmehr ein für jeden Übernehmer der Liegenschaft gültiger Grundsatz. Daher lässt sich nicht argumentieren, Art. 12 Abs. 5 EGG könne mit den "damals vorkaufsberechtigten Personen" nur die in Abs. 1 genannten privilegierten Vorkaufsberechtigten meinen, weil auch die übrigen Absätze von Art. 12 ausschliesslich auf diese Personen anwendbar seien. Abgesehen davon, dass letzteres nach dem Gesagten nicht stimmt, wäre ein solcher Schluss auch deswegen kaum statthaft, weil das EGG eine klare Systematik weitgehend vermissen lässt.
c) Nach den Gesetzesmaterialien, auf welche die Vorinstanz und die Parteien (namentlich die Klägerin) hingewiesen haben, wurde zugleich mit den Bestimmungen über das Vorkaufsrecht (Zugrecht) auch eine solche über das Gewinnanteilsrecht in den Gesetzestext aufgenommen. Der Entwurf von Prof. Oswald vom Dezember 1945, der als erster ein Vorkaufsrecht, und zwar ein solches der im Inland wohnenden, volljährigen, zahlungsfähigen und zur Selbstbewirtschaftung gewillten Nachkommen vorsah (Art. 28), bestimmte in Art. 29 Abs. 1, der Vorkaufsberechtigte sei befugt, das Vorkaufsrecht zum Schätzungswert auszuüben, und erklärte in Art. 29 Abs. 2 die Art. 619 (und 621) ZGB als sinngemäss anwendbar. Der Entwurf der Expertenkommission vom Februar 1946 lautete in den hier interessierenden Punkten gleich. Derjenige vom November 1946 ersetzte die blosse Verweisung auf Art. 619 ZGB durch eine Bestimmung (Art. 20 Abs. 3), die sich vom heute geltenden Art. 12 Abs. 5 EGG nur dadurch unterschied, dass der mit "so können" eingeleitete Hauptsatz lautete: "so können die Mitberechtigten im Sinne von Art. 619 ZGB einen verhältnismässigen Anteil am Gewinn beanspruchen" (les autres titulaires du droit peuvent réclamer leur quote-part au gain, au sens de l'art. 619 CC). Der Entwurf vom Dezember 1947, der die Vorkaufsberechtigung auf die Geschwister und deren Nachkommen sowie auf den Ehegatten und die Eltern des Verkäufers sowie auf weitere Personen (u.a. auf den Pächter) ausdehnte (Art. 8-10) und in Art. 13 Abs. 1 bestimmte, das Vorkaufsrecht könne von den Verwandten zum Schätzungswert, von den übrigen Berechtigten zum Verkehrswert ausgeübt werden, änderte an der Bestimmung über das Gewinnanteilsrecht nichts (Art. 13 Abs. 4). Der bundesrätliche Entwurf vom 30. Dezember 1947 folgte dem eben erwähnten Entwurf. Die Botschaft bemerkte zum Gewinnanteilsrecht bloss, Art. 13 Abs. 4 übernehme "die Bestimmung des Art. 619 ZGB über eine allfällige Gewinnbeteiligung der übrigen Vorkaufsberechtigten bei späterm Weiterverkauf der Liegenschaft" (BBl 1948 I 53). In den Verhandlungen der nationalrätlichen Kommission vom 16.-18. Februar 1948 stellte Nationalrat Obrecht die Frage, ob zu den "Mitberechtigten" im Sinne von Art. 13 Abs. 4 "alle" gehören, "die das Vorkaufsrecht hatten, ausser demjenigen, der gezogen hat". Als Dr. Kuhn, der Chef der Justizabteilung, darauf antwortete: "Die Mitberechtigten im Sinne von Art. 619 ZGB", schlug Obrecht vor, den Ausdruck "Miterben" zu verwenden, welche Anregung Bundesrat von Steiger entgegennahm (Prot. S. 44). Der nach den grundsätzlichen Beschlüssen der nationalrätlichen Kommission vom 16.-18. Februar 1948 abgeänderte Entwurf vom 10. April 1948 bezeichnete (überraschenderweise) nicht mehr die "Mitberechtigten" oder die "Miterben", sondern nur den Verkäufer als gewinnanteilsberechtigt (Art. 13 Abs. 5). In den Anträgen der nationalrätlichen Kommission vom 9. Juni 1948, die vorsahen, dass das Vorkaufsrecht von den Blutsverwandten in gerader Linie und vom Ehegatten zum Schätzungswert, von den anderen Berechtigten zum Verkehrswert ausgeübt werden könne, wurden als gewinnanteilsberechtigt "der Verkäufer und die vorkaufsberechtigten Miterben" genannt (Art. 13 Abs. 4). Die vorläufigen Beschlüsse des Nationalrats vom 6. Oktober 1948 übernahmen diese Fassung. Die neuen Anträge der Kommission vom 4. November 1948 schränkten die Befugnis der Blutsverwandten in gerader Linie, das Vorkaufsrecht zum Schätzungswert auszuüben, wie das heute geltende Gesetz auf den Fall ein, dass sie die Liegenschaft zur Selbstbewirtschaftung beanspruchen (Art. 13 Abs. 1), und fügten in Art. 13 Abs. 4 nach "Miterben" die Worte: "im Sinne von Art. 619 ZGB" ein. Am 17. Dezember 1948 nahm der Nationalrat diese Fassung an (Sten. Bull. 1948 S. 707). Die Kommission des Ständerates, deren Mitglieder vom Eidg. Justiz- und Polizeidepartement die Schrift von Prof. P. LIVER über "Fragen des neuen landwirtschaftlichen Bodenrechts" (ZSR 1949 S. 31 ff.) erhalten hatten, anerkannte als vorkaufsberechtigt nur die Nachkommen, den Ehegatten und die Eltern (eventuell nach kantonalem Recht die Geschwister) des Verkäufers mit Wohnsitz in der Schweiz (Art. 7), und fasste Art. 13 Abs. 1 allgemein dahin, dass das Vorkaufsrecht zum Schätzungswert ausgeübt werden könne. Die Bestimmung von Art. 13 Abs. 4, die LIVER (S. 57 Anm. 31) mit beachtlichen Gründen als nicht leicht verständlich und auch sachlich nicht zutreffend abgefasst bezeichnet hatte, blieb dagegen unverändert (Beschlüsse vom 4. Mai 1949). In der Sitzung des Ständerats vom 16. Juni 1949 bemerkte Ständerat Schoch zu dieser Bestimmung (nun Art. 10 Abs. 4), es sei vom Vorkaufsrecht (gemeint offenbar: Gewinnanteilsrecht) der "Miterben" gesprochen worden. Wenn nun ein Kauf abgeschlossen und das Grundstück nach 15 Jahren wieder veräussert werde, so wisse man nicht, wer die "Miterben" seien. Man wisse nie zum voraus, wer Miterbe sein werde. Das wisse man erst, wenn ein Todesfall eingetreten sei. Der Ausdruck "Miterbe" sollte hier nicht stehen, sondern es sollten wohl die Vorkaufsberechtigten genannt werden. Bundesrat von Steiger nahm diesen - von ihm wie schon vom Antragsteller als redaktionell bezeichneten - Vorschlag zur Prüfung entgegen, worauf der Präsident feststellte, dass Art. 10 (in der Fassung gemäss den Anträgen der ständerätlichen Kommission) unter Vorbehalt der redaktionellen Bereinigung angenommen sei (Sten. Bull 1949 S. 339). Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement bemerkte hierauf in seinem Bericht vom 16. August 1949, in Art. 13 (10) Abs. 4 sei der Ausdruck "Miterben" zu ersetzen, da es sich hier nicht um einen Erbfall handle. Es schlug die heute geltende Fassung dieser Bestimmung vor (S. 9 und 16 des Berichts). So beschloss am 21. September 1949 (Sten Bull. 1949 S. 434/35) der Ständerat und am 7. Dezember 1949 (Sten. Bull. 1949 S. 879/80) auch der Nationalrat (der indes an der von ihm am 17. Dezember 1948 gewählten Fassung von Art. 13 Abs. 1 festhielt, worauf der Ständerat am 21. März 1950, Sten.Bull. 1950 S. 20, in diesem Punkte nachgab und auch diese Bestimmung - nun Art. 12 Abs. 1 EGG - die heute geltende Fassung erhielt).
Aus diesem Werdegang der in Frage stehenden Bestimmung, über die nur wenig diskutiert wurde, ergibt sich, was schon aus dem Texte von Art. 12 EGG und seiner Vergleichung mit demjenigen von Art. 619 ZGB hervorgeht: dass nämlich Art. 12 Abs. 5 EGG sein Vorbild in Art. 619 ZGB hat und das Gegenstück zur Vorschrift von Art. 12 Abs. 1 EGG über die Ausübung des Vorkaufsrechts zum Schätzungswert bildet, wie Art. 619 ZGB das Gegenstück zu den Bestimmungen des ZGB über die Anrechnung landwirtschaftlicher Grundstücke zum Ertragswert ist (BGE 86 I 122). Es geht dagegen kaum an, aus der bewussten Anlehnung an Art. 619 ZGB sowie aus der Tatsache, dass die Einschränkung der Preisvergünstigung auf einen Teil der Vorkaufsberechtigten keine engere Fassung der Bestimmung über das Gewinnanteilsrecht nach sich zog, den Schluss zu ziehen, bei der Ausarbeitung des EGG habe die bestimmte Vorstellung geherrscht, das Gewinnanteilsrecht stehe den Vorkaufsberechtigten wie nach Art. 619 ZGB den Miterben ohne Rücksicht darauf zu, ob sie die Liegenschaft zu einem Vorzugspreis hätten übernehmen können oder nicht; die Blutsverwandten in gerader Linie seien daher unabhängig davon gewinnanteilsberechtigt, ob sie die Liegenschaft zur Selbstbewirtschaftung beanspruchten bzw. beanspruchen konnten oder nicht. Die Materialien enthalten keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass bei Vornahme der Textänderungen, durch welche die Befugnis zur Ausübung des Vorkaufsrechts in Abweichung von den ersten Entwürfen und vom Beschluss des Ständerats vom 16. Juni 1949 auf einen Teil der Vorkaufsberechtigten beschränkt wurde, die Frage geprüft worden sei, ob gleichwohl alle Vorkaufsberechtigten im Falle des Weiterverkaufs auf einen Gewinnanteil Anspruch haben sollen. Unter diesen Umständen braucht im vorliegenden Falle die umstrittene Frage, welche Bedeutung den Gesetzesmaterialien bei der Auslegung grundsätzlich zukomme, nicht näher erörtert zu werden (vgl. hiezu aus neuester Zeit BGE 87 II 331 mit Hinweisen auf frühere Entscheide; K. LARENZ, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1960, S. 237 ff., 247 ff.; A. MEIER-HAYOZ, N. 151 ff. und N. 214 ff. zu Art. 1 ZGB).
d) Vermag die Entstehungsgeschichte von Art. 12 EGG nicht zu bestätigen, dass das Gewinnanteilsrecht im Sinne von Abs. 5 ausser dem frühern Verkäufer allen Personen zustehe, die nach Art. 6 Abs. 1 EGG zur Zeit des frühern Verkaufs neben dem Übernehmer der Liegenschaft vorkaufsberechtigt waren, so sprechen doch sachliche Gründe für diese dem Wortlaut von Art. 12 Abs. 5 entsprechende und auch durch die Analogie zu Art. 619 ZGB nahegelegte Auslegung. Art. 12 Abs. 5 EGG und Art. 619 ZGB stimmen zwar in ihrem Grund und Zweck nicht vollständig überein. Wenn bei der Erbteilung ein Erbe eine landwirtschaftliche Liegenschaft zum Ertragswert übernimmt, so erleiden alle Miterben eine Vermögenseinbusse, weil ihr Erbteil infolge dieser Vergünstigung geringer ausfällt, als wenn die Liegenschaft bei der Teilung zum Verkehrswert angerechnet oder veräussert worden wäre. Das Gewinnanteilsrecht von Art. 619 ZGB soll ihnen erlauben, sich von dieser Einbusse zu erholen, falls der Übernehmer die Liegenschaft innert 15 Jahren mit Gewinn verkauft (BGE 86 I 122 /123). Wenn ein Vorkaufsberechtigter eine landwirtschaftliche Liegenschaft gemäss Art. 12 Abs. 1 EGG zum Schätzungswert an sich zieht, trifft dagegen nur den Verkäufer, der sie zum Schätzungswert statt zu dem mit dem dritten Käufer vereinbarten höhern Preise abtreten muss, ein entsprechender Verlust. Die Preisvergünstigung, die der Übernehmer in diesem Falle geniesst, geht nicht auf Kosten der Personen, die neben ihm vorkaufsberechtigt waren. Diese werden dadurch, dass er die Liegenschaft zum Schätzungswert erhält, nur insofern benachteiligt, dass sie die - unter Vorbehalt der Begründung einer Gemeinderschaft (Art. 11 Abs. 2 EGG) nur für einen Berechtigten bestehende - Möglichkeit verlieren, die Liegenschaft selber zu übernehmen (sei es zum Schätzungswert, sei es zu dem mit dem Dritten vereinbarten Preise). Wenn Art. 12 Abs. 5 EGG gleichwohl bestimmt, dass neben dem frühern Verkäufer auch die damals vorkaufsberechtigten Personen im Falle der Weiterveräusserung der Liegenschaft einen Gewinnanteil beanspruchen können, so kann der Grund hiefür also nur im Bestreben liegen, diesen Personen aus Billigkeit einen gewissen Ausgleich dafür zu bieten, dass sie die Liegenschaft nicht selber übernehmen und die damit verbundenen Vorteile geniessen konnten, und überdies dahin zu wirken, dass für den Übernehmer der Anreiz nicht zu gross wird, die zu einem Vorzugspreis erworbene Liegenschaft so bald als möglich mit Gewinn weiterzuveräussern und auf diese Weise das ihm vom Gesetz eingeräumte Vorrecht zu missbrauchen. Dieser zweite Zweck muss angesichts der Ziele, die das EGG nach seinem Titel (Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes) und nach seinem Art. 1 verfolgt, als besonders wichtig gelten. Art. 12 Abs. 5 EGG muss daher grundsätzlich so ausgelegt werden, dass dieser Zweck in möglichst vielen Fällen auch wirklich erreicht wird. Diese Erwägung verbietet es, zu den "damals vorkaufsberechtigten Personen" im Sinne von Art. 12 Abs. 5 EGG entsprechend der Auffassung von JOST (N. 11 d zu Art. 12 EGG, S. 73) nur die Personen zu rechnen, die nach Art. 12 Abs. 1 EGG neben dem Übernehmer berechtigt waren, das Vorkaufsrecht zum Schätzungswert auszuüben, vor jenem aber freiwillig zurückgetreten sind oder nach Art. 11 EGG zurücktreten mussten, oder gar anzunehmen, gewinnanteilsberechtigt seien ausser dem frühern Verkäufer nur die ranggleichen Mitbewerber des Übernehmers (wie dies LIVER a.a.O. als den mutmasslichen Sinn der ihm vorliegenden Fassung: "die damals vorkaufsberechtigten Miterben im Sinne von Art. 619 ZGB" bezeichnet hatte und wie dies F. E. JENNY, Das bäuerliche Vorkaufsrecht, 1955, S. 138, befürwortet).
Eine solche Auslegung würde den Kreis der Gewinnanteilsberechtigten so stark einschränken, dass Art. 12 Abs. 5 EGG in vielen Fällen kein wirksames Hemmnis für dem Gesetzeszweck widersprechende Spekulationen wäre. Unter dem erwähnten Ausdruck müssen daher, wie es auch schon dem Wortlaut entspricht (vgl. lit. a hievor), wenn nicht alle nach dem EGG und den kantonalen Einführungsgesetzen dazu, so doch auf jeden Fall alle nach dem EGG selber (Art. 6 Abs. 1) zur Zeit des frühern Verkaufs vorkaufsberechtigt gewesenen Personen verstanden werden (ausgenommen der Übernehmer, gegen den der Gewinnanteilsanspruch sich richtet).
Da die Klägerin als Mutter des Verkäufers zu diesen Personen gehört, ist die Klage gutzuheissen, ohne dass noch zu prüfen wäre, ob im Falle, dass der in Frage stehende Kanton das Vorkaufsrecht auf die Geschwister des Verkäufers und auf die Nachkommen verstorbener Geschwister ausgedehnt hat (Art. 6 Abs. 2 EGG), auch diese Personen nach Art. 12 Abs. 5 EGG gewinnanteilsberechtigt seien, und ob das gleiche gegebenenfalls sogar für die Pächter und die Dienstboten im Sinne von Art. 7 und 8 EGG gelten würde. Auch ist heute nicht zu entscheiden, wie der Gewinn sich berechne, den der Übernehmer im Falle des Weiterverkaufs innert 15 Jahren mit dem frühern Verkäufer und den damals vorkaufsberechtigten Personen zu teilen hat, und was unter einem "verhältnismässigen Anteil" am Gewinn zu verstehen sei.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Thurgau vom 5. Oktober 1961 bestätigt.