3. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. Januar 1976 i.S. von Schumacher & Co. gegen Waldvogel.
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Regeste
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Art. 267a Abs. 4 OR.
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Erwägungen:
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a) Nach Art. 267a Abs. 4 OR hat die richterliche Behörde einem begründeten Gesuch des Vermieters um Änderung der Vertragsbedingungen angemessen Rechnung zu tragen. Diese Bestimmung ist nicht für sich allein oder bloss nach ihrem Wortlaut, sondern nach dem gesamten Zusammenhang, in dem sie steht, auszulegen. Die Art. 267a bis 267f OR sind unter dem gemeinsamen Randtitel "Erstreckung des Mietverhältnisses" eingeordnet; sie regeln, wie aus den einzelnen Vorschriften erhellt, insbesondere die Voraussetzungen und die Wirkungen der Erstreckung sowie das Verfahren. Schon das spricht dafür, dass ein Gesuch im Sinne von Art. 267a Abs. 4 mit der Erstreckung des Mietverhältnisses zusammenhangen muss und darüber im gleichen Verfahren zu entscheiden ist. Dass in der Bestimmung von "einem begründeten Gesuch des Vermieters" die Rede ist, steht dem nicht entgegen; diese Wendung stellt bloss klar, dass der Richter die Vertragsbedingungen nicht von Amtes wegen, sondern bloss auf Begehren des Vermieters anpassen darf (R. JEANPRETRE, La prolongation des baux à loyer, in Dixième Journée juridique de Genève 1970 S. 144).
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Die Gesetzesmaterialien enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass der Vermieter ausserhalb des Verfahrens, in dem über die vom Mieter beantragte Verlängerung des Mietverhältnisses zu entscheiden ist, eine Änderung der Vertragsbedingungen verlangen dürfe. Der Bundesrat führte in der Botschaft zu Art. 267a Abs. 4 (= Abs. 3 des Entwurfes) vielmehr aus, der Richter könne in seinem Urteil anordnen, unter welchen neuen oder geänderten Bedingungen das Mietverhältnis fortzusetzen sei (BBl 1968 II 857). Mit diesem Urteil meinte er aber den Entscheid über die vom Mieter verlangte Erstreckung des Vertragsverhältnisses.
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b) Das Obergericht geht zutreffend davon aus, dass das Mietverhältnis im Falle der Erstreckung im übrigen unter den bisherigen Bedingungen fortgesetzt wird, wenn der Vermieter den Richter nicht ersucht, Vertragsbestimmungen zu ändern, insbesondere den Mietzins für die Dauer der Erstreckung an eine allfällige Steigung der Lebenskosten anzupassen. Es lässt sich daher nicht Sagen, die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei nicht mehr vertraglicher Art, sondern beruhe bloss auf einem Gestaltungsurteil des Richters, wie die Klägerin behauptet. Das Gesetz lässt eine Änderung der übrigen Vertragsbedingungen nur auf Gesuch des Vermieters zu, was von der Klägerin mit Recht dahin ausgelegt wird, der Vermieter könne so Nachteile, die ihm durch den richterlichen Eingriff in die Vertragsdauer entstehen, wieder ausgleichen. Dieser Zweck kann aber auch erreicht werden, wenn der Vermieter das Gesuch um Änderung der Vertragsbedingungen nur im Verfahren über die Verlängerung des Mietverhältnisses stellen darf.
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Daraus folgt ferner, dass es bei dieser Änderung entgegen der Annahme der Klägerin nicht darum gehen kann, den Vertrag irgendwelchen Tatsachen, die während der Verlängerung des Mietverhältnisses eintreten, anzupassen. Unter welchen Voraussetzungen eine ausserordentliche Änderung der Umstände nach Art. 269 Abs. 1 OR zur Aufhebung des Vertrages oder nach Art. 2 Abs. 2 ZGB zur Behebung eines Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung durch den Richter führen kann, ist hier so wenig zu entscheiden wie die Frage, ob der Vermieter ein entsprechendes Begehren auch noch stellen dürfe, wenn der Entscheid über die Erstreckung des Mietverhältnisses bereits rechtskräftig ist (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. Februar 1975 i.S. SUVA gegen Gössler). Die Klägerin macht übrigens nicht geltend, dass hier ein solches Missverhältnis vorliege oder die Umstände sich nachträglich für sie in nicht voraussehbarer Weise geändert hätten. Dazu kommt, dass jede Vertragspartei sich auf Art. 269 Abs. 1 OR und Art. 2 Abs. 2 ZGB, aber nur der Vermieter sich auf Art. 267a Abs. 4 OR berufen darf. Aus den beiden ersten Bestimmungen kann deshalb nichts für die Auslegung der letzteren gewonnen werden.
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a) Gewiss könnten Nachteile, die dem Vermieter aus der Erstreckung erwachsen, auch nachträglich ausgeglichen werden. Der Richter hat die Interessen des Vermieters jedoch schon nach Art. 267a Abs. 1 OR mitzuberücksichtigen und zu würdigen. Je nach dem Ergebnis dieser Würdigung kann er sodann die Erstreckung verweigern, sie zeitlich sogar auf Monate beschränken und Vertragsbedingungen für die Dauer der Erstreckung ändern, wenn der Vermieter dies verlangt. Eine dem Entscheid vorausgehende Interessenabwägung entspricht somit nicht bloss dem Text des Gesetzes, sondern auch seinen sozialrechtlichen Grundgedanken, auf denen die Kündigungsbeschränkung im Mietrecht beruht.
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Die Anpassung von Vertragsbedingungen nur im Erstreckungsverfahren zuzulassen, ist aus der Sicht des Vermieters wie des Mieters geboten. Der Vermieter kann in diesem Verfahren z.B. eine Mietzinserhöhung erwirken, die seinen Vorstellungen entspricht, für den Mieter aber nicht mehr tragbar ist. Jede Partei kann daher ihr Verhalten im Prozess sowie ihre Rechtsmittel nach dieser Interessenlage ausrichten, der Mieter zudem sein Begehren auf Erstreckung des Vertragsverhältnisses zurückziehen, wenn er dessen Beendigung einer Anpassung vorzieht.
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Dass der Vermieter im Erstreckungsverfahren angeblich keine genügenden Angaben machen kann, um den Mietzins neu festzusetzen, hilft der Klägerin nicht. Das Obergericht hält ihr mit Recht entgegen, dass Art. 267a Abs. 4 OR dem Vermieter nicht die Möglichkeit verschaffen will, den Mietzins nach umfassenden Abklärungen neu festzulegen; der Zweck der Bestimmung erschöpft sich darin, den Vertrag an die durch die Erstreckung geschaffenen Lage anzupassen. Darüber kann der Vermieter sich aber schon im Erstreckungsverfahren Rechenschaft geben und dies ist ihm auch zuzumuten (R. GMÜR, Die Rechte des Mieters, 2. Aufl., S. 105; P. WEGMANN, in SJZ Bd. 69 S. 186; M. MOSER, Die Erstreckung des Mietverhältnisses nach Art. 267a - 267f OR, Diss. Freiburg 1975, S. 116). Ebensowenig hilft der Klägerin, dass der Vermieter Anlass haben kann, sein Gesuch um Änderung des Vertrages von der Dauer der Erstreckung abhängig zu machen. Das Bundesrecht hindert ihn nicht daran, das Gesuch z.B. nur für den Fall zu stellen, dass das Mietverhältnis um mehr als ein Jahr erstreckt wird.
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b) Die Interessen des Mieters würden ungleich stärker betroffen, wenn er nach dem rechtskräftigen Entscheid über die Erstreckung des Mietverhältnisses noch mit einer Änderung des Vertrages zu seinen Ungunsten, namentlich mit einer Erhöhung des Mietzinses rechnen müsste. Selbst wenn seine Interessen in einem weiteren Entscheid über die Anpassung des Vertrages angemessen berücksichtigt würden, müsste er sich in seinem verständlichen Vertrauen, das Mietverhältnis sei im Entscheid über die Erstreckung zu den bisherigen Bedingungen verlängert worden, enttäuscht sehen. Er könnte auf diesen Entscheid nicht mehr zurückkommen, noch sich durch Rückzug seines Erstreckungsbegehrens einer Verlängerung des Vertrages zu ihm unerwünschten Bedingungen entziehen.
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Der Vermieter kann dagegen durch ein rechtzeitiges Gesuch dafür sorgen, dass über das Erstreckungsbegehren und die Anpassung des Vertrages im gleichen Verfahren geurteilt wird. Eine nachträgliche Änderung erweckt vor allem dann Bedenken, wenn der Vermieter darauf ausgeht, einen lästigen Mieter vorzeitig loszuwerden. Das Mietgericht erblickte im vorliegenden Fall den Hauptgrund für die massive Erhöhung des Mietzinses denn auch darin, den Mieter noch vor Ablauf der von ihm erwirkten Verlängerung des Mietverhältnisses zur Aufgabe der Geschäftsräume zu bewegen. Aber auch in allen andern Fällen würde die Vertragsänderung dem Mieter aufgezwungen, wenn der Vermieter auch nachträglich noch über die Anpassung entscheiden lassen dürfte. Solches Hinauszögern widerspräche dem Grundgedanken des Gesetzes und verstiesse gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, der von den Parteien auch im Prozess zu beachten ist (vgl. JEANPRETRE, a.a.O. S. 144; MOSER, a.a.O. S. 114; ferner für das deutsche Recht, H. ROQUETTE, Neues soziales Mietrecht, 1969 S. 60, Nr. 74/5; GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, 2. Aufl. S. 237 ff.).
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c) Davon abgesehen besteht ein grundsätzlicher Anspruch beider Parteien zu wissen, was zwischen ihnen für die Dauer der Erstreckung als Vertragsinhalt gilt. Die Klägerin geht mit Recht selber davon aus, dass die Anpassung wie die Erstreckung an die durch Kündigung beendigte Vertragsdauer anschliessen muss; sie verlangt denn auch, dass der neue Mietzins rückwirkend auf den 1. Oktober 1974 festgesetzt werde. Dass Rückwirkung mit Bezug auf den Mietzins eine starke Belastung bedeuten und mit Bezug auf andere Vertragsbedingungen unter Umständen illusorisch sein kann, ändert daran nichts. Auch wenn das Abänderungsgesuch während des Erstreckungsprozesses gestellt wird, kann möglicherweise das Urteil erst nach dem Kündigungstermin ergehen und deshalb der Vertragsinhalt erst rückwirkend bestimmt werden.
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Unerträglich würde dies, wenn der Vermieter, wie die Klägerin behauptet, sein Gesuch um Anpassung des Vertrages noch während der ganzen Dauer der Erstreckung stellen könnte. Es bliebe während dieser ganzen Zeitspanne, die bis zu drei Jahren gehen kann (Art. 267a Abs. 2 OR), nicht nur völlig offen, was definitiv als Vertragsinhalt zu gelten hat, sondern sogar, ob der Vermieter überhaupt eine Änderung verlangt. Solche Unsicherheit ist jedoch gerade im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter zu vermeiden (BGE 99 II 170, BGE 101 II 90). Wenn das Gesetz für das Anpassungsgesuch des Vermieters keine Verwirkungsfrist setzt, erlaubt dies daher nicht den von der Klägerin gezogenen Schluss, dass das Gesuch während der ganzen Erstreckungsperiode gestellt werden könne; einer solchen Frist bedarf es vielmehr schon deshalb nicht, weil ein nachträgliches Gesuch überhaupt ausgeschlossen ist.
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Diese Auffassung wird auch im Schrifttum vertreten, soweit man sich darin zur Streitfrage, sei es ausdrücklich oder wenigstens dem Sinne nach, bereits geäussert hat (JEANPRETRE, a.a.O. S. 149, GMÜR, a.a.O. S. 104; W. SPRENGER, Entstehung, Auslegung und Auflösung des Mietvertrages für Immobilien, Diss. Zürich 1972, S. 179; ROQUETTE, a.a.O. S. 54 N. 61; W. LANGENSIEPEN, Kündigungsbeschränkungen aus sozialen Gründen im Deutschen und Schweizerischen Mietrecht, Diss. Bern 1973, S. 42).
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