BGE 96 II 400
 
52. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 1. Dezember 1970 i.S. Helena Rubinstein SA Paris und Helena Rubinstein SA Spreitenbach gegen Denner Vereinigte Filialunternehmen AG Zürich und Denner Supermarkt AG Zürich.
 
Regeste
Markenrecht.
Keine genügende Unterscheidbarkeit der Marken "MEN'S CLUB" und "EDEN CLUB" (Erw. 3 und 4).
Art. 6 Abs. 1 und 9 Abs. 1 MSchG. Der Beklagte kann im Prozess die Einrede der Nichtigkeit der vom Kläger verwendeten Marke auch dann erheben, wenn sich diese von einer gebrauchsälteren,aber nicht eingetragenen Drittmarke nicht genügend unterscheidet (Erw. 5).
Kumulative Anwendbarkeit des Marken- und Wettbewerbsrechts (Erw. 6).
 
Sachverhalt
A.- Die Helena Rubinstein SA Paris, eine Aktiengesellschaft des französischen Rechts und zu dem für Parfümerien und Kosmetika bekannten Konzern Helena Rubinstein gehörend, ist Inhaberin der internationalen Wort-Bildmarken Nr. 275 029, hinterlegt am 12. Oktober 1963 mit französischer Priorität vom 26. August 1963, und Nr. 321 225, hinterlegt am 21. September 1966 mit französischer Priorität vom 14. Juni 1966. Die Helena Rubinstein SA Spreitenbach stellt die Erzeugnisse des Rubinstein-Konzerns für die Schweiz her und verkauft sie an den Grosshandel.
Die Marke 275 029 zeigt eine rechteckige Umrandung, enthaltend untereinander gestellt in Druckschrift die zusammengezogenen Buchstaben "HR" und die Worte "MEN'S CLUB" sowie in Kursivschrift die Worte "Helena Rubinstein". Die Marke 321 225 gibt eine Flasche in für Kosmetika üblicher Form wieder, mit eingeprägtem Männerkopf und der gestuften, verschieden gross gehaltenen Aufschrift "MEN'S CLUB - Eau de Cologne - HELENA RUBINSTEIN MEN'S DIVISION".
Den Markenbestandteil "MEN'S CLUB" verwenden die erwähnten Gesellschaften für verschiedene Männer-Kosmetika, so für einen "Deodorant Stick". Dieser wird angeboten in einer runden Hülle von 10,4 cm Höhe und 4 cm Durchmesser. Sie ist mit einer 3 cm hohen, seitlich gerippten silberfarbenen Verschlusskappe versehen. Die restliche Fläche trägt auf schwarzem Grund in gräulich-weisser Farbe ein 4 cm hohes Feld kleiner Tupfen, darüber in 6 mm hohen Kapitalbuchstaben die Worte "MEN'S CLUB", darunter in unterschiedlich kleiner Schrift die Texte "Anti-Perspirant Deodorant Stick" auf der Vorderseite, "HELENA RUBINSTEIN MEN'S DIVISION" auf der Rückseite. Kartonverpackungen für "MEN'S CLUB"-Produkte sind aussen in schwarz/weiss ähnlich aufgemacht und innen in einem hellen Rot gehalten.
B.- Am 16. Januar 1967 hinterlegte die Badener Finanz- und Handels AG, jetzt Holding SA Zug, beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum die Wortmarke "EDEN CLUB" mit Nr. 222 797 und am 12. April 1967 die Wortmarke "EDEN CLUB SUPER STAR". Sie lässt im Sinne einer Markenlizenz die beiden Warenzeichen durch die Import- und Grosshandels AG in Zürich nutzen, die ihrerseits die beiden Beklagten beherrscht und verwaltet.
Auch die Beklagten vertreiben in ihren Geschäften einen "Deodorant Stick". Seine Hülle ist mit 9,4 cm Höhe und 3,2 cm Durchmesser etwas kleiner als jene des Erzeugnisses der Klägerinnen. Sie weist am obern Ende eine 2,6 cm hohe, seitlich gerippte schwarze Verschlusskappe auf, am untern Ende einen in Farbe und Form gleichen, 1,6 cm hohen drehbaren Teil, und dazwischen eine 5,2 cm hohe Etikette. Diese ist von weinroter Grundfarbe, mit zwei schmalen goldenen Randstreifen verziert und bedruckt von oben nach unten mit den Worten "Deodorant stick for men" in feiner weisser Schrift, dem Wort "Eden" in 2 bzw. 1,5 cm hoher Goldschrift und dem Wort "Club" in etwa halb so hohen weissen Buchstaben.
C.- Am 10. September 1969 klagte die Helena Rubinstein SA Paris gegen die Holding SA Zug vor dem Kantonsgericht Zug auf Nichtigerklärung der Marken "EDEN CLUB" und "EDEN CLUB SUPER STAR".
Am 24. September 1969 reichten die Helena Rubinstein SA Paris und die Helena Rubinstein SA Spreitenbach gegen die Denner Vereinigte Filialunternehmen AG Zürich und die Denner Supermarkt AG Zürich beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage ein mit den Begehren:
"1. Es sei den Beklagten - unter der Androhung der gerichtlichen Bestrafung ihrer Organe gemäss Art. 292 StGB im Widerhandlungsfalle - gerichtlich zu verbieten, die Bezeichnung EDEN CLUB in irgendeiner Form zur Kennzeichnung von Kosmetika und ähnlichen Waren zu verwenden.
2. Es sei den Beklagten gerichtlich zu befehlen, sämtliche Etiketten, Prospekte und anderes Verpackungs- oder Werbematerial mit der Bezeichnung EDEN CLUB zu vernichten."
Das Handelsgericht wies die Klage am 6. März 1970 ab.
D.- Die Klägerinnen beantragen mit der Berufung, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage gutzuheissen, eventuell die Sache an das Handelsgericht zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Den Schutz des Gesetzes geniesst die Marke so, wie sie eingetragen ist. Indessen kann die Gefahr der Verwechslung mit der hinterlegten Marke schon entstehen, wenn nur eines ihrer Merkmale verwendet wird und dieses charakteristisch und für den Gesamteindruck bestimmend ist (BGE 93 II 55 /56). Hievon geht zutreffend auch die Vorinstanz aus. Ihr ist für den vorliegenden Fall darin beizupflichten, dass die Wortbestandteile "MEN'S CLUB" und "EDEN CLUB" für die streitigen Marken charakteristisch und daher miteinander zu vergleichen sind, während der Zusatz "SUPER STAR" in der Marke der Beklagten als werbemässige Qualitätsbezeichnung der hinweisenden Kraft entbehrt, folglich unbeachtlich ist (vgl. BGE 95 II 467 Erw. 2, BGE 96 I 250 Erw. 2).
Dabei muss auf das Erinnerungsvermögen des Durchschnittskäufers Rücksicht genommen werden, und überhaupt auf die gesamten Umstände, unter denen sich der Handel mit Waren der in Rede stehenden Gattung abzuspielen pflegt. Hier fällt namentlich in Betracht, dass die Marken der Parteien für gleichartige Erzeugnisse Verwendung finden, dass diese Erzeugnisse aber nicht nebeneinander im gleichen Geschäft verkauft werden und dass es sich um Kosmetika handelt, um Waren des täglichen Gebrauchs also, die für ein breites Publikum bestimmt sind, von dem für die Prüfung der Markenunterschiede keine besondere Aufmerksamkeit erwartet werden darf. An die Unterscheidbarkeit der Marken sind daher hohe Anforderungen zu stellen (BGE 95 II 194, 358, 465, BGE 93 II 265, 427 und dortige Verweisungen).
a) Beiden Marken ist das zweite Wort CLUB gemeinsam. Dadurch, dass anstelle des ersten Wortes MEN'S in der Marke der Klägerinnen, das Wort EDEN in der Marke der Beklagten steht, erfährt der Sinngehalt des Ganzen keine Änderung, welche die Verwechslungsgefahr ausschliessen würde. CLUB ist die aus dem Englischen übernommene, im Deutschen und Französischen gängige und allgemein verständliche Bezeichnung für Vereinigungen vorwiegend sportlicher oder gesellschaftlicher Natur. Der Zusatz MEN'S bringt eine Beteiligungsbeschränkung auf Männer, während EDEN in dieser Hinsicht neutral bleibt, dem CLUB einfach einen Namen gibt, der vorerst die Möglichkeit allgemeiner Zugänglichkeit, also auch für Männer, offen lässt. Doch keine der beiden Wortverbindungen stellt eine Beziehung zu irgendeiner Sache her. Sie mögen vielerlei Vorstellungen im weiten Bereich des Vereinswesens und allbekannter Vereinszwecke hervorrufen. Zu Kosmetika, und überhaupt zu einem bestimmten Gebrauchs- oder Konsumgegenstand, schafft oder vermittelt "MEN'S CLUB" so wenig wie "EDEN CLUB" eine Beziehung, die anders als mit Hilfe abliegender phantasievoller Überlegungen fassbar wäre.
b) Auch klanglich erscheint die Verwechslungsgefahr nicht als hinreichend ausgeschlossen. Wiederum bewirkt zunächst die Identität des zweiten Wortes CLUB eine einprägsame Übereinstimmung. Die vom Handelsgericht für die Wertung des Wortes EDEN herangezogene englische Aussprache hat Bedeutung insofern, als von da her der tonlose Abfall des Vokals E in der zweiten Silbe stammt. Im übrigen kann sie ausser acht gelassen werden. Im Deutschen, zumindest für das schweizerische Sprachgebiet, ist EDEN kein Fremdwort. Deutsch gesprochen liegt der Akzent auf dem hohen langen Anfangsvokal E, während der gleiche zweite Vokal, wie erwähnt, zwischen den Konsonanten D und N tonlos bleibt. È ist also in ED(E)N wie in MEN'S der einzige, den Wortklang bestimmende Vokal. Für beide Marken ergibt sich die nämliche Vokalfolge E-U. Zwar fehlen in ED(E)N die Anfangs- und Endkonsonanten M und S aus MEN'S, in MEN'S der Zwischenkonsonant D aus ED(E)N. Die infolgedessen teilweise klangliche Verschiedenheit ist aber nicht derart unüberhörbar und haftend, dass ihretwegen der Gesamtklang der Marken sich deutlich unterscheiden liesse.
c) Von den Wortbildern sagt das Handelsgericht, sie seien "ungefähr gleich" und wiesen "in der gegebenen Schreibart keine ausgeprägt kennzeichnenden Ober- und Unterlängen auf". Dem kann nur beigestimmt werden.
Dass die eine Marke mit grossen, die andere mit kleinen und grossen Buchstaben geschrieben sei, ist zwar richtig für den derzeitigen Gebrauch (vgl. Erw. 1c), aber nicht geeignet, Eindruck und Erinnerung entscheidend zu beeinflussen (BGE 93 II 266). Hinzu kommt, dass die Marke "EDEN CLUB" in grossen Buchstaben hinterlegt ist und jederzeit so verwendet werden könnte. Ebensowenig ist innerhalb der gegebenen Wortverbindung das Fehlen des Apostroph aus "MEN'S" ein hinreichendes Unterscheidungsmerkmal.
Für den Vergleich zwischen dem goldenen Prägedruck, in dem das Wort "Eden" auf den vorgelegten Warenmustern angebracht ist, und der einfachen weissen Druckschrift, in der die Worte "MEN'S CLUB" gehalten sind, gilt dasselbe wie für die Schreibart.
Die Vorinstanz selber scheint denn auch auf derlei Besonderheiten nicht massgeblich abzustellen, sondern erachtet "die übrigen Unterscheidungsmerkmale" als stark genug, um eine Verwechslungsgefahr bei der Kundschaft auszuschliessen; was indessen, wie dargetan, nicht zutrifft.
4. Nichts ändert an der Verwechslungsgefahr der vom Handelsgericht hervorgehobene Umstand, dass in den Marken der Klägerinnen "neben 'MEN'S CLUB' die Firmenmarke Helena Rubinstein tragendes Element ist". So hat das Bundesgericht bereits für eine aus Bild und Firmennamen gebildete Marke befunden (BGE 93 II 428 f. Erw. 3). Grundsätzlich verhält es sich für eine allein oder vorwiegend aus Wortbestandteil und Firma bestehende Marke nicht anders. Übrigens, wenn hier zwar der als Hausmarke verwendete Firmenname "Helena Rubinstein" zusammen mit "MEN'S CLUB" hinterlegt wurde, ist es doch nicht so, dass er auf sämtlichen Erzeugnissen der Klägerinnen "deutlich wahrnehmbar" steht, wie die Vorinstanz unterstellt. Auf der Hülle des "Deodorant Stick" beispielsweise ist er auf der Rückseite angebracht, und gleich scheint es, nach dem Katalog zu vermuten, bei der Tube der "Shaving Cream" zu sein. Jedenfalls aber erscheint der Wortbestandteil "MEN'S CLUB" neben dem Firmennamen nicht als blosse Nebensächlichkeit, sondern er ist und bleibt, auch nach vorinstanzlicher Annahme, in den Marken der Klägerinnen ein charakteristisches, für den Gesamteindruck bestimmendes Element. Anderseits erwächst der Marke der Beklagten aus dem Fehlen des Firmennamens kein unterscheidungskräftiges wesentliches Merkmal, wie es Art. 6 Abs. 1 MSchG verlangt. Sogar die gegenteilige Frage, ob die Einfügung der eigenen Firma in die Zweitmarke durch den Nachahmer die Verwechselbarkeit mit der Erstmarke aufhebe, wurde vom Bundesgericht sowohl marken- wie wettbewerbsrechtlich negativ entschieden (BGE 93 II 269 f., 430).
Des weiteren kann nicht entgegengehalten werden, dass "Club" ein sehr häufig gebrauchter Ausdruck des täglichen Lebens sei. Als Warenzeichen für Kosmetika ist das Wort "Club" kein solcher Ausdruck. Auch die Verbindung von "Club" mit "Men's" vermittelt, als Kennzeichnen, wie gezeigt wurde, noch keinen "eindeutig vorstellbaren Begriff", noch hat sie an sich einen sei es nur losen Zusammenhang mit Herren-Kosmetika. Worauf es ankommt ist nicht, ob ein Käufer solcher Artikel, der die Marke der Klägerinnen "MEN'S CLUB" und deren Bestimmung kennt, an ihre Mittel beim Vernehmen allein des Wortes "Club" denkt, sondern ob bei ihm eine derartige Gedankenübertragung sich einstellen kann, wenn er der Marke "EDEN CLUB" oder "Eden Club" als Kennzeichen für Herren-Kosmetika begegnet. Diese Verwechslungsgefahr ist gemäss den angestellten Erwägungen nicht auszuschliessen. Und selbst wenn "MEN'S CLUB" ein schwaches Zeichen sein sollte, würde es deswegen den Schutzanspruch nicht verlieren, noch wären an die Unterscheidungskraft einer jüngeren Marke geringere Anforderungen zu stellen (BGE 93 II 267).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes geniesst eine gegen Art. 6 MSchG verstossende Marke keinen Schutz und kann sich jeder daran Interessierte auf ihre Nichtigkeit berufen (BGE 91 II 5 ff.). Art. 6 MSchG verlangt für die zur Hinterlegung gelangende Marke die deutliche Unterscheidbarkeit von bereits eingetragenen Marken. Hinterlegung und Eintragung wirken aber nicht konstitutiv, sondern sie sind nur gemäss Art. 4 MSchG die Voraussetzungen für den Anspruch auf gerichtlichen Schutz der Marke und schaffen gemäss Art. 5 MSchG bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung zugunsten des Hinterlegers, dass er der wahre Berechtigte sei, während das Recht an der Marke schon durch den der Hinterlegung vorangehenden befugten markenmässigen Gebrauch des Zeichens erworben wird (BGE 93 II 49 /50 und dortige Verweisungen; vgl. DAVID, Kommentar zum Schweizerischen Markenschutzgesetz, 2. Auflage, S. 108 N. 2 zu Art. 4, S. 116 f. N. 5 - 8 und S. 120 f. N. 16 - 19 zu Art. 5). Die Gebrauchspriorität geht also der Priorität der Eintragung vor. Davon ausgehend wurde entschieden, dass auf nicht eingetragene Marken Art. 9 MSchG analog anwendbar ist (BGE 93 II 50). Desgleichen müssen bei Verwechselbarkeit einer eingetragenen mit einer gebrauchsälteren nicht eingetragenen Marke für diese die vom Bundesgericht zu Art. 6 MSchG entwickelten Grundsätze analog gelten, muss insbesondere von jedem Interessierten, wie das bessere Recht des früheren Hinterlegers gegenüber einem späteren Hinterleger, das bessere Recht des ersten Benützers gegenüber dem ersten Hinterleger angerufen werden können.
Massgebend ist somit nicht die spätere Eintragung der Marke "CLUB ADAM", auf welche die Klägerinnen verweisen, und wäre ebenso wenig eine Verwirkung des Klagerechts der Firma Cattani, die sie annehmen (BGE 91 II 9). Erheblich und vorab zu klären ist vielmehr, ob und seit wann, für welche Waren und wie ein Zeichen "CLUB ADAM" markenmässig verwendet wurde, und danach ob unabhängig von den Hinterlegungsterminen gegenüber den Marken der Klägerinnen eine Gebrauchspriorität besteht. Dabei handelt es sich um Tatfragen. Die Sache ist daher an das Handelsgericht zurückzuweisen, damit es die fehlenden Feststellungen treffe und prüfe, welche Folgerungen daraus in Hinsicht auf die Einrede der Beklagten zu ziehen sind.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 6. März 1970 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen zurückgewiesen.