42. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. November 1968 in Sachen Ernst und Hans Dünner gegen Gebr. Wyrsch.
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Regeste
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Grundstückkauf (Art. 216 OR).
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Sachverhalt
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A.- Die Brüder Ernst und Hans Dünner sind Eigentümer der Grundstücke Nr. 233 und 234 (Liegenschaft "Friedberg") in Kreuzlingen-Ost. Durch öffentlich beurkundeten Vertrag vom 28. August 1963 verkauften sie diese Parzellen zum Preise von Fr. 391'000.-- an die Kollektivgesellschaft Gebrüder Wyrsch, die mit Grundstücken handelt und Überbauungen besorgt. Die Käuferin verpflichtete sich gemäss Ziff. 1 der "ferneren Bestimmungen" das "Kaufsobjekt zum Zwecke der Überbauung mit Mehrfamilienhäusern" bis zur grundbuchlichen Fertigung des Vertrages neu zu parzellieren. Die Verkäufer hatten anderseits Anspruch auf Zuweisung einer Parzelle im Ausmass von ca. 1'200 m2, die somit nicht als mitverkauft galt, sondern in ihrem Eigentum blieb. Die Käuferin hatte auf Anrechnung an den Preis eine Grundpfandschuld von Fr. 186'000.-- zu übernehmen und sie ab 1. November 1963 zu verzinsen. Fr. 130'000.-- zahlte sie den Verkäufern am Tage des Vertragsabschlusses. Weitere Fr. 40'000.-- sollten mit der Werklohnforderung verrechnet werden, welche die Käuferin gegen die Verkäufer durch Erstellung des unter Ziff. 8 der "ferneren Bestimmungen" erwähnten Wohnhauses erlangen würde. Fr. 35'000.-- waren beim Grundbucheintrag zu zahlen.
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In der Folge wurde die Parzellierung durchgeführt und die Frist zur grundbuchlichen Fertigung mehrmals verlängert.
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Am 30. März 1965 erschienen die Parteien auf dem Grundbuchamt. Die Verkäufer lehnten die Eigentumsübertragung mit der Begründung ab, die Käuferin böte im heutigen Zeitpunkt keine genügende Gewähr für die Erstellung des in Ziff. 8 vorgesehenen Mehrfamilienhauses. Sie verlangte verschiedene Sicherheiten, was von der Käuferin abgelehnt wurde.
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B.- Am 29. Dezember 1965 klagte die Firma Gebrüder Wyrsch gegen die Brüder Dünner auf Rückerstattung der Anzahlung von Fr. 130'000.--, auf Zahlung der "Reukaufsumme" von Fr. 130'000.-- und auf Ersetzung der von der Klägerin am 11. Juni und 23. November 1964 bezahlten zwei Zinsraten von je Fr. 3'612.90 für die übernommene Grundpfandschuld.
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Das Bezirksgericht Kreuzlingen hiess am 9. November 1966 die Klage gut.
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Die Beklagten zogen die Sache an das Obergericht des Kantons Thurgau weiter. Sie anerkannten eine Schuld von Fr. 137'225.80 nebst 5% Zins seit 6. Februar 1967, nämlich den erhaltenen Teil des Kaufpreises und die Grundpfandzinsen, und zahlten der Klägerin am 21. März 1967 den erwähnten Betrag, dagegen nicht den Zins. Soweit die Klage weiter ging, beantragten sie deren Abweisung.
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Das Obergericht hiess die Berufung am 9. Mai 1968 teilweise gut. Es verpflichtete die Beklagten, der Klägerin, über den bereits bezahlten Betrag hinaus solidarisch weitere Fr. 65'000.-- nebst 5% Zins seit 28. September 1965 zu zahlen, ferner die Zinsen zu 5% von den bezahlten Fr. 137'225.80.
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C.- Das Bundesgericht hat die Berufung der Beklagten gutgeheissen und die Anschlussberufung der Klägerin abgewiesen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Die Beklagten machen geltend, im Vertrag vom 28. August 1963 seien der Kaufpreis und der Werklohn miteinander verknüpft gewesen und beide um Fr. 160'000.-- zu niedrig beurkundet worden. Die Parteien hätten in Wirklichkeit einen Kaufpreis von rund F. 550'000.-- und einen Werklohn von mindestens Fr. 624'000.-- gewollt, denn sie hätten mit einem Preis des Landes von rund Fr. 60.- je m2 gerechnet, und die Klägerin hätte für die Erstellung des Hauses, wie sie dem kantonalen Büro für Bauwirtschaft selber angegeben habe, Fr. 624'000 aufwenden müssen. Der Vertrag leide somit an einem von Amtes wegen zu beachtenden Formmangel, der ihn nichtig mache.
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Die in Art. 216 Abs. 1 OR vorgesehene öffentliche Beurkundung, ohne die der Kauf eines Grundstücks nicht gültig ist, muss alle wesentlichen Punkte des Vertrages decken, insbesondere auch die ganze für das Grundstück versprochene Gegenleistung (BGE 51 II 573,BGE 53 II 164,BGE 68 II 233,BGE 75 II 148, 78 II 224, 84 II 374, 86 II 36, 230, 260, 400, 87 II 30, 88 II 160, 90 II 37, 156, 296, 92 II 324, 93 II 104).
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Der Kaufpreis ist ein wesentlicher Punkt des Kaufes. Auch das Versprechen des Käufers, dem Verkäufer auf einer auszuscheidenden Parzelle zu bestimmtem Preise ein bestimmtes Haus zu bauen, war im vorliegenden Falle wesentlich (vgl. BGE 90 II 37).
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Sowohl der Kaufpreis als auch der Werklohn mussten daher in der öffentlichen Urkunde richtig angeführt werden, d.h. in der Höhe, in der sie vereinbart worden waren. Dagegen brauchten sie nicht dem Verkehrswert oder überhaupt einem objektiven Wert des Kaufgegenstandes, bzw. des zu erstellenden Werkes zu entsprechen, ja nicht einmal dem Werte, den diese Leistungen nach der Vorstellung der Parteien hatten. Die Vertragschliessenden waren nicht verpflichtet, den Kaufgegenstand zu einem objektiv richtigen oder ihrer Vorstellung entsprechenden Werte zu verkaufen und den Werklohn in der Höhe eines objektiven oder ihrer Vorstellung entsprechenden Wertes, z.B. in der Höhe der Erstellungskosten, zu vereinbaren. Die Vertragsfreiheit (Art. 19 OR) erlaubte ihnen, sich auf beliebig tiefere oder höhere Preise zu einigen. Ob sie durch Vereinbarung tieferer Preise die Festsetzung von Gebühren oder Steuern erschwerten, ist für die Frage, ob zivilrechtlich eine Falschbeurkundung vorliege, unerheblich. Die Vertragschliessenden waren nicht gehalten, dem Fiskalrecht zuliebe einen bestimmten Gesichtspunkten Rechnung tragenden Kaufpreis und Werklohn abzumachen und beurkunden zu lassen. Eine zivilrechtliche Falschbeurkundung läge nur vor, wenn die Parteien in der Urkunde einen anderen Willen vorgespiegelt hätten, als sie ihn ausserhalb der Urkunde gegenseitig übereinstimmend geäussert hatten. Nur in diesem Falle läge eine Simulation im Sinne des Art. 18 OR vor.
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Im vorliegenden Falle sind deren Voraussetzungen nicht erfüllt. Das Obergericht stellt verbindlich fest, dass die Beklagten nicht dem kantonalen Prozessrecht entsprechend rechtzeitig vorgebracht haben, die Parteien hätten als Abschluss der Vertragsverhandlungen endgültig höhere Vergütungen vereinbart, als sie beurkunden liessen, denn sie hätten in der Klageantwort nur behauptet, man sei bei den Verhandlungen von einem Erstellungspreis für das Haus von etwa Fr. 620'000.-- und einem Kaufpreis für die Grundstücke von etwa Fr. 550'000.-- ausgegangen und habe dann "Reduktionen im kongruenten Ausmass von je ca. Fr. 160'000.-- vorgenommen". Das Obergericht bezeichnet dieses Vorgehen als ein beidseitig bewusstes und ernstlich gewolltes Entgegenkommen bezüglich der Vertragskonditionen; der Liegenschaftskaufpreis von Fr. 391'000.-- sei von beiden Parteien im Zeitpunkt des Vertragschlusses ernstlich gewollt gewesen, wie anderseits auch der äusserst billige Preis von Fr. 465'000.-- für das Mehrfamilienhaus. Diese Feststellungen über den wirklichen Willen der Vertragschliessenden betreffen tatsächliche Verhältnisse und binden daher das Bundesgericht (Art. 63 Abs. 2 OG). Dass der Richter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes Formmängel eines Vertrages von Amtes wegen zu berücksichtigen hat, bedeutet nicht, das Bundesgericht dürfe sich über tatsächliche Feststellungen der kantonalen Instanz hinwegsetzen oder dieses habe den Sachverhalt von Amtes wegen, unabhängig von den kantonalen Vorschriften über die Behauptungspflicht, abzuklären.
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Haben die Parteien somit ihren Willen und ihre Willensäusserungen über die Höhe des Kaufpreises und des Werklohnes nicht unrichtig beurkunden lassen, so leidet der Vertrag nicht an einem Formmangel.
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