BGE 88 II 498
 
70. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. November 1962 i.S. Baumann und Streitgenossen gegen Dorfkorporation Dietfurt.
 
Regeste
Ehehafte (althergebrachte) Wasserrechte sind private Rechte an einem öffentlichen Gewässer. Sie gelten als Dienstbarkeiten. Ihr Inhalt ist grundsätzlich nach neuem Rechte zu beurteilen. Art. 17 Abs. 2 ZGB, SchlT und Art. 737 ff. ZGB (Erw. 3).
Stillschweigender Vorbehalt und Lücke des Vertrages. Art. 18 OR und Art. 2 ZGB (Erw. 5).
Ersatzpflicht für den durch Überschreitung der Dienstbarkeit angerichteten Schaden (Erw. 6).
Unter welchen Voraussetzungen kann Ersatz für zukünftigen Schaden verlangt werden? (Erw. 7).
 
Sachverhalt
A.- Der Dietfurterbach, ein Zufluss der Thur auf dem Gebiete des Kantons St. Gallen, ist ein öffentliches Gewässer im Sinne des Art. 664 Abs. 2 ZGB wie auch der kantonalen Gesetze "über Benützung von Gewässern" vom 1. Januar 1894 und "über die Gewässernutzung" vom 5. Dezember 1960. An diesem Gewässer besitzen die Kläger Wasserwerkanlagen, bestehend aus zwei Stauwehren, aus den Druckleitungen und den Turbinen. Die aus dem Wasser gewonnene Energie wird verwendet in der von Hans Baumann betriebenen Schlosserei und in der mechanischen Werkstätte der Zweitkläger sowie in der Sägerei des Erstklägers. Den Klägern stehen ehehafte Wasserrechte zu, die unter die Kategorie der vor dem Jahre 1860 erstellten Werke im kantonalen Wasserrechtskataster eingetragen sind.
B.- Am 24. November 1939 gewährte der Rechtsvorgänger der Kläger, Johannes Baumann sel., der Beklagten (Dorfkorporation Dietfurt) ein Dienstbarkeitsrecht auf Aneignung und Ableitung des Wassers der auf seinem Grundstück Parzelle 336 entspringenden Quelle. Die Quellfassung befand sich am linken Ufer des Baches, etwa 300 Meter oberhalb des ersten Stauwehrs. Für die Einräumung dieses Quellenrechtes bezahlte ihm die Beklagte einen Betrag von Fr. 2000. -.
C.- Die erwähnte Quelle ging in ihrer Ergiebigkeit zurück und versiegte schliesslich. Namentlich mit Rücksicht hierauf bot Johannes Baumann Hand zum Abschluss eines neuen Dienstbarkeitsvertrages vom 9. Dezember 1942, dem zu entnehmen ist:
"1. Als Nachtrag zu dem am 24. November 1939... eingetragenen Quellenrecht räumt Baumann Johannes... der Dorfkorporation Dietfurt folgende Rechte als Ergänzung zum bestehenden Quellenrecht ein:
a) Erstellen eines Sammelschachtes in der Nähe der bereits bestehenden Brunnenstube, zwecks Fassung von Grundwasser im Grundstück Baumann, mit Pumpwerk und Pumpenhaus in einer Grundfläche von ca. 20 m2, mit Zuleitung vom Sammelschacht zur alten Brunnenstube;
b) Erstellen eines unterirdischen Grundwasser-Sammelstranges vom Sammelschacht in westlicher Richtung parallel zum Flusslauf, auf eine Entfernung von ca. 100 m.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.
In der seinerzeit ausgerichteten Entschädigung von Fr. 2000.-- sind auch die im vorstehenden Vertrage eingeräumten Rechte eingeschlossen, einschliesslich das Durchleitungsrecht für den Sammelstrang.
4.
Es wird besonders vereinbart, dass der auf eine Länge von ca. hundert Meter vorgesehene Sammelstrang etappenweise erstellt werden wird, je nach den Wasserbedürfnissen der Dorfkorporation. Einstweilen wird der Strang nur ungefähr auf eine Länge von 25 Meter gelegt.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die auf Grund dieses zweiten Vertrages in Betrieb gesetzte Pumpe hatte eine Förderleistung von 220 Minutenlitern.
D.- Mit Gesuch vom 15. November 1949 bewarb sich die Beklagte beim Regierungsrat des Kantons St. Gallen um eine Konzession zur Entnahme von 2000 l/min aus dem Grundwasservorkommen. Die Kläger erhoben Einsprache wegen drohender Schmälerung ihrer ehehaften Wasserrechte. Der Regierungsrat verlieh der Beklagten jedoch mit Beschluss vom 17. Februar 1950 das nachgesuchte Recht zur Entnahme von maximal 2000 l/min und 200 000 m3 im Jahr, räumte der Konzessionärin das Enteignungsrecht ein und legte ihr die Pflicht auf, Streitigkeiten mit Dritten, die sich aus der Konzessionserteilung und dem Bau der Anlagen ergeben, auf eigene Kosten ohne Beteiligung des Staates auszutragen.
In der folgenden Zeit erstellte die Beklagte ein Pumpwerk mit einer Förderleistung von maximal 600 l/min (zwei Pumpen von 400 bezw. 600 l/min Leistung, von denen jedoch jeweilen nur eine im Betriebe steht).
E.- Mit Klage vom 4. Oktober 1957 stellten die Kläger die Rechtsbegehren:
"1. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Beklagte den Klägern für den Schaden ersatzpflichtig ist, welcher ihnen durch die Grundwasserentnahme am Dietfurtbach entsteht.
2. Es sei die Beklagte zu verpflichten, den Klägern jährlich zum voraus, rückwirkend auf den Tag der Inbetriebnahme der Grundwasserfassung, Fr. 600.-- für die Dauer der Wasserentnahme zu bezahlen."
Zur Begründung machten die Kläger im wesentlichen geltend, bei mittlerem Wasserstande werde ihren Anlagen so viel Wasser entzogen, dass sie nicht mehr voll ausgenützt werden könnten. Sie seien gezwungen, zur Aufrechterhaltung ihrer Betriebe Fremdstrom zu beziehen oder einen Dieselmotor einzusetzen. Nach ihren Berechnungen müssten sie dafür jährlich insgesamt Fr. 600.-- aufwenden. Diesen Betrag habe ihnen die Beklagte rückwirkend zu ersetzen. Da die Beklagte durch die Konzession berechtigt sei, die Wasserentnahme auf 2000 l/min zu erhöhen, hätten die Kläger ein Interesse daran, ausserdem gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Beklagte für den ihnen daraus entstehenden Schaden verantwortlich sei.
Die Beklagte bestritt einerseits, dass die ehehaften Wasserrechte der Kläger durch die Grundwasserentnahme beeinträchtigt würden. Anderseits machte sie geltend, der Rechtsvorgänger der Kläger habe ihr durch den zweiten Dienstbarkeitsvertrag vom 9. Dezember 1942 das dingliche Recht auf unbeschränkten Bezug von Grundwasser in seiner Parzelle Nr. 336 eingeräumt.
F.- Sowohl das Bezirksgericht Alttoggenburg wie auch, auf Berufung der Kläger hin, das Kantonsgericht St. Gallen, mit Urteil vom 9. Februar 1962, haben die Klage abgewiesen. Das Kantonsgericht führt zur Begründung seines Urteils im wesentlichen aus: Durch das vom Bezirrksgericht eingeholte Gutachten Strasser/Jäckli sei erwiesen, dass die Wasserentnahme durch die Beklagte den Zufluss auf die Wasserwerke der Kläger beeinträchtige, wenn auch in verhältnismässig geringfügigem Masse. Grundsätzlich wäre die Beklagte daher zum Schadenersatze verpflichtet. Nun könne sie sich aber auf die mit dem Rechtsvorgänger der Kläger abgeschlossenen Dienstbarkeitsverträge berufen. Die Wasserentnahme sei darin in keiner Weise beschränkt worden. Sie richte sich deshalb, was zudem "zweifelsfrei" aus Ziff. 4 des zweiten Vertrages hervorgehe, nach den Bedürfnissen der bezugsberechtigten Beklagten. Der Eingriff in die Wasserrechte der Kläger sei somit nicht rechtswidrig.
G.- Gegen dieses Urteil haben die Kläger die vorliegende Berufung an das Bundesgericht eingereicht.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1./2. - .....
3. Gegenstand des Rechtsstreites ist der Anspruch auf Schadenersatz wegen Beeinträchtigung der ehehaften Wasserrechte der Kläger durch die Ausübung des auf staatlicher Verleihung (Konzession) beruhenden Wassernutzungsrechtes der beklagten Dorfkorporation. Die ehehaften Wasserrechte sind private Rechte an einem öffentlichen Gewässer (vgl.BGE 39 I 76,BGE 60 II 487Erw. 3; LEEMANN, 2. Aufl., N. 62 zu Art. 664 ZGB; HAAB, N. 17, 23 und 27 zu Art. 664; P. LIVER, Die ehehaften Wasserrechte in der Schweiz, in der Festschrift für Paul Gieseke, S. 226/27). Nach Art. 45 des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes vom 22. Dezember 1916 werden Privatrechte Dritter durch die Verleihung nicht berührt, und nach Art. 70 WRG sind Streitigkeiten zwischen dem Beliehenen und andern Nutzungsberechtigten über den Umfang ihrer Nutzungsrechte von den Gerichten zu entscheiden. Das sind reine Zivilrechtsstreitigkeiten (vgl. GEISER/ABBÜHL/BÜHLMANN, Kommentar zum eidg. WRG, Bemerkungen zu Art. 70; ZIHLMANN, Die Vorteilsausgleichung unter Wassernutzungsberechtigten im schweizerischen Recht, Diss. 1959, S. 29; M. A. MÜLLER, Die rechtliche Regelung des Grundwassers im Kanton Thurgau, Diss. 1953, S. 74). Zivilrechtlichen Charakters sind auch die Dienstbarkeiten, auf die sich die Beklagte ihrerseits beruft, und die das angefochtene Urteil als Grund zur Rechtfertigung der die Wasserrechte der Kläger schmälernden Wasserentnahme anerkennt.
Und zwar geht der Streit im wesentlichen um Rechtsverhältnisse, die vom Bundesrecht beherrscht sind, so dass sich die Berufung an das Bundesgericht auch unter dem Gesichtspunkt des anwendbaren Rechtes als zulässig erweist (Art. 43 OG). Die ehehaften (althergebrachten) Rechte der Kläger entstammen freilich einer nicht mehr geltenden Rechtsordnung. Die in ihnen enthaltenen Befugnisse erfüllen aber die Merkmale einer Dienstbarkeit. Sie stellen sich somit als Rechte dar, wie sie auch unter der jetzt geltenden Sachenrechtsordnung noch begründet werden können, und sind daher den Dienstbarkeiten einzureihen (vgl. MUTZNER, 2. Auflage, N. 13 zu Art. 17 Abs. 2 SchlT des ZGB; LIVER, a.a.O. S. 244 sowie ZSR NF 71 I S. 339 ff.;BGE 63 I 110ff.). Das hat zur Folge, dass sich ihr Inhalt nach den Normen des ZGB, Art. 737 ff., bestimmt (vgl. Art. 17 Abs. 2 SchlT des ZGB; BGE 85 II 180 /81, BGE 86 II 247 ff.). Für die Ermittlung des konkreten Inhaltes muss allerdings bei den aus dem alten Recht stammenden Dienstbarkeiten mitunter auf Begriffe und Normen des frühern Rechts zurückgegangen werden (vgl. die soeben angeführten Entscheidungen und LIVER, N. 227 ff. zu Art. 737 ZGB). Indessen hat Art. 1 Abs. 3 des st. gallischen Gesetzes vom 1. Januar 1894 "über Benützung von Gewässern" eine einfache Regelung getroffen, wonach "die zurzeit bestehenden Wasserwerksanlagen und die bis anhin zu wirtschaftlichen Zwecken geübten Wasserbezugsrechte in ihrem bisherigen Bestande gewährleistet bleiben". Die auf dieser Grundlage den Klägern zustehenden Wassernutzungsrechte sind dem Grundsatze nach unbestritten, und das Kantonsgericht stellt fest, dass sie durch die Wasserentnahme der Beklagten, wenn auch in geringfügigem Masse, beeinträchtigt werden. Die Klageabweisung beruht auf der Anerkennung eines "privaten Rechtstitels" der Beklagten, wie er in den ihr vom Rechtsvorgänger der Kläger eingeräumten Dienstbarkeiten enthalten sei. Danach stehe der Beklagten ein unbeschränktes Recht auf Entnahme von Grundwasser aus dem Grundstück Nr. 336 der Kläger zu, und zwar - jedenfalls bis zur jährlichen Höchstmenge von 200 000 m3 gemäss der regierungsrätlichen Konzession - ohne Rücksicht auf die ehehaften Rechte der Kläger. Diese in den Jahren 1939 und 1942 vereinbarten Dienstbarkeiten sind zweifellos nach eidgenössischem Privatrechte zu beurteilen.
4. Die Auslegung der Dienstbarkeitsverträge, d.h. die Ermittlung von Sinn und Tragweite der Vereinbarungen an Hand ihres Wortlautes, nach dem Sprachgebrauch und den für den Vertragszweck als wesentlich zu betrachtenden Umständen, ist - beim Fehlen tatsächlicher Feststellungen des Kantonsgerichts über einen wirklichen (gemeinsamen) Willen der Vertragschliessenden - eine vom Bundesgericht frei zu überprüfende Rechtsfrage (vgl. BGE 87 II 237 mit Hinweisen). Nach Ansicht des Kantonsgerichts spricht nun der Vertragstext in zweifacher Hinsicht für ein unbegrenztes Recht auf Grundwasserentnahme aus der Parzelle Nr. 336: Einmal sei in den Verträgen keine Höchstmenge der Wasserentnahme festgelegt worden, und sodann solle sich der Wasserbezug der Beklagten nach der ausdrücklichen Bestimmung der Ziff. 4 des zweiten Vertrages je nach ihren Wasserbedürfnissen richten. Diese Betrachtungsweise hält indessen einer nähern Prüfung nicht stand.
a) Freilich wird ein Wassernutzungsrecht gewöhnlich in bestimmter Weise begrenzt und damit als "gemessene" Dienstbarkeit festgelegt. Wird aber davon abgesehen, den Umfang der Bezugsberechtigung zum vornherein (etwa in Minutenlitern) zu bestimmen, so wird die wasserrechtliche Dienstbarkeit nicht ohne weiteres zu einer "ungemessenen". Vielmehr ist durch Auslegung zu ermitteln, welcher Umfang der Bezugsberechtigung zukommt (vgl. LEEMANN, N. 18 zu Art. 737 ZGB), und dies hat nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu geschehen (BGE 87 II 95 mit Hinweisen; MERZ, N. 119 ff. zu Art. 2 BGE mit Literaturangaben in N. 120). Unter diesem Gesichtspunkt fällt hier vor allem in Betracht, dass den Vertragschliessenden fern lag, den die Werkanlagen der Kläger speisenden Zufluss aus dem Dietfurterbach aufzuteilen, also einen Teil davon der Beklagten zuzuweisen. In den Verträgen ist dieser Zufluss nicht als Gegenstand der Dienstbarkeit genannt, und es konnte eine solche Abzweigung an die Beklagte nach Treu und Glauben gar nicht in Frage kommen, da der Rechtsvorgänger der Kläger wie dann auch diese selbst ihre Anlagen in unvermindertem Umfange weiterbetrieben haben und nach wie vor der vollen Ausnützung ihres ehehaften Wasserrechtes bedürfen. Nicht nur die der Beklagten auf Grund des Vertrages von 1939 zur Fassung und Ableitung überlassene Quelle, sondern auch das durch den "Nachtrag" von 1942 ihr in entsprechender Weise zur Verfügung gestellte Grundwasser ist somit in den Vertragstexten angesichts der erwähnten Begleitumstände als ein von jenem Zufluss getrenntes und ihn nicht beeinflussendes Wasservorkommen zu verstehen und ohne Zweifel auch beiderseits so verstanden worden. Gerade daraus erklärt es sich, dass man keine Veranlassung fand, die der Beklagten eingeräumte Bezugsberechtigung zahlenmässig zu umgrenzen. Übrigens war die Quelle, der Gegenstand des ersten Vertrages, wohl von Anfang an wenig ergiebig, so dass das nur auf sie bezogene Recht keiner weitern Begrenzung bedurfte. Und was das nach dem Versiegen der Quelle als neuer Gegenstand der Nutzung bezeichnete Grundwasser betrifft, so ist nicht aus dem Auge zu lassen, dass es im wesentlichen einfach für jene Quelle Ersatz zu bieten hatte. Das Kantonsgericht beachtet nicht in gebührender Weise den Zusammenhang des zweiten mit dem ersten Vertrage, als dessen Nachtrag jener ausdrücklich bezeichnet worden ist. Die "Ergänzung" der Bezugsberechtigung auf das Grundwasser war eben wegen des Versiegens der Quelle nötig geworden. Bei dieser Sachlage kann die Beklagte das Grundwasser der Parzelle Nr. 336 nicht in unbeschränktem Masse, sondern nur zum Bezug von ungefähr so viel Wasser in Anspruch nehmen, wie sie anfänglich aus der Quelle hatte gewinnen können. Diese einschränkende Auslegung liegt besonders deshalb nahe, weil die Ersatzberechtigung laut Ziff. 3 des zweiten Vertrages durch die seinerzeit für das Quellenrecht bezahlte Vergütung von Fr. 2000.-- bereits abgegolten war.
b) Aus Ziff. 4 des zweiten Dienstbarkeitsvertrages lässt sich nichts ableiten, was dem Gesagten zuwiderliefe. Wenn danach der in Ziff. 1 lit. b vorgesehene Sammelstrang von etwa 100 m Länge nicht auf einmal, sondern etappenweise "je nach den Bedürfnissen der Dorfkorporation" angelegt werden soll, so heisst dies in Verbindung mit dem Vorausgegangenen bloss, es sei zunächst mit einem kleineren, auf 25 m bemessenen Sammelstrang zu versuchen, der alsdann, wenn das Grundwasser sich als zu wenig ergiebig erweisen sollte, nach und nach auf die Höchstlänge von etwa 100 m verlängert werden dürfe. Diese Vertragsstelle ist als Teil des gesamten Textes zu deuten und in sinnvoller Weise dahin zu verstehen, die Beklagte solle durch Grundwasserbezug einen vollwertigen Ersatz für das wertlos gewordene Quellenrecht erhalten; deshalb dürfe sie einen hiefür genügenden Sammelstrang anlegen und - im Rahmen der Bedürfnisse, die das Quellenrecht hätte decken sollen - von anfänglich 25 bis auf etwa 100 m verlängern.
c) Dass die Beklagte selber nicht der Meinung war, der Vertrag von 1942 habe ihr ein unbeschränktes Wasserbezugsrecht eingeräumt, geht daraus hervor, dass sie am 15. November 1949 die Erteilung einer Konzession zur Entnahme von 2000 l/min aus dem Grundwasser des Dietfurterbaches nachgesucht hat. Freilich hatte der Regierungsrat dieses Grundwasser am 20. September 1948 als öffentliches Gewässer erklärt. Demgegenüber hätte aber die Bekla gte, die es seit 1942 teilweise gefasst und abgeleitet hatte, sich auf die Eigentumsgarantie berufen können, sofern sie der Ansicht war, ihr stehe ein unbeschränkter privatrechtlicher Anspruch auf Ableitung dieses Wassers zu (vgl.BGE 55 I 401). Einen solchen Standpunkt hat sie jedoch nicht eingenommen, sei es, dass sie einen privatrechtlichen Anspruch gemäss dem Vertrage von 1942 überhaupt nicht für begründet hielt und dieses Grundwasser schon nach dem kantonalen Gesetze vom 1. Januar 1894 als öffentliches Gewässer betrachtete, sei es, dass sie die Konzessionserteilung nur insoweit für nötig hielt, als der Wasserbezug über die bis 1948 abgeleiteten Mengen hinaus erhöht werden sollte.
d) Nach der dem kantonalen Recht im angefochtenen Urteil gegebenen Auslegung war die Einräumung eines Grundwasserbezugsrechtes durch Dienstbarkeit im Jahre 1942 gültig. Wie dargetan, umfasst dieses Recht aber nur ungefähr den Ertrag der Quelle, die den Gegenstand des Vertrages und Grundbucheintrages von 1939 gebildet hatte. Dieser Ertrag ist vom Kantonsgericht nicht festgestellt worden; dagegen ergibt sich aus dem regierungsrätlichen Entscheid vom 7. Februar 1950 über die Konzessionserteilung, dass die Beklagte zur Gewinnung des Grundwassers (1942) eine Pumpe mit einer FÖrderleistung von 220 Minutenlitern in Betrieb gesetzt hatte. Da die damalige Anlage unbeanstandet blieb, darf angenommen werden, die erwähnte Wassermenge habe dem Gegenstand der Dienstbarkeit entsprochen.
5. Diese Menge als unbedingtes Höchstmass des Bezuges bezeichnen, hiesse nun allerdings den Vertragsbestimmungen einen genauen Sinn beimessen, der ihnen beim Fehlen einer zahlenmässigen Festlegung nicht zukommt. Es mochte den Vertragschliessenden, namentlich auch dem Grundeigentümer, gleichgültig sein, ob das Grundwasser noch etwas stärker ausgenützt werde, sofern nur der seine Werkanlagen speisende Bachzufluss unberührt bleibe, den auch die Beklagte nicht anzutasten beabsichtigte. Betrachtet man dies als stillschweigend vereinbarten Vorbehalt, so überschreitet die Beklagte ihr Dienstbarkeitsrecht, sobald sie mehr als 220 l/min Grundwasser herauspumpt und dadurch jenen Zufluss schmälert. Die gleiche Rechtslage ergibt sich aber auch, wenn man davon ausgeht, die Vertragschliessenden hätten gar nicht damit gerechnet, dass bei Überschreitung eines gewissen Umfanges der Grundwasserentnahme je nach dem Wasserstande des Dietfurteruaches jener Zufluss geschmälert und damit die Ausnützbng des ehehaften Wasserrechtes beeinträchtigt werden könnte. Es mag sein, dass man beim Abschluss der Dienstbarkeitsverträge hinsichtlich der Quelle und des Grundwassers über die hydrologischen Zusammenhänge (wie sie das gerichtliche Gutachten darlegt) nicht Bescheid wusste und sich darüber keine Gedanken machte. Da aber nach den gegebenen Verhältnissen nicht davon die Rede sein konnte, der Beklagten einen Teil des für die Werkanlagen der Kläger benötigten Wassers zu überlassen, ergibt sich bei dieser zweiten Betrachtungsweise eine Lücke des Vertrages, die nach Treu und Glauben im Sinne des soeben umschriebenen stillschweigenden Vorbehaltes auszufüllen ist (vgl. BECKER, 2. Aufl., N. 17 und 23 zu Art. 18 OR; MERZ, N. 145 und 152 zu Art. 2 ZGB).
6. Auf Unterlassung weiterer Beeinträchtigung ihrer ehehaften Wasserrechte haben die Kläger nicht angetragen (was gemäss Art. 737 oder auch auf Grund von Art. 679 ZGB hätte geschehen können; vgl. LIVER, N. 180 ff. zu Art. 737, und HAAB, N. 10 ff. zu Art. 679 ZGB), sondern sich auf Geltendmachung von Schadenersatz nach Art. 41 ff. OR beschränkt. Dieser Anspruch ist nach dem Gesagten begründet, sobald die Beklagte auch nur zeitweilig durch Bezug von mehr als 200 l/min in das als Dienstbarkeit zu betrachtende althergebrachte Wasserrecht der Kläger eingreift. Die Beklagte kann die Schadenersatzpflicht nicht dadurch abwenden, dass sie die Grundwasserentnahme im Jahresdurchschnitt auf jene Menge begrenzt. Vielmehr darf der Zufluss zu den Anlagen der Kläger in keinem Zeitpunkt, insbesondere nicht bei niedrigem Wasserstand des Dietfurterbaches, durch Grundwasserbezug der Beklagten von mehr als den ihr eigentlich zustehenden 220 l/min beeinträchtigt werden; jede derartige Störung der den Klägern zustehenden Wassernutzung verpflichtet die Beklagte zu Schadenersatz.
Demgegenüber vermag sich die Beklagte auf kein über die Dienstbarkeiten von 1939 und 1942 hinausgehendes Recht zu berufen. Die ihr vom Regierungsrat erteilte Konzession lässt das ehehafte Recht der Kläger als wohlerworbenes Privatrecht unberührt. Und gesetzliche Rechte stehen der Beklagten am Grundwasser der Parzelle Nr. 336, das den öffentlichen Gewässern gleichgestellt worden ist, nur insoweit zu, als es das öffentliche Recht vorsieht, nämlich nach den neuen Gesetz des Kantons St. Gallen vom 5. Dezember 1960 über die Gewässernutzung, Art. 7, nur bis zu 50 l/min.
Nach alledem ist das Klagebegehren 1 zu schützen durch die Feststellung, dass die Beklagte für einen Schaden einzustehen hat, den sie den Klägern durch Bezug von mehr als 220 l/min Grundwasser zufügt.
7. Das auf Leistung gehende Klagebegehren 2 umfasst bereits entstandenen wie auch zukünftigen Schaden. In jener Hinsicht ist der Sachverhalt nicht abschliessend festgestellt, und was den zukünftigen Schaden belangt, so lässt er sich im vorliegenden Rechtsstreit überhaupt nicht beurteilen. Gewiss kann mitunter der Zuspruch von Ersatz zukünftigen Schadens verlangt werden (vgl. BGE 86 II 45 mit Hinweisen). Voraussetzung hiefür ist aber, dass das schadenstiftende Ereignis stattgefunden habe und abgeschlossen sei; denn nur dann lässt sich die zukünftige Entwicklung einigermassen sicher überblicken und der als Folge der unerlaubten Handlung noch zu erwartende Schaden abschätzen. Hier steht jedoch eine zukünftige Schädigung in Frage, die nicht infolge eines in der Vergangenheit liegenden Ereignisses allenfalls eintreten wird, sondern vom zukünftigen Verhalten der Beklagten abhängt. Es ist völlig ungewiss, ob und in welchem Ausmasse der Wasserbezug der Beklagten die kritische Grenze von 220 l/min übersteigen und welcher Schaden den Klägern daraus entstehen wird.
Bei dieser Sachlage fällt das Klagebegehren 2 nur insoweit in Betracht, als es sich auf den Schaden bezieht, den die Kläger allenfalls auf die erwähnte Weise bereits erlitten haben bis zu dem Zeitpunkt, der als Endpunkt der tatsächlichen Feststellungen nach der kantonalen Prozessordnung zu gelten hat. Nach dem Expertenbefund hat die Beklagte im Durchschnitt der Jahre 1950 bis 1955 nur ca. 89'790 m3 Wasser bezogen, was ca. 170 l/min ausmacht. Da indessen die Förderleistung der beiden Pumpen 400 bezw. 600 l/min beträgt, bleibt Raum für zeitweilige grosse Abweichungen vom mittleren Jahresverbrauch, was die Kläger denn auch behauptet haben. Es bleibt somit festzustellen, ob und in welchem Masse im Lauf der Jahre die 220 l/min überschritten worden sind, und welcher Schaden den Klägern allenfalls daraus erwachsen ist. In diesem Sinne muss die Angelegenheit zur neuen Beurteilung des Begehrens 2 an das Kantonsgericht zurückgewiesen werden (Art. 64 OG).
Sollte die Dorfkorporation auf einen Bezug von mindestens zeitweilig mehr als 220 l/min aus dem Grundwasser des Dietfurterbaches angewiesen sein, so steht ihr laut regierungsrätlicher Ermächtigung, wie sie ihr bei Erteilung der Konzession gewährt wurde, der Weg der Enteignung offen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 9. Februar 1962 aufgehoben und durch folgendes Urteil ersetzt wird:
1.- Es wird festgestellt, dass die Beklagte für den Schaden verantwortlich ist, der den Klägern dadurch entsteht, dass sie mehr als 220 Minutenliter Grundwasser bezieht.
2.- Im übrigen wird die Sache zu ergänzender Tatsachenfeststellung und zu neuer Beurteilung des Rechtsbegehrens 2 der Klage an das Kantonsgericht St. Gallen zurückgewiesen.