BGE 95 II 143
 
20. Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. Mai 1969 i.S. Hentke gegen A. Kuster & Co.
 
Regeste
Agenturvertrag.
Verzicht des Agenten auf einen Anspruch dieser Art?
- Tatsächliche Feststellung des Verzichtswillens; offensichtliches Versehen? (Erw. I/1).
- Verzicht durch stillschweigende Genehmigung von Provisionsabrechnungen (Erw. I/2).
2. Entschädigung für Konkurrenzverbot, Art. 418 d Abs. 2 OR.
Der Anspruch steht auch dem Agenten zu, der selber den Vertrag kündigt (Erw. II/3).
Fehlendes Interesse des Auftraggebers am Konkurrenzverbot und einseitiger Verzicht auf dieses machen die Entschädigungspflicht nicht hinfällig (Erw. II/4).
Grundsätze für die Bemessung der Entschädigung. Beweislast Erw. II/5).
 
Sachverhalt
A.- Der Techniker Kurt Hentke schloss am 17. Juli 1958 einen Agenturvertrag mit der Firma A. Kuster & Co. in Zürich, die mit Werkzeugmaschinen handelt. Hentke, der eine tragbare Maschine zum Zerschneiden von Metall, Steinen und andern Materialien mittels einer schnell rotierenden Schleifscheibe entwickelt hatte, übertrug alle Rechte an dieser Erfindung auf die Firma A. Kuster & Co. Er verpflichtete sich, dieser als Abschlussagent Bestellungen für die erwähnte Trennmaschine gegen bestimmte Provisionen zu überweisen. Art. 15 Ziff. 2 des Vertrages auferlegte dem Agenten ein Konkurrenzverbot während der Dauer des Vertrages und für zwei Jahre nach dessen Auflösung.
In den Jahren 1965/66 kam es zwischen den Parteien zu Zwistigkeiten. Hentke kündigte den Vertrag. Die Firma Kuster & Co. wies die Kündigung als vertragswidrig zurück, erklärte sich dann aber schliesslich mit der Auflösung des Vertrages auf den 30. September 1966 einverstanden. Über die Ansprüche des Agenten aus dem Vertrag und die finanziellen Folgen von dessen Auflösung konnten sich die Parteien jedoch nicht einigen.
B.- Am 2. Mai 1967 erhob Hentke beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Firma A. Kuster & Co. Klage auf Bezahlung von Fr. 59'410.90 nebst Zinsen.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Im Laufe des kantonalen Verfahrens schlossen die Parteien einen Teilvergleich, wonach die Beklagte Provisions- und Lizenzgebührenansprüche des Klägers im Betrage von Fr. 5'785.75 anerkannte.
An der Hauptverhandlung vor dem Handelsgericht erklärte die Beklagte sodann, auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel durch den Kläger zu verzichten. Der Kläger wies jedoch diesen Verzicht als unzulässig zurück.
C.- Das Handelsgericht Zürich sprach dem Kläger über den von der Beklagten vergleichsweise anerkannten Betrag hinaus weitere Fr. 10'000.-- zu und verpflichtete demgemäss mit Urteil vom 30. September 1968 die Beklagte, dem Kläger Fr. 15'785.75 nebst 5% Zins seit 1. November 1966 zu bezahlen.
D.- Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die Berufung an das Bundesgericht erklärt.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zur Bezahlung von Fr. 37'658,15 nebst Zins zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, soweit sie den anerkannten Betrag von Fr. 5'785.75 nebst Zins übersteigt.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind zwei Forderungen des Klägers, nämlich
- Fr. 11'872.40 als Entschädigung aufgrund von Art. 418 m Abs. 1 OR;
- Fr. 20'000.-- als Abfindung für das Konkurrenzverbot aufgrund von Art. 418 d Abs. 2 OR.
I.1.- Der Kläger hatte im Jahre 1960 der Beklagten eine Bestellung der Firma Intreko KG in Konstanz über 3900 Kustertrenner überwiesen. Die Beklagte lieferte 517 Maschinen. Da sie mit den weiteren Lieferungen in Verzug kam, trat die Bestellerin im Juni 1961 vom Vertrage zurück. Dieser Rücktritt wurde in dem zwischen der heutigen Beklagten und der Intreko KG geführten Prozess vom Handelsgericht Zürich und vom Bundesgericht, von diesem mit Urteil vom 22. Januar 1963 (BGE 89 II 30 ff.) als berechtigt erklärt und die Schadenersatzklage der heutigen Beklagten abgewiesen.
Der Kläger macht nun geltend, die Beklagte habe ihm eine angemessene Entschädigung im Sinne von Art. 418 m Abs. 1 OR zu bezahlen, weil ihm infolge des von der Beklagten zu vertretenden Unterbleibens der Lieferung von 3383 Trennmaschinen die entsprechenden Provisionen entgangen seien.
Das Handelsgericht hat diese Forderung ohne Prüfung ihrer Begründetheit abgewiesen, weil der Kläger auf einen ihm allenfalls zustehenden Anspruch verzichtet habe. Er habe bis zur Einleitung des vorliegenden Prozesses (5. Januar 1967) den streitigen Anspruch gegenüber der Beklagten nie geltend gemacht, sondern sowohl die monatlichen Provisionsabrechnungen der Beklagten, wie auch die von ihr periodisch erstellten Gesamtabrechnungen über das gegenseitige Rechnungsverhältnis der Parteien immer vorbehaltlos genehmigt. Zudem habe er in seiner eigenen, bis auf das Jahr 1955 zurückgehenden Gesamtabrechnung vom 19. Juli 1966 keinen Ersatzanspruch für entgangene Provisionen aus dem Intreko-Geschäft aufgeführt. Dieses Verhalten lasse erkennen, dass er wissentlich und willentlich auf einen solchen Anspruch stillschweigend verzichtet habe.
Diese Feststellung der Vorinstanz über den innern Willen des Klägers, die auf einer Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere des eigenen Verhaltens des Klägers bis zum Prozess beruht, ist tatsächlicher Natur und bindet daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG das Bundesgericht (BGE 94 II 104 Erw. 2, BGE 90 II 498, 453 und dort erwähnte Entscheide). Die Ausführungen, mit denen der Kläger in seiner Berufung darzutun versucht, dass er auf die streitigen Ansprüche nicht verzichtet habe, sind unzulässige Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung und daher gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. c OG nicht zu hören.
Der Kläger rügt, die Annahme der Vorinstanz, er habe die streitige Forderung bis zum Prozess gegenüber der Beklagten nie geltend gemacht, sei offensichtlich irrtümlich und deshalb richtigzustellen. Diese Rüge offensichtlichen Versehens im Sinne von Art. 55 Abs. 1 lit. d OG ist unbegründet.
In seinem Schreiben vom 25. Januar 1962 an die Beklagte, aus dem sich nach der Auffassung des Klägers die Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Feststellung ergeben soll, beklagte sich der Kläger über den Verdienstausfall, den er infolge der Vertragsverletzung durch die Firma Intreko erlitten habe und ersuchte die Beklagte, diesen Verlust in ihre Forderung gegen die Intreko einzubeziehen. Nach einem auf diesem Brief angebrachten handschriftlichen Vermerk wurde die Angelegenheit zwischen den Parteien am 12. Februar 1962 besprochen und vereinbart, dem Kläger solle für den Fall, dass die Beklagte von der Intreko etwas erhalte, einen Anteil von 15% bekommen. Die Beklagte ist aber im Prozess gegen die Intreko unterlegen und hat von dieser nichts erhalten. Die Urkunde steht also keineswegs in klarem Widerspruch mit der angefochtenen Feststellung, sondern zeigt gegenteils, dass der Kläger damals nicht beabsichtigte, die Beklagte für seinen Verlust aus dem Intreko-Geschäft verantwortlich zu machen.
Die Vorinstanz hat jedoch den Verzichtswillen des Klägers nicht aus seinem blossen Zuwarten mit der Geltendmachung des Anspruchs gefolgert (was in der Tat unzulässig wäre; vergl. BGE 94 II 42), sondern aus der widerspruchslosen Entgegennahme der Provisions- und Gesamtabrechnungen der Beklagten, sowie daraus, dass er den streitigen Anspruch in seine eigene Gesamtabrechnung nicht aufnahm. Darin durfte die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht eine Genehmigung der Abrechnungen der Beklagten durch den Kläger erblicken. Denn nach allgemein anerkannter Lehrmeinung gilt eine vom Abrechnungspflichtigen dem Vertragspartner zugestellte Abrechnung als genehmigt, wenn sie nicht innert angemessener Prüfungsfrist beanstandet wird (GAUTSCHI, Art. 418 g - k OR, N. 10 d; BIDEAU, Agenturvertrag, SJK Nr. 585 S. 8 lit. e; DÜRR, Agenturvertrag, S. 52 lit. B.; MEISTER, Agenturvertrag, S. 41 f.).
Wie das Bundesgericht bei der Auslegung der Art. 13 Abs. 4 und 14 Abs. 1 des HRAG ausgeführt hat, will die Verpflichtung zur Erstellung periodischer Abrechnungen nicht nur dem Reisenden zu einer rascheren Befriedigung für seine Ansprüche auf Ersatz der Reiseauslagen verhelfen, sondern sie bezweckt im Interesse beider Parteien, rasch eine klare Situation zu schaffen und späteren Meinungsverschiedenheiten vorzubeugen, deren Abklärung unter Umständen erhebliche Schwierigkeiten bereiten könnte (BGE 91 II 386 Erw. 13). Auf der gleichen Überlegung beruht auch Art. 418 k OR, der für den Agenturvertrag ebenfalls periodische Abrechnungen vorschreibt. Eine Heranziehung der für das Anstellungsverhältnis der Handelsreisenden geltenden Grundsätze drängt sich um so mehr auf, als das Agenturverhältnis nur eine besondere Erscheinungsform der Handelsvertretung ist und sich vom Anstellungsverhältnis des Handelsreisenden im wesentlichen nur dadurch unterscheidet, dass der Agent zu seinem Auftraggeber nicht in einem Dienstverhältnis steht, sondern selbständiger Kaufmann ist. In beiden Fällen gebieten Treu und Glauben dem Anspruchsberechtigten, allfällige Forderungen unverzüglich geltend zu machen.
Der Kläger will sein Zuwarten damit erklären, dass er der Beklagten gegenüber verschuldet gewesen sei und eine Kündigung des Agenturvertrages hätte befürchten müssen, wenn er seine Ansprüche schon früher angemeldet hätte. Er wirft dem Handelsgericht vor, es habe zu diesem Einwand überhaupt nicht Stellung genommen.
Diese Rüge ist unbegründet. Das Handelsgericht hat diese Vorbringen erwähnt, sie aber zu Recht als unerheblich bezeichnet, weil der Kläger sich nicht auf gegründete Furcht im Sinne von Art. 29 OR berufen habe.
Selbst wenn übrigens der Kläger tatsächlich aus den behaupteten Gründen nicht gewagt hätte, den streitigen Anspruch zu erheben, so hätte dann auf jeden Fall dieser Hinderungsgrund nicht mehr bestanden, als der Kläger am 19. Juli 1966 der Beklagten seine Gesamtabrechnung zustellte, ohne darin einen Anspruch aus dem Intreko-Geschäft zu erwähnen; denn damals hatte er den Vertrag entweder bereits selber gekündigt oder war mindestens zur Kündigung entschlossen.
Das Handelsgericht hat daher Bundesrecht nicht verletzt, wenn es unter den gegebenen Umständen einen Verzicht des Klägers auf allfällige Ansprüche aus dem Intreko-Geschäft annahm. Die Berufung des Klägers ist daher in diesem Punkte abzuweisen.
II.1.- Art. 15 Abs. 2 des Agenturvertrages der Parteien enthält ein Konkurrenzverbot, wonach dem Kläger während der Dauer des Vertrages und noch zwei Jahre nach dessen Auflösung jede Konkurrenzierung der Beklagten untersagt sein sollte. Dieses ursprünglich sachlich umfassende Verbot wurde, wie heute nicht mehr streitig ist, während der Vertragsdauer durch stillschweigende Übereinkunft auf den Vertrieb des patentrechtlich geschützten Kustertrenners bei der Engroskundschaft beschränkt. In diesem eingeschränkten Umfang bestand es auch noch im Zeitpunkt der Vertragsauflösung.
Mit der Klage verlangte der Kläger ursprünglich als Entgelt im Sinne des Art. 418 d Abs. 2 OR für die Dauer des Konkurrenzverbotes Fr. 40'000.--, d.h. den Betrag, der sich aufgrund seines zuletzt erzielten Netto-Jahresverdienstes von angeblich Fr. 20'000.-- ergibt.
Die Beklagte bestritt, dass dem Kläger ein solcher Entschädigungsanspruch zustehe.
Das Handelsgericht sprach dem Kläger unter diesem Titel Fr. 10'000.-- zu. Der Kläger beantragt, die Entschädigung auf Fr. 20'000.-- zu erhöhen. Die Beklagte hält am Begehren auf gänzliche Abweisung des Entschädigungsanspruchs fest.
Die gesetzlichen Bestimmungen des Dienstvertragsrechtes sind im wesentlichen auf das unentgeltliche Konkurrenzverbot zugeschnitten; über das entgeltliche Konkurrenzverbot enthalten sie keine besonderen Regeln. Die für ein solches geltenden Grundsätze sind, soweit sich solche als erforderlich erwiesen, durch die Rechtsprechung herausgearbeitet worden. Diese Grundsätze sind auch bei der Beurteilung des Konkurrenzverbotes im Agenturvertrag heranzuziehen, das von Gesetzes wegen entgeltlich ist.
Im gleichen Sinne lautet auch das deutsche Recht, das in § 90 a HGB für die Wettbewerbsabrede zulasten des Handelsvertreters eine einlässliche Regelung enthält. Danach verliert der Handelsverteter den Anspruch auf die zwingend vorgesehene Entschädigung nur, wenn er durch schuldhaftes Verhalten dem Unternehmer Anlass gibt, das Vertragsverhältnis aus wichtigen Gründen zu kündigen (§ 90 a Abs. 2 Satz 2). Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses durch ordentliche Kündigung, mag sie vom Unternehmer oder vom Vertreter ausgesprochen werden, bleibt dagegen die Wettbewerbsklausel - und damit auch die auf ihr beruhende Entschädigungspflicht des Unternehmers - wirksam (BRÜGGEMANN/WÜRDINGER, Grosskommentar zum HGB Bd. I [1967], § 90 a Anm. 9).
Behält der Agent den Entschädigungsanspruch auch, wenn er die Auflösung des Vertrages selber durch Kündigung herbeigeführt hat, so kommt nichts darauf an, ob im vorliegenden Fall die Parteien das Vertragsverhältnis im beidseitigen Einverständnis aufgelöst haben, wie die Vorinstanz angenommen hat, oder ob gemäss der Behauptung der Beklagten die Kündigung vom Kläger ausgegangen ist.
Die Konkurrenzverbotsabrede im Agenturvertrag ist, gleich wie das entgeltliche Konkurrenzverbot im Dienstvertragsrecht, ein zweiseitig verpflichtender Vertrag und kann daher wie dieses vom daraus Berechtigten vor Ablauf der vertraglichen Dauer nur gekündigt werden, wenn dies ausdrücklich vereinbart worden ist (BGE 78 II 239 lit. b). Eine solche vertraglich vorgesehene Aufhebungsmöglichkeit wird nicht etwa dadurch ausgeschlossen, dass der Entschädigungsanspruch des Agenten vom Gesetz als unabdingbar erklärt wird. Das bedeutet nur, dass dieser Anspruch nicht zum vorneherein wegbedungen, also kein unentgeltliches Konkurrenzverbot vereinbart werden dürfe. Fehlt, wie im vorliegenden Fall, eine Kündigungsvereinbarung, so kann sich der Auftraggeber auch nicht durch einseitigen Verzicht auf das Verbot von der Pflicht zur Leistung des Entgelts befreien (BGE 78 II 239 f.).
Eine gesetzliche Befugnis des Auftraggebers, auf das Konkurrenzverbot zu verzichten und damit den Anspruch des Agenten zum Erlöschen zu bringen, wie das deutsche Recht sie in § 90 a Abs. 2 Satz 1 unter näher umschriebenen Voraussetzungen zulässt, besteht im schweizerischen Recht nicht. Ein solcher Verzicht kann daher nur bei der Bemessung der grundsätzlich gleichwohl geschuldeten Entschädigung Bedeutung erlangen.
Die Beklagte wendet ein, da nach Art. 360 Abs. 1 OR das Konkurrenzverbot beim Fehlen eines erheblichen Interesses an dessen Aufrechterhaltung dahinfalle, müsse um so eher ein freiwilliger Verzicht des Auftraggebers zulässig sein. Art. 360 Abs. 1 OR ist jedoch auf das unentgeltliche Konkurrenzverbot zugeschnitten. Die Bestimmung ist zugunsten des belasteten Dienstpflichtigen aufgestellt worden und soll diesen gegen eine sachlich nicht mehr gerechtfertigte und darum mit dem Schutz der Persönlichkeit unvereinbare Beschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit schützen (OSER/SCHÖNENBERGER und BECKER, je N. 1 zu Art. 360 OR). Im Falle eines entgeltlichen Konkurrenzverbotes besteht dagegen sowohl beim Dienstvertrag wie beim Agenturvertrag kein solches Schutzbedürfnis des Belasteten. In beiden Fällen wird die Beschränkung seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit durch die vertraglich vereinbarte bezw. gesetzlich vorgeschriebene Entschädigungspflicht des Berechtigten ausgeglichen. Ob der Belastete beim Fehlen jedes schutzwürdigen Interesses des Berechtigten an der Aufrechterhaltung des Konkurrenzverbotes sich durch Verzicht auf die Entschädigung von der Konkurrenzenthaltungspflicht befreien könne, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden.
Die Einwände der Beklagten gegen das grundsätzliche Bestehen eines Entschädigungsanspruchs des Klägers aus Art. 418 d Abs. 2 OR sind daher zu verwerfen.
Nach Art. 418 u Abs. 2 OR kann die Entschädigung für die Kundschaft höchstens einen Netto-Jahresverdienst des Agenten betragen, während Art. 418 d Abs. 2 OR für die Entschädigung für das Konkurrenzverbot keine solche Beschränkung vorsieht. Es steht den Parteien daher frei, die Höhe der Entschädigung im Vertrag beliebig festzusetzen, wobei dann allerdings der Richter im Streitfalle ihre Angemessenheit zu überprüfen hätte. Enthält der Vertrag wie hier keine Vereinbarung, so hat der Richter die Entschädigung festzusetzen. Dieser hat sie jedoch nicht ohne weiteres nach dem Netto-Jahresverdienst zu berechnen, wie GAUTSCHI (Art. 418 d OR, N. 5 c, S. 246 f.) offenbar annimmt. Für eine solche Einschränkung der Ermessensfreiheit bietet das Gesetz keine Grundlage. Daher ist es auch fraglich, ob der Netto-Jahresverdienst die obere Grenze der Entschädigung bilde, wie die Vorinstanz dies annimmt.
b) Angesichts der oben dargelegten Rechtsnatur und des Zweckes des entgeltlichen Konkurrenzverbotes steht ausser Zweifel, dass die Entschädigung den Gegenwert für den Schaden darstellt, den der Agent infolge der ihm auferlegten Konkurrenzenthaltungspflicht erleidet. Sie findet ihre Rechtfertigung ausschliesslich in der durch diese verursachten Behinderung des Agenten in seinem wirtschaftlichen Fortkommen. Bei der Festsetzung des angemessenen besonderen Entgelts hat der Richter alle Umstände des konkreten Falles zu berücksichtigen, wie sich schon aus dem Begriff "angemessen" ergibt. Beweispflichtig für einen besonderen Umstand ist die Partei, zu deren Gunsten sich dieser auswirkt. Es obliegt daher grundsätzlich dem Agenten, die Tatsachen zu beweisen, welche die Zusprechung einer Entschädigung in der von ihm geforderten Höhe rechtfertigen. Dabei ist der Nettoverdienst, den er aus dem Agenturverhältnis erzielt hat, einer der in Betracht fallenden Umstände, aber keineswegs der einzige. So ist dem Agenten der dank seiner neuen Tätigkeit erzielte Verdienst auf den Ausfall anzurechnen, und ebenso ein ihm zumutbarer, aber versäumter Ersatzverdienst (vergl. zu dieser im Schrifttum zum deutschen Recht umstrittenen Frage einerseits SCHLEGELBERGER, HGB 4. Aufl. [1960], § 90 a Anm. 19, der sich gegen eine Anrechnung des Ersatzverdienstes ausspricht, anderseits BRÜGGEMANN/WÜRDINGER, § 90 a Anm. 2, der eine Anrechnungspflicht grundsätzlich bejaht). Auch die Frage, ob und inwieweit ein Verzicht des Auftraggebers auf das Konkurrenzverbot die Höhe der Entschädigung zu beeinflussen vermöge, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Hat der Agent durch seine neue Tätigkeit ein höheres Einkommen erzielt als das bisherige, so steht ihm kein Entschädigungsanspruch zu, weil er durch das Konkurrenzverbot in seinem wirtschaftlichen Fortkommen tatsächlich nicht beinträchtigt worden ist.
Im Lichte dieser Grundsätze sind die von beiden Parteien gegenüber dem Entscheid des Handelsgerichts erhobenen Rügen zu prüfen.
c) Der Kläger wirft dem Handelsgericht vor, es habe in einem nicht näher umschriebenen Ausmass den gänzlichen Verzicht der Beklagten auf das Konkurrenzverbot als Grund für die Herabsetzung der Entschädigung berücksichtigt, was nach den in BGE 78 II 239 aufgestellten Grundsätzen nicht angehe. Im genannten Entscheid hat das Bundesgericht wohl ausgeführt, der aus dem Konkurrenzverbot Berechtigte könne sich durch einseitigen Verzicht auf dieses nicht von der Pflicht zur Zahlung des vereinbarten Entgeltes befreien. Damit wurde aber lediglich dem Dienstherrn die Befugnis abgesprochen, sich ohne eine vertraglich vorbehaltene Verzichtsmöglichkeit jeder Entschädigungspflicht zu entziehen. Zur Frage, ob der an sich unstatthafte Verzicht allenfalls doch als Reduktionsgrund in Betracht zu ziehen wäre, nahm das Bundesgericht damals nicht Stellung.
Beim Agenturvertrag kann der Auftraggeber seine gesetzliche Entschädigungspflicht zweifellos nicht dadurch abschütteln, dass er einfach auf das Konkurrenzverbot nachträglich verzichtet. Insbesondere hätte ein solcher Verzicht bei der Bemessung der Entschädigung dort ausser Betracht zu bleiben, wo der Agent sich inzwischen beruflich vollkommen umgestellt hat und ihm eine erneute Umstellung nicht zugemutet werden kann, so dass ihm der Verzicht des Auftraggebers auf das Konkurrenzverbot nichts mehr nützt. Dagegen bedeutet der Wortlaut des Gesetzes, der Agent habe einen Entschädigungsanspruch "bei Auflösung des Vertrages" ("à la fin du contrat", "allo scioglimento del contratto") entgegen der Meinung des Klägers nicht, dass bei der Festsetzung des angemessenen Entgelts auf den Zeitpunkt der Auflösung abzustellen sei und ein nachträglicher Verzicht des Auftraggebers überhaupt nicht berücksichtigt werden dürfe. Es sind vielmehr auch die während der Dauer des Konkurrenzverbotes eingetretenen Umstände heranzuziehen, soweit sie die Bemessung der Entschädigung beeinflussen können, also auch ein allfälliger Verzicht des Auftraggebers auf das Konkurrenzverbot. Die Tragweite eines solchen Verzichtes hängt von den Auswirkungen ab, die sich im konkreten Falle auf die Behinderung des Agenten in seinem wirtschaftlichen Fortkommen ergeben. Im vorliegenden Fall hat das Handelsgericht angenommen, der von der Beklagten annähernd ein Jahr vor Ablauf der vereinbarten Dauer ausgesprochene gänzliche Verzicht auf ein Konkurrenzverbot, dessen Tragweite von den Parteien schon vorher stark eingeschränkt worden war, sei bei der Festsetzung der Entschädigung als Herabsetzungsgrund zu berücksichtigen. Dieser Auffassung ist zuzustimmen.
d) Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat der Kläger aus dem Agenturverhältnis in den letzten beiden Jahren seiner Dauer ein durchschnittliches Einkommen von Fr. 29'000.-- erzielt; nach Abzug der Spesen, die sich nach den Angaben des Klägers auf Fr. 700.-- im Monat beliefen, sei diesem somit ein Nettoeinkommen von rund Fr. 20'000.-- verblieben. Die Behauptung der Beklagten, die Spesen seien höher gewesen, ermangle der nötigen Substanzierung.
Die Beklagte macht mit der Berufung geltend, die Vorinstanz habe die Beweislast unrichtig verteilt und damit gegen Art. 8 ZGB verstossen.
Es ist richtig, dass die Beweispflicht für die durch das Konkurrenzverbot bewirkte Beeinträchtigung den Agenten trifft (vergl. hierüber in Bezug auf die sog. Kundschaftsentschädigung gemäss Art. 418 u OR BGE 84 II 166 Erw. 5). Da die Beklagte den vom Kläger behaupteten, vom feststehenden Bruttoeinkommen abzuziehenden Spesenbetrag von Fr. 700.-- im Monat bestritt, hatte somit der Kläger die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen, und dementsprechend hätte die Vorinstanz die erforderlichen Beweiserhebungen durchführen sollen, soweit die genaue Kenntnis der Höhe der Spesen für die Festsetzung der Entschädigung unerlässlich war. Das vom Agenten während der Vertragsdauer erzielte Nettoeinkommen ist indessen, wie bereits ausgeführt wurde, nur einer der Faktoren, die für die Festsetzung des angemessenen Entgeltes im Sinne des Art. 418 d OR eine Rolle spielen. Es kommt ihm nicht die gleiche entscheidende Bedeutung zu wie für die Bemessung der Kundschaftsentschädigung nach Art. 418 u Abs. 2 OR. Daher genügt es, die ungefähre Grössenordnung des Nettoeinkommens zu kennen, damit unter Berücksichtigung der gesamten übrigen Umstände das angemessene Entgelt festgesetzt werden kann. Ob die vom bekannten Bruttoeinkommen abzuziehenden Spesen monatlich Fr. 700.-- oder etwas mehr betrugen, ist von untergeordneter Bedeutung. Es rechtfertigt sich daher nicht, die Sache zu genauer, der gesetzlichen Beweislastverteilung Rechnung tragender Abklärung der Spesenhöhe zurückzuweisen. Hievon darf um so eher abgesehen werden, als nach dem angefochtenen Urteil der vom Kläger behauptete Spesenansatz von Fr. 700.-- auf jeden Fall nicht als offensichtlich unrichtig erscheint und eine genaue Abklärung praktisch nicht möglich wäre, weil der Kläger für mehrere Firmen zugleich tätig war.
e) Im Gesamten betrachtet, ist die Vorinstanz mit den Überlegungen, von denen sie sich bei der Festsetzung des klägerischen Entschädigungsanspruchs leiten liess, im Rahmen des zulässigen Ermessens geblieben. So ist ihr darin beizupflichten, dass der Kläger die Einkommenseinbusse selber zu vertreten habe, soweit er die durch den Wegfall des Konkurrenzverbotes freigewordene Zeit für Entwicklungsarbeiten an einer neuen Maschine verwendete, statt dem Erwerb nachzugehen und insbesondere von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Kuster-Trenner wie bis anhin für die Landes- und Regionalvertreter an die Detailkundschaft zu verkaufen, was ihm die Beklagte gestattet hatte. Die Festsetzung der von der Beklagten geschuldeten Entschädigung auf Fr. 10'000.-- trägt schliesslich auch dem Umstand Rechnung, dass der Verzicht der Beklagten erst so spät erfolgte, dass er dem Kläger nicht mehr von erheblichem Nutzen sein konnte.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Beide Berufungen werden abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 30. September 1968 wird bestätigt.