BGE 98 II 352 |
52. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. Juli 1972 i.S. Müller und Mitbeteiligte gegen Müller. |
Regeste |
Herabsetzungspflicht nach Art. 527 Ziff. 1 ZGB. |
2. Beim gemischten Geschäft unterliegt jener Bruchteil vom Wert des übertragenen Gegenstandes zur Zeit des Erbganges der Herabsetzung, welcher dem zur Zeit des Vertragsabschlusses bestehenden Verhältnis zwischen dem unentgeltlichen und dem entgeltlichen Teil des Geschäfts entspricht (Erw. 5) (Änderung der Rechtsprechung). |
Diese Methode hat zur Folge, dass nicht der übertragene Gegenstand, sondern nur ein Geldbetrag zurückerstattet werden muss (Erw. 6). |
Sachverhalt |
A.- Der im Jahre 1871 geborene Hermann Alfred Müller und die im Jahre 1878 geborene Lina Bucher gingen am 15. Juli 1895 miteinander die Ehe ein, der sieben Kinder entsprossen. Am 11. März 1925 gaben die Ehegatten die Erklärung ab, dass sie ihre Rechtsverhältnisse auch unter sich mit Wirkung vom Beginn der Ehe an dem schweizerischen Zivilgesetzbuch unterstellen.
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Am 18. Januar 1956 verkaufte Vater Müller seinem Sohne Hermann Alfred 15,2 Aren Acker- und Wiesland in der Halde zum Preise von Fr. 3500.--. Am 27. August 1958 starb Mutter Müller. Sie hinterliess verschiedene letztwillige Verfügungen, in denen sie Vermächtnisse ausgerichtet und bestimmt hatte, dass ihr Ehemann von ihrem Nachlass 3/16 als frei verfügbares Eigentum und den Rest zu lebenslänglicher Nutzniessung und Verwaltung oder, falls er es vorziehen sollte, anstelle der Nutzniessung weitere 1/4 zu freiem Eigentum erhalten solle. In der Folge verkaufte Vater Müller seinem Sohne Hermann Alfred am 11. Oktober 1958 alle noch in seinem Eigentum stehenden Grundstücke zum Preise von Fr. 35 000.--. Gleichzeitig schloss er mit seinem Sohne einen Verpfründungsvertrag, durch den Hermann Alfred sich verpflichtete, seinem Vater Wohnung und Unterhalt auf Lebenszeit sowie in Krankheitsfällen die nötige Pflege und ärztliche Behandlung zu gewähren.
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Am 13. April 1963 starb Vater Müller. Er hinterliess eine öffentliche letztwillige Verfügung vom 17. Januar 1959, durch die er seinem Sohne Hermann Alfred die verfügbare Quote zuwies und die übrigen gesetzlichen Erben auf den Pflichtteil setzte. In einem vom 17. November 1960 datierten öffentlich beurkundeten Nachtrag zu diesem Testament führte er aus, er habe in keiner Weise beabsichtigt, mit dem Abschluss der beiden erwähnten Landverkäufe seinem Sohn Hermann Alfred Müller eine teilweise Schenkung zu machen, der vereinbarte Preis entspreche vielmehr dem vollen Wert des abgetretenen Landes. Für den Fall, dass jedoch nach seinem Tode angenommen werden sollte, er hätte seinem Sohne eine teilweise unentgeltliche Zuwendung gemacht, so erkläre er ausdrücklich, dass er diesen inbezug auf die betreffenden Rechtsgeschäfte von jeder Ausgleichungspflicht entbinde.
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B.- Am 22. Juni 1964 leiteten die sechs Geschwister von Hermann Alfred Müller gegen diesen beim Bezirksgericht Bülach eine Klage ein, mit der sie beantragten, die Höhe der Nachlässe von Vater und Mutter Müller festzustellen und die Nachlässe in einer bestimmten Weise unter die Erben zu verteilen. Ferner stellten sie den Antrag, die am 18. Januar 1956 und am 11. Oktober 1958 zwischen dem Beklagten und dem Erblasser abgeschlossenen Verträge der Herabsetzung im Sinne von Art. 522 ff. ZGB zu unterwerfen und insoweit aufzuheben, als dadurch die Pflichtteilsansprüche der Kläger verletzt worden seien. Der Beklagte sei demgemäss zu verpflichten, die gestützt auf die erwähnten Verträge zu Eigentum erhaltenen Grundstücke in die Erbmasse einzuwerfen, eventuell den Verkehrswert dieser Grundstücke bei der Teilung der beiden Nachlässe voll einzurechnen.
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Das Bezirksgericht Bülach setzte mit Urteil vom 2. Dezember 1969 die Höhe der Nachlässe von Mutter und Vater Müller fest und verteilte sie unter die Parteien, wobei es davon ausging, dass die zwischen Vater Müller und seinem Sohne Hermann Alfred am 18. Januar 1956 und 11. Oktober 1958 abgeschlossenen Kaufverträge im Sinne von Art. 527 Ziff. 1 ZGB herabsetzbar seien und dass der Beklagte die durch diese Verträge erhaltenen Zuwendungen in den Nachlass einzuwerfen habe.
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C.- Beide Parteien fochten dieses Urteil mit einer Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich an. Dieses fand mit Urteil vom 28. Januar 1972 die Berufung der Kläger als unbegründet und diejenige des Beklagten als teilweise begründet. Es erklärte den zwischen dem Beklagten und dem Erblasser am 11. Oktober 1958 abgeschlossenen Vertrag als herabsetzbar im Sinne von Art. 527 Ziff. 1 ZGB und verpflichtete den Beklagten, die darin enthaltene Zuwendung gemäss Art. 475 ZGB in den Nachlass des Erblassers einzuwerfen. Hingegen verneinte es die Herabsetzbarkeit des Kaufvertrages vom 18. Januar 1956. Bezüglich des Vertrages vom 11. Oktober 1958 nahm das Obergericht an, dem Erblasser habe bekannt sein müssen, dass er mit diesem Vertrag dem Beklagten eine unentgeltliche Zuwendung mache; als deren Wert zur Zeit des Erbganges habe der beim Geschäftsabschluss vorhanden gewesene Wertunterschied zu gelten, weil dieser und nicht etwa der veräusserte Gegenstand die unentgeltliche Zuwendung darstelle; eine spätere Wertsteigerung des dem Erben übereigneten Gegenstandes komme beim gemischten wie beim rein unentgeltlichen Geschäft allein dem Erwerber zu, der auch die Folgen einer allfälligen Wertverminderung zu tragen habe. Das Obergericht lehnte es demzufolge ab, den Beklagten zu verpflichten, die erhaltenen Grundstücke in natura in die Erbmasse einzuwerfen.
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D.- Gegen das Urteil des Obergerichtes erheben die Kläger Berufung an das Bundesgericht und beantragen, dass auch der zwischen dem Beklagten und dem Erblasser am 18. Januar 1956 abgeschlossene Vertrag als herabsetzbar erklärt und der Beklagte verpflichtet werde, die ihm durch die beiden Verträge vom 18. Januar 1956 und 11. Oktober 1958 zugewiesenen Grundstücke in natura in die Erbmasse einzuwerfen. Dementsprechend seien der Brutto- und der Nettonachlass des Erblassers sowie die den Parteien zukommenden Erbanteile zu erhöhen.
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Der Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung.
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Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut.
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Aus den Erwägungen: |
a) Die etwas widersprüchliche Fassung von Art. 527 Ziff. 1 ZGB, auf die in Rechtsprechung und Literatur schon wiederholt hingewiesen wurde, ist hier nicht weiter von Belang (BGE 71 II 77 Erw. 4a; TUOR, N. 3, und ESCHER, N. 8 zu Art. 527 ZGB; MÜLLER, Das Verhältnis von Ausgleichung und Herabsetzung im schweizerischen Erbrecht, Diss. Bern 1949, S. 115; TUOR, Herabsetzung und Ausgleichung, ZBJV 61, S. 14 f.). Art. 527 Ziff. 1 ZGB nimmt nach Rechtsprechung und Lehre auf Art. 626 Abs. 2 ZGB Bezug, und es fallen unter die herabsetzbaren Zuwendungen im Sinne von Art. 527 Ziff. 1 ZGB vor allem jene, die ihrer Natur nach gemäss Art. 626 Abs. 2 ZGB der Ausgleichung unterständen, ihr aber durch eine Verfügung des Erblassers entzogen worden sind (BGE 76 II 192 und BGE 71 II 77; TUOR, N. 4, und ESCHER, N. 8, 9 und 11 zu Art. 527 ZGB; TUOR, ZBJV 61, S. 14 f.; MÜLLER, a.a.O., S. 115).
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Nach Art. 626 Abs. 2 ZGB untersteht grundsätzlich der Ausgleichungspflicht, was der Erblasser seinen Nachkommen als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass und dergleichen zugewendet hat. Lebzeitige Zuwendungen mit Ausstattungscharakter sind solche, die dem Empfänger eine Existenz verschaffen, sichern oder verbessern helfen (BGE 77 II 38 mit Verweisungen). Dem Wortlaut von Art. 626 Abs. 2 ZGB ist zu entnehmen, dass die darin enthaltene Aufzählung nicht erschöpfend ist und dass sich die Bestimmung auch auf weitere Arten von Zuwendungen erstreckt, die den angeführten ähnlich sind. In der Literatur wurde denn auch die Meinung vertreten, dass diese Bestimmung weitherzig auszulegen sei (TUOR, ZBJV 61, S. 53 f. mit Verweisungen; siehe dazu auch BGE 70 II 24 f.).
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Die Ausgleichung oder Herabsetzung kommt nur dann in Betracht, wenn der belastete Erbe durch die Verfügung des Erblassers in einem Masse geschmälert wird, dass ihm nicht mehr der volle Wert seines gesetzlichen Erbanspruchs bzw. Pflichtteils zukommt. Eine solche Schmälerung kann nur durch eine unentgeltliche Verfügung des Erblassers eintreten; denn soweit der Erblasser für seine Verfügung eine Gegenleistung erhält, erleidet sein Vermögen wertmässig keine Einbusse. Gegenstand der Ausgleichung und Herabsetzung können demnach nur unentgeltliche Verfügungen des Erblassers sein, da nur solche eine Ungleichheit zwischen den Erben zu bewirken vermögen (BGE 89 II 78, BGE 84 II 343, BGE 70 II 24; ESCHER, N. 12 zu den Vorbemerkungen zu Art. 522-533 ZGB; WIDMER, Grundfragen der erbrechtlichen Ausgleichung, Diss. Bern 1971, S. 31 ff.; MOSER, Die Ausgleichung gemischter Schenkungen nach schweizerischem Erbrecht, Diss. Bern 1963, S. 33). Eine unentgeltliche Zuwendung kann nicht nur im Falle reiner Unentgeltlichkeit der Leistung des Erblassers, sondern auch dann vorliegen, wenn der Erbe dem Erblasser für den erhaltenen Vermögensvorteil zwar ein Entgelt zu leisten hat, dieses aber von erheblich geringerem Werte ist als jener Vorteil, so dass zwischen den beiden Leistungen ein Missverhältnis besteht. In diesem Falle kommt der Wertunterschied zwischen den beiden Leistungen als Gegenstand der Ausgleichungs- bzw. Herabsetzungspflicht in Frage. Bei Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist die Anwendung von Art. 626 ZGB dagegen von vornherein ausgeschlossen; ebenso, wenn nur ein unbedeutender Wertunterschied festzustellen ist (BGE 84 II 343 f. und BGE 77 II 39 mit Verweisungen).
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b) Subjektives Element der unentgeltlichen Zuwendung ist der Schenkungswille (animus donandi), während das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung als objektives Element betrachtet werden kann. Der Schenkungswille kann naturgemäss nur entstehen, wenn der Wertunterschied bzw. das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung den Parteien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt ist. Nach einhelliger Auffassung von Rechtsprechung und Lehre liegt deshalb eine gemischte Schenkung nur vor, wenn die Parteien eine unentgeltliche Zuwendung in dem Sinne beabsichtigten, dass sie den Preis bewusst unter dem wahren Wert des Kaufgegenstandes ansetzten, um die Differenz dem Käufer unentgeltlich zukommen zu lassen. Nicht erforderlich ist dagegen, dass sie den Wertunterschied der Höhe nach genau gekannt haben. Preisvergünstigungen im Sinne eines Freundschaftspreises begründen hingegen noch keine unentgeltliche Zuwendung. Konnte der Erblasser in guten Treuen die Übertragung auf den Erben als durch den Kaufpreis gedeckt erachten, so war er sich keiner unentgeltlichen Zuwendung bewusst (BGE 89 II 78, BGE 84 II 343 und 348, BGE 77 II 39, BGE 45 II 520; nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtes vom 29. Dezember 1965 i.S. Wittgenstein gegen Didisheim, Erw. 4 mit Verweisungen; WIDMER, a.a.O., S. 33; MOSER, a.a.O., S. 8 f. und 31; TUOR, ZBJV 61, S. 54).
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Das Bundesgericht hat allerdings in diesem Zusammenhang schon die Frage aufgeworfen, ob bei einem Geschäft mit einem Nachkommen ein grobes Missverhältnis der Leistungen zugunsten dieses letztern allenfalls für die Annahme einer unentgeltlichen Zuwendung im Sinne von Art. 626 ZGB genügen könnte, auch wenn es beim Geschäftsabschluss nicht erkannt wurde. Doch hat es diese Frage bisher offen gelassen (BGE 77 II 40 und BGE 84 II 348). In der Literatur wurde diese Frage nur vereinzelt behandelt. So ging MOSER, a.a.O., S. 14, davon aus, eine sichere Feststellung, dass die Parteien das Missverhältnis nicht erkannt haben, lasse sich nie treffen; selbst wenn sie ausdrücklich festhalten, dass sie die Leistungen als gleichwertig betrachten, sei doch möglich, dass sie das Missverhältnis erkannten; es bleibe deshalb nur die Frage übrig, ob das grobe Missverhältnis für die Parteien erkennbar gewesen sei; es dürfe allgemein gesagt werden, dass ein grobes Missverhältnis per se selbst für unerfahrene Parteien erkennbar sei, ausser wenn ganz besondere Umstände diese Annahme verbieten; sei aber das Missverhältnis erkennbar, so sei im Regelfall das Vorhandensein eines Schenkungswillens anzunehmen; die vom Bundesgericht bisher offen gelassene Frage sei deshalb dahin zu beantworten, dass in solchen Fällen in der Regel eine unentelgtliche Zuwendung vorliege.
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Diesen Ausführungen von MOSER muss jedoch entgegengehalten werden, dass ein Erblasser einem Erben nicht einen Vermögensvorteil als Heiratsgut, Ausstattung usw. zuwenden kann, wenn ihm nicht einmal bewusst ist, dass er sich damit entreichert und den Erben bereichert, das heisst, wenn er das Geschäft nicht als ein (zum mindesten teilweise) unentgeltliches erkennt; denn nur mit diesem Bewusstsein hat er subjektiv überhaupt die Möglichkeit, den Erlass der Ausgleichungspflicht zu verfügen. Dies wurde bereits im bezirksgerichtlichen Urteil vom 2. Dezember 1969 dargelegt. Auch ESCHER, N. 25 a zu Art. 626 ZGB, weist darauf hin, dass es wohl schwierig sei, von einer Zuwendung zu sprechen, welche ausgleichungspflichtig wäre, wenn sich die Beteiligten des Missverhältnisses der Leistungen nicht bewusst waren. So setzen denn auch die in Art. 527 Ziff. 1 ZGB genannten Arten von Zuwendungen auf Anrechnung an den Erbteil, insbesondere das Heiratsgut und die Ausstattung, dem Sinne nach die Zuwendungsabsicht des Erblassers voraus. Eine Zuwendung im Sinne von Art. 626 Abs. 2 bzw. Art. 527 Ziff. 1 ZGB liegt daher nur vor, wenn zur Zeit des Vertragsabschlusses das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dem Erblasser nicht bloss erkennbar gewesen, sondern von ihm auch tatsächlich erkannt worden ist. Zuzugeben ist, dass diese Betrachtungsweise unter Umständen zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann, indem eine Herabsetzung nicht möglich ist, wenn der Erblasser über den wahren Wert des veräusserten Gegenstandes sich keine Gedanken gemacht hat oder vom Erben oder einem Dritten getäuscht worden ist; doch lässt sich eine andere Lösung trotzdem nicht rechtfertigen.
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(Ausführungen darüber, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts der Erblasser beim Vertragsabschluss vom 18. Januar 1956 das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht erkannt habe. Das Bundesgericht erachtete daher die Voraussetzungen für die Herabsetzung dieses Vertrages gemäss Art. 527 Ziff. 1 ZGB als nicht erfüllt.)
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a) Für die Frage, ob bei einem gemischten Geschäft zwischen Leistung und Gegenleistung ein Missverhältnis bestehe, ist auf die Verhältnisse zur Zeit des Vertragsabschlusses abzustellen. Die Höhe des ausgleichungspflichtigen Betrages errechnet sich dagegen nach dem Wert der Zuwendung zur Zeit des Erbganges (Art. 630 Abs. 1 ZGB). Für die Herabsetzung gelten dieselben Bewertungsgrundsätze wie für die Ausgleichung (Art. 537 Abs. 2 ZGB; BGE 45 II 13; ZBJV 95, S. 431 unten; MOSER, a.a.O., S. 55). Beim gemischten Geschäft ist für die Festsetzung des ausgleichungs- bzw. herabsetzungspflichtigen Betrages ebenfalls der Zeitpunkt des Erbganges massgebend. Streitig ist indessen, in welcher Art die Höhe dieser Zuwendung festzustellen und was Gegenstand der unentgeltlichen Zuwendung ist.
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In der Rechtsprechung und in der Lehre werden drei Methoden verwendet, um den Betrag, welcher der Ausgleichung bzw. der Herabsetzung unterstellt wird, zu ermitteln. Es ist dies einmal die Subtraktionsmethode, wonach die Differenz zwischen dem Kaufpreis zur Zeit der Übertragung und dem Wert des Gegenstandes zur Zeit des Erbganges ausgeglichen bzw. herabgesetzt wird. Eine Wertsteigerung des zugewendeten Gegenstandes zwischen Übertragung und Erbgang kommt demnach allen Erben zugut, die anderseits aber auch das Risiko eines Wertverlustes zu tragen haben. Diese Berechnungsart beruht auf dem Gedanken, dass Gegenstand der unentgeltlichen Zuwendung die ganze übertragene Sache sei. - Nach der Konstantenmethode gelangt der Wertunterschied zwischen Leistung und Gegenleistung zur Zeit des Vertragsabschlusses, d.h. praktisch der erlassene Teil des Kaufpreises, zur Ausgleichung. Der Erwerber kommt allein in den Genuss einer allfälligen Wertsteigerung des überlassenen Gegenstandes, hat aber auch allein die Folgen einer Wertverminderung zu tragen. Diese Methode geht von der Voraussetzung aus, dass die unentgeltliche Zuwendung im erlassenen Teil des Kaufpreises besteht. Schliesslich steht zur Diskussion die Quoten- oder Proportionalmethode, welche vom Wert des übertragenen Gegenstandes zur Zeit des Erbganges jenen Bruchteil, der dem zur Zeit des Vertragsabschlusses bestehenden Verhältnis zwischen dem unentgeltlichen und dem entgeltlichen Teil des Geschäftes entspricht, der Ausgleichung bzw. der Herabsetzung unterstellt. Wertsteigerungen und Wertverluste werden in diesem Verhältnis zwischen dem Erwerber und den Erben aufgeteilt. Gegenstand der unentgeltlichen Zuwendung ist eine Quote der gemischt geschenkten Sache oder ein Teil des Wertes dieser Sache, nämlich jener Teil, für den anteilsmässig kein Preis bezahlt wurde (TUOR/PICENONI, N. 3 zu Art. 630 ZGB; MOSER, a.a.O., S. 55 ff.).
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Die einzelnen Methoden führen zahlenmässig zu wesentlich verschiedenen Ergebnissen. Das Obergericht des Kantons Zürich wandte in einem Entscheid aus dem Jahre 1956 gestützt auf ein Rechtsgutachten von O. K. Kaufmann die Subtraktionsmethode an mit der Begründung, sie werde am ehesten dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Nachkommen gerecht; denn bei der Teilung komme ein Teil der Wertvermehrung wieder dem Zuwendungsempfänger zu, womit sich diese Methode der von TUOR befürworteten verhältnismässigen Ausgleichung nähere (ZR 57/1958 Nr. 42 S. 104). Das Bundesgericht scheint im Entscheid 50 II 456/57 dieser Methode zugeneigt zu haben, allerdings ohne nähere Begründung (vgl. dazu TUOR/PICENONI, N. 4 zu Art. 630 ZGB). ESCHER zieht die Subtraktionsmethode der Konstantenmethode vor, ohne sich indessen zur Quotenmethode zu äussern (Note 22 in fine zu Art. 527 ZGB).
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Im Entscheid 55 II 163 wandte sich das Bundesgericht der Konstantenmethode zu mit dem Hinweis, Gegenstand der Zuwendung beim gemischten Geschäft sei nicht eine Quote des Verkaufsgegenstandes, sondern ein Teil des Kaufpreises, wobei es allerdings einschränkend beifügte, dass dies jedenfalls dann gelte, wenn die Zuwendung nur einen Bruchteil des bezahlten Preises ausmache. Später bestätigte es diese Auffassung ohne Einschränkung, indem es im Entscheid 84 II 344 ausführte, ein bei Vertragsabschluss rein entgeltliches Geschäft könne durch die blosse Tatsache, dass der Wert des verkauften Gegenstandes in der Folge zunehme, nicht zu einem teilweise unentgeltlichen werden; ebensowenig könne die unentgeltliche Zuwendung, die beim Geschäftsabschluss mit der Festsetzung eines unter dem damaligen Wert des Gegenstandes liegenden Preises erfolgt sei, bei späterer Zunahme des Sachwertes anwachsen. Als Wert der unentgeltlichen Zuwendung zur Zeit des Erbganges, der nach Art. 630 ZGB für die Ausgleichung massgebend sei, habe vielmehr in solchen Fällen der beim Geschäftsabschluss vorhanden gewesene Wertunterschied zu gelten, der eben den Gegenstand der unentgeltlichen Zuwendung bilde. Eine spätere Steigerung des Wertes des dem Erben überlassenen Gegenstandes komme beim gemischten wie beim rein entgeltlichen Geschäft allein dem Erwerber zu, der umgekehrt auch die Folge einer allfälligen Wertverminderung allein zu tragen habe.
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In der Literatur fand die Konstantenmethode kaum Anhänger. MERZ anerkannte zwar in ZBJV 95, S. 431/32, dass für die Meinung des Bundesgerichts Gründe der Praktikabilität sprächen; der einmal gegebene Preisunterschied bleibe unverändert und entspreche somit dem massgebenden Wert der Zuwendung zur Zeit des Erbganges. Doch setze die Konstantenmethode voraus, dass keine massive Geldentwertung eintrete. TUOR befürwortete schon im Jahre 1924 jene Berechnungsart, die heute unter dem Namen Quotenmethode bekannt ist (ZBJV 61, S. 55). Im Kommentar TUOR/PICENONI wird der Quotenmethode gegenüber den beiden andern Methoden der Vorzug gegeben, da sie einen besseren Ausgleich zu schaffen vermöge (N. 4 zu Art. 630 ZGB; vgl. auch N. 3 b). MOSER, S. 61 ff., zeigte anhand verschiedener Beispiele auf, dass die Quotenmethode in der Regel die Interessen des ausgleichungspflichtigen Erben wie auch der übrigen Erben berücksichtigt, zu den billigsten Ergebnissen führt, extreme Resultate vermeidet und am ehesten dem Grundgedanken der Ausgleichung und damit auch der Herabsetzung entspricht.
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b) Das Bezirksgericht brachte im vorliegenden Fall die Quotenmethode zur Anwendung, während das Obergericht im Gegensatz zu seiner früheren Praxis, welche der Subtraktionsmethode folgte, seinem Urteil die Konstantenmethode zugrunde legte. Zur Begründung seines Vorgehens führte es unter anderem aus: Hätte der Erblasser das Grundstück zum wahren Preise verkauft, wäre der Erlös Gegenstand des Nachlasses geworden, so dass die übrigen Erben von der Wertsteigerung des veräusserten Landes nicht profitiert hätten. Es sei nicht einzusehen, weshalb sie besser gestellt sein sollen, wenn der Erwerber seinerzeit nur einen unangemessen geringen Preis bezahlt habe.
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Dieser Argumentation ist insofern beizupflichten, als in jenen Fällen, in denen der Erblasser einen Gegenstand zum vollen Preise verkauft, der Erlös in den Nachlass fällt, soweit er noch vorhanden ist, und die Erben am Wertzuwachs des verkauften Gegenstandes nicht mehr teilhaben. Wird der fragliche Gegenstand aber vom Erblasser verschenkt, dann wird sein späterer Wertzuwachs in vollem Umfange von den Regeln der Ausgleichung bzw. Herabsetzung erfasst, wenn die Voraussetzungen für deren Anwendung gegeben sind. Das gemischte Geschäft weist nun sowohl Teile eines entgeltlichen als auch eines unentgeltlichen Geschäftes auf. Es wäre daher stossend, wenn es in seinen erbrechtlichen Auswirkungen entweder dem rein entgeltlichen oder dem rein unentgeltlichen Rechtsgeschäft gleichgestellt würde, obschon es keines von beiden ist. Naheliegender ist, dass sich seine Auswirkungen zur Zeit des Erbganges zwischen jenen des entgeltlichen und jenen des unentgeltlichen Geschäftes bewegen in dem Sinne, dass hinsichtlich des entgeltlichen Teiles der begünstigte Erbe allein von der Wertvermehrung profitiert (gleich wie er beim rein entgeltlichen Geschäft allein in den Genuss der Wertvermehrung kommt), hinsichtlich des unentgeltlichen Teiles dagegen die Wertsteigerung der Ausgleichung bzw. der Herabsetzung unterliegt (gleich wie beim unentgeltlichen Geschäft die Wertsteigerung voll der Ausgleichung oder Herabsetzung unterstellt ist). Die Methode, die zu diesem Ergebnis führt, ist die Quotenmethode, die in gewissem Sinne als Verfeinerung oder Weiterentwicklung der Subtraktionsmethode angesprochen werden kann. Rechnerische Schwierigkeiten sind bei der Anwendung der Quotenmethode nicht zu erwarten, da ihr eine einfache mathematische Formel zugrundeliegt. Diese lautet: Wert des veräusserten Gegenstandes beim Erbgang x effektiv geschenkter Teilbetrag bei Vertragsabschluss: Wert des Gegenstandes bei Vertragsabschluss.
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Aus diesen Erwägungen rechtfertigt es sich, der Quotenmethode vor den andern Methoden den Vorzug zu geben und damit die in BGE 55 II 163 und BGE 84 II 344 publizierte Praxis in diesem Sinne zu ändern.
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(Ausführungen darüber, dass der herabsetzungspflichtige Betrag bei Anwendung der Quotenmethode höher ist als bei Anwendung der Konstantenmethode, was zur Folge hat, dass der Brutto- und Nettonachlass des Erblassers und die Erbanteile der Parteien gegenüber dem angefochtenen Urteil zu erhöhen sind.)
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6. Hat sich der Erblasser in zulässiger Weise einer Sache entäussert, so befindet sich diese nicht mehr in seinem Eigentum. Ein nach seinem Tod ergangenes Herabsetzungsurteil ändert daran nichts. Es bewirkt lediglich die Pflicht zur Rückerstattung eines bestimmten Wertes und nicht etwa den Rückfall der Sache selbst an den Klageberechtigten (TUOR, N. 3 zu Art. 528 ZGB). Nach der vom Bundesgericht bisher angewandten Konstantenmethode besteht beim gemischten Geschäft die unentgeltliche Zuwendung in einem Geldbetrag. Die Ausgleichung und die Herabsetzung können sich demnach nur durch Anrechnung einer entsprechenden Summe oder durch Einwerfen eines Betrages in die Teilungsmasse vollziehen. Der begünstigte Erbe kann gegen seinen Willen nicht verpflichtet werden, die erhaltenen Gegenstände in natura in die Erbmasse einzuwerfen. Bei der Quotenmethode ist Gegenstand der unentgeltlichen Zuwendung nur eine Quote der gemischt gegebenen Sache. Die restliche Quote ist dem Empfänger entgeltlich und voll zugekommen und muss von ihm nicht mehr herausgegeben werden. Nur die Subtraktionsmethode geht davon aus, dass Gegenstand der unentgeltlichen Zuwendung die ganze übergebene Sache sei. Da sie hier jedoch nicht zur Anwendung gelangt, kann der Beklagte nicht verpflichtet werden, die ihm durch die Verträge vom 18. Januar 1956 und 11. Oktober 1958 zugesprochenen Grundstücke in natura in die Erbmasse einzuwerfen. Insoweit dies mit der Berufung verlangt wird, ist sie abzuweisen. Im übrigen fechten die Kläger selber sinngemäss nicht etwa die Übereignungsgeschäfte als solche an, sondern verlangen nur, dass diese betragsmässig in dem Umfange herabgesetzt werden, der die Wiederherstellung ihrer Pflichtteile erlaubt.
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